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Veröffentlicht am 22.06.2017

Besser als erwartet

Langenscheidt Diät-Deutsch/Deutsch-Diät
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Bei dem nicht ganz ernst gemeinten Langenscheidt Wörterbuch muss ich meine zu negative Einstellung nach der Leseprobe etwas revidieren. Auch wenn es selbstverständlich kein Glanzpunkt der Literatur ist ...

Bei dem nicht ganz ernst gemeinten Langenscheidt Wörterbuch muss ich meine zu negative Einstellung nach der Leseprobe etwas revidieren. Auch wenn es selbstverständlich kein Glanzpunkt der Literatur ist (das will es aber auch gar nicht sein), so hat es doch einen gewissen Reiz. Die Langenscheidt-Reihe ist inzwischen durchaus bekannt durch die Vorgänger dieses Buches und daher wird wohl auch niemand einen ernsthaften Ratgeber oder ein richtiges Wörterbuch erwarten.

Der Ton ist heiter, frech und vor allem respektlos, was mir bei ironischen Büchern immer recht gut gefällt. Dabei aber nie verletzend, was für mich sehr wichtig ist!

Einige kleine Beispiele gefällig?

Zum Thema Legale Fette (sprich: Dicke, die nur als Dicke geliebt werden): "Der Weihnachtsmann .... Niemand möchte sich einen Santa Claus mit dem BMI einer Nähnadel vorstellen, der geschmeidig wie ein Zäpfchen in einer Size-Zero-Jeans von Lagerfeld durch den Kamin gleitet. ..."

Zum Thema Vollschlanke Schlagfertigkeit - passende Antwort auf die Ansage Du hast aber ganz schön zugenommen!: "Ich bin dick und du bist unhöflich. Ich kann abnehmen und was machst du?"

Zum Thema Von Promis lernen über das Wunder, dass prominente Frauen wie ein Belugawal in den Kreißsaal gehen und als Strohhalm wieder heraus kommen und auf der Pressekonferenz angeben, dass es wohl am Stillen liegen müsse: "Wir Durchschnittsfrauen dagegen können unseren Kindern die Brust geben, bis sie sich die Bluse selbst aufmachen und Freunde zum Essen mitbringen...."

An solchen Formulierungen mangelt es nicht und wer das Thema gerne einmal mit Humor betrachten möchte, dem wird hier sicher geholfen! Ich habe mich teils köstlich dabei amüsiert. Dabei muss ich sagen, dass in vielen dieser amüsanten Betrachtungsweisen große Portionen Weisheit stecken. An etlichen Stellen musste ich erst lachen, dachte dann "Auweia!" um abschließend zu erkennen, dass die Autorinnen eigentlich vollkommen Recht haben. Sicher sind die Formulierungen oft respektlos, aber das ist m. E. durchaus erlaubt, um durch Übertreibungen den Spiegel vorzuhalten.

Abwechslungsreich ist dieses Buch beileibe nicht und auch nicht sonderlich spannend. Aber es hat nun einmal ein festes Thema und es handelt sich auch nicht um einen Roman. Als Ratgeber kann man dieses Buch durchaus betrachten, jedoch keinesfalls im herkömmlichen Sinne. Es gibt keine Ratschläge, was man am besten tut um abzunehmen. Es gibt auch keine Rezepte zum Abnehmen. Aber es macht einem klar, warum es mit dem Abnehmen nie so recht geklappt hat und warum es vermutlich beim nächsten Diät-Versuch wieder nicht hinhauen wird. Außerdem wird einem beim Lesen immer verständlicher, dass das größte Problem an den Pfunden nicht unbedingt die Pfunde sind, sondern eher das Drama, das Übergewichtige selbst und ihr Umfeld daraus machen. Da weiß ich wovon ich spreche, denn ich bin selbst betroffen von diesem Dilemma.

Mir hat das Buch sehr gut getan und ich danke hiermit den Autorinnen!

