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Veröffentlicht am 02.09.2022

Wahrheit-en

Fake – Wer soll dir jetzt noch glauben?
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Patrick Dostert hat einen guten Job, eine liebevolle Ehefrau und einen Tag Urlaub. Da klingelt die Polizei an seiner Tür und beschuldigt ihn, eine Frau entführt und misshandelt zu haben. Die Namen, die ...

Patrick Dostert hat einen guten Job, eine liebevolle Ehefrau und einen Tag Urlaub. Da klingelt die Polizei an seiner Tür und beschuldigt ihn, eine Frau entführt und misshandelt zu haben. Die Namen, die man ihm nennt, kennt er nicht. Und das ist erst der Anfang. Beweise tauchen auf. Leichen werden gefunden. Belastende Videos erscheinen im Internet, auf denen Patrick genau zu erkennen ist. Schließlich sitzt er im Gefängnis und kann nur noch auf seinen Anwalt hoffen.

Das ist so wahnsinnig spannend und lebensnah beschrieben, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann. Die Hauptperson Patrick ist sympathisch und ein bisschen naiv. Bei allen anderen Personen kommen Zweifel auf, ob sie sind was sie zu sein vorgeben.
Blutrünstig ist dieser Thriller nicht, und es kommt auch nur wenig Brutalität vor. Das Schlimme ist, dass Patrick passiert, was jedem von uns zustoßen könnte. Denn moderne Technologie macht Fälschungen von Bildern und Videos möglich, die kaum als solche zu erkennen sind. Doch zum Schluss ist dies auch nur die halbe Wahrheit.

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Veröffentlicht am 24.08.2022

Einen Teppich knüpfen

Fischers Frau
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Fischerteppiche wurden zu Beginn des vorigen Jahrhunderts an der Ostsee von Hand geknüpft. Es gibt typische Muster und Farben, die die Echtheit bezeugen. Ein solcher Fischerteppich landet auf dem Tisch ...

Fischerteppiche wurden zu Beginn des vorigen Jahrhunderts an der Ostsee von Hand geknüpft. Es gibt typische Muster und Farben, die die Echtheit bezeugen. Ein solcher Fischerteppich landet auf dem Tisch von Mia Sund.
Mia ist Museumskuratorin und Faserarchäologin. Sie hat sich nach schwierigen Erfahrungen in einer gewissen Sicherheit eingerichtet. Dennoch regt sie dieser grüne Knüpfteppich und die Art, wie er sie erreicht, zu einer Suche an, die sie durch halb Europa führt. Sie ertappt sich dabei, dass die Geschichte des Teppichs neu erfindet - orientiert an den Fakten, die ihr vorliegen..

Das Buch ist nicht leicht zu lesen. Man erwartet doch ein logisches Vorgehen, wenn jemand nach alten Tatsachen recherchiert. Doch dies ist kein Krimi. Es ist eine Reise der Hauptperson zu sich selbst. Erst wenn man sich auf das Bild des Teppichs einlässt, wird die Geschichte rund. Alles ist miteinander verbunden. Die Geschichte der weit gereisten Knüpferin, die in Schweden ein neues Zuhause findet und dort den Ostseeteppich knüpft – grün wie die Wälder und mit Moriven des Meeres. Und die Geschichte Mias, die forscht und sucht und dabei schließlich Fehlendes erfindet.
Was ist echt und was gefälscht? Was ist ausgedacht, was wahr? Während des Knüpfens werden Geschichten erzählt, wie in tausendundeiner Nacht. Und es kommt nicht darauf an, ob sie wirklich passiert sind, sondern darauf, dass sie fesseln und unterhalten. Und dass sie vielleicht im Leben weiterhelfen.

Das ist wunderschön erzählt. Die Sprache ist so poetisch, dass man immer wieder besonders gelungene Sätze anstreichen möchte. Ein ruhiges, ein langsames Buch.

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Veröffentlicht am 08.06.2024

Mit Pflanzen die Welt retten

Forgotten Garden
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Luisa ist Landschaftsarchitektin und hat vor vielen Jahren ihren Ehemann verloren. Da wird ihr im Nordwesten Englands an der Küste ein Grundstück angeboten. Das Anlegen eines Gemeinschaftsgartens für Nachbarn ...

Luisa ist Landschaftsarchitektin und hat vor vielen Jahren ihren Ehemann verloren. Da wird ihr im Nordwesten Englands an der Küste ein Grundstück angeboten. Das Anlegen eines Gemeinschaftsgartens für Nachbarn und Freunde, der gemeinsam gepflegt wird, war eine Lieblingsidee, die sie gemeinsam mit ihrem Ehemann ausgearbeitet hatte.
Luisa nimmt die Herausforderung an. Für sie ist das ein großer Schritt, der sie aus ihrer Trauer und Resignation endlich herausholen könnte. Sie trifft auf ein Stück vernachlässigtes Brachland und auf Menschen, die sehr abweisend sind. Aber sie ist nicht Einzige, die hier etwas verändern möchte. Cas ist Lehrer und betreibt eine Boxschule, um Jugendliche von der Straße zu holen. Schülerin Harper hat viele Talente, einen Alkoholiker zum Vater und einen jüngerer Bruder, um den sie sich liebevoll zu kümmern versucht.
Die Geschichte ist vorhersehbar aber angenehm erzählt. Sie ist flüssig zu lesen, harmonisch und unkitschig. Die auftretenden Konflikte sind glaubhaft und die Personen sind es auch. Besonders gefallen hat mir Harper, die ihre Familie ganz alleine managt, ein altes Auto repariert und nebenbei geniale Ideen für die Bewässerung des Gartens und der Welt entwickelt. Auch ihr kleiner Bruder hat es in sich. Aber die Stars, die alles Leben in dieser Geschichte retten, sind die Pflanzen. Sie wachsen. Und wachsen. Auch wenn sie einmal zerstört werden. Sie wachsen immer weiter. Ein schönes Sinnbild für das Leben. Insgesamt ein Wohlfühlbuch.

