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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.04.2024

Historisches Kunstwissen zur Familie van Gogh

Die Entflammten
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Johanna van Gogh-Bonger ist die Ehefrau des jüngeren Bruders Theo von Vincent van Gogh. Zu Lebzeiten konnte der heute weltberühmte Maler mit seiner Kunst weder zu Ruhm gelangen noch in ausreichend finanziellen ...

Johanna van Gogh-Bonger ist die Ehefrau des jüngeren Bruders Theo von Vincent van Gogh. Zu Lebzeiten konnte der heute weltberühmte Maler mit seiner Kunst weder zu Ruhm gelangen noch in ausreichend finanziellen Verhältnissen leben. Als Theo und Vincent durch tragische Umstände ums Leben kamen, kümmerte sich Johanna um die Hinterlassenschaft ihres Schwagers, um ihrer kleinen Tochter und sich selbst ein Auskommen zu sichern. Mit Verstand und Frauenpower legte sie durch den Verkauf der Bilder den Grundstein eines heute millionenschweren Erbes und für die Faszination unzähliger Kunstliebhaber.
Eher zufällig stößt viele Jahre später die Kunsthistorikerin Gina auf die Geschichte von Jo und schreibt diese nieder. Dabei entdeckt sie Parallelen zu ihrer Familie, die sie nachdenklich stimmen.
Der Roman -Die Entflammten- von Simone Meier ist ein lohnenswerter Ausflug für alle Kunstinteressierten rund um die Familie van Gogh, der so manches unbekannte Detail an Licht holt.

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Veröffentlicht am 27.03.2024

Traumatische Kindheit

Krummes Holz
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-Krummes Holz- ist der Debütroman von Julja Linhof. Georg, der Ich-Erzähler ist neunzehn Jahre alt, wird Jirka genannt, kehrt nach fünf Jahren Abwesenheit ohne in dieser Zeit Kontakt mit seiner Familie ...

-Krummes Holz- ist der Debütroman von Julja Linhof. Georg, der Ich-Erzähler ist neunzehn Jahre alt, wird Jirka genannt, kehrt nach fünf Jahren Abwesenheit ohne in dieser Zeit Kontakt mit seiner Familie gehabt zu haben, aus dem Internat nach Hause zurück, auf ein altes, heruntergewirtschaftetes Gehöft in Westphalen. Seine ältere Schwester Malene und der Sohn des ehemaligen Gutsverwalters Leander empfangen ihn abweisend, ignorieren seine Anwesenheit, zeigen ihm sehr deutlich, dass er unerwünscht ist. Der Vater ist abwesend, die Mutter Tod und die Großmutter dement. Die Stimmung ist sehr angespannt, abwartend wer den ersten Schritt wagen wird, aufeinander zuzugehen.
Mit jedem Tag, den Jirka in der alten Heimat verbringt, kommen unschöne Erinnerungen aus seiner Kindheit zurück. Erinnerungen an den strengen Vater, der sich mit roher Gewalt und Schweigen Autorität verschaffte, Sie sind noch immer schmerzhaft, haben psychische Spuren hinterlassen, bei einem Kind, das immer auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit war.
Julia Lindhof schreibt ungeschönt in einer deutlichen Sprache mit vielen Tempuswechseln. Die Geschichte gibt letztendlich Hoffnung, dass sowohl Liebe als auch Gespräche einen Weg bieten, die schreckliche Vergangenheit zu verarbeiten.

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Veröffentlicht am 26.03.2024

Gedankenverloren im New Yorker Lockdown

Die Verletzlichen
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Die Erzählerin der Geschichte bleibt namenlos. Sie schlendert durch die menschenleere Stadt. Die Metropole, die niemals schläft, zeigt sich ausgestorben ohne die zahllosen Einheimischen, Pendler, Touristen, ...

Die Erzählerin der Geschichte bleibt namenlos. Sie schlendert durch die menschenleere Stadt. Die Metropole, die niemals schläft, zeigt sich ausgestorben ohne die zahllosen Einheimischen, Pendler, Touristen, die Tag für Tag für Lärm, Abfall und verstopfte Straßen sorgten. Eine beängstigende Stille legt sich zu Beginn des Lockdowns infolge der Corona-Pandemie über die Millionenstadt New York. Kontakte außerhalb der systemrelevanten Tätigkeiten sind verboten. Was bleibt in dieser eingeschränkten Zeit, sind unzählige Gedanken über alle möglichen und unmöglichen Zukunftsszenarien. Die Protagonistin verstrickt sich in mannigfaltige mentale Konstruktionen zur Verstörtheit der Menschen infolge der pandemischen Ausnahmesituation, der politischen Verhältnisse im Land, der Veränderungen in einer uns umgebenden Umwelt. Sie reflektiert ihre partnerschaftlichen Beziehungen und nimmt immer wieder Bezug auf Inhalte von Büchern, die ihr nachhaltig im Bewusstsein geblieben sind.
Siegrid Nunez, die Autorin des Romans -Die Verletzlichen- versteht es sehr gekonnt, den Solidaritätsgedanken in außergewöhnlichen Zeiten als kleine Inseln der Menschlichkeit in den Mittelpunkt ihres Romans zu setzen und zwei Menschen mit differenten Lebenseinstellungen ins Gespräch zu bringen. Sie legt Verletzungen offen, die durch Unvermögen, Ignoranz oder Unachtsamkeit entstehen, glücklicherweise jedoch unterschiedlich bewertet werden und damit eine Chance der Heilung erfahren können.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, von der Sprache, dem Inhalt. Man muss sich etwas Zeit nehmen, den vielen Gedanken zu folgen und diese für sich einzuordnen. Mit diesen Worten möchte ich meine Leseempfehlung ausdrücken.