Veröffentlicht am 22.06.2017

Historische Spannung

Sehet die Sünder
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Winter in der Bretagne 1440. Die Autorin versteht es meisterhaft, diese Zeit und die Personen der Story vor dem geistigen Auge aufleben zu lassen. Obwohl recht viele Personen vorkommen (die auch alle vor ...

Winter in der Bretagne 1440. Die Autorin versteht es meisterhaft, diese Zeit und die Personen der Story vor dem geistigen Auge aufleben zu lassen. Obwohl recht viele Personen vorkommen (die auch alle vor dem eigentlichen Buch dankbarer Weise erläutert stehen) war es für mich ein Leichtes, sie schnell zuzuordnen und unterscheiden zu können. Sogar die Personen im Dorf prägten sich mir zügig ein, sodass ich nach ca. 40 Seiten nicht mehr nachschlagen musste.
Sofort taucht man ein in diese dunkle Zeit, die mir stellenweise sogar noch etwas schöngefärbt erschien. Im Mittelpunkt stehen Catheline, die Haushälterin des Dorfpfarrers und der junge Bauer Mathis. Mathis und Catheline sollten eigentlich im nahenden Frühjahr heiraten, doch Mathis möchte von diesem Plan Abstand nehmen, da er sich durch eine Kriegsverletzung als Krüppel und Last betrachtet. Obwohl es sich hierbei natürlich um eine Romanze handelt, steht sie erfrischend selten im Vordergrund und beeinträchtigt daher für mich auch nicht die Spannung, die sich im Verlauf des Buches immer weiter aufbaut.
Lehnsherr der Dorfgemeinschaft ist Baron Amédé de Troyenne sowie dessen Frau Bérénice, die im angrenzenden Schloss Troyenne leben. Eine wichtige Rolle spielt außerdem der Klerus in Nantes: Der Bischof und sein Schreiber und Notar. Die Handlung wird parallel in Saint Mourelles sowie auf Schloss Troyenne und in Nantes fortgeführt. Dieser Aufbau war für mich in dieser Geschichte genial, da man sozusagen an verschiedenen Orten gleichzeitig ist.
Im Dorf Saint Mourelles verschwinden 2 Kinder und auch der Fund der ersten Leiche lässt nicht lange auf sich warten. Bald geschehen weitere Morde und im Dorf breitet sich Unruhe aus. Was bisher im Einklang war gerät aus dem Takt. Jeder verdächtigt nahezu jeden und das Miteinander gerät gehörig aus den Fugen. Mit der Zeit deuten immer mehr Spuren in Richtung Schloss, was die Tätersuche nicht gerade einfacher gestaltet, denn die Hierarchien sind in jener Zeit strikt und kompromisslos geregelt. Dennoch ist der Baron ausgesprochen zugänglich, da Mathis ihm seinerzeit das Leben rettete (woher auch dessen Verletzung rührt). Immer mehr Puzzleteilchen müssen verarbeitet werden und mehr als einmal stimmen die Rückschlüsse der Protagonisten nicht überein, was alles noch verzwickter macht.
Neben dieser Tätersuche werden etliche andere Themen behandelt, um den Personen mehr Gestalt und der Geschichte mehr Dichte zu verleihen. Welche Möglichkeiten der Klerus zu jener Zeit hatte, an immer größere Ländereien zu gelangen, wie das Verhältnis der Lehnsherren zu ihren Bauern war, welche Macht die Kirche allgemein hatte - bis hin zur Führung von Strafprozessen zu jener Zeit mithilfe der Inquisition und deren unheiligen Mitteln.
Überhaupt scheint das Buch sehr gut historisch recherchiert zu sein. Am Ende des Buches befindet sich noch ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen sowie Näheres zum historischen Hintergrund. Auf keinen Fall sollte man Letzteres vor dem Ende des Buches lesen, denn sonst erfährt man nur vorab den Täter. Ich hätte jedoch nicht gedacht, dass die Kernhandlung (also der Kriminalfall) tatsächlich auf einem realen Fall beruht.
Der bildhafte Schreibstil zieht einen sofort in die Handlung hinein. Nicht zu einfach gehalten sondern wirklich schön und glatt zu lesen. Man rauscht nur so durch die Seiten. Ich hätte nie gedacht, dass ich dieses kräftige Buch so schnell gelesen bekäme aber es ging fast wie im Flug. An keiner Stelle hatte ich Verständnis- oder Orientierungsprobleme. Beachtenswert finde ich, dass dieses Buch trotz der vielen Morde ohne wirklich grausige Schilderungen auskommt. So wie sie in der Romanze auf ein Zuviel verzichtet, tut sie das auch bei den Greueltaten. Das gefällt mir persönlich sehr gut, da auf jede Effekthascherei verzichtet wird.
Das Cover finde ich auch haptisch toll mit seinem glänzend rot lackierten Titel und den erhabenen Buchstaben. Die umlaufenden Ranken sind ebenfalls hochglänzend und wirken auch sehr schön, obwohl es insgesamt schlicht wirkt - rundum gelungen! Lediglich auf die Einschläge des Einbands hätte man verzichten können, da sie viel zu starr sind um als Lesezeichen Verwendung zu finden. Da wäre ein Lesebändchen eindeutig praktischer gewesen! Wer gerne historische Krimis liest, der kann hier getrost zugreifen!