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Veröffentlicht am 27.05.2024

Plötzlich sechzig

Im wechselnden Licht der Jahre
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Der Autor ist bereits durch mehrere Romane bekannt geworden. Hier schreibt er über das Altern und über seine Generation.
Alexander wächst in Westberlin auf und erlebt dort Schulzeit und Studium. Jahre ...

Der Autor ist bereits durch mehrere Romane bekannt geworden. Hier schreibt er über das Altern und über seine Generation.
Alexander wächst in Westberlin auf und erlebt dort Schulzeit und Studium. Jahre später hat er ein Haus und eine Familie, und er nähert sich seinem sechzigsten Geburtstag.
Der Rückblick in die Zeit von Alexanders Kindheit weckt nolstalgische Gefühle. Auch wer wie dieser in den achtziger Jahren in Westberlin war, kann sich hier gut zurück träumen. Aber Nostalgie ist nicht direkt das Thema des Buches, es geht vielmehr um das Lebensgefühl in unserer heutigen Gesellschaft, in der Mittelschicht.
Die Bilder aus der Gesellschaft, der von heute und der aus den Siebzigern und Achtzigern, sind zutreffend und amüsant gezeichnet. Man hat den Eindruck, die Leute regen sich über Belanglosigkeiten und Irrtümer auf, wenn zum Beispiel eine offensichtlich weiße Frau sich aufgrund einer vermuteten Verwandtschaft als POC bezeichnet – als Person of Colour. Dazu passt, dass das Thema des Alterns nur sehr abstrakt behandelt wird, denn Alexander ist kerngesund. Als er einen gebrechlichen Achtzigjährigen trifft, den er von früher kennt, ahnen wir, dass es vielleicht für den Fast-Sechzigjährigen doch nicht so ein großes Problem ist.
Überhaupt ist Alexander ziemlich naiv. Es fehlt ihm an Energie, und der Aspekt Revolte, der in dieser Generation stark war, fehlt ihm auch. Er hatte eine Menge Glück im Leben, unter anderem seine Ehefrau. Diese bleibt leider etwas blass.
Der Stil ist sehr angenehm zu lesen. Der Autor kann auch mal mit langen Sätzen fesseln. Das macht das Lesen abwechslungsreich. Die Erzählweise ist sonst eher gemächlich, es gibt aber spannende Höhepunkte. Insgesamt ist dies ein recht unterhaltsamer Roman ohne größeren Anspruch, der besondes den lesenden Babyboomern Spaß machen dürfte.

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Veröffentlicht am 10.05.2024

Wer sind die denn?

The April Story – Ein wirklich erstaunliches Ding
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Mitten in New York steht plötzlich eine drei Meter hohe Roboterskulptur. April May ist beeindruckt und dreht schnell ein Video davon, für ihre Internetpräsenz. Als an vielen anderen Orten der Welt ebensolche ...

Mitten in New York steht plötzlich eine drei Meter hohe Roboterskulptur. April May ist beeindruckt und dreht schnell ein Video davon, für ihre Internetpräsenz. Als an vielen anderen Orten der Welt ebensolche Statuen auftauchen, beginnt ein Social-Media-Hype, an dessen Spitze sich April May setzt. Ein weltweites Rätselraten beginnt. Was hat es auf sich mit diesen Skulpturen?
Die Geschichte ist spannend und überrascht immer wieder. Zeitweilig erinnert sie an Computerspiele, in denen jedes Rätsels Lösung eine neue Aufgabe mit sich bringt. Damit steigt die Spannung immer weiter, immer neues Spezialwissen wird gebraucht, immer mehr Menschen machen mit. Es liest sich sehr fesselnd.
Marketing, Fernsehen und der öffentliche Blick – wie fühlt es sich an, berühmt zu sein? April ist nicht unsympathisch, obwohl sie ihre Fehler hat. Sie ist eine ganz normale junge Frau, Künstlerin in New York, mit Studienabschluss in Produktdesign und Fachkenntnissen in Marketing. Man kann ihr gut folgen.
Ein Social-Media-Abenteuer. Vielleicht auch ein Science Fiction? Oder gar eine Sozialkritik? Jedenfalls ist dies eine ziemlich abgedrehte Geschichte, die sich flüssig liest und die bis zum Schluss Überraschungen bereit hält.

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