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Veröffentlicht am 29.11.2023

Ein Bild der Gesellschaft der 1930er Jahre in Berlin und in Hollywood

Die Töchter der Ärztin
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Es handelt sich um den zweiten Band der Reihe „Die Töchter der Ärztin“ von Helene Sommerfeld. Die Töchter der Ärztin, das sind Antonia und Henny, beide sind in die Fußstapfen ihrer Mutter Ricarda getreten ...

Es handelt sich um den zweiten Band der Reihe „Die Töchter der Ärztin“ von Helene Sommerfeld. Die Töchter der Ärztin, das sind Antonia und Henny, beide sind in die Fußstapfen ihrer Mutter Ricarda getreten und ebenfalls Ärztinnen geworden.
Wie bereits am Cover ersichtlich spielt sich das Leben der beiden Frauen in Berlin und Los Angeles ab, auf der Vorderseite sieht man die beiden mit Hennys Tochter Vicky unter Palmen, auf der Rückseite ist das Panorama Berlins abgebildet.
Der Roman beginnt 1929 mit der Hochzeit von Henny und Victor und der zeitgleichen Geburt von Friedas Zwillingen. Antonia, von allen Toni genannt, kehrt aus Afrika nach Berlin zurück. Sie ist dort beinahe bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen und trauert um ihren Geliebten Ben, der den Absturz nicht überlebt hatte. In Berlin findet sie sowohl eine neue Stelle als auch eine neue Liebe. Doch da ist auch noch Guntram, ihr früherer Kommilitone, den sie nicht vergessen kann.
Victor ist Filmproduzent und folgt dem Ruf Hollywoods. Währenddessen wird Henny aufgrund einer Verwechslung von SA-Männern fast zu Tode geprügelt. Der Überfall gibt Henny den Ausschlag, Victor nach Los Angeles zu folgen.
Hennys Cousin Franz ist Nationalsozialist und Reichstagsabgeordneter der NSDAP. Er wütet dagegen, dass der Vater seines Neffen Felix jüdischer Abstammung ist, es ziehen dunkle Gewitterwolken am Familienhorizont auf.
Henny lernt in Hollywood die Schriftstellerin Vicki Baum kennen, deren Buch „Menschen im Hotel“ mit Victors Hilfe verfilmt werden soll. Sie behandelt die kleine Tochter von Marlene Dietrich und macht die Bekanntschaft Scott Fitzgeralds, der mit seinem Roman „Der große Gatsby“ der damaligen Gesellschaft einen Spiegel vorgehalten hatte.
Auch dieser Band der „Töchter der Ärztin“ hat mir sehr gut gefallen. Helene Sommerfeld beschreibt bildhaft und authentisch das Leben der reichen Oberschicht in den 1930er Jahren in Berlin und in Hollywood, fiktive und historische Personen und Ereignisse wurden meisterhaft miteinander verbunden. Über eine Fortsetzung würde ich mich sehr freuen, da ich sehr gern erfahren würde wie es mit Henny und Victor, Vicky und Leo, Frieda und Jonathan, Felix und Felicitas und nicht zuletzt mit Toni und Guntram weitergeht. Von mir eine große Leseempfehlung für alle Leser*Innen von historischen und Familienromanen.

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Veröffentlicht am 28.11.2023

Spannender Pageturner, beinahe ein Politthriller

Keine Reue
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Ich habe bisher alle Bücher von Ellen Sandberg gelesen, auf ihr neuestes „Keine Reue“ habe ich mich schon sehr gefreut. Meine Erwartungen wurden sogar noch übertroffen, der Roman war so spannend und atemberaubend ...

