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Veröffentlicht am 10.09.2024

Aufarbeitung einer schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung

Der Morgen nach dem Regen
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Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen, die Kapitel sind aus der Sicht von Johanna oder ihrer Tochter Elsa geschrieben.
Johanna, Anfang 60, hat das Haus ihrer Tante Toni in Sankt Goar am Rhein geerbt. ...

Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen, die Kapitel sind aus der Sicht von Johanna oder ihrer Tochter Elsa geschrieben.
Johanna, Anfang 60, hat das Haus ihrer Tante Toni in Sankt Goar am Rhein geerbt. Mit dem Haus verbindet sie schöne Erinnerungen an ihre Kindheit und gemeinsame Sommer mit ihrer Tochter.
Das Haus ist sehr in die Jahre gekommen und Johanna beschließt, es vom Keller bis zum Obergeschoss renovieren zu lassen. Ihr Nachbar Richard stellt den Kontakt zu Handwerkerbetrieben her und schon kann es losgehen.
Allein in dem großen Haus lässt sie ihr Leben Revue passieren. Fast ihr ganzes Berufsleben hat sie für die Vereinten Nationen in New York gearbeitet. Ihre Aufgabe war es, humanitäre Einsätze in Kriegsgebieten zu koordinieren. Sie war sehr viel unterwegs, und ihr Mann und die gemeinsame Tochter Elsa mussten wochen- und monatelang auf sie verzichten.
Elsa, Anfang 30, ist Anwältin am Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Genau wie ihre Mutter ist auch sie zielstrebig und erfolgreich, bis sie eines Tages vor einer wichtigen Verhandlung zusammenbricht. Trotz des schlechten Verhältnisses zu ihrer Mutter entschließt sie sich, sich im Haus ihrer Tante zu erholen und neue Kräfte zu sammeln.
Johannas Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie hat ein abenteuerliches Leben geführt, die große Liebe erlebt und einen tragischen Verlust erlitten, ihre Familie ist dabei auf der Strecke geblieben.
Elsa hat mir leidgetan, sie hat ihre Mutter in deren wochen- und monatelanger Abwesenheit schmerzlich vermisst, obwohl ihr Vater sich viel Mühe gegeben hatte, ihr ein Familienleben zu bieten. „Ich hatte ständig Angst um dich. Dass du einem Bombenangriff zum Opfer fällst. Dass du entführt wirst. Oder dass dich jemand aus Versehen erschießt.“ (S. 399).
Ich finde es traurig, dass sie gar nicht versucht, Verständnis für ihre Mutter aufzubringen, schließlich hat sie sich für einen ähnlichen Lebensweg entschieden.
Gut gefallen hat mir, dass sich Tante Toni mit einer Stimme aus dem Jenseits oft zu Wort gemeldet und ihre Meinung kundgetan hatte.
Ich habe mich sehr gefreut, dass Mutter und Tochter sind endlich ausgesprochen und Elsa von der großen Liebe und dem Verlust ihrer Mutter erfahren hatte.
Johannas Leben spielte sich an faszinierenden Handlungsorten wie New York, Jerusalem, Amman, Liberia und natürlich Sankt Goar ab. Aufgrund der detaillierten Beschreibungen hat mich die Autorin ins American Colony Hotel in Ostjerusalem, in die Wüste Jordaniens und ins Hotel Mamba Point in Monrovia versetzt.
Melanie Levensohn hat einen flüssigen, emotionalen Schreibstil, ihre Mutter-Tochter-Geschichte hat mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt. Gerne spreche ich eine Leseempfehlung für Leser*Innen von Frauen- und Familienromanen aus.

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Veröffentlicht am 10.09.2024

Die Geschichte Rumäniens

Vaterländer
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Der Klappentext hält, was er verspricht: Sabin Tambrea erzählt die Geschichte seiner Familie durch die Augen dreier Generationen. Folgerichtig besteht der Roman aus drei Teilen. In Teil 1 erzählt Sabin ...

