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Veröffentlicht am 28.06.2024

Künstliche Intelligenz – ist das die schöne neue Welt?

Sakura - KIrschblüte
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Künstliche Intelligenz – eine schöne neue Welt, ein Hilfsmittel, um für Anderes den Kopf frei zu haben? Oder eher eines für Blender, für talentfreie Schriftsteller? Diese Fragen stellen sich mir während ...

Künstliche Intelligenz – eine schöne neue Welt, ein Hilfsmittel, um für Anderes den Kopf frei zu haben? Oder eher eines für Blender, für talentfreie Schriftsteller? Diese Fragen stellen sich mir während des Lesens. Und nicht nur diese sind es, der ganze Roman wirft viele Fragen auf.

Stefan Hohl will an seine früheren Erfolge anknüpfen, aber ihm fällt so gar nichts ein. Sein Verleger drängt ihn, endlich das neue Manuskript vorzulegen. Was tun? KI ist in aller Munde, auch Stefan sucht sich entsprechende Seiten, gibt einige Stichworte ein und siehe da - die Seiten flutschen nur so. Die ersten acht davon sind frei zugänglich, Stefan ist begeistert. Der Anfang ist gemacht, das Weiterschreiben gar nicht so einfach wie zunächst gedacht, die restlichen der insgesamt 56 Seiten kann er schließlich nach Eingabe seiner Bankdaten erwerben. Gesagt, getan. Das Um- und Weiterschreiben wird danach bestimmt klappen, so redet er es sich ein, schließlich hat er schon zwei Erfolgsbücher vorzuweisen.

Schon bin ich mittendrin, bin in Tokyo und sehe sie – Sakura. Nicht nur ich bin von ihr angetan, auch Paul ist es, er verliebt sich sofort in sie. Parallel dazu sind es auch Stefan und Ayame, die ähnliches erleben. Eine Liebesgeschichte – oder sind es zwei? – traumhaft schön. KI hat sie vorgegeben, zumindest die eine Geschichte um Sakura und Paul. Wer ist diese geheimnisvolle japanische Schönheit, diese Sakura? Und ist Stefan und Ayames Geschichte, eingebettet in jene, die KI erzeugt hat, ein und dieselbe? Sind sie alle eher Traum? Von KI angetrieben, weitergesponnen? Erst mal musste ich meine Gedanken sortieren, um dann umso genüsslicher weiterlesen zu können.

Sakura und Paul, Ayame und Stefan - beide Stories sind reizvoll und doch nicht so recht fassbar, eher surral, sie fesseln mich, sind aufregend und charmant zugleich, sind verführerisch, ja unwiderstehlich. Die Idee, eine „Story in der Story“ zu schreiben, ist so faszinierend wie gut umgesetzt. Die beiden Geschichten laufen nebeneinander her, überschneiden sich, sie regen meine Phantasie an.

Sabine Mayr hat KI thematisiert, sie hat einen Roman voller Leben vorgelegt, in dem es nicht nur um Liebe geht, es wird dramatisch - nuanciert und facettenreich umgesetzt. Gelebt, erträumt, real oder auch nicht, wer weiß es schon so genau. Das Ende ist voller Magie – so zauberhaft und passend. Ich bin begeistert.

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Veröffentlicht am 28.06.2024

Warmherzig

Graceland – Die Geschichte eines Sommers
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„Die Geschichte eines Sommers“ ist so viel mehr als „nur“ eine Reise nach „Graceland“. Diese tausend Meilen von El Paso bis hin nach Memphis sind voller Leben und so ganz anders, als ich es erwartet habe. ...

„Die Geschichte eines Sommers“ ist so viel mehr als „nur“ eine Reise nach „Graceland“. Diese tausend Meilen von El Paso bis hin nach Memphis sind voller Leben und so ganz anders, als ich es erwartet habe. Loralynn ist siebzig und noch immer hat sie sich ihren großen Traum, einmal Elvis ganz nahe zu sein, nicht erfüllt. Jetzt endlich will sie es wagen, ihre Tochter Grace soll sie begleiten. Nun, die beiden sind schon in Kontakt, monatliche Pflichtanrufe und alle zwei Jahre ein Besuch bei der Mutter müssen genügen. Da Grace Ehe am Ende scheint, braucht sie einen Ortswechsel, die Reise kommt ihr ganz gelegen.

