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Maimouna19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.11.2024

Spannend und abenteuerlich

Der Teepalast
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In „Der Teepalast“ erzählt Elisabeth Herrmann die Geschichte von Nele (Helene) Vosskamp, die in ärmlichen Verhältnissen als Fischerstochter in Ostfriesland lebt. Im Jahr 1834 ist sie nachts mit ihrem Vater ...

In „Der Teepalast“ erzählt Elisabeth Herrmann die Geschichte von Nele (Helene) Vosskamp, die in ärmlichen Verhältnissen als Fischerstochter in Ostfriesland lebt. Im Jahr 1834 ist sie nachts mit ihrem Vater auf rauer See unterwegs. Ein Schiff ist dort auf Grund gelaufen und die beiden hoffen, etwas von der Schiffsladung ergattern zu können. Als Lenes Vater auffällt, dass das Schiff absichtlich in die Falle gelockt wurde, drehen die beiden sofort ab, um nicht erwischt zu werden und am Galgen zu enden. Auf stürmischer See verletzt sich Neles Vater und geht über Bord. Nele sucht vergeblich nach ihm, fischt stattdessen einen jungen Mann, vermutlich ein Besatzungsmitglied des gesunkenen Schiffes, aus dem Wasser. Zum Dank schenkt er ihr eine seltsame Münze, erst später findet sie heraus, dass diese Münze den Besitzer zum Teehandel in China berechtigt.
Am nächsten Tag wird Lene beschuldigt, den Strandvogt ermordet zu haben. Sie landet im Kerker und ihr droht der Galgen. Da sich ein Unbekannter für sie einsetzt, wird sie überraschend wieder freigelassen. Sie beschließt zu fliehen, um erneuten falschen Anschuldigungen der örtlichen Obrigkeiten zu entgehen. Im Besitz der seltsamen Münze ist sie fest entschlossen, ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen, in den Teehandel einzusteigen und in Friesland einen Teepalast zu eröffnen.
Allen Widerständen trotzend, führt ihre abenteuerliche Reise sie von Emden über England bis nach China.
Elisabeth Herrmann, die vor allem als Krimiautorin bekannt ist, hat mit „Der Teepalast“ einen spannenden, abenteuerlichen historischen Roman geliefert. Gebannt und atemlos folgt man Nele auf ihrer Reise um die Welt. Die Charaktere, die Zeit und die Örtlichkeiten sind so lebendig und authentisch geschildert, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.
Da Frauen im 19. Jahrhundert nichts galten und kaum Möglichkeiten hatten, geschweige denn, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und auf solch eine Reise zu gehen, fiebert man als Leser umso mehr mit Nele und hofft, dass es ihr gelingt, allen Herausforderungen auf ihrem Weg zu trotzen.
Insgesamt ein sehr fesselnder, spannender Roman, der mir einige unterhaltsame Lesestunden bereitet hat. Für Freunde von historischen Romanen absolut zu empfehlen.

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Veröffentlicht am 04.10.2024

Einfach nur zäh

Identitti
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Saraswati, renommierte Professorin für Post Colonial Studies an der Düsseldorfer Universität, anerkannte Expertin auf ihrem Gebiet und gern gesehener Gast in Talk Shows und Debatten, die sich als Person ...