Ich habe bisher alle Bücher von Ellen Sandberg gelesen, auf ihr neuestes „Keine Reue“ habe ich mich schon sehr gefreut. Meine Erwartungen wurden sogar noch übertroffen, der Roman war so spannend und atemberaubend gut, dass ich ihn kaum aus der Hand legen konnte.
Der Roman spielt auf zwei Handlungsebenen, 2019 und 1988. Die Geschichte der Familie Maienfeld wird hauptsächlich aus der Perspektive der Mutter Barbara, des ältesten Sohnes Ben und seines Onkels Lukas erzählt.
Während seiner Joggingrunde sieht Ben, wie ein Mann eine Frau angreift, er geht dazwischen. Der Mann flieht, die Frau stirbt, Ben wird schwer verletzt. Als die Polizei ihn befragt, kann er sich an den Zwischenfall nicht genau erinnern und den Angreifer nicht beschreiben. Wie sich herausstellt, leidet er seit seiner Kindheit an Erinnerungslücken und kann sich an manche Ereignisse nicht erinnern.
Kripobeamtin Charlie kennt die ermordete Frau und vermutet, dass deren Ehemann Yasin der Täter war. Mit diesem verbindet sie ein traumatisches Erlebnis aus ihrer Jugend und will ihn deswegen unbedingt überführen. Da sie davon ausgeht, dass Yasin den Zeugen Ben umbringen will, beschließt sie, ihn auf eigene Faust zu beschützen.
Nach und nach erfahren wir viele Details aus Bens Kindheit. Seine Eltern waren und sind radikale Linke und RAF-Sympathisanten. Ihre drei Kinder überließen sie sich selbst, es war Ben, der für das Wohlergehen und die Erziehung seiner beiden jüngeren Geschwister Leon und Luise gesorgt hatte. Einer der wenigen Lichtblicke in der Kindheit der drei Kinder war ihr Onkel Lukas, der aber eines Tages wie vom Erdboden verschluckt und nie mehr gesehen wurde.
Ellen Sandberg hat mit diesem Buch einen spannenden Politthriller vorgelegt. Die Beschreibungen der Kindheit von Ben und seinen Geschwistern waren erschütternd, die RAF-Sympathisanten Barbara und Gernot waren nur aneinander interessiert, neben der Hingabe an ihre verqueren radikalen Theorien gab es in ihrem Leben keinen Platz für Erziehung oder ein Familienleben. Das Ende ist offen, das Schicksal der Täter bleibt unserer Phantasie überlassen.
Ich spreche eine große Leseempfehlung aus, sowohl für LeserInnen von Familienromanen als auch für Krimi- und ThrillerleserInnen aus, da ich den Roman dem Genre Thriller oder Krimi zuordnen würde.

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Veröffentlicht am 19.11.2023

Mit dem BH-Bus unterwegs durch das ländliche Schweden

Eine Frau, ihr Bus und der unverschämt kluge Plan
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Es handelt sich um den Debütroman der Autorin, und es ist der erste Teil einer Reihe um Annie, eine Frau im mittleren Alter, die schon einiges im Leben durchgemacht hatte und nunmehr mit einem roten Oldtimer-Postbus ...

