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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2024

Spürbar erdrückend

Glück
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Marie-Claire verzaubert mit ihrer Stimme im Radio und ihr Kinderwunsch ist unermesslich groß. So sehr, dass sich ihr Leben wie eine einzige Lehrstelle anfühlt. Als sie eines morgens aufwacht, fühlt sich ...

Marie-Claire verzaubert mit ihrer Stimme im Radio und ihr Kinderwunsch ist unermesslich groß. So sehr, dass sich ihr Leben wie eine einzige Lehrstelle anfühlt. Als sie eines morgens aufwacht, fühlt sich sich dennoch wohl in ihrer Haut - wie eine Fruchtbarkeitsgöttin, die allen Männern, die mit ihr zusammen waren, mit der späteren Partnerin eine Vaterschaft bescherte.
Die Senatorin Anahita, die sich akribisch auf Interviews vorbereitet und sich sich als kinderloser Single vor der Frage über die Familie fürchtet. Es sagt niemand etwas dazu, aber die Gedanken lassen Anahita nicht zur Ruhe kommen.

Der Druck, der auf diesen Frauen lastet, ist beim Lesen spürbar erdrückend. Sie hinterfragen sich in Dauerschleife, während das zermürbende Gedankenkarussel um Kinderwunsch, fehlender Familie, dem Älter werden, Perfektion oder dem Hadern mit den eigenen Entscheidungen und dem Selbstwert niemals stillzustehen scheint. Bei Marie-Claire gab es Momente, da musste ich schmunzeln, aber insgesamt blieben mir die Figuren fremd. Es fand schier keine Entwicklung statt. Viele Ansätze haben durchaus ihre Berechtigung und waren interessant, während der Schreibstil hochwertig durch das Buch führt, aber ich wurde nicht mitgerissen und empfand den Roman ermüdend langatmig.

Veröffentlicht am 05.08.2024

Der Pirat und die Bienenzüchterin

In den Farben des Dunkels
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«In den Farben des Dunkels» erzählt die Geschichte von Patch und Saint, deren Leben auf unterschiedliche Weise von dem schicksalshaften Entführungsfall 1975 für drei Jahrzehnte bestimmt wurde.

Die Figuren ...

«In den Farben des Dunkels» erzählt die Geschichte von Patch und Saint, deren Leben auf unterschiedliche Weise von dem schicksalshaften Entführungsfall 1975 für drei Jahrzehnte bestimmt wurde.

Die Figuren sind besonders: der zu Beginn 13-jährigen Piratenjunge Patch mit seiner Augenklappe und seine beste Freundin Saint, die bei ihrer Großmutter wohnt und Bienen züchtet. Patch rettet heldenhaft seine heimliche Liebe vor einem grauenvollen Schicksal und wird von dem Mann entführt, der nicht bekommen hat, was er wollte. Saint gibt nicht auf, geht jeder Spur nach, um ihren Piratenjungen zu finden und rettet ihn, aber er kommt verändert wieder und entfernt sich aus ihrem Leben. Patch ist für die nächsten Jahre auf der Suche nach den vermissten Mädchen, während Saint den Serientäter jagt. Daneben spielt sich das Leben ab, sie werden erwachsen und es gibt immer wieder Überschneidungen und überraschende Wendungen. Für Saint ist Patch ihre große Liebe, aber eine romantische Geschichte ist das nicht. Chris Whitaker schreibt mitreißend, aufwühlend und schmucklos. Er verliert sich nicht in Nebensächlichkeiten und unterhält auf eine kluge Weise, die genügend Interpretationsraum lässt. Die Charaktere bleiben dabei immer ein wenig distanziert. Für mich sind der Anfang und das Ende am stärksten. Zum Schluss blickt man nochmal anders auf die Geschichte zurück. Die Verbrechen sind eine interessante Prämisse, die Spannung aufbaut und zeigt, wie einschneidend das Unausweichliche sein kann. Ein überraschend vielschichtiger Roman, der intensiv mitfühlen lässt und mir in Erinnerung bleiben wird.

Veröffentlicht am 05.08.2024

Ein Neuanfang in verrückten Zeiten

Mitternachtsschwimmer
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Ballybrady heißt das malerische Dorf, indem sich der Fotograf Evan neu sortieren will. Eine Ehekrise, Selbsthass und die Trauer, um seine verstorbene Tochter, haben ihn aus der Bahn geworfen und an die ...

