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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.10.2024

Ein feministisches Gerichtsdrama

Prima facie
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"Hab dich lieb. In Textnachrichten ist es immer einfach, das zu sagen. Persönlich ist das unmöglich." (Seite 99)

Tessa Ensler hat alles erreicht. Sie ist eine angesehene, junge Strafverteidigerin, die ...

"Hab dich lieb. In Textnachrichten ist es immer einfach, das zu sagen. Persönlich ist das unmöglich." (Seite 99)

Tessa Ensler hat alles erreicht. Sie ist eine angesehene, junge Strafverteidigerin, die für ihre Erfolge vor Gericht bekannt ist.
Sie bewegt sich in London in einem illustren Kreis. Die meisten ihrer Kolleg:innen stammen aus altehrwürdigen Familien, denen die Juristerei sozusagen im Blut liegt. Geld spielt oft keine Rolle. Niemand erahnt dort, aus welchen Verhältnissen Tessa kommt. Welche Vergangenheit sie hinter sich gelassen hat.

Suzie Miller zeichnet das Bild einer ehrgeizigen, jungen Frau, ohne dass sie unsympathisch oder unnahbar wirkt. In Rückblenden entblättert sich Tessas verletzlich Seite. Ein Leben mit einen gewalttätigen Vater, einem Bruder, der mit einem Bein im Gefängnis steht, einer Mutter, die am Existenzminimum lebt. Trotz dieser harten Fakten, beschreibt Miller dies nüchtern und dennoch mit einer großen Zuneigung für ihre Protagonistin und deren engster Vertrauten.

In dem Buch gibt es, wie schon angedeutet, mehrere Zeitebenen, ein Damals, ein Davor, ein Jetzt. Tessa hat sich den knallharten Ruf erarbeitet, in Fällen von sexueller Gewalt, kein Pardon mit den weiblichen Zeuginnen zu haben und für ihre männlichen Mandanten einen Freispruch zu erwirken. Das sorgt größtenteils für Bewunderung, aber seitens einer Kollegin auch für unterschwellige Kritik. Als Leser:in ahnt man, welchen Wendepunkt die Geschichte nehmen wird. Umso gespannter war ich, wie Tessa diese Erfahrung beeinflussen wird.

Die Geschichte einer Aufsteigerin entwickelt sich zu einem Justizdrama. Die junge Frau, die sich aus ihrem sozialen Milieu befreien konnte, muss sich nun entscheiden, auf welcher Seite sie steht und für was sie steht.

Ein gelungener Roman, der mich zunehmend fesseln konnte, dessen Ende mich als Feministin vielleicht nicht ganz beglückt, aber der in seiner Fiktion nah an der Realität steht.

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Veröffentlicht am 29.09.2024

Maustastisches Abenteuer Part 4

Earhart
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Zehn Jahre ist es her, dass Torben Kuhlmann einen Triumphzug mit einer kleinen Maus begonnen hat. Mit Lindbergh hat er nicht nur dem berühmten Flugpionier eine Denkmal in Kinderbuchform gesetzt, sondern ...

Zehn Jahre ist es her, dass Torben Kuhlmann einen Triumphzug mit einer kleinen Maus begonnen hat. Mit Lindbergh hat er nicht nur dem berühmten Flugpionier eine Denkmal in Kinderbuchform gesetzt, sondern eine Maus zu Höchstform auflaufen und in den Mittelpunkt des Geschehens rücken lassen. Eben jene Maus treffen wir im gerade erschienenen und damit vierten Mäuseabenteuer als Nebenfigur, aber nicht minder wichtig, wieder.

Die Protagonistin dieser Geschichte, möchte ebenfalls hoch hinaus und setzt sich damit über Konventionen und Stereotypen hinweg und zeigt, dass man nie zu klein, zu unbedeutend oder zu unerfahren sein kann, um zu erreichen, was Maus sich in den Kopf gesetzt hat.

Torben Kuhlmann erzählt spannend, berührend und unterhaltsam und beeindruckt einmal mehr mit seinen starken Bildern, die ich zwischen den Textpassagen immer minutenlang auf mich einwirken lasse. Ich war hocherfreut, dass die Maus Protagonistin diesmal in die Fußstapfen einer berühmten Frau tritt. Amalia Earharts Geschichte ist nicht weniger aufregend, als die ihrer männlichen Mitstreiter. Vermutlich ist ihre Vita sogar noch aufregender und ihr Verschwinden mystisch.

Ob die kleine Wühlmaus am Ende die Weltunrundung schafft, solltet ihr unbedingt selbst nachlesen. Nur so viel darf ich sicherlich spoilern, die Geschichte der Maus erfährt ein zufriedenstellenderes Ende, als das der Amelia Earhart.

Für mich, wieder ein kleines Meisterwerk.

