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Veröffentlicht am 29.12.2024

Blick hinter die Kulissen

Triebwasser
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Sandra Altmann nimmt uns in ihrem historischen Roman 'Triebwasser' mit in eine kleine oberbayrische Ortschaft, genannt Desselgrub, gelegen am Walchensee. Kaum das der Erste Weltkrieg endlich vorbei ist, ...

Sandra Altmann nimmt uns in ihrem historischen Roman 'Triebwasser' mit in eine kleine oberbayrische Ortschaft, genannt Desselgrub, gelegen am Walchensee. Kaum das der Erste Weltkrieg endlich vorbei ist, er hat auch bei der hiesigen Bevölkerung körperliche als auch traumatische Spuren hinterlassen, müssen sich die Menschen neuerlich auf Veränderungen einstellen, die ihre Existenz scheinbar bedrohen. Ein Elektrizitätskraftwerk soll errichtet werden und zivilisatorischen Fortschritt in den abgelegenen Landstrich bringen. Wir verfolgen über zwei Jahre hinweg das Leben der Einheimischen, lernen ihre Gedanken, ihre Ängste, ihre Wünsche kennen und sehen den Konflikt zwischen dem Weg der Anpassung an die sich verändernden Verhältnisse einerseits und andererseits das kompromisslose Festhalten am Althergebrachten.
Die Autorin entwickelt eine fiktive Handlung rund um ein historisch belegtes Ereignis, dem Bau des Kraftwerks am Walchensee. Ihre detaillierten Beschreibungen der Örtlichkeiten ließen mich tief eintauchen in das Geschehen. Die authentische Darstellung ihrer Charaktere runden das Bild des Lebens in der dörflichen Gemeinschaft wunderbar ab. Das Buch hat neben seinem informativen Charakter einen hohen Unterhaltungswert.

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Veröffentlicht am 29.12.2024

Veränderte Perspektiven

Umlaufbahnen
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Vier Astronauten, davon zwei Frauen, und zwei Kosmonauten leben und arbeiten über Monate auf einer internationalen Raumstation, die in vierhundert Kilometer Höhe über der Erde ihre Umlaufbahnen mit einer ...

Vier Astronauten, davon zwei Frauen, und zwei Kosmonauten leben und arbeiten über Monate auf einer internationalen Raumstation, die in vierhundert Kilometer Höhe über der Erde ihre Umlaufbahnen mit einer Geschwindigkeit von siebenundzwanzigtausend Kilometer in der Stunde zieht. Sie umrunden alle neunzig Minuten einmal ihren Heimatplaneten. An einem Erdentag sind das sechzehn Sonnenauf- und untergänge. Das Normativ Zeit ist scheinbar außer Kraft gesetzt ebenso wie die Schwerkraft. So bewegen sich die Wissenschaftler schwimmend durch den sie umgebenden Raum, müssen ein tägliches Muskeltraining absolvieren und halten ihre Zeitrechnung in Strichlisten fest, um dem Gehirn eine gewisse Normalität der körperlichen Lebensfunktionen zu geben. Wenige Zentimeter Titan trennen sie von dem tödlichen Nichts, der Dunkelheit des Weltalls. Doch dieser einzigartige Blick auf den blauen Planeten, der sich ohne Grenzen und politische Systeme präsentiert, verändert in ihnen Perspektiven, den Blick auf die Menschheit und ihren fragilen, wunderschönen Lebensraum.
Samantha Harvey lässt uns teilhaben an den Gedanken und dem Arbeitsalltag ihrer Protagonisten. In sechzehn Kapiteln lesen wir über ihre Gefühle, Alltagssorgen, Aufgaben, über Menschen, die nicht nur die Witterungsverhältnisse globaler betrachten können, sondern in die Lage versetzt sind, relativierte Betrachtungen zur Spezies Mensch anzustellen.
Dieser Roman ist atemberaubend, außergewöhnlich und unbedingt lesenswert. Er wurde ausgezeichnet mit dem Booker Prize 2024.

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Veröffentlicht am 29.12.2024

Charakterstudie

Brennende Felder
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Mit 'Brennende Felder' schließt Reinhard Kaiser-Mühlecker die Geschichte einer Familie mit einem Hof im Alpenvorland in Oberösterreich ab. Während es in den vorangegangenen zwei Teilen um die beiden Brüder ...

