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Veröffentlicht am 05.07.2024

Verstörende Feminismus-/Endzeit-Dystopie

Das Verschwinden
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Jane ist verzweifelt. Von einem Moment auf den nächsten sind ihr Mann und ihr kleiner Sohn verschwunden und sie hat erst etliche Stunden später Notiz davon genommen. Ein Martyrium beginnt, in dessen Verlauf ...

Jane ist verzweifelt. Von einem Moment auf den nächsten sind ihr Mann und ihr kleiner Sohn verschwunden und sie hat erst etliche Stunden später Notiz davon genommen. Ein Martyrium beginnt, in dessen Verlauf sich herausstellt, dass von einem Moment auf den nächsten, alle Menschen mit einem Y-Chromosom spurlos verschwunden sind. Die übriggebliebenen Frauen beginnen, sich nach einer Schockstarre neu zu formieren und wieder gesellschaftliche Strukturen und Infrastruktur aufzubauen - bis Verschwörungstheorien laut werden und verstörende Videos der Verschwundenen auftauchen.

Durch die Kurzbeschreibung neugierig geworden, habe ich mir dieses Buch bestellt. Bereits nach wenigen Seiten musste ich leider feststellen, dass ich kaum oder nur sehr schwierig zu Jane, einer der Hauptfiguren, finde. Vom Leben gebeutelt, oft falsch behandelt, aber eben oftmals auch falsche Entscheidungen treffend, versucht sie, zurechtzukommen - bis sich ihr Leben zum wiederholten Male komplett verändert.

Ähnlich komplexe Schicksale anderer Frauen werden beschrieben, jede davon hat ihr Päckchen zu tragen - und immer scheinen Männer und / oder Söhne eine zentrale Rolle am Leid dieser Frauen zu spielen - puh.

Als dann im Laufe der Handlung extrem verstörende, psychedelische Videos der Verschwundenen auftauchen, die mit teils extremer Gewalt, welche mitunter sehr bildlich beschrieben wird, einhergehen, war ich überzeugt, nicht den Inhalt zu lesen, den ich mir vorgestellt hatte.

Obwohl ich offen war und bin für neue Sichtweisen und auch eine feministisch geprägte Gesellschaft, empfinde ich die überdeutliche Spaltung und Stigmatisierung in diesem Buch von männlich = schlecht und weiblich = gut als unwahr. Die Autorin selbst spielt damit, haben doch alle ihre weiblichen Hauptfiguren mal mehr, mal weniger dunkle Geheimnisse.

Ein konkreter Satz in der Danksagung der Autorin hat mich komplett fassungslos zurückgelassen und meine Sicht auf dieses Buch sehr negativ beeinflusst: "[...] Frauen, die [...] mutig genug waren, unapologetisch auszusprechen, dass es keine Männer geben sollte.", S. 303. Hier war ich raus.

Wir brauchen mehr Augenhöhe, mehr Verständnis, mehr Dialog miteinander statt übereinander, aber bestimmt nicht mehr Spaltung, mehr Stigmatisierung und Radikalisierung.

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Veröffentlicht am 05.07.2024

Nachdenklich machende Geschichte mit viel Tiefgang

Die Mitternachtsbibliothek
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Nora ist vom Leben gebeutelt und müde - lebensmüde. Als sie eines nachts ihrem Leben ein Ende bereiten will, findet sie sich nicht, wie erhofft, im Jenseits wieder, sondern in einer magischen Bibliothek. ...

Nora ist vom Leben gebeutelt und müde - lebensmüde. Als sie eines nachts ihrem Leben ein Ende bereiten will, findet sie sich nicht, wie erhofft, im Jenseits wieder, sondern in einer magischen Bibliothek. Der Beginn einer spannenden Reise, die eigentlich das Ende sein sollte, und viele kluge Fragen, was wir in unserem Leben ändern würden, hätten wir die Chance dazu.

