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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.11.2024

Pirlo und Bischoff ermitteln aber mehr oder weniger erfolgreich

Gegenspieler
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Ich hatte Lust auf Spannung und gleichzeitig auf etwas Leichtes. Arno Strobel kannte ich schon und wusste, dass mich hier leicht lesbare und unterhaltsame Lektüre erwartet.

Mehr Spaß hätte mir das Lesen ...

Ich hatte Lust auf Spannung und gleichzeitig auf etwas Leichtes. Arno Strobel kannte ich schon und wusste, dass mich hier leicht lesbare und unterhaltsame Lektüre erwartet.

Mehr Spaß hätte mir das Lesen sicherlich bereitet, wenn ich die beiden Ernittler Pirlo und Bischoff vorher gekannt hätte. Das war jedoch nicht der Fall. Sicher kann man das Buch auch ohne Mörderfinder und Co. lesen, aber so manche Zwischentöne und Beziehungen bleiben mir ein wenig distanziert.

Beworben wird das Buch mit der Ankündigung, dass die beiden Protagonisten sich hier zusammenfinden um gemeinsam zu ermitteln.
Am Anfang ist die Begeisterung der beiden recht verhalten. Schuld ist nicht die Zusammenarbeit an sich, sondern eine Frau. Der Fakt hat mich fast das ganze Buch hindurch genervt. Warum spielt diese Frau so mit den Männern, warum schenkt sie nicht reinen Wein ein? Ok, das sollte wohl etwas Prickeln in die Geschichte bringen. Geprickelt hat es bei mir nicht. Aber mit diesem Hintergrund habe ich mit mehr pointierten Schlagabtausch gerechnet, der aber leider viel zu wenig stattfand. Im Gegenteil, manche Dialoge, auch mit vermeintlichen Zeugen, waren mir oft zu flapsig.

Inhaltlich geht es ums Bankenwesen und um Steuerprogramme. Ich gebe zu, hier bin ich irgendwann ausgestiegen. Das Thema hat mich nicht wirklich gepackt. Es passieren mehrere Morde und bis zum Ende tappte ich Dunkeln, was ich grundsätzlich mag. Pirlo und Bischoff hatten im Übrigen ebenso lange keinen Plan.
Enttäuschend fand ich, dass sich scheinbar zufällig am Ende alles aufklärt, zwar in einer Art Showdown, den ich aber kaum als spannend erachtet habe.

Ich kann nur gut vorstellen, dass das Buch nei vielen gut ankommt. Es hat seine unterhaltsamen Anteile. Von einem Ermittler-Duo habe ich aber mehr Spannung und interessantere Kniffe erwartet.
Das Ende klingt nach baldiger Fortsetzung. Reizt mich momentan nicht.

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Veröffentlicht am 03.11.2024

Ein typischer Matt Haig

Die Unmöglichkeit des Lebens
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"Ich parkte am Bordstein, in einem Winkel, den Pythagoras ganz sicher interessant gefunden hätte." (Seite 67)

Grace erbt ein Haus auf Ibiza von einer Frau, der sie vor Jahren in einem schweren Moment ...

"Ich parkte am Bordstein, in einem Winkel, den Pythagoras ganz sicher interessant gefunden hätte." (Seite 67)

Grace erbt ein Haus auf Ibiza von einer Frau, der sie vor Jahren in einem schweren Moment geholfen hat. Sie selbst ist pensionierte Mathematiklehrerin und seit kurzem verwitwet.

Wie wir es von Matt Haig gewohnt sind, tauchen wir ein in eine Geschichte, die einen traumhaften Charakter besitzt und sich irgendwo zwischen Esoterik und Mystik ansiedelt. Das meine ich durchaus nicht negativ oder belächelnd. Im Gegenteil, ich habe Lust, Ibiza, die Insel des Geschehens, erneut kennenzulernen. Es ist so viel wahres, aber ebensoviel unglaubliches in diesem Buch. Was mich besonders beeindruckt hat, ist die Liebe zur Mathematik,  die Grace in jeder Pore ausstrahlt. Ich, die das Fach als solches nie wirklich begriffen hat, verspürte fast ein wenig Neid, dass die Faszination der Mathematik damals nicht auf mich übergesprungen ist.

