Cover-Bild Sommerwasser
(5)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Unionsverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 10.07.2023
  • ISBN: 9783293006096
Sarah Moss

Sommerwasser

Roman
Nicole Seifert (Übersetzer)

Der Regen trommelt auf den schottischen See, schluckt das Licht des langen Sommertages und lässt die Pfützen brodeln. Hinter den Fenstern der wenigen Ferienhütten bleibt kaum etwas zu tun, als die Nachbarn zu beobachten.

Während die Stunden fast unmerklich vergehen, formen die Urlaubsgäste aus flüchtigen Eindrücken ihr Urteil. Über die Mutter, die bei Tagesanbruch in ein paar kostbare Stunden Einsamkeit flüchtet. Den Jungen, der den windgepeitschten See seinen nervtötenden Eltern vorzieht. Und vor allem über diese eine Familie mit dem komischen Nachnamen, die hier einfach nicht hingehört.

Mit Witz und Einfühlungsvermögen erzählt Sarah Moss von der menschlichen Fähigkeit zu Grausamkeit und Güte.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.04.2024

Ein verregneter Tag in Schottland

0

Irgendein Sommertag in Schottland. Der Morgen bricht durch die Dunkelheit, der Regen trommelt auf dem See seine monotone Melodie, die niemals enden will und alle Regungen dämpft. Die Bewohner der Ferienhäuser ...

Irgendein Sommertag in Schottland. Der Morgen bricht durch die Dunkelheit, der Regen trommelt auf dem See seine monotone Melodie, die niemals enden will und alle Regungen dämpft. Die Bewohner der Ferienhäuser sind sich selbst überlassen, ohne WLAN von der restlichen Welt abgeschnitten, ohne die gewohnten Zerstreuungen ganz ihren eigenen Gedanken und Gefühlen ausgeliefert. Da ist das junge Paar, das am gemeinsamen Orgasmus feilt und dabei an nichts weniger denken kann, als aneinander (Lieblings-Sex-Szene seit langem, was hab ich gekichert!). Die gelangweilten Teenager von gegenüber, die sich weit weg wünschen, in die Sonne, ins trubelige Leben, zu den Freunden oder wenigstens ins Internet; die überall sein wollen, nur nicht hier. Claire und Jon mit ihren beiden Kleinkindern und dem zum Scheitern verurteilten Versuch, die Absurdität ihrer Situation zu verdängen, „nicht daran zu denken, dass sie sich mit all dem Geld, das sie bezahlt haben, um zwei Wochen nicht zu Hause zu sein, im Wesentlichen um all die Hilfsmittel gebracht haben, die ihnen sonst zur Verfügung stehen, um die Zeit rumzubringen.“ Diese Familie mit dem komischen Namen, kommen die aus Rumänien? Bulgarien?, die besonders genau beäugt wird. Die Menschen beobachten sich gegenseitig, ziehen ihre Schlüsse aus flüchtigen Momentaufnahmen, fällen ihr Urteil und mit Einsetzen der Dämmerung kündigt sich etwas Bedrohliches an.

Ganz ehrlich und unter uns – hier passiert nicht viel. Die Menschen in „Sommerwasser“ tun die alltäglichsten Dinge und ganz besonders eines: sich langweilen. Und doch passiert eben ganz viel in ihnen, mit ihnen, brodelt es unterschwellig, wächst aus dieser Eintönigkeit ein faszinierend präzises Bild unserer modernen Gesellschaft, das mich bestens und vor allem klug unterhalten und auch ein wenig ertappt hat. Einfühlsam, scharfsinnig und humorvoll begegnet Sarah Moss ihren Figuren, entlarvt deren Sehnsüchte, spielt mit ihren Ängsten. Auch die Tiere und der Wald, Regen und Schall bekommen eine Stimme und ergänzen diese atmosphärisch dichte Geschichte, diesen explosiven Chor, der letztlich tut, was er tun muss - sich in einem lauten Knall entladen.

Aus dem Englischen von Nicole Seifert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.07.2023

Episoden eines verregneten, schicksalhaften Sommertags

0

Wer denkt beim Wort „Sommerwasser“ schon an einen verregneten Urlaub in einer Ferienhaussiedlung an einem schottischen Loch (See)? Bei unserem derzeit (zum Glück!) verregneten Sommer hier in Mitteleuropa ...

