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Veröffentlicht am 29.11.2024

Freundschaftliche Bande

Was uns zusammenhält
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Billie und Cassie sind Freundinnen fürs Leben, das haben sie sich gegenseitig versprochen in ihrer Jugendzeit als sie noch gemeinsam die Highschool besuchten. Sie verbringen viel Zeit miteinander, vertrauen ...

Billie und Cassie sind Freundinnen fürs Leben, das haben sie sich gegenseitig versprochen in ihrer Jugendzeit als sie noch gemeinsam die Highschool besuchten. Sie verbringen viel Zeit miteinander, vertrauen sich ihre tiefsten Gefühle und Geheimnisse an. Die nicht immer einfachen familiären Verhältnisse der jeweils anderen sind ihnen wohl bekannt. Beide suchen Halt und Zuneigung aus sehr unterschiedlichen Gründen. Sie finden miteinander diese Geborgenheit, wobei nicht sogleich zu erkennen ist in welche Anhängigkeit sie sich begeben, wer gibt und wer nimmt, wer seine Charakterzüge gewinnbringender in die Waagschale der freundschaftlichen Verbindung werfen kann und welche Kraft die Zeit besitzt, in der sich Verhältnisse stark ändern können.
Carola Lovering lässt in ihrem Roman 'Was uns zusammenhält' die beiden erwachsenen Protagonistinnen die Geschehnisse von fünfundachtzig verhängnisvollen Tagen jeweils aus ihrer Sicht erzählen. Dabei werden immer wieder Jugenderinnerungen eingearbeitet, die Stück für Stück ein deutliches Bild ergeben und die nachfolgenden Ereignisse in ein Bild rücken, das mich sehr berührt aber gleichzeitig auch nachdenklich gestimmt hat. Das menschliche Wesen braucht Nähe und muss die Kraft der Liebe spüren, das Angenommenseins, ohne Konsequenzen zu befürchten. Darf man fordern oder muss man den Wandel der äußeren Bedingungen erkennen, ihn akzeptieren? Wie gelingt das Erkennen der Veränderung, wenn die Strukturen der Gedanken festgefahren sind?
Der Erzählstil der Autorin ist einfühlsam und glaubhaft. Ihre Charaktere sind authentisch dargestellt. Sie vermag es, mit wunderbaren Worten den Leser in ihren Bann zu ziehen.
Ich gebe diesem Roman sehr gern meine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 24.11.2024

Ein bunter Strauß Erzählungen

Hier kommen wir nicht lebend raus
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In dem Buch von Margaret Atwood 'Hier kommen wir nicht lebend raus' finden wir vierzehn Erzählungen, die nicht alle aufeinander aufbauen mit Ausnahme der Geschichten um Tig und Nell. Hier tritt das ältere ...

In dem Buch von Margaret Atwood 'Hier kommen wir nicht lebend raus' finden wir vierzehn Erzählungen, die nicht alle aufeinander aufbauen mit Ausnahme der Geschichten um Tig und Nell. Hier tritt das ältere Ehepaar in Aktion und bespricht in heiter, komischer Art die Wechselfälle, die auf einer Kreuzfahrt vorkommen können, um gewappnet zu sein für alle Eventualitäten. Im zweiten Teil erleben wir wie Nell mit dem Verlust von Tig umgeht. Sentimentalität ist hier kaum zu spüren, eher ein unfehlbares Gespür der Autorin für Trauernde, ihr alltäglicher Umgang, der sich in Erinnerungen spiegelt.
Die Autorin befasst sich natürlich auch mit der Corona-Krise, kommt George Orwell näher, auch Außerirdische melden sich zu Wort ebenso wie Katzen. Margaret Atwood beweist immer den Blick fürs Detail und spielt mit den Anzeichen des Alterns.

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Veröffentlicht am 24.11.2024

Zeiten des Umbruchs

Mein drittes Leben
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Linda und Richard erleben den absoluten Alptraum als ihre siebzehnjährige Tochter bei einem Fahrradunfall ums Leben kommt. Während sich Richard Stück für Stück zurück in die Normalität des Alltags kämpft, ...

Linda und Richard erleben den absoluten Alptraum als ihre siebzehnjährige Tochter bei einem Fahrradunfall ums Leben kommt. Während sich Richard Stück für Stück zurück in die Normalität des Alltags kämpft, erkrankt Linda schwer an Krebs, der jedoch erfolgreich behandelt werden kann. Ihre Depressionen hingegen lassen sie nicht los und so fast sie den Entschluss, sich von ihrem privilegierten Dasein zu verabschieden. Die vergräbt sich in nicht enden wollende Arbeit auf einem heruntergekommenen Bauernhof. Trotz Richards Besuche bleibt das Elternpaar hier einsam allein zurück, abgeschieden von vertrauter Zweisamkeit.
Daniela Kriens Roman 'Mein drittes Leben' besticht durch ihr eindringliches, schonungsloses Beschreiben der Gefühle der Ich-Erzählerin und Protagonistin Linda, die sie zu diesem Einsiedlerleben zwingen. Sie muss sich betäuben mit monotoner Arbeit, um den zerstörenden Gedanken keinen Raum zu bieten. Wir erfahren darüber hinaus wozu wahre Liebe im Stande ist und erhalten einen tröstenden Ausblick.
Ich empfehle diesen Roman, der auf der Long-list des Deutschen Buchpreises 2024 stand, sehr gern weiter.