Der Klappentext hält, was er verspricht: Sabin Tambrea erzählt die Geschichte seiner Familie durch die Augen dreier Generationen. Folgerichtig besteht der Roman aus drei Teilen. In Teil 1 erzählt Sabin über den Neubeginn in Deutschland, in Teil 2 hält sein Großvater Horea Sava die Erinnerungen an die Zeit in Haft als politischer Gefangener für die Nachwelt fest und Teil 3 ist aus der Sicht von Sabins Vater Béla.
1987: Der kleine Sabin kommt mit seiner Mutter und Schwester Alina nach Deutschland, wo sie schon sehnsüchtig von Béla erwartet werden. Sabin lebt sich schnell in Deutschland ein, im Kindergarten findet er Freunde. Da beide Eltern und auch die Schwester Alina Musiker sind, lernt auch er Geige spielen. Doch seine Liebe gehört schon früh dem Theater.
1949: Horea Sava wird verhaftet, da er mit einem Regimekritiker in der Schule war und dieser ihn kürzlich besucht hatte. Drei Jahre lang wird er von Mitarbeitern der Securitate misshandelt und gequält.
1970er-1980er Jahre: Béla verbringt seine Kindheit und Jugend in Bukarest, bereits in der Schule lernt er seine Frau Rodica kennen und lieben. Rodica stammt aus einer ungarischen Familie und spielt ebenfalls Geige. Während einer Auslandsreise mit dem Orchester ergreift Béla die Gelegenheit und bleibt im Westen. Zwei Jahre später kommt Rodica mit den Kindern nach.
Das Buch hat mir die Geschichte Rumäniens nahegebracht. Zwar waren mir Ceaușescu und die Securitate ein Begriff, doch über ihre Missetaten war mir bisher wenig bekannt. Sabin Tambrea hat hervorragend recherchiert und die Geschichte Rumäniens mit der seiner Familie meisterhaft verbunden.
Er berichtet über die Spannungen zwischen Ungarn und Rumänen, die in blutigen Ausschreitungen in Targu Mures im März 1990 gipfelten, den Personenkult um den Diktator Ceaușescu und seine Familie und die ständige Angst, vor Inhaftierungen, Folterungen und Hinrichtungen, in der Gegner des Regimes lebten. (S. 258)
„Ceaușescu bezeichnete Erdöl, Juden und Deutschstämmige als die profitabelsten Exportgüter Rumäniens. Er ließ sich von Israel und Westdeutschland die Ausreise jeder einzelnen Person derart entlohnen, dass über eine Milliarde Dollar „erwirtschaftet“ wurden – große Teile davon sollen auf seine Geheimkonten in der Schweiz transferiert worden sein.“ (S. 302)
Das Buch enthält sehr viele Informationen über Rumänien in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Wende und dem Sturz des kommunistischen Regimes. Stellenweise fand ich den Roman etwas langatmig, manche Situationen und Ereignisse waren allzu detailliert beschrieben. Schön fand ich die Liebesgeschichte von Rodica und Béla, grausam die Erlebnisse des Großvaters in Haft. Ich empfehle den Roman Leser*Innen von historischen Romanen und vor allem denjenigen, die sich für die Geschichte Rumäniens interessieren.

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Auf der Suche nach seinen Wurzeln

Das größte Rätsel aller Zeiten
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Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen: 1979 und 1991 geht es um Pippa Allsbrook und in der Gegenwart um ihren 25jährigen Ziehsohn Clayton Stumper.
Prolog: Pippa findet auf der Türschwelle eine Hutschachtel ...