Die ersten 50 Seiten dieses Buches haben mich nach unten gezogen. In die Welt einer Frau, die mit ihrem Leben abgeschlossen hat. Es ist, selbst beim Lesen, ein unheimlich intensives Erlebnis und schwer auszuhalten, sich mit so harten und verletztenden Gedanken zu konfrontieren, wie es Nora tut. Die Verzweiflung der unfassbar intelligenten Hauptfigur ist nahezu mit Händen greifbar. Doch dann betritt sie die Bibliothek und ihr stehen all die Leben offen, die sie nie gelebt hat, die Chance, Entscheidungen, die sie heute zutiefst bereut, ungeschehen zu machen. Das klingt unheimlich verlockend - auf den ersten Blick zumindest.

Matt Haig hat mit wunderbaren und klaren Worten einen Kosmos psychischer Tiefe, Verletzlichkeit und Wissenschaft geschaffen, der den Leser / die Leserin mit in unendliche Lebens-Möglichkeiten zieht.

Dieses Buch hat Gewicht und zugleich eine unheimliche Leichtigkeit, weil eines ganz klar wird: Es liegt an uns. Jede/r von uns kann zu jedem Zeitpunkt in ihrem/seinem Leben (wieder) Entscheidungen treffen und damit den Lauf der Dinge für immer verändern.

Eine absolute Empfehlung für alle, die Bücher mit Tiefgang lieben oder gerade selbst in einer Phase der Sinnsuche, Perspektive und Neuorientierung sind.

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Veröffentlicht am 18.06.2024

Ein schönes Bilderbuch für Kuschelabende

Bis zu den Sternen und wieder zurück ... - Liebeserklärung einer Drachenmama
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"Im Herzen bei euch war ich nicht mehr alleine" - wie fühlt es sich an, wenn Mama plötzlich ganz weit weg, ja, sogar ins Weltall geht? Wie geht sie damit um, wie bereitet sie sich vor? Vermisst sie ihre ...

"Im Herzen bei euch war ich nicht mehr alleine" - wie fühlt es sich an, wenn Mama plötzlich ganz weit weg, ja, sogar ins Weltall geht? Wie geht sie damit um, wie bereitet sie sich vor? Vermisst sie ihre drei Drachenkinder? Wie geht es den dreien im Angesicht des Abenteuers, das ihre Mutter bald ohne sie antreten wird?

Die Geschichte geht ans Herz, ist es doch eher die Ausnahme, dass die Mama ihre Kinder aus beruflichen Gründen für einige Zeit nicht umsorgen kann und die Familie sogar räumlich verlassen muss. Wie offen und positiv daraus eine mutmachende, bestärkende Geschichte werden kann, beweisen Anna Menon und Keri Vasek mit ihrer von Cornelia Boese ganz hervorragend übersetzten Geschichte. Abgerundet wird das Gesamtbild durch eine außergewöhnliche Bebilderung, die Andy Harkness aus abfotografierter Knetmasse erstellt hat.

Das Buch ist für Kinder ab 4 Jahren sehr gut verständlich, die Geschichte ansprechend. In so bewegten Zeiten sind gegenseitiger Halt und Liebe wichtig. Dabei ist die Liebe nicht weniger, wenn ein Elternteil für eine gewisse Zeit nicht auch körperlich bei der Familie sein kann.

Zum Abschluss mein einziger Kritikpunkt: Der Drachenpapa oder ein anderer Drache, welcher während der Abwesenheit der Drachenmutter die Kinder umsorgt, findet nur in der bildlichen Darstellung Platz, im Text kein Wort dazu. Das ist schade, denn für mich persönlich gehört zu einer starken Familie, dass die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt sind, dass die Mama auch beruflich mutig sein und ihre Träume verwirklichen kann, während Papa (oder Oma, Opa, eine andere Person) für die Kinder da ist, sie umsorgt, sich um sie kümmert.

Diese zweite Perspektive fehlt mir, denn ich bin sicher, ohne die Gewissheit, dass ihre Kinder während ihrer Abwesenheit in den besten Händen sind, wäre die Drachenmama niemals auf die Reise zu den Sternen gegangen.

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Veröffentlicht am 15.06.2024

Leider enttäuschend, unglaubwürdige Story und flache Charaktere

Das Resort
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Mila verirrt sich auf dem Weg zur Hochzeit ihrer Schwester mit ihrem Ehemann irgendwo in den Bayerischen Alpen. Nachdem Ethan spurlos verschwunden ist, beginnt für sie ein Alptraum.