Alles beginnt so, wie ich es erwartet habe. Loralynn ist nicht nur ein Elvis-Fan durch und durch, sie lebt ihre Leidenschaft direkt und zeigt dies auch nach außen hin. Ihre Klamotten sind schrill, momentan trägt sie Schwarz, Priscilla lässt schön grüßen. Die ersten Seiten lesen sich amüsant, Loralynn ist im Gegensatz zu ihrer direkt bieder erscheinenden Tochter eine exzentrische Persönlichkeit. „Lass dich einfach treiben, Grace. Ausnahmsweise mal“ ist nicht das Schlechteste, was Loralynn ihrer Tochter rät. Und so machen sie Station bei Madame Arabella, einer Hellseherin, besuchen eine Elvis-Show irgendwo auf dem Weg nach Graceland, Line Dance und Karaoke sind willkommene Abwechslungen, sie machen Zwischenstation in Odessa bei Mamas alter Freundin Dottie und ihren Sohn Wyatt. Und dann reist ein unsichtbarer Geselle mit, der sie immer wieder zum Innehalten zwingt.

So ein Mutter-Tochter-Ding, wie man es sich vorstellt, ist „Graceland“ allemal. Die beiden grundverschiedenen Charaktere sind dabei, sich einander wieder anzunähern und dazu gehört auch, sich der Vergangenheit zu stellen. Der locker-flockige, zuweilen schnoddrige Ton ändert sich, wenngleich er nie ganz verschwindet, er wird tiefgründiger, ohne an Leichtigkeit zu verlieren. Es ist eine warmherzige, eine humorvolle Geschichte voller Leben und witzigen Dialogen mit schon auch bedrückenden Momenten, die trotzdem lehrt, nie aufzugeben. Kristen Mei Chase Debütroman macht Mut, diese Reise ist Versöhnung und Neuanfang zugleich, begleitet von Elvis und seinen Songs.

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Veröffentlicht am 26.06.2024

Anna Ogilvy – eine Mörderin?

Anna O.
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Was für ein Szenario! Anna Ogilvy hat seit vier Jahren ihre Augen nicht mehr geöffnet. Sie liegt da und nichts scheint ihren Schlaf zu stören. Harriet, ihre Krankenpflegerin, versorgt die Schlafende rund ...

Was für ein Szenario! Anna Ogilvy hat seit vier Jahren ihre Augen nicht mehr geöffnet. Sie liegt da und nichts scheint ihren Schlaf zu stören. Harriet, ihre Krankenpflegerin, versorgt die Schlafende rund um die Uhr. Davor ist Schreckliches passiert. Anna wurde blutverschmiert, mit einem Küchenmesser in der Hand, neben den Leichen ihrer Freunde aufgefunden. Schon da war sie nicht mehr ansprechbar und ist seitdem aus ihrem Tiefschlaf nicht mehr erwacht.

Der Experte für Schlafmedizin, Dr. Benedict Prince, hat schon vieles gesehen. Patienten, die im Schlaf das Haus verlassen, sogar Auto fahren, sind ihm nichts Neues und man möchte es nicht glauben, manche töten sogar. Was diese Personen geträumt haben, wissen sie beim Aufwachen meist nicht. Auch nicht, was sie während ihres Schlafwandelns getan haben. Nun wird Ben in die Schlafklinik The Abbey gerufen, um sich der gerade hier eingelieferten Anna Ogilvy anzunehmen. Neben der Frage nach Annas Schuld macht Ben sich daran, sie aufzuwecken. Ob ihm dies gelingen wird? Neben Ben sind es noch etliche Personen, die ihn und seine Nachforschungen um Anna interessiert beobachten.