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen: 1979 und 1991 geht es um Pippa Allsbrook und in der Gegenwart um ihren 25jährigen Ziehsohn Clayton Stumper.
Prolog: Pippa findet auf der Türschwelle eine Hutschachtel mit einem Baby darin.
Die Gemeinschaft der Rätselmacher wird 1979 in einem Pub gegründet. Einige Jahre später stellt Pippa ihr Familienanwesen Creighton Hall der Gemeinschaft zur Verfügung. Sie zieht mit sieben Herren, der Haushälterin Angel und der Taxifahrerin Nancy Stone in Creighton Hall ein. Vor allem Hector bedeutet die Gemeinschaft sehr viel, bevor er Pippa kennengelernt hatte, war an einem Tiefpunkt seines Lebens und obdachlos.
Alle Mitglieder, bis auf die Haushälterin, verbringen die meiste Zeit damit, Rätsel zu erstellen, so ist zum Beispiel Hector Puzzle-Illustrator, Earl Meister der Labyrinthe, Derek Codebrecher und Pippa Kreuzworträtselautorin. In der Anfangszeit geht es der Gemeinschaft finanziell nicht gut, doch im Laufe der Jahre werden die Rätselmacher immer bekannter, und schon bald können sie es sich in Creighton Hall richtig gut gehen lassen.
In jedem Kapitel gibt es ein Rätsel, bei dem die LeserInnen mitraten können. Doch das größte Rätsel hat Clayton zu lösen. Er will wissen, wer seine Eltern sind. Pippa sagt ihm das nicht einfach geradeheraus, schließlich ist sie eine gewiefte Rätselmacherin, nein, er muss Schritt für Schritt herausfinden, wo er herkommt.
Im Alter von fünfundzwanzig Jahren verlässt Clayton Creighton Hall und fährt nach London. Die erste Station seiner Rätsel-Reise ist Nancy Stone, die die Gemeinschaft vor vielen Jahren verlassen hatte.
Clayton braucht Hilfe bei der Lösung der Aufgaben, die Pippa ihm gestellt hatte, denn er ist „nur“ der Schriftführer der Gemeinschaft und der einzige, der sich kaum für Rätsel interessiert. Auf der Suche nach seiner Herkunft lernt er viele Menschen kennen und verliebt sich. Letztendlich führt seine Reise ihn bis nach Amsterdam.
Ganz besonders schön fand ich die Episode mit Cilla, die Clayton in einem Londoner Park kennenlernt. Cilla wird am nächsten Tag achtzig Jahre alt und muss den Tag ganz allein feiern – was Clayton natürlich verhindert! Clayton wird bewusst, wie gut er es in der Gemeinschaft der Rätselmacher getroffen hatte. Einsam hat er sich nie gefühlt, er war immer von herzlichen und ihm wohlgesinnten Menschen umgeben.
Ein Wohlfühlbuch über die Kraft der Freundschaft. Gleichgesinnte leben zusammen auf einem wunderschönen Anwesen, jeder widmet sich seinem liebsten Zeitvertreib und genießt das Zusammenleben mit Freunden. Es hat mir Spaß gemacht zu versuchen, die Rätsel zu lösen, und ich war gespannt, was es mit Claytons Herkunft auf sich hat. Von mir eine Leseempfehlung für alle, die gern Rätsel lösen und sich auf eine Reise durch London begeben möchten.

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Veröffentlicht am 29.08.2024

Zerrissenheit zwischen zwei Welten

Und dahinter das Meer
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Und dahinter das Meer ist die Geschichte von zwei Familien, von denen eine in Boston und die andere in London lebt.
London, 1940: Um ihre elfjährige Tochter Bea vor Bombardierungen zu schützen, beschließen ...