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Veröffentlicht am 24.11.2024

Verschlungene Lebenswege

Drei Tage im Juni
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Gail ist einundsechzig Jahre alt und erhofft sich nachdem die unmittelbare Vorgesetzte ihr einen Tag vor der Hochzeit ihrer einzigen Tochter eröffnet, dass sie sich zur Ruhe setzen wird, zukünftig als ...

Gail ist einundsechzig Jahre alt und erhofft sich nachdem die unmittelbare Vorgesetzte ihr einen Tag vor der Hochzeit ihrer einzigen Tochter eröffnet, dass sie sich zur Ruhe setzen wird, zukünftig als Schuldirektorin ihren Dienst ableisten zu dürfen. Doch die Entscheidung der Nachbesetzung ist nicht zu ihren Gunsten ausgefallen mit der Begründung von mangelhafter Sozialkompetenz. Niedergeschlagen verlässt Gail fluchtartig das Schulgebäude, um sich zu Hause ihre Wunden zu lecken. Doch unverhofft kommt oft und so steht ihr Ex-Ehemann vor ihrer Tür samt Katzenkäfig, bittet um Beherbergung während der folgenden drei Tage. Die Scheidung der Beiden liegt mehr als zwanzig Jahre zurück und damit sind die wichtigsten Kämpfe ausgefochten, die Wogen haben sich geglättet. Ohne große emotionale Beteiligung gewährt sie Max Einlass. Kurze Zeit später sitzt auch noch die Tochter tränenüberströmt im Wohnzimmer.
Anne Tayler erzählt mit ihrem Roman 'Drei Tage im Juni' vom Wechselbad der Gefühle, in denen sich Gail befindet. Sie berichtet vom übergriffigen Charakterzug ihres Ehemanns und davon wie vertraut man doch noch miteinander ist, sich wiedererkennt, erduldet, hilfreich zur Seite steht. Witzige Dialoge werden begleitet von Schilderungen aus vergangenen Zeiten und der Gegenwart. Kleine charakterliche Schwächen wandeln sich in liebenswerte Eigenarten. Die Autorin beschreibt drei gemeinsam Tage aus dem Leben des Ex-Ehepaares, den Tag vor und nach der Hochzeit und den Hochzeitstag der Tochter selbst, mit psychologischem Scharfsinn lässt sie ein lebendiges Bild ganz normaler Menschen entstehen, die charmante Schwächen versuchen zu tolerieren.
Für mich ist Anne Tayler eine wertvolle Entdeckung, der ich in ihrem schriftstellerischen Wirken unbedingt folgen werde.

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Veröffentlicht am 21.11.2024

Befreiung aus der Lieblosigkeit

Die Vegetarierin
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'Die Vegetarierin' wurde bereits im Jahre 2007 veröffentlich und die Südkoreanerin Han Kang erhielt dafür in diesem Jahr (2024) den Literaturnobelpreis. Der Roman ist weit davon entfernt, ein Wohlfühlroman ...

'Die Vegetarierin' wurde bereits im Jahre 2007 veröffentlich und die Südkoreanerin Han Kang erhielt dafür in diesem Jahr (2024) den Literaturnobelpreis. Der Roman ist weit davon entfernt, ein Wohlfühlroman zu sein. Mich hat er zunächst sprachlos zurückgelassen, zum Nachdenken aufgefordert. Themen wie Einsamkeit, Gewalt, Verzweiflung, Selbstzerstörung stehen im Mittelpunkt der Geschichte, werden unaufgeregt in einer eher nüchternen Sprache in Szene gesetzt und erzeugen beim Lesen eine Sogwirkung. Ein historisches Trauma zerstört nicht nur Ehen, entzweit eine Familie, sondern lässt die Protagonistin Yong-Hye kümmerlich verdorren, wie eine Pflanze, der man jegliche Fürsorge und Liebe entzieht.
Nach einem verstörenden Traum verweigert Yong-Hye die Aufnahme von tierischen Produkten, insbesondere von Fleisch und wird damit zur Zielscheibe ihrer Familie, die mit Unverständnis, Ablehnung und sogar Gewalttätigkeit reagiert. Nur ihre ältere Schwester In-Hye zeigt sich ihr gegenüber fürsorglich, obwohl sie ebenso Leidtragende der patriarchischen Entgleisungen und Verachtung wird. Doch auch ihr entzieht sich Yong-Hye, strebt nach Isolation und Abschottung durch Verwandlung.
In drei Erzählsträngen berichten drei Familienmitglieder aus ihrer Sicht über die Zeit der Verwandlung dieser jungen Frau von einer Ehefrau, einer Schwägerin, einer Schwester hin zur Hungerkünstlerin. Parallelen zu Kafkas 'Ein Hungerkünstler' sind deutlich zu erkennen.
Es lohnt sich diesen Roman zu lesen, der zugleich berührt und nachdenklich stimmt.

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