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Veröffentlicht am 29.09.2024

Liebevolles Bilder- und Sachbuch über die wunderschönen Berggorillas

Mukiza
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Spätestens seit 'Gorillas im Nebel' und den Aufzeichnungen von Dian Fossey war meine Faszination und Bewunderung für Berggorillas groß. Eine Wehmut schwingt dabei ebenso mit, wenn ich an diese wunderbaren ...

Spätestens seit 'Gorillas im Nebel' und den Aufzeichnungen von Dian Fossey war meine Faszination und Bewunderung für Berggorillas groß. Eine Wehmut schwingt dabei ebenso mit, wenn ich an diese wunderbaren Tiere denke, die auch heute noch bedroht sind, wie auch die Liebe für diese Tiere. Bedroht sind sie heute vor allem dadurch, weil ihr natürlicher Lebensraum immer mehr begrenzt wird.

Und nun also ein Kinderbuch über die Tiere, die uns in ihrem Verhalten so ähnlich sind. Dabei ist 'Mukiza ' nicht einfach nur eine liebenswerte Vorlesegeschichte, sie ist gleichzeitig auch aufeine ganz dezente Weise Sachbuch. Denn Mukiza gibt es wirklich. Erzählt wird die Geschichte ab seiner Geburt, über sein Heranwachsen, sein Leben in der Gruppe und seinen Weg als ausgewachsener Silberrücken. Es gibt spannende aber auch traurige Elemente. Alles untermalt von bezaubernden Illustrationen, wie auf dem zuckersüßen Cover.

Am Ende finden sich Fotos und eine Beschreibung zur realen Gruppe rund um Mukiza, die das Wissen um die Gorillas noch etwas mehr vervollständigt.
'Mukiza' kann schon die Kleinsten für Natur- und Umweltschutz sensibilisieren. Die Sätze sind kurz und die Texte leicht verständlich aber vor allem sehr berührend.
Meine Faszination hat sich nun auch auf unsere Lütte übertragen. Der erste Satz nach dem Buch lautet: 'Wenn ich groß bin, möchte ich Gorillas beschützen'. Was kann man von einem Buch mehr verlangen.

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Veröffentlicht am 24.09.2024

Rückwärtsgewandt in die Zukunft

Lichtungen
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"Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen." (Seite 76)


Fragmente eines Lebens, aufgeteilt in Kapitel. Stück für Stück lernen wir Lev und Kato kennen. Eine Liebesgeschichte, die nicht ...

"Erinnerungen waren über die Zeit verstreut wie Lichtungen." (Seite 76)


Fragmente eines Lebens, aufgeteilt in Kapitel. Stück für Stück lernen wir Lev und Kato kennen. Eine Liebesgeschichte, die nicht als solche daher kommt. Nüchtern erzählt und doch mit einer Tiefe, die begeistert. Und das besondere: Der Anfang ist das Ende oder der Beginn von etwas, das wir nicht mehr erfahren werden.

Die Geschichte wird rückwärts erzählt. Das führt dazu, daß der ein oder Fakt vorweggenommen wird, aber auf eine besondere Weise macht gebau das Spaß beim Lesen. Durch die Erzählweise erschließt sich das sich das ein oder andere und es gibt viele kleine AHA Momente.

Iris Wolff schreibt mit einer Melancholie, die nie schwer ist. Sie lässt uns eintauchen in eine andere Zeit, in eine andere Welt, die gar nicht so fremd und gar nicht so fern erscheint. Vielleicht spricht sie mich als ostsozalisierte und in den 70ern Geborene besonders an, aber ich denke dass die meisten Lesenden diese Stimmungs des Aufbruchs und der Unsicherheit spüren können.

'Lichtungen' steht zurecht auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.

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Veröffentlicht am 23.09.2024

Anstrengend

Hasenprosa
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Puh, was war das. Am Anfang musste ich immer an die Känguruh-Chroniken denken. Hier ist es ein Hase, der immer mal wieder auftaucht und dazwischen grätscht, der Gedankengänge in Frage stellt. Soweit so ...

Puh, was war das. Am Anfang musste ich immer an die Känguruh-Chroniken denken. Hier ist es ein Hase, der immer mal wieder auftaucht und dazwischen grätscht, der Gedankengänge in Frage stellt. Soweit so gut. Aber was dann?

Ich musste mich immer wieder fragen, wozu dieses Buch? Was ist die Geschichte? Es ist von vielem etwas. Es ist ein Auseindersetzen der Protagonistin mit der eigenen Familie auf der einen Seite und dann plötzlich ein Buch, dass Wissen vermittelt. Ich habe jetzt die Musik von Glenn Could kenne- und schätzengelernt, habe die Kunst von Agnes Martin gegoogelt ujd weiß jetzt einiges über den Grönlandhai. Tatsächlich fand ich dies Passagen auch sehr unterhaltsam und interessant. Aber für das gesamte Buch war mir das zu wenig. Ich blieb nicjt dran, verfing mich in eigenen Gedanken und war oft so weit weg.

Interessant, dass es Hasenprosa auf die Shortlist geschafft hat. Vielleicht ist der prosaische Teil in mir nicht mehr so stark.

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