Veröffentlicht am 22.06.2017

Was ist ein Roman?

Die Schriften von Accra
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Dieses Buch war für mich eine echte Herausforderung! Zum Glück habe ich es als Klobuch eingesetzt, denn um es "einfach so" zu lesen, war es eindeutig zu wenig Roman!

Überhaupt finde ich die Bezeichnung ...

Dieses Buch war für mich eine echte Herausforderung! Zum Glück habe ich es als Klobuch eingesetzt, denn um es "einfach so" zu lesen, war es eindeutig zu wenig Roman!

Überhaupt finde ich die Bezeichnung Roman bei diesem Buch sehr irreführend. Man denkt, man bekäme ein Buch mit einem Handlungsstrang. Stattdessen bekommt man ein Sammelsurium von Coelhos Weltanschauungen, vor die er einen kurzen Bezug zur Belagerung Jerusalems 1099 herstellt. Wie angenehm überrascht war ich nach den ersten 2-3 Seiten, die die historischen Hintergründe erläuterten. Hätte er es dabei nicht lassen können und die Geschichte einfach weiter schildern können? Nein - denn darum ging es ganz offenbar nicht. Dieses Buch hätte er in jede x-beliebige Zeit pflanzen können - es wäre nicht einmal aufgefallen.

Zugegebenermaßen sind einige seiner Weltanschauungen durchaus nachvollziehbar und haben sehr viel Wahres in sich. Leider ist es für mich absolut ermüdend, wenn aber auch das ganze Buch vor Frömmigkeit und Weisheit nur so strotzt. Und es wird für mich absolut unglaubwürdig. Mag er noch so schön die Worte wählen, mir sträubten sich irgendwann nur noch die Haare ob dieses perfekten Kopten (oder sollte ich sagen: des perfekten Coelho?). Was das Fass aber unweigerlich zum Überlaufen brachte, ist das letzte Kapitel indem er alle auffordert, seine Weisheit in alle Welt zu verbreiten. Wer es nicht hören und lernen will, ist ohnehin verloren und nur jene, die sich nach seinen Thesen richten, haben das Glück auf Erden gepachtet.

Solch eine Selbstbeweihräucherung habe ich selten gelesen! Gott sei Dank! Und ganz sicher ist es das einzige Buch von Coelho, das ich je lesen werde.

Für die schönen Worte gibt es einen Mitleidspunkt von mir. Der Rest ist Schweigen... !

Veröffentlicht am 22.06.2017

Eine besondere Biografie

Die Regenbogentruppe
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Dieses Buch ist etwas ganz Besonderes und ich kann sehr gut verstehen, dass es millionenfach verkauft und in 25 Sprachen übersetzt wurde. Es ist eine Biografie des Autors Andrea Hirata, seine Schulzeit ...