Es handelt sich um den Debütroman der Autorin, und es ist der erste Teil einer Reihe um Annie, eine Frau im mittleren Alter, die schon einiges im Leben durchgemacht hatte und nunmehr mit einem roten Oldtimer-Postbus übers Land fährt, in dem sie Unterwäsche verkauft.
Annie, Mitte 40 und von einer Krebserkrankung genesen, verliert ihren Job als Altenpflegerin. Als sie bei ihrem letzten Kunden einen alten Postbus entdeckt, beschließt sie spontan, ihn zu erwerben, hauptsächlich, um die Unterwäsche, die sie vor ihrer Erkrankung zum Verkauf erworben hat, an die Frau zu bringen.
Bevor sie krank wurde, wollte sie mit ihrer besten Freundin Ǻsa eine Modeboutique für Dessous eröffnen, Ǻsa hat sie jedoch im Stich gelassen und anstelle der Boutique eine Pflegedienststelle eröffnet.
Nicht nur das zerrüttete Verhältnis zur ehemaligen besten Freundin belastet Annie. Auch die Beziehung zu ihrem Mann Mårten hat sich während ihrer Krankheit verändert, Mårten ist vom Ehemann zum Pfleger mutiert, und ihr 17jähriger Sohn Simon hat Probleme in der Schule. Eine große Rolle in dem Buch spielen ebenfalls Annies polyamouröse Schwester Fia, die als Automechanikerin den alten Postbus fahrtüchtig macht und immer zur Stelle ist, wenn Annie sie braucht.
Was Annie fortwährend begleitet, sind die Erinnerungen an ihre Mutter. Als sie während ihrer Tour übers Land Menschen aus ihrer Kindheit und Jugend begegnet, wird ihr bewusst, dass sie nicht die ganze Wahrheit über den Tod ihrer Mutter kennt.
Der Roman ist in viele kurze Kapitel unterteilt, anhand der Kapitelnamen wird entweder ersichtlich, an welchem Ort die Handlung gerade spielt oder was in dem Kapitel passiert, z.B. Die erste Kundin, Vollgas voraus, Das große Fest.
Annies Roadtrip durch das ländliche Schweden hat mir sehr gut gefallen. Annie lernt viele interessante und witzige Menschen kennen, die teilweise zu guten Freunden werden. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, während des Lesens saß ich neben Annie in ihrem BH-Bus, habe die vorbeifliegende Landschaft bewundert und mich mit ihr über ihre Familie und die Kundinnen unterhalten. Eine kurzweilige Lektüre über eine mutige Frau, die ihr Leben umkrempelt und ein erfolgreiches kleines Unternehmen auf die Beine stellt. Von mir eine Leseempfehlung für Leserinnen, die ebenfalls in der Mitte des Lebens stehen.

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Veröffentlicht am 16.11.2023

Tanzen, tanzen, tanzen - gegen die Armut, die Hungersnot und und und ...

Lindy Girls
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Anne Stern zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, und ich habe mich schon sehr auf ihr neues Buch gefreut. Das Cover finde ich wunderschön mit der goldenen Schrift und den beiden jungen Frauen, die nach ...

Anne Stern zählt zu meinen Lieblingsautorinnen, und ich habe mich schon sehr auf ihr neues Buch gefreut. Das Cover finde ich wunderschön mit der goldenen Schrift und den beiden jungen Frauen, die nach der damaligen Mode gekleidet sind. Wie ihre Reihe um die Hebamme Hulda Gold spielt der Roman zu Zeiten der Weimarer Republik in Berlin.
1928: Wally Kaluza leitet eine Tanzschule und träumt davon, eine Tanzgruppe zu gründen, die so herausragend ist, dass sie in den schönsten Revuepalästen der Stadt auftreten kann. Nach und nach findet sie acht tanztalentierte Mädchen und das schweißtreibende stunden- und tagelange Training in den Abendstunden beginnt. Tagsüber gehen die jungen Frauen einem Broterwerb nach.
Alice arbeitet in einer Fabrik und ernährt mit ihrem Verdienst auch ihren Bruder. Thea kommt aus behüteten Verhältnissen, und hat ihr Elternhaus verlassen, um einer arrangierten Ehe zu entkommen. Gila ist Sekretärin in einer Zeitungsredaktion und träumt davon, einen Roman zu schreiben.
Toni Lindberg ist ein alter Bekannter von Wally, er bietet sich als Manager der Tanzgruppe an. Da Wally bereits die Erfahrung machen musste, dass die meisten Männer ungern mit Frauen verhandeln, geht sie auf Tonis Angebot ein. In der Tat schafft dieser es, der Gruppe Aufträge zu beschaffen.
Die Kapitel sind aus der Perspektive der ProtagonistInnen geschrieben: Wally, Alice, Gila, Thea, Toni, Jo und Friedrich. Jo kennt Wally noch aus ihrer gemeinsamen Heimat Beuthen in Schlesien, er ist auch der Einzige, der Wallys Geheimnis kennt. Friedrich ist Straßenbahnfahrer und rettet Alice‘ Bruder Benjamin, bevor dieser von Nazis fast totgeprügelt wird.
Leider konnte mich dieser Roman von Anne Stern nicht ganz so begeistern wie ihre anderen Werke, was daran liegen könnte, dass ich mit Charleston, Shimmy, Lindy Hop und der dazugehörigen Musik nicht viel anfangen kann, die Beschreibung des Tanztrainings und der Auftritte jedoch sehr viel Raum in dem Roman einnimmt. Hinzu kommt, dass es in dem Roman sehr viele Protagonist
Innen gibt, deren Probleme und Gedanken nur kurz angerissen werden: Armut und Hungersnot, Straßenkinder, aufkommender Nationalsozialismus, Antisemitismus, unerwiderte Liebe, ungewollte Schwangerschaft/Abtreibung, Kriegstrauma, Drogenkonsum. Es hätte mir besser gefallen, wenn die Autorin sich, wie in ihren anderen Romanen, auf eine oder zwei Protagonistinnen konzentriert hätte und deren Probleme tiefgründiger behandelt hätte. Nichtsdestotrotz liebe ich Anne Sterns poetischen und bildhaften Schreibstil und spreche eine Leseempfehlung für Leser*Innen von historischen Romanen und insbesondere solchen, denen die Musik der 1920er Jahre gut gefällt.