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Veröffentlicht am 21.03.2024

Leben mit den Verbrechen der Vergangenheit

Das Schweigen des Wassers
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Arno Groth ist Kriminalhauptkommissar, der mit viel Engagement und Herzblut in seinem Beruf arbeitet. Sein feines Gespür für Menschen war ihm bei seinen Ermittlungen stets ein guter Ratgeber. In einem ...

Arno Groth ist Kriminalhauptkommissar, der mit viel Engagement und Herzblut in seinem Beruf arbeitet. Sein feines Gespür für Menschen war ihm bei seinen Ermittlungen stets ein guter Ratgeber. In einem seiner Fälle führte ihn seine Intuition auf eine falsche Spur, die Konsequenzen nach sich zogen, eine Versetzung aus Hamburg in seine frühere Heimat nach Wechtershagen, eine abgelegene Gegend in Mecklenburg-Vorpommern.
Wir schreiben das Jahr 1991. Arno ist als Aufbauhelfer Ost neben seiner Tätigkeit als Kriminalist für die Fortbildung junger Polizisten, die sich mit den Normen der neuen Gesellschaftsordnung vertraut machen müssen, zuständig. Die Wendezeit hat Spuren bei der Bevölkerung hinterlassen. Schlechte Erfahrungen machen skeptisch gegenüber allem Fremden und so begegnet ihn nicht jeder offenen Herzens. Doch Siegmar Eck, ein bekannter Trinker, wittert eine Chance, endlich in seinem Leben Gerechtigkeit zu bekommen, die vergangenen Behandlungen, Demütigungen zu sühnen. Ihm wurde vor mehr als zehn Jahren, zu Zeiten als die DDR noch existierte, ein Mord an einer jungen Frau mit fadenscheinigen Behauptungen zur Last gelegt, um wen zu schützen? Seine Gerechtigkeit konnte Siegmar Eck nicht mehr bekommen, denn er wurde wenige Tage nach dem Gespräch mit Arno Groth Tod aufgefunden. Als die Frage nach der Todesursache im Raum steht, möchte so manch einer, nicht nur im Kommissariat, lieber einen Unfall als einen Mord sehen, nicht zuletzt auch, um alte Geschichten ruhen zu lassen. Doch Groth ermittelt trotz Widerstand und setzt eine Lawine in Gang.
Susanne Tägden orientiert sich in ihrem ersten Kriminalroman -Das Schweigen des Wassers- an den in der DDR 1979 geschehenen und niemals aufgeklärten Mord von Jutta Timm. Der fiktive Ort des Geschehens ist Wechtershagen und wurde von ihr gewählt als Dank an ihre Eltern, die in Neubrandenburg vor ihrer Flucht in die Bundesrepublik Deutschland beheimatet waren, deren Geschichten die Autorin geprägt haben und ein Zeitzeugnis abgeben. Der Schreibstil ist eher nüchtern, der düsteren Stimmung des Geschehens angepasst. Das Ende des Buches lässt Spekulationen über den Verlauf des Schicksals der Protagonisten zu und gibt dem Leser wunderbare Möglichkeiten, zu reflektieren. Einige Fragen bleiben offen und bieten Hoffnung auf eine Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 10.03.2024

Späte Erkenntnisse

Wort für Wort zurück ins Leben
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Pearl Flowers lebt mit ihrem Mann Denny abgeschieden im französischen Sévérac-le-Chateau. Ganz bewusst haben sich die beiden in die Stille der Einsamkeit ihres Privatwaldes zurückgezogen. Monetärer Besitz ...

Pearl Flowers lebt mit ihrem Mann Denny abgeschieden im französischen Sévérac-le-Chateau. Ganz bewusst haben sich die beiden in die Stille der Einsamkeit ihres Privatwaldes zurückgezogen. Monetärer Besitz ist nicht reizvoll, Balsam für die Seele dagegen das Leben im Einklang mit der Natur. Doch eines Tages wird die Idylle des gewählten Paradises gestört durch einen Anruf ihres Bruders Greg, der berichtet, dass der Vater Francis Nichols im Sterben liegt. Pearl und Denny beschließen trotz der langjährigen Funkstille zwischen Vater und Tochter, die Reise nach Großbritannien, in die Heimat ihrer Jugend anzutreten, nicht zuletzt auch, um Frieden mit der Vergangenheit zu schließen. Doch es kommt alles anders als gedacht. Pearl erbt die Tagebücher des Verstorbenen, die in stenografischer Schrift verfasst und damit für sie lesbar sind. Das weckt Begehrlichkeiten bei dem Rest der Familie. Nicht nur durch die Aufzeichnungen wird ihr Leben von nun an völlig auf den Kopf gestellt, sondern es holen sie auch Ereignisse aus der Vergangenheit mit unvorstellbarer Wucht an Emotionen ein, die nach grundlegenden Entscheidungen verlangen.
Mir hat die Erzählweise der Autorin Beth Miller in ihrem Buch -Wort für Wort zurück ins Leben- gut gefallen. Die Geschichte ist lebendig und sehr gefühlsbetont geschrieben. Die Protagonisten dürfen aus ihrer Sicht berichten, was der Herausarbeitung der Charaktere guttut. Die intensive Auseinandersetzung mit verletzten Gefühlen und den daraus folgenden Konsequenzen bestimmen den Roman.

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