Wer denkt beim Wort „Sommerwasser“ schon an einen verregneten Urlaub in einer Ferienhaussiedlung an einem schottischen Loch (See)? Bei unserem derzeit (zum Glück!) verregneten Sommer hier in Mitteleuropa ist dieses Szenario vielleicht sich gar nicht so schwer vorzustellen. Aber wem es an Vorstellungskraft fehlt, der wird durch diese großartige Geschichte von Sarah Moss und ihren unbestechlichen Schreibstil definitiv abgeholt und mitgenommen in die Highlands.

Sieben alte, morsche Holzhäuschen gehören zur kleinen Feriensiedlung, in der der Roman von Moss angelegt ist. Sie werden von jungen und alten Paaren sowie von Familien mit noch ganz kleinen Kindern oder schon fast ganz ausgewachsenen Teenagern bewohnt. Während sich die Handlung über nur einen Sommertag hinweg erstreckt, tauchen wir ganz tief in die Geschehnisse dort ein und schauen fast in jedem Häuschen vorbei. Dabei schnappt sich Moss in jedem Personen-Kapitel ein Familienmitglied und beschreibt deren Gedanken, Gefühle und Handlungen in genau diesem Moment durch die Brille der personalen Erzählerin. Zwischengeschoben sind Kurzkapitel, die die Stimmung in der umgebenden Natur widerspiegeln und immer mehr von Unheil künden.

Beginnt der Roman noch meines Erachtens recht amüsant mit Einblicken in die Gedanken z.B. einer bei Tagesanbruch joggenden, jungen Mutter, eines pensionierten Arztes, der verwundert die frühmorgendliche Joggerin beobachten oder einer jungen, frisch verlobten Frau, die während des morgendlichen, sportlichen Sexes sich nicht so recht konzentrieren kann. Die Stimmung kippt jedoch zunehmend und das Unheil, welches bereits durch die Zwischenkapitel durch die Naturbeschreibungen angedeutet wird, wird scheinbar immer konkreter. Menschliche Abgründe tun sich auf, wenn Moss so unglaublich authentisch und glaubhaft in die Köpfe von Jungen und Alten, Männern und Frauen hineinspringt und deren Motivationen erforscht. Psychologisch vollkommen schlüssig konstruiert sie ihre Figuren, sodass ein Puzzleteil nachvollziehbar ins nächste passt.

Wirklich brillant inszeniert Moss diesen nur 180 Seiten kurzen Episodenroman zu einem echten menschlichen Drama, steigert die Spannung sowohl über den großen feriensiedlungsübergreifenden Bogen aber auch immer wieder im Kleinen bezogen auf die Erlebnisse jeder einzelnen Figur, sodass man gar nicht mehr aufhören will, dieses Bravourstück zu lesen, bevor man nicht genau erfahren hat, wie das alles nur ausgehen wird.

Während der Text ganz nah an den Gedanken der Protagonist:innen entlanggeführt wird, scheint aber auch immer wieder Gesellschaftskritisches durch diese hindurch bzw. wird durch sie verdeutlicht. Somit bekommt der Roman nicht nur eine kluge psychologische Tiefe sondern auch im übergeordneten Sinne weitere Dimensionen.

Insgesamt konnte mich Sarah Moss‘ Roman von Anfang bis Ende durch seine großartige Figurenzeichnung, die mit Auslassungen spielende Sprache, welche immer zur entsprechenden Figur passt, die heraufbeschworene, unheilvolle Atmosphäre, die Spannung, die Gesellschaftskritik und die kluge Konstruktion der übergreifenden Geschichte uneingeschränkt überzeugen. Deshalb gibt es von mir eine ebenso uneingeschränkte Leseempfehlung für diesen auf vielen Ebenen ausgezeichneten Roman.

5/5 Sterne

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.09.2023

Keine vergnügliche Auszeit

0

Es ist Urlaubszeit, doch in einer Ansammlung von Ferienhäusern an einem schottischen See herrscht Dauerregen. Zwölf Personen halten sich hier mit ihren Familien auf. Eine Mutter und ihre Tochter erregen ...

Es ist Urlaubszeit, doch in einer Ansammlung von Ferienhäusern an einem schottischen See herrscht Dauerregen. Zwölf Personen halten sich hier mit ihren Familien auf. Eine Mutter und ihre Tochter erregen besonders Aufmerksamkeit.

