Traurig und humorvoll zugleich
Die Dauer der LiebeKonrad ist tot. Ganz spontan gestorben. Zusammengebrochen auf einem Parklatz. Herzinfarkt. Renata und Konrad sind seit 25 Jahren ein Paar, aber nicht verheiratet. Wenn sie es gewesen wären, wäre Renata ...
Konrad ist tot. Ganz spontan gestorben. Zusammengebrochen auf einem Parklatz. Herzinfarkt. Renata und Konrad sind seit 25 Jahren ein Paar, aber nicht verheiratet. Wenn sie es gewesen wären, wäre Renata die Erste gewesen, die von Konrads Tod erfährt. So klopfen die Polizisten erst einen Tag später an ihre Haustüre.
Die italienisch deutschsprachige Autorin Sabine Gruber erkundet in ihrem neuen Roman die Frage, wie man ohne den geliebten Menschen weiterlebt. Wie lang ist die Dauer der Liebe?
Ich finde in diesem Roman einige wunderschöne und trostvolle Beschreibungen einer lange dauernden Liebe.
„Der liebende Blick ist nicht blind, er nimmt den von der Zeit veränderten Körper wahr, aber in dem, was der andere geworden war, entdeckt er noch die Schönheit der ersten Jahre, leuchtet etwas auf, das nur zu sehen imstande ist, wer einander seine langem kennt.“
Die Überlegung liegt nahe, dass Gruber viel von ihren eigenen Erfahrungen einbringt, da ihr eigener langjähriger Partner überraschend nach 20 Jahren Beziehung starb.
Nach Konrads Tod, muss Renata nicht nur mit dem Verlust ihres Partners zu leben lernen, sie muss es aushalten wie seine narzisstische Mutter und der geldgierige Bruder den Nachlass Konrads zerfleddern. Renata hat wegen eines ungültigen Testaments keinerlei Anspruch auf Konrads Sachen und künstlerische Arbeiten. Ihr wird jedes Erinnerungsstück genommen und Renata muss das Wissen ertragen, dass sie für Konrads Familie nie wirklich die Frau an seiner Seite war, sondern nur ein vorübergehendes zu akzeptierendes Übel.
Die Jahre die Konrad nicht mehr leben wird, die gemeinsame Zeit, die es nicht mehr geben wird. Erinnerungen, die verblaßen und nicht mehr durch neue ersetzt werden.
Gruber beschreibt, wie nach dem körperlichen Verlust von Konrad sein langsames Verschwinden aus dem Alltag und aus den Gedanken einsetzt. Das ist traurig aber unvermeidbar, wenn das Leben weiter gehen soll.
Der Roman ist poetisch und wehmütig, aber stellenweise auch humorvoll auf seine Art. Anders als der Klappentext vielleicht suggeriert, stellt Gruber die Fragen nach Konrads Geheimnis nur an den Rand des Romans. Für mich arbeitet sie mit diesem Thema die Ambivalenzen und Polarität heraus, die in einer Beziehung auftreten können, ohne dass die Liebe dadurch zerstört wird.
Ich denke darüber nach, warum Gruber Konrad in den Mittelpunkt des Romans stellt. Ich erfahre sehr viel über sein künstlerisches Schafften, über seine Faszination von italienischer faschistischer Architektur und seiner Vergangenheit, aber sehr wenig über Renatas Interessen und Beruf. Aber es fühlt sich letztendlich stimmig an, wie ein Versuch die Erinnerung doch noch festzuhalten oder auf Papier diesen einen friedlichen Ort zu schaffen, wo es „genügt, Kalziumphosphat zu sein“.