Saraswati, renommierte Professorin für Post Colonial Studies an der Düsseldorfer Universität, anerkannte Expertin auf ihrem Gebiet und gern gesehener Gast in Talk Shows und Debatten, die sich als Person of Colour ausgibt, wird als weiße Deutsche enttarnt. Das löst natürlich einen Shitstorm erster Güte aus.
Auch Nivedita, Tochter einer deutsch-polnischen Mutter und eines bengalischen Vaters und Studentin für Post Colonial Studies fühlt sich zutiefst enttäuscht und verraten. Sie steckt seit ihrer Kindheit in einer Identitätskrise, fühlt sich nicht wirklich als weiße Deutsche, aber auch nicht als Inderin. Selbst von ihrer indischen Verwandtschaft wird sie als „Coconut“ (außen braun, innen weiß) verspottet. Die von ihr bewunderte Saraswati ist ihr großes Vorbild und ihre Mentorin, Nivedita will Antworten und holt sich diese direkt bei ihrer ehemaligen Professorin.
„Identitti“ wurde extrem gehypt und hochgelobt, was für mich im Allgemeinen kein Grund ist, ein Buch zu lesen. Hier waren es mehr die Themen (Rassismus, Identität, Zugehörigkeit, Kultur, Gender, Race, etc.), die mich angesprochen haben. Um es kurz zu machen, mich hat das Buch nicht begeistert, ich war sogar versucht, es abzubrechen und habe nur mit großer Mühe bis zum Schluss durchgehalten.
Normalerweise unterstützt der Wechsel von verschiedenen Stilen (Erzählung, Dialog, Chats) den Spannungsbogen und schafft eine gewisse Lebendigkeit. Hier war das leider überhaupt nicht der Fall. Ich war genervt von Blogs, Tweeds, Selbstgesprächen zwischen Nivedita und der fiktiven Göttin Kali, zu vielen Hashtags, Abkürzungen, Hin- und Hergespringe zwischen Deutsch und Englisch, etc. (Learn English before you read this book!) und empfand die Lektüre als überaus zäh und mühselig. Den allseits hochgelobten Humor und Witz konnte ich leider auch nirgends entdecken (ist vielleicht eine Generationenfrage?).
Auch die Protagonisten bleiben ziemlich blass und konturlos, wirken, wenn überhaupt, unsympathisch. Saraswati ist einfach nur selbstherrlich und arrogant, der weinerlichen Nabelschau Niveditas konnte ich auch nichts abgewinnen. Auch die Nebenfiguren, Niveditas Cousine, ihr Freund, ihre WG-Mitbewohnerinnen, etc. haben keinen positiven Eindruck hinterlassen, alle nur nervig.
Das Buch ist mit Sicherheit kein unverzichtbarer Beitrag zur Debatte über Rassismus, Identität, Gender, etc., aber regt immerhin zum Nachdenken, auch über die eigene Position, an. Somit hat es sich dann doch irgendwie gelohnt, „Identitti“ zu lesen. Sehr eingeschränkte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 04.10.2024

Psychoterror in der Ehe

Lügen über meine Mutter
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In „Lügen über meine Mutter“ erzählt Daniela Dröscher die Geschichte einer Familie im Hunsrück der 1980er Jahre aus der Perspektive der sechsjährigen Ela. Es ist vor allem die Geschichte der Mutter, die ...

In „Lügen über meine Mutter“ erzählt Daniela Dröscher die Geschichte einer Familie im Hunsrück der 1980er Jahre aus der Perspektive der sechsjährigen Ela. Es ist vor allem die Geschichte der Mutter, die durch die Augen des Kindes erzählt wird. Für Elas Mutter ist ihre Ehe die Hölle, sie wird permanent von ihrem Mann wegen ihres Gewichts kritisiert. Es ist ihm zur fixen Idee geworden, dass ihr Gewicht Schuld an allem ist, was ihm im Leben nicht gelingt: Beförderung, sozialer Aufstieg, Anerkennung. Das führt soweit, dass seine Frau sich regelmäßig vor seinen Augen auf die Waage stellen musste, um ihr Gewicht kontrollieren zu lassen - der reinste Psychoterror! Auch ihr Bemühen um ihr eigenes berufliches Vorankommen wird von ihm ins Lächerliche gezogen und keineswegs unterstützt; Haushalt, Kinder und was sonst noch an Care-Arbeit zu erledigen ist, ist auch in den 1980er Jahren und vor allem in der ländlichen Provinz alleinige Aufgabe der Frau.
Andererseits hat er kein Problem damit, seine Frau arbeiten zu lassen, um die Familie finanziell über Wasser zu halten, da er selbst Unsummen für Autos, Tennis, Hausbau, etc. ausgibt, um das eigene Selbstbewusstsein aufzupolieren.
Dem Leser ist recht schnell klar, wer eigentlich das armselige Würstchen in dieser Familie ist. Beim Lesen kam bei mir ganz schnell die kalte Wut auf den Vater auf - was für ein erbärmlicher Mensch!