Ballybrady heißt das malerische Dorf, indem sich der Fotograf Evan neu sortieren will. Eine Ehekrise, Selbsthass und die Trauer, um seine verstorbene Tochter, haben ihn aus der Bahn geworfen und an die irische Küste gespült. Aus einer kleinen Auszeit wird durch den Lockdown eine Bewährungsprobe, die neue Erfahrungen und Verbindungen bereithält, die nur eins bedeuten können: Veränderung. Grace ist die spannendste Figur. Sie ist eigen und schroff. Es gibt so einiges, was sie aufregt. Sogar ihr hässlicher Hund kann es ihr nicht recht machen. Die vielen Touristen schon gar nicht. Als Vermieterin von Evans begegnet sie ihm mit ablehnender Skepsis, und zieht es vor, in Ruhe zu beobachten.
Erzählt wird der Roman aus diesen zwei Perspektiven. Als der achtjährige, taube Luca seinen Vater besucht, kommt mehr hoffnungsvoller Schwung in die Handlung, die auch von Liebe und Freundschaft erzählt. Der atmosphärische Schreibstil ist ruhig und schlicht. Jedoch wird es im Verlauf auch mal richtig spannend. Es waren aber besonders die Charaktere und ihre Entwicklung, die mich unterhalten konnten. Ingesamt war es eine berührende Geschichte über schicksalshafte Begegnungen, in der es auch darum geht, den Mut zu haben, man selbst zu sein.

Veröffentlicht am 05.08.2024

Für alle, die unwissend einsteigen wollen

VIEWS
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Die 16-jährige Lena Palmer wird vermisst und ein schockierendes Video mit ihr geht viral. BKA-Hauptkommissarin Yadira Saad ermittelt in dem Fall und durch ihre Sichtweise erleben wir «Views». „Der Fall ...

Die 16-jährige Lena Palmer wird vermisst und ein schockierendes Video mit ihr geht viral. BKA-Hauptkommissarin Yadira Saad ermittelt in dem Fall und durch ihre Sichtweise erleben wir «Views». „Der Fall ist explosiv“ und Yadira und ihr Team wollen Lena möglichst schnell finden. Ich möchte gar nicht viel von der Handlung oder den Themen verraten, genauso wie das Cover und die kurze Anmerkung, statt eines Klappentextes, dazu einlädt, unwissend einzusteigen.

Nur so viel… Der erste Thriller von Marc-Uwe Kling hat natürlich den gewohnten Anstrich: gesellschaftskritisch-bissiger Humor und politisch brisant. Wer das mag, aber sonst keine Thriller liest, sollte trotzdem einen Versuch wagen, denn es ist eher ein „brisanter und hochspannender Gegenwartsroman“. Die vorkommenden Themen sind hochaktuell, weshalb es erschreckend realistisch wirkt und einen unangenehmen Ausblick gewährt. Das erzeugt eine bedrückende und ernste Stimmung, die anhält. Dazu der gewohnt mitreißende Schreibstil, gespickt mit treffsicheren Worten. „Ist nicht jeder nur ein Haufen mit Panzertape umwickelter Widersprüche?“ Insgesamt war es mir ein bisschen zu konstruiert. Das abrupte Ende ließ mich hängen, auch wenn es als Stilmittel seine Berechtigung hat. Nicht perfekt, aber die Gesellschaftskritik bietet explosiven Gesprächsstoff, an dem gerade keiner vorbeikommt. 3,5 Sterne

Veröffentlicht am 05.08.2024

Ungewöhnlicher und geheimnisvoller Genre-Mix

Handbuch für den vorsichtigen Reisenden durch das Ödland
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Sarah Brooks hat einen geheimnisvollen und atmosphärischen Roman in sieben Teilen vorgelegt, der sich nicht auf ein Genre festlegen lässt, aber mit fortschreitender Handlung immer fantasievoller wird. ...

Sarah Brooks hat einen geheimnisvollen und atmosphärischen Roman in sieben Teilen vorgelegt, der sich nicht auf ein Genre festlegen lässt, aber mit fortschreitender Handlung immer fantasievoller wird. Erzählt wird von einer Zugreise von Peking nach Moskau durch das mystische Ödland. Unter den geheimnisvollen Fahrgästen ist eine Frau unter falschem Namen, die vorgibt eine trauernde Witwe zu sein, während Crewmitglied und Zugkind Weiwei die blinde Passagierin Elena entdeckt. Im Zug lauern unruhige Träume, die Krähen und die Angst vor dem Ödlandweh, während der Zug durch die unerforschte Landschaft fährt, vor der es sich zu fürchten gilt.

Ein ungewöhnliches Buch, welches Interpretationsspielraum lässt, mit der mysteriösen und spannenden Handlung zu packen weiß und allmählich die Motive der Charaktere offenlegt. Es ist eine sehr lebhafte Geschichte mit Kraft und Komplexität, die immer faszinierender wird, während das Setting die unheimliche Stimmung bietet. Lediglich mit einigen Längen und fehlenden Erklärungen kann ich mich nicht ganz anfreunden.