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Veröffentlicht am 06.11.2023

Der Siegeszug des Saccharins

Die Zuckerbaronin
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Nachdem ich den ersten Teil der Zuckerbaronin verschlungen habe, wollte ich unbedingt wissen, wie es mit den drei Schinder-Schwestern weitergeht.
Bayern, 1911: Gwendolyn hat Alexander von Wallenstein geheiratet ...

Nachdem ich den ersten Teil der Zuckerbaronin verschlungen habe, wollte ich unbedingt wissen, wie es mit den drei Schinder-Schwestern weitergeht.
Bayern, 1911: Gwendolyn hat Alexander von Wallenstein geheiratet und leitet mit ihm zusammen die Zuckerfabrik. Allerdings ist Alexander längst nicht so fleißig wie sie und vertreibt sich die Zeit lieber mit Glückspiel, Automobil fahren und Trinkgelagen. Dann taucht Lisa mit dem kleinen Matti auf, den sie als Alexanders Sohn ausgibt. Alexander hatte einige Jahre zuvor mit Lisa eine Affäre. Lisa kommt aus Leipzig, wo Alexander studiert hat.
Martha ist in die Fußstapfen ihres verstorbenen Vaters getreten und schmuggelt Saccharin über die Schweizer Grenze ins Deutsche Reich. Als Martha, Benno und Helena von ihrem Schweizer Geschäftspartner zu einer Hochzeit eingeladen werden, lernt Helena auf der Feier Andrin, einen der Schmuggler, näher kennen. Eine Verbindung zwischen Helena und dem Schweizer würde Martha sehr begrüßen, und als Helena von einer Schweizer Familie gebeten wird, als Kindermädchen auszuhelfen, überredet Martha ihre Schwester, für einige Wochen in der Schweiz zu bleiben. Schon bald muss Helena feststellen, dass Andrin kein Mann ist, an den sie sich binden möchte.
In einigen Kapiteln erfahren wir einiges über den Siegeszug des Saccharins in den USA, dessen größter Verfechter der damalige US-Präsident, William H. Taft, war. Er beauftragte die Chemieindustrie damit, die Unbedenklichkeit von Saccharin in Lebensmitteln nachzuweisen. Im Deutschen Reich hingegen gab es ein Süßstoffgesetz, nach dem Lebensmittel mit Saccharin gekennzeichnet werden mussten und ein weiteres, nach dem es nur auf Rezept in Apotheken erworben werden konnte.
Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und fesselnd, ich habe auch den zweiten Band sehr gern gelesen und kann beide Bücher Leser*Innen von historischen Romanen empfehlen. Über eine Fortsetzung der Reihe würde ich mich sehr freuen.

  • Einzelne Kategorien
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  • Atmosphäre