Dieses Buch ist etwas ganz Besonderes und ich kann sehr gut verstehen, dass es millionenfach verkauft und in 25 Sprachen übersetzt wurde. Es ist eine Biografie des Autors Andrea Hirata, seine Schulzeit betreffend, der seiner Armenschule in Belitung gleichzeitig damit ein Denkmal setzt.
Diese Schule liegt in Indonesien und in ihr werden die ärmsten Kinder unterrichtet. Auch die Schule selbst ist sehr arm. Nicht einmal die beiden Lehrer bekommen einen Lohn - sie müssen ihren Lebensunterhalt mit anderen Arbeiten nach der Schulzeit finanzieren. Ein Schulgeld kann von den Eltern nicht gezahlt werden. Es ist schon ein finanzielles Opfer, dass sie ihre Kinder in die Schule gehen lassen, denn normalerweise unterstützen die Kinder ihre Familien bereits sehr jung durch Zuarbeiten.
Fast wäre diese Schule schon vor Ikals Einschulung (so wird der Autor im Buch genannt) geschlossen worden, da die vorgeschriebene Schülerzahl nicht erreichbar scheint. Zum Glück erscheint quasi in letzter Minute noch der erforderliche 10. Schüler: ein geistig zurückgebliebener Junge, der bereits deutlich älter als die übrigen ist. Hierzulande wird Inklusion gerade in allen Zeitungen diskutiert - in dieser Dorfschule war ausgerechnet der behinderte Junge der Retter der Schule.
Ein Foto der Schule ist nach dem Prolog in das Buch eingefügt und ich musste schon bei dem Foto schlucken, dass solch ein Gebäude als Schule dienen kann. Im Verlauf des Buches nimmt die Schule wechselnde Zustände an und man fürchtet immer wieder beim Lesen, dass sie der endgültigen Zerstörung anheim fällt.
Dieses Buch schafft einen großen Spagat. Hier ist ein ausgesprochen unterhaltsam geschriebenes Buch entstanden, das man fast ein Sachbuch nennen könnte. Die Regenbogentruppe besteht aus eben jenen 10 Schülern (im weiteren Verlauf 11 Schüler), die ihren Namen von ihrer Lehrerin Bu Mus erhielt, weil sie nach starkem Regen immer auf einen Baum kletterten, um den sich bildenden Regenbogen besser betrachten zu können. Diese Truppe wird vom Autor so lebendig und liebevoll detailliert beschrieben, dass man sich ihnen unmittelbar nahe fühlt. Sie wollen wirklich lernen, um dem Schicksal ihrer Vorfahren zu entgehen und etwas aus sich zu machen. Um überhaupt die Möglichkeit zu bekommen, einen anderen Weg als ihre Eltern zu gehen.
Ein kleiner Junge legt täglich 40 km zurück auf abenteuerlichsten Wegen, teils mit dem Fahrrad, wenn die Strecke teilweise überflutet ist schwimmt und läuft er auch - sogar ein Krokodil auf dem Weg kann ihn nicht schrecken. Überhaupt ist diese Geschichte ein einziger Appell an das Recht auf Bildung für jedes Kind. Für einen Westeuropäer ist dies schwer nachvollziehbar. Das Buch lässt einen Innehalten mit seinen eigenen, teils profanen Sorgen und Problemen und diese Kinder im fernen Indonesien bewundern für ihren Ehrgeiz und ihre Ausdauer. Der Ehrgeiz der meisten hiesigen Kinder beruht eher darauf, möglichst oft um Arbeiten und die Schule herum zu kommen. Eigentlich sollte dieses Buch als Schullektüre eingeführt werden, um den Wert und auch das Geschenk guter Bildung den Jüngeren noch einmal vor Augen zu führen.
Dabei ist dieses Buch meist so leicht und locker geschrieben, dass es einen bei manchem Thema schon verwundern konnte. Dennoch versucht der Autor an keiner Stelle Mitleid zu erwecken. Er berichtet sachlich und keinesfalls rührselig, obwohl man nahezu überall spürt, wie viel Herzblut in seinen Erinnerungen steckt. Auch seine Gefühle bleiben nicht unerwähnt und an mancher Stelle ahnt man, dass es ihn Tränen kostete, es nieder zu schreiben.
Die Fabulierkunst des Autors ist beachtlich. Man möchte einfach weiterlesen und sich entführen lassen in diese so weit entfernte Ecke der Welt. Ich hatte keinerlei Probleme, unverzüglich abzutauchen in die Geschichte, die nicht immer fortlaufend ist sondern eher aus einer Sammlung verschiedener Anekdoten besteht. Mal geht es um das Kennenlernen einzelner Schüler und ihrer Stärken, mal um ein Fest, einen Wettbewerb, den Kreidekauf oder auch die erste Liebe. Was nun einmal alles passiert im Leben eines Heranwachsenden. Eingestreut sind immer wieder Informationen zur Wirtschaft und Politik des Landes sowie zur sozialen Struktur und den erschreckenden Lebensbedingungen der armen Bevölkerung.
Etwas schwer habe ich mich mit dem Schluss des Buches getan, als der Autor einen Bogen von 12 Jahren schlug und dabei erzählte, was aus der Truppe im einzelnen geworden ist. Dies möchte ich natürlich hier nicht erörtern, um niemandem die Spannung zu nehmen. Leider ist das Leben nicht immer so gerecht wie man es sich wünscht. Das Schicksal ist eben manchmal tatsächlich ein mieser Verräter. Ein wunderschönes, berührendes und bereicherndes Buch, das man nicht vergessen wird!