Und dahinter das Meer ist die Geschichte von zwei Familien, von denen eine in Boston und die andere in London lebt.
London, 1940: Um ihre elfjährige Tochter Bea vor Bombardierungen zu schützen, beschließen Millie und Reg, sie zu einer Gastfamilie nach Amerika zu schicken. In Boston wird Bea sehr herzlich bei den Gregorys aufgenommen. Von Anfang an versteht sie sich sehr gut mit den beiden Söhnen William und Gerald. Nancy Gregory hatte sich immer eine Tochter gewünscht und überschüttet Bea mit Herzenswärme, Großzügigkeit und Güte. Schnell lebt Bea sich so gut bei den Gregorys ein, dass sie am liebsten für immer dableiben würde. Die schönste Zeit ihres Lebens verbringt sie im Ferienhaus der Gregorys in Maine.
Derweil wird sie von ihren Eltern schmerzlich vermisst, insbesondere ihre Mutter Millie kann sich nicht damit abfinden, dass Bea in Amerika so glücklich ist. Sobald der Krieg zu Ende ist, holt sie ihre mittlerweile 16jährige Tochter zurück nach London – und das, nachdem Bea sich in William verliebt und die beiden erste zarte Bande geknüpft hatten.
Der Roman erzählt die Geschichte von Bea und Millie und den Gregorys im Zeitraum von 1940 bis 1977 in kurzen Kapiteln, die aus der Sicht von acht Charakteren geschrieben sind: Bea, Millie, Nancy, William, Gerald, Rose, Reg und Ethan. Bea wird Grundschullehrerin und hat einige Liebesbeziehungen, die sie jedoch beendet, sobald von Heirat oder Kindern die Rede ist. Ihr Herz gehört William, der jedoch mittlerweile mit Rose verheiratet ist. Auch William kann Bea nicht vergessen. Glück findet er nur im Zusammensein mit seinen Kindern, im Job und in seiner Ehe findet er keine Erfüllung.
Wir erfahren viel über das Gefühlsleben von Millie und Nancy. Nancy ist eine wunderbare Frau, die Bea genauso innig liebt wie ihre Söhne und Enkelkinder. Millie wiederum hat einen schwierigen Charakter, es dauert Jahre, bis ihr Verhältnis zu Bea besser wird, sie ihre Eifersucht überwindet und akzeptiert, dass die Gregorys für Bea überlebenswichtig sind.
Mich hat der Debütroman von Laura Spence-Ash sehr berührt. Ich konnte Beas Zerrissenheit zwischen England und Amerika sehr gut nachvollziehen. Mein einziger Kritikpunkt ist die Schreibweise der direkten Rede. Ich fand die Schreibweise der Dialoge in kursiver Schrift ohne Leerzeilen störend und bevorzuge die herkömmliche Darstellung mit Anführungszeichen und Leerzeilen. Das Ende hat mir gut gefallen, es hat mich mit den tragischen Verlusten, die Bea im Laufe der Jahrzehnte ertragen musste, versöhnlich gestimmt. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für diesen wunderbaren und sehr atmosphärischen Familienroman.

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Veröffentlicht am 15.08.2024

Klischeebehaftete Sozialromantik

Pi mal Daumen
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Pi mal Daumen ist bereits das dritte Buch, das ich von der Autorin gelesen habe, aber leider nicht das beste. Meiner Meinung nach ist mathematisches Verständnis vonnöten, um die Geschichte zu verstehen.
Oscar ...

Pi mal Daumen ist bereits das dritte Buch, das ich von der Autorin gelesen habe, aber leider nicht das beste. Meiner Meinung nach ist mathematisches Verständnis vonnöten, um die Geschichte zu verstehen.
Oscar ist 17 und studiert bereits Mathematik. Er lebt in seiner eigenen Welt und ist nicht an sozialen Kontakten interessiert – bis sich Moni Kosinsky seiner annimmt. Moni ist 53 und ist Oscars Kommilitonin. Unter den Studierenden fällt sie nicht nur aufgrund ihres Alters, sondern auch aufgrund ihres sexy Outfits auf wie ein bunter Vogel. Sie nimmt Oscar unter ihre Fittiche. Neben dem Studium hat Moni mehrere Jobs und kümmert sich außerdem um ihre drei Enkelkinder, Keanu, den Jüngsten nimmt sie sogar mit zu den Vorlesungen.
Oscars Idol ist der berühmte Mathematik-Professor Daniel Johannsen. Er unterrichtet an Oscars und Monis Uni und ist der Grund dafür, dass Oscar sich ausgerechnet für diese Universität entschieden hatte. Nachdem er Moni beim Kaffeetrinken mit dem Professor gesehen hat, nimmt er sie und ihre ganze Sippe unter die Lupe, sie wird zu seinem Forschungsprojekt.
Monis Familie wird als sehr proletenhaft und einfach dargestellt, alle Klischees werden bedient. Einzig mit Monis zwei Enkelsöhnen kann Oscar was anfangen, Quentin ist ein Mathe-Genie und in Justin verliebt er sich ein bisschen.
Apropos Klischees –das Buch ist voll davon. Zuerst habe ich mich noch amüsiert, doch nach und nach wurde mir die Geschichte zu unrealistisch und konstruiert. Das Buch gefällt mit Sicherheit LeserInnen, die was von Mathe verstehen, ein gewisses Grundverständnis wird vorausgesetzt. Das Ende habe ich nicht verstanden, mit Dimensionen und Pyramiden kann ich nichts anfangen, deswegen spreche ich nur eine bedingte Leseempfehlung aus.

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