Mit 'Brennende Felder' schließt Reinhard Kaiser-Mühlecker die Geschichte einer Familie mit einem Hof im Alpenvorland in Oberösterreich ab. Während es in den vorangegangenen zwei Teilen um die beiden Brüder Luisas ging, rückt sie nun selbst in den Mittelpunkt des Geschehens. Luisa kehrt nach zwei gescheiterten Ehen ohne ihre Kinder, die bei den Vätern bleiben, mit ihrem Stiefvater Robert als Paar zurück in das Dorf ihrer Jugend. Die finanzielle Unabhängigkeit auf Grund einer üppigen Erbschaft erlaubt ihnen einen recht großzügigen Lebenswandel. Ihre Familie will nichts von den Beiden wissen und auch die übrigen Dorfbewohner beäugen das Paar eher distanziert. Während Robert auf nächtliche Streifzüge geht, die schließlich tödlich für ihn enden, träumt Luisa von einer Schriftsteller- Charrière. Sie stürzt sich wiederum schnell nach dem Ableben ihres Lebenspartners in die nächste Beziehung, die völlig anders verläuft als die vorangegangenen.
Der Autor schafft eine Protagonistin, die stark narzisstische Züge und keinerlei Empathie besitzt, in sich selbst gefangen ist. Wie eine landwirtschaftliche Maschine, die im Herbst sich entzündet in Folge der hohen Temperaturen des Klimawandels, hinterlässt sie, wo sie nur auftaucht verbrannte Erde. Der Schriftsteller bringt außerdem seine Liebe zur Natur gekonnt zum Ausdruck und besticht mit seinen bildhaften Beschreibungen.
Es ist ein beeindruckender Roman.

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Veröffentlicht am 29.12.2024

Suchende Gemeinschaft

Taumeln
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Hannah, die schöne Schwester von Luisa, gilt seit mehr als zwei Jahren für vermisst. Die anfänglich groß angelegte polizeiliche Fahndung verlief ergebnislos im Sand und auch die privaten Suchaktionen schliefen ...

Hannah, die schöne Schwester von Luisa, gilt seit mehr als zwei Jahren für vermisst. Die anfänglich groß angelegte polizeiliche Fahndung verlief ergebnislos im Sand und auch die privaten Suchaktionen schliefen nach und nach ein. Doch ein kleiner Rest von sieben Personen versammelt sich weiterhin an den Wochenenden um Luisa. Sie durchstreifen sukzessiv Waldstücke gleich hinter dem Haus der Familie mit dem Ziel, die spurlos Verschwundene zu finden. Aber das ist es nicht allein, was diese Gemeinschaft zusammenhält. Vielmehr noch suchen sie nach Nähe Gleichgesinnter, um ihre eigenen Leerstellen, ihre Einsamkeit im Leben auszugleichen.
Es ist eine packende Geschichte um Trauer, Schmerz aber auch unglaubliche Hoffnung, die Sina Scherzant in ihrem Roman 'Taumeln' eindrucksvoll, emotional erzählt. Ihre Protagonisten sind Suchende im Alltag, die unterschiedlich stark belastet durch ihr Leben taumeln und nach Halt und Anerkennung verlangen.
Es ist ein interessantes und lesenswertes Buch.

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Veröffentlicht am 20.12.2024

Zeitreisende

Die Passagierin
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Franz Friedrich lässt Menschen, die Opfer ihrer Zeit geworden sind, in seinem Roman 'Die Passagierin' ihrem persönlichen Schicksal entfliehen und lässt diese zu einem Ort in einer kleinen Gemeinde am Meer ...

Franz Friedrich lässt Menschen, die Opfer ihrer Zeit geworden sind, in seinem Roman 'Die Passagierin' ihrem persönlichen Schicksal entfliehen und lässt diese zu einem Ort in einer kleinen Gemeinde am Meer namens Kolchis transportieren, damit sie sich hier in einem Sanatorium eine Perspektive für ihr neues Leben erarbeiten können. So führen die Protagonisten, die aus unterschiedlichen zeitlichen Epochen der Weltgeschichte stammen Gespräche miteinander, in einer sie beschützenden Umgebung. Als Heather, die Ich-Erzählerin, nach Jahren an den Ort ihrer Jugend zurückkehrt, findet sie das Sanatorium in einem desolaten Zustand vor. Sie glaubt daran hier ihre innere Ruhe endlich wieder zu finden. Wird ihr das gelingen, wo doch so vieles sich verändert hat?
Die Geschichte erfordert beim Lesen viel Konzentration und auch eine gewisse Ausdauer, um die Ereignisse in einen Kontext zu bringen. Es lohnt sich dran zu bleiben und sich den philosophierenden Fragen zu stellen, welchen Einfluss Eingriffe ins Weltgeschehen haben könnten. Der Roman wurde für den Deutschen Buchpreis 2024 nominiert.

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