Zunächst ist es die Person Ben, die immer wieder zu Wort kommt. Allerdings waren mir diese Passagen zu steril, nicht recht greifbar. Private Momente mit seinem Kind und seiner Ex-Frau, die als Kommissarin damals direkt vor Ort war, wechseln sich ab mit seinem Klinikalltag, in dem er mit der schlafenden Anna arbeitet mit dem Ziel, sie wach zu bekommen. Dabei ist u. a. von einem Resignationssyndrom die Rede, einer Krankheit, bei der sich die Betroffenen nach einem traumatischen Erlebnis in sich selbst zurückziehen und so sich der schwer auszuhaltenden Belastung entziehen.

Die Erzählperspektiven wechseln, man erfährt mehr vom Leben der Anna O. und deren Umfeld inklusive der Tat. Parallelen zu einer früheren, ähnlichen Tat, werden sichtbar - dem Sally-Turner-Fall, der durch alle Medien ging. Sally Turner hat – exakt zwanzig Jahre vor Annas Tat – schlafwandelnd ihre Stiefkinder erstochen.

Es ist eine ganze Menge an Stoff, der hier verarbeitet wird. Das doch etwas schwierige Hineinfinden ins Buch war vor allem Bens teils irrationalem Verhalten geschuldet, seinem Charakter musste ich mich annähern, ihn mir erst „erlesen“. Seine Herangehensweise an Anna O. habe ich mit Spannung verfolgt, dann jedoch kam er mir wieder unnahbar, ja fremd, vor. Nicht nur er hat seine ganz besondere Art, auch die anderen Charaktere sind facettenreich ausgearbeitet. Die Erzählweise ist fesselnd, dann wieder finden sich viel zu lange, sich wiederholende Passagen, welche die Story zäh dahinfließen lassen. Das Ende zeichnet sich ab, ist jedoch für mich zu gewollt, zu aufgesetzt.

„Anna O.“ ist ein Buch mit Höhen und Tiefen, es thematisiert ein spannendes Phänomen, die schon erwähnten Längen haben dem Lesefluss geschadet.

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Veröffentlicht am 26.06.2024

Neuanfang

Die Zeit der Zikaden
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„Die eine Naturgewalt, vor der hat uns keiner gewarnt, und dabei ist es die natürlichste, die, die ausnahmslos alle betrifft. Sie heißt einfach – Altern.“

So lese ich es gleich mal. Altern – darum geht ...

„Die eine Naturgewalt, vor der hat uns keiner gewarnt, und dabei ist es die natürlichste, die, die ausnahmslos alle betrifft. Sie heißt einfach – Altern.“

So lese ich es gleich mal. Altern – darum geht es. Es geht um Alex, die ihren Ruhestand damit beginnt, dass sie allen Ballast abwirft. Ihre Wohnung tauscht sie gegen ein Tinyhouse auf Rädern ein, all das Angesammelte verkauft oder verschenkt sie. Und um Johann geht es auch, dem das geerbte Steinhaus in Ligurien gerade recht kommt, um aus seinem bisherigen Leben auszubrechen. Auf der Hochzeit von Johanns Sohn begegnen sich die beiden, erzählen sich ihre Zukunftspläne und wie es manchmal so kommt, landet Alex mitsamt ihrem schmalen Tinyhouse in Johanns weitläufigem Grundstück in Ligurien. Jeder hat hier sozusagen seinen eigenen Rückzugsort, beide Eingangstüren zu ihrem Heim liegen auf gleicher Höhe. Alex und Johann nähern sich einander an. Er beginnt, sie zu malen. Sie, die schon als Lehrerin eine Theater AG geleitet hat, sieht ihre Chance, sich auch hier in dieser Richtung etwas aufzubauen. Dazwischen liegen viele Momente voller Leben und Neugier.

Moritz Heger schreibt auch hier über das Leben. Schon „Aus der Mitte des Sees“ hat er tiefe Empfindungen und ehrliche Gedanken zugelassen, seine Protagonisten dort waren jünger als hier. Und doch sind es auch hier zwei Menschen, die einen Neuanfang wagen. Sich noch einmal spüren wollen, sich der Fülle des Lebens mit allen Sinnen annähern.