Soweit die ansprechend ...

Mila verirrt sich auf dem Weg zur Hochzeit ihrer Schwester mit ihrem Ehemann irgendwo in den Bayerischen Alpen. Nachdem Ethan spurlos verschwunden ist, beginnt für sie ein Alptraum.

Soweit die ansprechend klinge Story in groben Zügen. Cover und der neongelbe Farbschnitt haben ihr Übriges dazu beigetragen, dass ich mich sehr auf dieses Buch freute. Mit dem Lesen der ersten Seiten schwand die Begeisterung dann jedoch schnell, die Story brauchte für mich rund 120 Seiten, um überhaupt in eine spannende Handlung zu kommen. Bis dahin waren weite Teile durch einen inneren Monolog einer restlos überforderten und mir auch noch unsympathischen Frau geprägt, die in allen möglichen Facetten darüber nachdenkt, was mit ihrem Mann geschehen sein könnte.

Die weitere Handlung ist dann teils so an den Haaren herbeigezogen und absurd, dass ich meine Enttäuschung über dieses Buch bereits während dem Lesen nicht mehr leugnen konnte.

Die Charaktere sind für mich aufgesetzt, haben keine Tiefe und wirken mitunter schlicht unglaubwürdig.

Die Danksagung am Ende hat dann ein sehr durchwachsenes Buch passend beschlossen. Ich war froh als es zu Ende gelesen war.

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Veröffentlicht am 05.06.2024

Überraschend anders - eine wunderbare Reise mit den Augen einer anderen Frauen-Generation

Lass uns noch mal los
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Zugegeben, ich bin mehrmals an Susanne Matthiessens Buch in der Buchhandlung vorbeigegangen. Klang irgendwie nach Emanzen-/Feminismuskram. Obwohl ich mich als moderne und aufgeschlossene Frau betrachte, ...

Zugegeben, ich bin mehrmals an Susanne Matthiessens Buch in der Buchhandlung vorbeigegangen. Klang irgendwie nach Emanzen-/Feminismuskram. Obwohl ich mich als moderne und aufgeschlossene Frau betrachte, die für gleiche Rechte zwischen den Geschlechtern und ebenbürtige Verhältnisse eintritt, fällt es mir doch schwer, mich in einschlägiger Literatur oder öffentlichen Debatten angemessen verstanden und gut aufgehoben zu fühlen. Allen Zweifeln zum Trotz, irgendwann kam ich einfach nicht mehr an diesem Titel vorbei und habe ihn gekauft.

Der Autorin gelingt es, in wunderbarer Sprache einen ganz besonderen Zeitgeist und ein Lebensgefühl mit der Leserin / dem Leser zu teilen, welches zahlreiche Vertreter:innen der Boomergeneration aus erster Hand kennen und sie geprägt hat. In diesem Buch geht es um wunderbare Charaktere, um Frauen, die ihr Leben selbstbestimmt leben wollen, sich für andere Frauen einsetzen, die nicht laut sein wollen oder es nicht (mehr) können. Und es geht auch darum, wie wenig Ideale, die Respekt und eine gerechtere Verteilung von Macht und Chancen einfordern, in einer Gesellschaft wert sind, die immer noch zu erheblichen Teilen durch harte Euros bestimmt ist. Wenn eine bezahlte Arbeit oder die Rente nicht mehr ausreicht, um die Miete zu bezahlen, wenn allgemein bezahlbarer Wohnraum an Utopie grenzt, was ist dann mit uns, was ist mit unserer Gesellschaft passiert?

Es war eine wunderbare Reise, die Hauptfigur Susanne für einige Zeit durch ihre Augen zu begleiten. Die mit abgedruckten Auszüge aus dem Poesiealbum haben dabei die Geschichte wunderbar eingerahmt und eine Brücke geschlagen zwischen "poetischen" Weisheiten aus Kindheitstagen in das reale (Er)Leben von heute.

Ein tolles Buch für alle Interessierten, die unser soziales, politisches und gesellschaftliches Gefüge einmal durch die Augen einer ganz besonderen Frau der Boomergeneration sehen möchten.

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