Veröffentlicht am 22.06.2017

Gott oder Teufel?

Frau Bengtsson geht zum Teufel
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Wen versteht man besser von Beiden? Diese Frage ist spätestens nach Lektüre dieses Buches nicht mehr so einfach zu beantworten. Schon das Cover verspricht einen humorvollen Roman und genau das ist er auch. ...

Wen versteht man besser von Beiden? Diese Frage ist spätestens nach Lektüre dieses Buches nicht mehr so einfach zu beantworten. Schon das Cover verspricht einen humorvollen Roman und genau das ist er auch. Gott sei Dank fernab übertriebener Lächerlichkeit, wie bei vielen Comedybüchern. Statt dessen eine gute Menge subtiler Humor, der einen eher schmunzeln lässt.
Faszinierend war für mich die Thematik an sich: Die Auseinandersetzung mit der kirchlichen Lehre, wenngleich auf sehr humorige Art und Weise. Frau Bengtsson ist an sich eine gläubige Frau, auch wenn sie keine große Frömmigkeit zur Schau trägt. Ihr geschieht das Unfassbare: Sie stirbt während eines Entspannungsbades und wird von Gott, der dies zufällig mitbekommt, wieder zum Leben erweckt indem er die vergangenen Sekunden zurück dreht und den Stöpsel aus der Wanne zieht.
Nun erwartet Frau Bengtsson irgendein Zeichen Gottes, weshalb er sie gerettet hat. Aber Fehlanzeige! Sie greift zur Bibel, die sie ihrer Meinung nach bisher sträflich vernachlässigt hatte, weil sie sich hier Aufklärung verspricht und kommt während des Studiums des Alten Testaments immer mehr ins Grübeln (ein Effekt, der sich bei mir ebenfalls einstellte - nebenbei bemerkt). Wie kann ein Gott so sein? Wie kann Gott so rachsüchtig und grausam sein? Warum tut Gott all das, was er von den Menschen verlangt, dass sie es lassen sollen? Sie versucht, von ihrer befreundeten Nachbarin Rakel - einer überfrommen Theologiestudentin - Aufklärung darüber zu erhalten. Zielsicher hat sich jedoch der Wanderer (Satan) genau eben jene Rakel als Medium auserkoren und er übernimmt ihren Körper. Natürlich unterstützt die neue Rakel die Zweifel und beeinflusst gekonnt durch entsprechende Fragestellungen und Denkanstöße die verzweifelte Auflehnung der Frau Bengtsson. Diese fordert Gott heraus, indem sie sich vornimmt, seine sämtlichen 10 Gebote zu brechen, und zwar vollkommen ohne jede spätere Reue - sonst zähle es nicht (sagt Rakel). Und Frau Bengtsson beginnt den Weg durch ihre eigenen 10 Gebote...