„Die Zeit der Zikaden“ wird in zwei Teilen erzählt, wobei der erste so einiges aus deren beider Leben berichtet und die Hälfte des Buches einnimmt. Davon hätte ich nicht unbedingt so viel gebraucht, eine kürzere Charakterisierung dessen wäre mir zugunsten des zweiten Teiles lieber gewesen. Dieser zweite Teil dann ist mit „Ankern“ überschrieben. Hier geht es um Alex und Johann, um ihre Pläne, um ihre Träume, um Freundschaft und Liebe und es geht auch darum, dass man nie zu alt ist, Altes loszulassen zugunsten von Neuem, von Unbekanntem, das man einfach zulassen sollte. „Je älter ich werde, umso mehr denke ich: Letztendlich kommt es immer aufs Hier und Jetzt an.“ Man ist nie zu alt, um neugierig zu sein und es zu bleiben, um sich auszuprobieren.

Moritz Heger schreibt sehr klug über das Alter und über das, was einen nach einem arbeitsreichen Leben noch alles erwartet. Alex und Johann bin ich gerne gefolgt, in Ligurien waren sie mir jedoch sehr viel näher, ihre Vorleben hatte für mich jedoch unnötige Längen.

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Veröffentlicht am 25.06.2024

Bittersüße Romanze vor herrlicher Kulisse

Die Sommer mit ihm
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Ab und zu muss es auch ein Roman sein, der die Seele wärmt. „Die Sommer mit ihm“ ist nicht nur eine bittersüße Romanze vor herrlicher Kulisse, nein - diese Sommer sind sehr viel mehr, sie erzählen von ...

Ab und zu muss es auch ein Roman sein, der die Seele wärmt. „Die Sommer mit ihm“ ist nicht nur eine bittersüße Romanze vor herrlicher Kulisse, nein - diese Sommer sind sehr viel mehr, sie erzählen von einer großen Liebe…

Sophies Mutter hat den Kampf gegen ihre Krankheit verloren und nun steht sie da, voller Trauer um ihre viel zu früh verstorbene Mutter Lyndsey, sie war eine bekannte und erfolgreiche Malerin. Sophie findet eine zusammengefaltete Kopie eines Bildes. Nach Rücksprache mit Mutters Agentin wird klar, dass es hier um das verschollene fünfte Gemälde einer Serie handeln muss. Kurzerhand fliegt Sophie nach Griechenland mit dem Ziel, in dem kleinen Küstenort Methoni danach zu suchen.

Kaum angekommen tritt sie in einen Seeigel und wie es der Zufall so will, ist ein Fischer in der Nähe. Dieser entfernt den Stachel und versorgt die schmerzhafte Wunde, sie kommen ins Gespräch, finden sich sympathisch und verabreden sich. Wie sich später herausstellt, hat jeder der beiden sein Päckchen zu tragen, das Leben ist weder an Sophie noch an Theo, wie der Fischer heißt, spurlos vorübergegangen.

Neben der Suche nach dem vermissten Methoni-Bild spielt natürlich die Liebe eine Rolle, wenngleich es zu so manchem Missverständnis kommt. Emma Cowell hat mir nicht nur all dieses Zwischenmenschliche vermittelt, sie hat mir auch die zauberhafte Landschaft in all ihren Facetten so schmackhaft gemacht, wie es auch das griechische Essen war. Denn am liebsten hätte ich mich sofort mit ihnen allen an den reichlich gedeckten Tisch gesetzt, mit ihnen gelacht, getanzt, gesungen – und dies mit allen Sinnen genossen.

Beim Lesen spüre ich direkt die Sonnenstrahlen, spüre die Lebensfreude, aber auch eine Liebe, die mit so manchen Hindernissen zu kämpfen hat. Und da ist auch noch die Vergangenheit, die eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Das Buch ist perfekt, um sich wegzuträumen.

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