Besonders gut gefallen haben mir die zwei Erzählperspektiven – einerseits die sechsjährige Ela, die die Ansichten ihres Vaters übernimmt und sich ebenfalls für das Übergewicht der Mutter schämt, andererseits die Einschübe, in denen die erwachsene Tochter diese Ansichten reflektiert und korrigiert und auch die Mutter zu Wort kommt. Diese beiden Perspektiven ergänzen sich perfekt und ergeben eine warmherzige, flüssig lesbare Erzählung.

Eine solche Rückständigkeit hätte ich in den Sechziger- und Siebzigerjahren für möglich gehalten, erschreckend, dass das auch in den Achtzigern noch so verbreitet war, habe ich selbst so nicht erlebt.
Aber wahrscheinlich gibt es das auch heute noch, wenn auch nicht mehr in dem Ausmaß.

Feminismus, Patriarchat, Verteilung von Care-Arbeit, etc. sind nach wie vor aktuelle Themen. „Lügen über meine Mutter“ liefert reichlich Anstoß, sich Gedanken zu machen. Daher klare Leseempfehlung meinerseits.

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Veröffentlicht am 27.09.2024

Zwei Generationen zivilen Ungehorsams treffen aufeinander

Tage mit Milena
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In „Tage mit Milena“ prallen zwei Generationen zivilen Ungehorsams aufeinander. Die eine ist Annika, eine Frau in ihren 50ern, die sich zusammen mit ihrem Mann Hendrik in einem beschaulichen Leben in Lübeck ...

In „Tage mit Milena“ prallen zwei Generationen zivilen Ungehorsams aufeinander. Die eine ist Annika, eine Frau in ihren 50ern, die sich zusammen mit ihrem Mann Hendrik in einem beschaulichen Leben in Lübeck eingerichtet hat. Sie führt einen Schreibwarenladen, ihr Mann baut pestizidfreie Schnittblumen an. Ihre Vergangenheit in der Hausbesetzerszene der Hamburger Hafenstraße in den 1980er Jahren hat sie so ziemlich ausgeblendet. Die andere ist Luzie, eine 17-jährige Klimaaktivistin der letzten Generation. Luzie kauft bei Annika Sekundenkleber, um sich kurz darauf auf einer Lübecker Straßenkreuzung festzukleben. In dieser brenzligen Situation steht Annika ihr bei und versucht sie zu schützen. Durch diese Situation bricht in Annika die lang verdrängte Vergangenheit wieder auf, sie fühlt sich schuldig am Tod ihrer Freundin Milena, die seinerzeit bei den Demonstrationen in der Hafenstraße ums Leben kam. Der Versuch, Luzie davor zu bewahren, sich durch unüberlegte Aktionen in Gefahr zu bringen bzw. einen nicht wiedergutzumachenden Fehler wie Annika in ihrer Jugend zu begehen, wird auch zu einer Reise in die eigene Vergangenheit. Im Verlauf der Geschichte erkennt sie, dass die Ereignisse in der Hafenstraße wohl doch ganz anders abgelaufen sind als in ihrer Erinnerung.
In dieser von der ersten bis zur letzten Seite rasant geschriebenen, fesselnden Geschichte geht es vor allem um verdrängte Traumata, Aufarbeitung der Vergangenheit, Liebe, Schuldgefühle, Irrtum und Gerechtigkeit.
Gleichzeitig erhält man interessante Einblicke in die Hamburger Hausbesetzerszene der 80er Jahre sowie die aktuelle Klimaschutzbewegung.
Aktuelle, gesellschaftsrelevante Themen eingebunden in eine packende Geschichte machen die „Tage mit Milena“ zu einem absolut lesenswerten Buch.

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Veröffentlicht am 11.09.2024

Spannender Provence-Krimi

Mörderisches Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 5)
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Es hätte so ein schöner Spätsommer im idyllischen Feriendörfchen Le Lavandou in der Provence werden können – nur noch wenige Touristen, der Sommertrubel ist vorbei. Doch dann verschwindet eine junge Frau ...