Ich fand es sehr spannend, die Entwicklung der Wandlung zu beobachten. Die Gedankengänge der Frau Bengtsson waren für mich überhaupt nicht abwegig. Die Schlüsse die sie daraus zog schon eher. Man beobachtet, wie sie sich immer tiefer in ihre Wut hinein steigert. Statt auf ihren Mann wütend zu sein, der sich prinzipiell überhaupt nicht für sie interessiert - außer sie landen in der Horizontalen - ihr nicht einmal zuhört, wenn sie ihm etwas für sie Wichtiges berichtet, lenkt sie ihre ganze Wut gegen Gott. Sie zweifelt an seinen Regeln und überhaupt am Glauben. Dabei merkt sie nicht, wie sehr sie im Grunde von seiner Existenz überzeugt ist. Warum sonst würde sie sich die Mühe machen, es ihm mal richtig zu zeigen? Ihr Plan ist, dass sie lieber in die Hölle möchte statt in den Himmel. Und immer, wenn einem kurze Einblicke in den göttlichen Alltag gewährt werden, die zwar allesamt recht kurz, aber dafür umso prägnanter sind, möchte man ihr durchaus beipflichten. Gott ist manchmal ein A.....
Der Satan hingegen ist zwar ein unangenehmer Geselle, aber man kann ihn schon irgendwie verstehen. Nicht sein Tun, aber warum er so geworden ist - bei DEM Gott. Schon der Weg auf die Welt der Sterblichen auf der Suche nach seinem geeigneten Medium ist im wahrsten Sinne des Wortes zum Piepen. Der gehörnte Kanarienvogel auf Titel und Rückseite sowie jeder Kapitelüberschrift kommt nicht von Ungefähr. Das war eine der Stellen, die schon in den Bereich Comedy abdrifteten. Zum Glück hat Frau Jensen jedoch immer wieder die Reißleine gezogen, um nicht ins Seichte abzugleiten.
Ganz zum Schluss musste ich doch laut auflachen und mir gleich die Hand vor den Mund halten vor Schreck, dass ich ausgerechnet bei einer solchen Stelle laut lachen musste. Dieses Buch verführt einen regelrecht, manches ein wenig anders zu sehen.
Ihr Schreibstil ist verteufelt gut zu lesen. Witzig, manchmal knackig und auf den Punkt, dann aber auch wieder mit Liebe zum Detail. Immer mit einer guten Portion untergründigem, manchmal auch vordergründigem Humor geschrieben. Dabei wahrt sie eine gewisse Distanz zu den Protagonisten und schildert alles ohne moralische Wertung. Vollkommen frei von jeglichem Mitleid für wen auch immer aus der Sicht eines stillen Beobachters.
In erster Linie ist es sicher ein unterhaltsamer, amüsanter Roman. Die Hinterfragung Gottes bzw. der Religion kommt m. E. dennoch nicht zu kurz. Ein gewagter Balanceakt, der meiner Meinung nach herrlich gelungen ist! Die Aufmachung des Buches gefällt mir sehr - vor allem die abgerundeten Ecken fand ist ausgesprochen toll und mal ganz anders. Diese Einschlag-Einbände finde ich hingegen sinnlos, da sie für eine Lesezeichen-Funktion eindeutig zu starr sind. Man verbiegt das ganze Buch dabei und sie sind nur überflüssiger Tand. Ein Lesebändchen fände ich wesentlich sinnvoller und vermutlich nicht teurer in der Produktion.
Fazit: Für Leser, die nicht zu fromm sein sollten und sich auch gerne humorvoll mit dem Glauben auseinander setzen ist das genau das richtige Buch! Man darf jedoch keine seichte Comedy wie bei Safier erwarten.