Roman mit Schwachstellen
UnterwasserflimmernUnterwasserflimmern erzählt die Geschichte einer jungen namenlosen Protagonistin, die ihren Partner mit anderen Männern betrügt. Sie fühlt sich gefangen in einem Leben, das von gesellschaftlichen Erwartungen ...
Unterwasserflimmern erzählt die Geschichte einer jungen namenlosen Protagonistin, die ihren Partner mit anderen Männern betrügt. Sie fühlt sich gefangen in einem Leben, das von gesellschaftlichen Erwartungen geprägt ist. Über ihren Kopf hinweg macht ihr Partner Zukunftspläne, kauft ein Grundstück und erwartet von ihr, dass sie schwanger wird. Dabei will sie noch keine so weitreichenden Entscheidungen treffen, will spontan sein und sich frei fühlen. Deshalb scheint die Flucht zunächst wie der einzige Ausweg.
Leider wird ihr Ausbrechen aus den Erwartungen und Konventionen im Laufe des Romans aber nicht vertieft. Stattdessen verliert sich die Erzählung und folgt einer Protagonistin, die sehr unreif, unentschlossen und fast schon kindisch wirkt. Ihr Verhalten ist geprägt von Verdrängung und Selbsttäuschung. Sie klammert sich an andere Menschen, macht sich abhängig von ihnen und hat Angst, selbstbestimmt zu leben. Außerdem versucht sie, ihrem Leben ausschließlich über die Sexualität Sinn und Bedeutung zu verleihen. Sie geht im Grunde mit (fast) jeder Nebenfigur in der Geschichte eine sexuelle Beziehung ein, was sie auf Dauer äußerst oberflächlich erscheinen lässt. Man könnte behaupten, dass es ihre Art der Freiheitssuche ist, aber letztlich verstrickt sie sich nur in Zweifeln, in Unentschlossenheit und in Ziellosigkeit. Einen Zustand der Freiheit und der Selbstsicherheit erlangt sie zu keinem Zeitpunkt.
Ehrlich gesagt, gefällt mir das Frauenbild, das dem Roman zugrunde liegt, überhaupt nicht. Schwache und abhängige weibliche Figuren hat es in der Literaturgeschichte zur Genüge gegeben. Ich hatte erwartet, dass der Roman den Leser mit einer weiblichen Figur konfrontiert, die sich auflehnt, die gesellschaftliche Erwartungen sprengt, die sich von den ihr angelegten Fesseln befreit und ihr Leben so lebt, wie sie es möchte. Der Höhepunkt meiner Enttäuschung war eine Vergewaltigungsfantasie der Protagonistin, die ich in keinster Weise nachvollziehen konnte und die auch im Bedeutungszusammenhang der Geschichte für mich keinen Sinn macht.
Diese Schwachstellen des Romans wiegen schwer. Gleichzeitig möchte ich aber betonen, dass die Autorin in einer flüssigen und klaren Sprache schreibt. Abgesehen von den vulgären Passagen, die meiner Ansicht nach den Erzählfluss hemmen, wie Einschnitte wirken und nichts zu der Geschichte beitragen, ist es mir leicht gefallen, mich mit der Sprache, dem Stil und dem Ton anzufreunden. Die erzählte Welt scheint durch die Klarheit und Direktheit der Sprache nah und greifbar.
Dieser Debütroman lässt hinter den Schwachstellen schriftstellerisches Talent erahnen und ich finde es schade, dass dieses durch die nicht sehr überzeugende Geschichte getrübt wird.