Es hätte so ein schöner Spätsommer im idyllischen Feriendörfchen Le Lavandou in der Provence werden können – nur noch wenige Touristen, der Sommertrubel ist vorbei. Doch dann verschwindet eine junge Frau und wird wenige Tage später tot aufgefunden. Sie wurde bestialisch gequält und brutal ermordet. Für den Vater der Ermordeten steht der Täter sofort fest – es kann nur ihr Freund gewesen sein, Pierre Roussel, Mitarbeiter einer Stuntshow, die in Le Lavandou ihr Winterlager aufschlagen wollen.
Statt den provenzalischen Spätsommer zu genießen, machen sich der deutsche Rechtsmediziner Leon Richter und seine Lebensgefährtin, die stellvertretende Polizeichefin, Isabelle Morell, auf die Suche nach dem Täter. Kurze Zeit später wird eine zweite Frauenleiche, ähnlich grausam zugerichtet, gefunden. Die lokalen Autoritäten machen Druck, fürchten negative Auswirkungen auf den Tourismus. Auch der lokale Polizeichef erwartet eine schnelle Lösung, will unbedingt schnell einen Täter präsentieren, um seiner Karriere einen Schub zu verpassen.
Auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände – „ Mörderisches Lavandou“ ist der 5. Fall für Leon Richter - kann man der Geschichte problemlos folgen. Es gibt diverse Hinweise auf die Vergangenheit von Leon Richter, wie es dazu kam, dass ein deutscher Rechtsmediziner im beschaulichen Le Lavandou gelandet ist, wie aus ihm und Isabelle Morell ein Paar geworden ist, etc. Für Leser, die nicht mit dem 1. Fall der Reihe angefangen haben, durchaus hilfreiche Informationen. Spätestens, wenn man ein zweites Buch aus der Reihe liest (ich hatte schon den aktuellsten Fall – „Verräterisches Lavandou“, der 10. Fall für Leon Richter, gelesen), fangen diese Wiederholungen aber an, etwas zu langweilen. Ich verstehe zwar die Notwendigkeit dieser Wiederholungen, ansonsten müsste man die Reihe mit dem 1. Fall beginnen und könnte nicht zwischendurch einsteigen. Bei mir führt das allerdings normalerweise dazu, dass ich spätestens nach dem dritten Fall aus einer Reihe wieder aussteige.
Beliebtes Stilmittel ist der Prolog, so auch in dieser Geschichte. Beschrieben wird hier wie der Täter seines ersten Opfers habhaft geworden ist, natürlich ohne genaue Hinweise. Dadurch entsteht sofort Spannung und bleibt durch das ganze Buch bestehen, da man ständig grübelt, wem man dieses Vorgehen zutrauen würde. War es der Gärtner Joseph Talbot, der als Jugendlicher Tiere gequält hat und später wegen Leichenschändung in der Psychiatrie gelandet ist? Oder der Maler Antoine, der mit Vorliebe Skizzen von menschlichen Gliedmaßen anfertigt? Es gibt noch weitere unsympathische Zeitgenossen in Le Lavandou: den Tabakladenbesitzer Michel mit seiner ziemlich rechtsextremistischen Einstellung, den Buchhändler Nortier, bei dem Leon seine Zeitungen kauft, der ihm aber nicht sehr sympathisch ist oder der Pfarrer Père Dumont, der mit seinen pädophilen Neigungen kämpft. Verwirrende Hinweise, falsche Fährten und dramatische Entwicklungen halten das Spannungslevel bis zum Schluss aufrecht!
Nach wie vor sind mir Leon und Isabell, die sich weder durch den Druck von Polizeichef oder lokalen Autoritäten in ihrer Ermittlungsarbeit beindrucken lassen, sehr sympathisch und die Beschreibung von Land und Leuten versetzen mich sofort in die Provence. Auch mit „Mörderisches Lavandou“ ist Remy Eyssen die perfekte Mischung aus spannendem Krimi und Beschreibung der provenzalischen Idylle gelungen.
Von den diversen Krimireihen mit Lokalkolorit, die es inzwischen gibt, ist die Reihe um Leon Richter sicher eine der besten! Falls ich mal wieder Sehnsucht nach der Provence verspüre, werde ich noch zu einem weiteren Fall von Leon Richter greifen. Die gesamte Reihe wird es eher nicht werden, ein so eingeschworener Leon Richter Fan bin ich dann doch nicht.

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