„Sommerwasser“ ist ein Roman von Sarah Moss.

Meine Meinung:
Der Roman setzt sich aus 12 Kapiteln zusammen, die sich mit ebenso vielen kurzen Zwischenkapiteln abwechseln. Erzählt wird im Präsens aus der Perspektive unterschiedlicher Personen. Die Handlung erstreckt sich im Wesentlichen über 24 Stunden. Der Aufbau ist komplexer und geschickter konstruiert, als es auf Anhieb erscheinen mag.

Der Schreibstil ist sehr atmosphärisch. Die Sprache ist zum Teil bildstark und eindringlich. Gut gefallen hat mir auch, dass bei den verschiedenen Perspektiven sprachlich differenziert wird.

Die Charaktere wirken lebensnah und verfügen über psychologische Tiefe. Ihre Innenwelt, die viel Raum erhält, wird sehr gut deutlich. Mit wenigen Beschreibungen werden die Figuren hinreichend intensiv dargestellt.

Inhaltlich ist der Roman vielschichtig, aber auch recht düster. Es geht um zwischenmenschliche Probleme und Konflikte, um menschliche Abgründe.

Trotz der nur knapp 200 Seiten habe ich den Roman stellenweise als langatmig empfunden. Erst im letzten Drittel konnte mich die Geschichte richtig fesseln. Darin spielt die Autorin ihr schriftstellerisches Können aus und überrascht mit einem furiosen Finale, bei dem sich die Zusammenhänge und raffinierten Verbindungen offenbaren.

Der deutsche Titel ist eine wortgetreue Übersetzung aus dem Original („Summerwater“). Auch das stimmungsvolle, aber unaufgeregte Cover gefällt mir.

Mein Fazit:
„Sommerwasser“ von Sarah Moss ist ein ungewöhnlicher und anspruchsvoller Roman, der einiges zu bieten hat, leider jedoch erst recht spät zündet.

Veröffentlicht am 17.08.2023

Der Regen geht aufs gemüt

0

Der Regen geht auf das Gemüt

Schottland wird ja oft nachgesagt, dass es dort sehr trüb und regnerisch sein soll. In "Sommerwasser" scheint der Regen gar nicht aufhören zu wollen. Er legt sich auf das ...

Der Regen geht auf das Gemüt

Schottland wird ja oft nachgesagt, dass es dort sehr trüb und regnerisch sein soll. In "Sommerwasser" scheint der Regen gar nicht aufhören zu wollen. Er legt sich auf das Gemüt aller Urlauber, die in der Ferienhaussiedlung ein paar Tage Erholung gesucht haben.
Die Autorin widmet sich jeder Person aus dieser Anlage und schafft es so, dass der Leser die Probleme, Sorgen und Ängste der Menschen aus verschiedenen Blickwinkel betrachten kann. Viele dieser Menschen haben lediglich Alltagsprobleme, als Leser findet man sich sicher in der ein oder anderen Geschichte wieder.
Doch sie baut auch eine unheimliche Spannung auf, weil sie vieles nur anreißt und nicht zu Ende erzählt. Lange bleibt so zum Beispiel der Ausgang eines morbiden Spiels unklar, es bleibt dem Leser überlassen sich das Hirn zu zermartern, auf weitere Hinweise zu warten, um näheres zu erfahren.

Die Autorin zeigt bei ihren einzelnen Passagen ein gutes Gespür für die jeweiligen Hauptakteure. Dabei ist es egal, ob es sich dabei um eine an Demenz erkrankte alte Frau oder um einen Teenager handelt. Sie zeigt auf, wie schwer es für Mütter sein kann auch mal an sich zu denken und die Ruhe, wenn sie möglich ist, dann auch für sich zu nutzen.
Aus diesen ganzen Elementen kommt es dann am Ende zu einer Wendung, die mich sehr überrascht hat. Es gipfelt in eine Katastrophe und auch dort kann man als Leser dann wieder beobachten wie unterschiedlich Menschen sind. Man erkennt, dass Menschen ganz anders agieren als man erwartet hat. Beim lesen der vorherigen Kapitel hat man sich ein Bild gemacht, meint die Menschen und deren Beweggründe zu kennen, doch ich habe mich in vielen Aspekten geirrt. Menschen, die sonst zerbrich sind, können in einer Krise stark sein. Kinder, die man für harmlos und unschuldig hält, müssen dies nicht immer sein…..