Aus der surrealen Welt mit außerirdischen Mächten tauchen wir plötzlich auf und befinden uns mitten in einem Klimschutzkrimi. Das klingt alles etwas bizarr? Ist es auch. Matt Haig eben.

Ein abschließendes Fazit, wie mir das Buch gefallen hat, muss ich schuldig bleiben. Vieles hat mich begeistert, einiges war mir zu zäh und das Ende dann plötzlich zu schnell.

Wer die Bücher von Matt Haig liebt, wird auch hier seine Freude haben. Allen anderen sei das Buch dennoch empfohlen. Nur als Tipp: Denkt abseits von Genre-Grenzen.

"Wir sind aus dem Nichts geboren, das ganze Universum ist aus dem Nichts geboren und doch sind wir hier, dass unmögliche Etwas, das aus dem Nichts zum Sein gekommen ist. Die Unmöglichkeit des Lebens. Ein Glück, das es zu ehren gilt." (Seite 190)

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Veröffentlicht am 21.10.2024

Lovescammer aufgliegen lassen als Mittel gegen Schlaflosigkeit

Hey guten Morgen, wie geht es dir?
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Ich fand es ungemein spannend, das Buch zu lesen, ohne den Klappentext zu kennen bzw. mich daran zu erinnern. So war der gehandicapte Mann, der mit Juno eine Wohnung teilt, einfach ein Mitbewohner. Erst ...

Ich fand es ungemein spannend, das Buch zu lesen, ohne den Klappentext zu kennen bzw. mich daran zu erinnern. So war der gehandicapte Mann, der mit Juno eine Wohnung teilt, einfach ein Mitbewohner. Erst spät habe ich verstanden, dass dies der Ehemann ist und Juno neben ihrem Job seine Pflege übernommen hat. Plötzlich sah ich die Geschichte in einem völlig neuen Licht.

Juno ist Performance-Künstlerin und schlägt sich mit ihren Engagement recht gut durch. Nachts sucht sie Zerstreuung, in dem sie mit Lovescammern ihre Spielchen spielt. Lovescammer, die in der Regel oft ältere Frauen auf Social Media Kanälen anschreiben, um sich dort erst in das Herz und dann in ihr Bankkonto zu schleichen. Mir waren diese Typen, vom Erscheinungsbild meist gutsituierte, mittelalte, weiße Männer, am Rande schon ab und an aufgefallen. Aber wirklich viel wusste ich darüber nicht. Das hinter diesen Accounts, für die meisten als Fake-Profil ersichtliche, in der Regel junge Männer aus Afrika sitzen, war mir so nicht bewusst. Einer dieser Männer ist Benu und im Gegensatz zu anderen Männern, die apfortweg von der Bildfläche verschwinden, wenn Juno sie auffliegen lässt, bleibt er. Die nüchterne, schroffe Art von Juno scheint ihn anzuziehen. Oder ist auch das nur eine weitere Masche, Junos Vertrauen zu erlangen?
Ich mochte die Passagen, in denen sich die beiden hin und her schreiben besonders gern. Vor allem die schlagfertigen und oft pointierten Entgegnungen Junos.

Martina Hefter macht ein Thema auf, dass mir in der Literatur noch nicht begegnet ist. Sie schafft dabei einen wunderbaren Spagat zwischen gut durchdachten Worten in traumweltlerischen Gedankengängen und gewitzten, kurzweiligen Dialogen. Die Müdigkeit vom Leben spürt man bei Juno ebenso sehr, wie ihre Sehnsucht nach etwas oder jemand nicht greifbaren.
Die nächtlichen Online-Wortwechsel sind für Juno ein Ausbruch aus dem oft drögen Alltag, vor allem wenn gerade keine Auftritte geplant sind.

Zwischendurch plätschert das Buch auch einfach mal so vor sich hin, aber es bleibt immer lesbar und genau das gefällt mir an einem Short-List-Buch, dass am Ende als Sieger hervorgeht. Diesmal hat nicht der hochgestochene Feuilleton gewonnen, sondern ein Buch, dass durchaus auch die Masse ansprechen kann.

Wunderbar. Und Herrn Meyer rate ich, das gönnen zu üben.

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Veröffentlicht am 20.10.2024

Wenn Freundschaft auch nach dem Tod Berge versetzt

Unerhörte Stimmen
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"Gab es einen geheimen Ort für unerwünschte, nie gelesene Briefe?" (Seite 88)

Warum lerne ich Elif Shafak erst jetzt kennen? Was habe ich da bloß bisher verpasst? Auf der Fahrt zu Buchmesse habe ich 'Unerhörte ...

"Gab es einen geheimen Ort für unerwünschte, nie gelesene Briefe?" (Seite 88)

Warum lerne ich Elif Shafak erst jetzt kennen? Was habe ich da bloß bisher verpasst? Auf der Fahrt zu Buchmesse habe ich 'Unerhörte Stimmen' begonnen und es hat mich schnell bewegt und erschüttert.

Laila, die Protagonistin, lässt ihr Leben Revue passieren, während sich ihre Seele im Minutentakt verabschiedet. Mit dem Moment ihrer Geburt lernen wir Laila kennen, erleben ihr Aufwachsen und die ersten Schicksalsschläge. Mit viel Hoffnung im Gepäck und ihrer Familie und einer arrangierten Ehe entfliehend, landet sie jung und unerfahren in Istanbul und sehr schnell als Prostituierte in einem Bordell.

Zwischendurch werden uns nacheinander die fünf Menschen vorgestellt, die Lailas kurzes Leben bereichern und auch nach ihrem Tod eine wichtige Rolle einnehmen werden. Jede einzelne dieser Personen ist besonders und einzigartig. Elif Shafak zeichnet die Charaktere unheimlich greifbar und authentisch. Jede einzelne Figur hat ihr eigenes, nicht leichtes, Päckchen zu tragen. Vielleicht ist genau das der Grund, warum diese sechs Menschen zueinander finden und warum ich als Leserin sie so schmerzlich eindrucksvoll erachte.

Elif Shafak schreibt, als ob alles genau so passiert ist, als ob jede einzelne der Figuren real ist. Beim Lesen vergesse ich, dass die Menschen in dem Buch Fiktion sind, auch wenn einzelne Handlungsstränge und Orte der Wahrheit entspringen.

Während der Buchmesse, durfte ich mit Elif Shafak wenige kurze Worte wechseln. Ich empfand sie als nahbare und warmherzige Person. Ihre Empathie für Menschen spüre ich in jedem einzelnen Satz.
Diese kurze Begegnung hat mir das Buch noch näher gebracht und ich freue mich darauf, ihren aktuellen Roman zu lesen.

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Veröffentlicht am 19.10.2024

Die falsche Zeit für das Buch und mich

Antichristie
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Ich muss eine Rezension schreiben und will es doch eigentlich nicht. Noch nicht.
Mithu Sanyal ist mir als Mensch äußerst sympathisch. In ihren Gesprächen und Interviews hänge ich sofort an ihren Lippen. ...

Ich muss eine Rezension schreiben und will es doch eigentlich nicht. Noch nicht.
Mithu Sanyal ist mir als Mensch äußerst sympathisch. In ihren Gesprächen und Interviews hänge ich sofort an ihren Lippen. Ich liebe den Schalk in ihrer Stimme und in ihren Augen.

Daher war ich so gespannt auf das Buch. Mein erstes von ihr.
Meine ernüchternd Erkenntnis, ich muss es pausieren. Die Protagonistin bleibt mir fremd und gern, ich kann sie nicht fassen. Die Filmsequnezen am Anfang jedes Kapitels erschließen sich mir nicht und die Zeitsprünge bgreife ich oft zu spät. Und dann hingen die über t00 Seiten, wie ein schwerer Klotz über mir.

Ich befürchte es ist nicht die richtige Zeit für das Buch und mich. Aber dennoch hoffe ich, dass Buch zu einem anderen Zeitpunkt beenden zu können, um seinen Witz und seine Klugjeit zu erfassen. Mithu Sanyal hat das verdient, das Buch sicher auch.

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