Ich habe mich absichtlich bedeckt gehalten bezüglich der einzelnen Geschichten und deren Inhalte, da es, denke ich, dass reizvolle an diesem Roman ist, sich dies Geschichte für Geschichte selbst zu erarbeiten.
Mir hat der Roman sehr gut gefallen, aber auch wenn der Titel fast an eine Sommer oder Urlaubslektüre denken lässt, sollte man keine erwarten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.07.2023

Scharfsinnige und detaillierte Gesellschaftsstudie

0

Eine Ferienanlage in Schottland. Holzhütten am See. Es regnet seit Tagen ununterbrochen Bei den Urlaubsgästen macht sich der Lagerkoller breit.

Das ist die Ausgangslage des neuen Romans der britischen ...

Eine Ferienanlage in Schottland. Holzhütten am See. Es regnet seit Tagen ununterbrochen Bei den Urlaubsgästen macht sich der Lagerkoller breit.

Das ist die Ausgangslage des neuen Romans der britischen Schriftstellerin Sarah Moss. Sie entwirft darin in einzelnen Episoden eine kritische und unterhaltsame Gesellschaftsstudie. Denn ihre Urlaubsgäste sind äußerst unterschiedlich und stehen an verschiedenen Stellen in ihrem Leben.

Jedem ihrer Figuren widmet Moss ein oder mehrere Kapitel, in dem sie deren jeweilige Lebensituation und Gedankenwelt ausleuchtet. Es gibt Mütter von Kindern verschiedensten Alters, Teenagerinnen und Kinder, ein altes Ehepaar, ein junges frisch verheirates Liebespaar. Alle mit ihrem jeweiligen Hintergrund und Problemen, die im Urlaub, abseits vom normalen Alltag, deutlich an die Oberfläche drängen.

„Sie hat zwei Erdnuss-Protein-Riegel in ihre Bindenpackung im Koffer gesteckt, der einzige Ort, an dem wohl kaum jemand suchen wird, und sie ist nicht zu stolz, um sie im Bad zu essen, wenn es sein muss“

Jede
r wäre gerade am liebsten woanders als in diesem verregneten Urlaub, zur Untätigkeit gezwungen ohne Ablenkung von den eigenen Gedanken.

Und da sind dann noch die anderen. Die Bulgaren, oder Ukrainer, so genau weiß man das nicht. Nur dass sie stören mit ihrer Lautstärke und mit ihrem Anderssein.
Bezeichnenderweise hat Sarah Moss kein Kapitel oder Portärt für diese Urlaubsgäste und diese Leerstelle klingt laut.

Richtig gut gefallen mir die gesellschaftskritischen Anklänge, die Moss in ihren jeweiligen Porträts einfließen lässt. Die feministischen Untertöne sind leise, aber deutlich vorhanden. Auch Elternschaft, Partnerschaft, Generationenkonflikt und das Älterwerden wird thematisiert.
Die Kapitel des jungen Liebespaares, einmal aus ihrer Sicht, einmal aus seiner Sicht, gefallen mir sehr gut. Hier wäre ich gerne länger geblieben und hätte beiden noch etwas länger verfolgen wollen.
Dagegen finde ich die Kinder- und Teenager*innenperspektive eher weniger überzeugend. Moss kann mich damit nicht ganz packen.
Tendenziell fühlte ich mich manchmal erschlagen von der Vielzahl der Perspektiven, weniger hätten mir auch gereicht um die Stimmung in der Ferienanlage zu skizzieren.

Langsam und sehr subtil unterschwellig zeigt Moss in ihrem Gesellschaftsporträt die Vorurteile und Ressentiments, die in den Köpfen wachsen und in einem Klima von Aufeinanderhocken und gegenseitigem Beobachten prächtig gedeihen können.
Eine allgemeine Unzufiedenheit mit der gesamten und der persönlichen Situation wirkt als zusätzlicher Brandbeschleuniger.

Der Schlusspunkt ist so in gewisser Weise für mich vorhersehbar und ziemlich abrupt. Seine Dramatik empfand ich als überspannt, bildet aber einen guten und lauten Kontrast zur vorherigen leiseren Handlung.

„Sommerwasser“ kann bei mir mit seinen treffenden Momentaufnahmen der Figuren und seiner Gesellschaftskritik punkten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere