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Martinchen

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Veröffentlicht am 17.04.2024

Spannende norwegische Familiensaga

Meeresfriedhof
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Das perfekt zum Inhalt gestaltete Cover hat mich neugierig gemacht. „Meeresfriedhof“ ist der Auftakt eine Trilogie über ein norwegisches Familienimperium, das über mehrere Generationen hinweg aufgebaut ...

Das perfekt zum Inhalt gestaltete Cover hat mich neugierig gemacht. „Meeresfriedhof“ ist der Auftakt eine Trilogie über ein norwegisches Familienimperium, das über mehrere Generationen hinweg aufgebaut wurde. Der im Jahr 1940 bei einem Schiffsunglück ums Leben gekommene Thor Falck d. J. hinterlässt zwei Söhne. 75 Jahre später stirbt Vera, die Mutter des jüngeren Sohns Olav, der die Geschicke der Firma leitet. Ihr Testament könnte unangenehme Wahrheiten aufdecken.

Aslak Nore, Jahrgang 1978, studierte in seiner Geburtsstadt Oslo und in New York. Er war Soldat in Bosnien und arbeitete als Journalist im Nahen Osten und in Afghanistan. Er lebt mit seiner Familie in der Provence.

Dagmar Lendt ist Skandinavistin. Sie übersetzt aus dem Norwegischen, Schwedischen und Dänischen, u.a. Bücher von Jon Fosse und Vivca Sten.

Der Anblick des Covers und die Klappentexte lassen auf einen Thriller schließen, glücklicherweise lautet die Bezeichnung auf dem Cover „Roman“, was es besser trifft. Auch den Hinweis auf einen „Pageturner der Extraklasse“ finde ich überzogen, das war es dann aber auch schon mit der Kritik.

Einige Anmerkungen des Autors und der Stammbaum zu Beginn sind sehr hilfreich. Bis der Roman Fahrt aufnimmt und spannend wird, sind einige Seiten zu lesen. Aslan Nore lässt sich Zeit, Zeit, um seine Protagonisten vorzustellen. Das wirft bereits einige Fragen auf. Wie genau hängt was zusammen und warum ist es für das Verständnis der Trilogie wichtig? Diese Fragen werden erst spät beantwortet.

Die Protagonisten sind gut beschrieben, wobei nicht vorschnell geurteilt werden darf. Sie sind alle für eine Überraschung gut, die ich so nicht vorausgesehen hätte. Olav als Patriarch der Familie steht nicht umsonst so lange erfolgreich an der Spitze des Unternehmens. Er hält die Fäden in der Hand und manipuliert nicht nur Geschäftspartner und Freunde, sondern auch die eigenen Kinder, wenn es ihm gelegen kommt. Seine Tochter Alexandra, genannt Sasha, entpuppt sich in dieser Beziehung als seine Tochter, auch sie kann innerhalb kürzester Zeit eine andere Strategie entwickeln und verfolgen.

In zwei Handlungssträngen erzählt der Autor die Geschichte der Falcks. Zum einen werden die Geschehnisse des Jahres 2015 nach dem Tod Veras erzählt. Hier nutzt Nore Perspektiv- und Ortswechsel, die Spannung aufbauen. Zum anderen steht Veras Manuskript im Mittelpunkt, mit dem sie die Geschehnisse des Schiffsunglücks aufarbeiten und vor allem die Wahrheit ans Licht bringen wollte. Genau dies will Olav verhindern, jetzt genauso wie 35 Jahre zuvor. Dafür ist ihm jedes Mittel recht.

Mit dem Manuskript wird vieles klar und klarer, einige Geheimnisse werden aufgedeckt, andere Fragen bleiben offen. Dieser erste Band steht auch gut für sich, allerdings möchte ich unbedingt wissen, wie es weitergeht.

Fazit: eine spannende Familiengeschichte mit viel Dramatik, mit Intrigen, mit Kriegsszenen, mit geheimnisvollen Machenschaften , die Blicke in die menschlichen Abgründe gibt – von mir eine Leseempfehlung

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Veröffentlicht am 29.03.2024

Düsterer Gesellschaftsroman

Lichtjahre im Dunkel
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Friedrich Ani kann schreiben und wie, das beweist er mit diesem Roman aufs Neue. Das Leben der Ahorns ist nicht erstrebenswert. Leo hat das Schreibwarengeschäft seines Vaters geerbt, die Geschäfte laufen ...

Friedrich Ani kann schreiben und wie, das beweist er mit diesem Roman aufs Neue. Das Leben der Ahorns ist nicht erstrebenswert. Leo hat das Schreibwarengeschäft seines Vaters geerbt, die Geschäfte laufen schlecht. Seine Ehe mit Viola auch. Als Leo verschwindet, wartet Viola einige Tage ab, bevor sie Tabor Süden mit der Suche nach ihrem Mann beauftragt.

Bereits von der ersten Seite an wird die ganze Tristesse des Lebens von Viola und Leo deutlich. Nicht nur sie, auch die Stammkunden in der Kneipe Blaues Eck führen Leben, die von Eintönigkeit und auch Hoffnungslosigkeit geprägt ist. Vielleicht fehlt ihnen auch nur die Kraft, etwas zu verändern. Das scheint durchaus möglich zu sein, auch wenn jedes Leben seine eigene Tragik hat. Die Auswirkung dieser Tragik auf das Leben der jeweiligen Person wird detailliert und facettenreich beschrieben.

Der Titel ist treffend gewählt, ebenso wie das Cover, das Menschen beim Überqueren einer Straße zeigen.

Fazit: ein düsterer Roman, der mich noch eine Weile beschäftigen wird.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Dunkle Vorahnung

Leute von früher
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Die Endzwanzigerin Marlene hat endlich ihr Studium abgeschlossen, weiß aber nicht so recht, wie es weitergehen soll. Für die Sommersaison nimmt sie eine Stelle als Verkäuferin in einem Erlebnisdorf auf ...

Die Endzwanzigerin Marlene hat endlich ihr Studium abgeschlossen, weiß aber nicht so recht, wie es weitergehen soll. Für die Sommersaison nimmt sie eine Stelle als Verkäuferin in einem Erlebnisdorf auf der Insel Strand im nordfriesischen Wattenmeer an. Dort lernt sie Janne kennen und verliebt sich in sie. Doch Janne hat ein Geheimnis, das Marlene nicht ergründen kann.

Kristin Höller, Jahrgang 1996, ist in Bonn aufgewachsen und studierte in Dresden Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften. Für ihre Werke wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Sie lebt in Leipzig.

Schon die Beschreibung von Marlenes Ankunft auf der Insel ist fesselnd: obwohl alles gewöhnlich erscheint, ist es doch anders. Wie genau, lässt sich zunächst nicht fassen. Marlene ist eine der Neuen, andere Mitarbeiter des Erlebnisdorfes, das die Welt um 1900 auferstehen lassen will, sind bereits zum wiederholten Male dabei oder sind Bewohner der kleinen Insel. Sehr genau beschreibt Kristin Höller die Verhältnisse. Marlene bekommt ein Zimmer in einem langgestreckten Bau zugewiesen, die sanitären Anlagen befinden sich am Ende der Reihe und werden von allen genutzt. Zum Dorf selbst ist es ein kleines Stück, es darf nur im Kostüm betreten werden. Dabei spielt es keine große Rolle, dass die Kostüme nicht immer authentisch sind und auch die im Dorfladen angebotenen Artikel nicht selbst hergestellt werden. Es ist eine Art Disneyland in Deutschland, die Touristen lieben es.

Von Beginn an liegt eine unerklärliche Atmosphäre über der Insel. Marlene hat den Eindruck, dass die Inselbewohner ein Geheimnis teilen, von dem die Saisonarbeiter ausgeschlossen sind. Eine erste Ahnung bekommt die Leserin, als Marlene etwas auffällt, als sie für einen Tag die Insel verlässt. Diese besondere Atmosphäre fängt Kristin Höller grandios ein, sie schwingt immer mit, ist aber lange Zeit nicht fassbar.

Marlene und Janne nähern sich vorsichtig an, beide sind unsicher, inwieweit sie der jeweils anderen vertrauen können. Die alten Legenden beeinflussen das Leben der Inselbewohner, Janne befürchtet, dass Marlene dazu keinen Zugang hat.

Das sehr schön gestaltete Cover gibt den Inhalt ausgezeichnet wieder.

Fazit: ein atmosphärisch dichter Roman, der grandios „vom Bewahren und Verschwinden“ erzählt

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Zerstörte Leben

Das Schweigen des Wassers
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Anfang der 90er Jahre wird Hauptkommissar Groth aus Hamburg zurück in seine Heimatstadt Wechtershagen in Mecklenburg geschickt. Sein erster Fall ist der Bootsverleiher, der aus dem See gezogen wird. Selbstmord? ...

Anfang der 90er Jahre wird Hauptkommissar Groth aus Hamburg zurück in seine Heimatstadt Wechtershagen in Mecklenburg geschickt. Sein erster Fall ist der Bootsverleiher, der aus dem See gezogen wird. Selbstmord? Groth glaubt nicht daran und ermittelt gegen alle Widerstände.

Susanne Tägders Debütroman wurde von einem realen Fall inspiriert. Das auffällige Cover und die Inhaltsangabe haben mich neugierig gemacht.

Es ist ein düsterer Krimi, den die Autorin vorlegt. Sie beschreibt die Atmosphäre Anfang der 90er sehr genau. Alles wirkt irgendwie hoffnungslos: das Kommissariat, Groths noch nicht renovierte Wohnung, die Gaststätte am See. Alle Charaktere haben eine Vergangenheit, die sie nicht loslässt und sich auf die Gegenwart auswirkt. Sie stehen in Zusammenhang mit dem Tod des Bootsverleihers Eck, der zehn Jahre zuvor wegen Mordes an der jungen Jutta Timm angeklagt wurde, aber freigesprochen wurde. Da ist Juttas Schwester Regina, die keine Ruhe findet, da ist Groths Kollege Gerstacker, der von dem Fall abgezogen wurde und einige Geheimnisse hütet. Da ist der Lokalreporter Hennemann, der mehr von Regina weiß als ihr lieb ist. Und natürlich Hauptkommissar Groth, der sich auf seine Intuition verlässt, was zu seiner Versetzung geführt hat. Trotz seiner Verletzungen ist er empathisch und bleibt es auch.
Die ostdeutschen Kollegen beäugen Groth misstrauisch und lassen ihn außen vor. Sein Kollege Gerstacker erkennt dann jedoch, dass es Groth darum geht, herauszufinden, was geschehen ist. Sie ergänzen sich auf eine gute Weise, insbesondere als ihr Vorgesetzter den Fall zu den Akten legen will.
Jeder einzelne ist gut und authentisch beschrieben. Die Schicksalsschläge der Charaktere und ihre Folgen sind nachvollziehbar, insbesondere, je mehr über sie erzählt wird.


Fazit: ein ruhiger, melancholischer, sehr eindringlicher Kriminalroman


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Veröffentlicht am 15.03.2024

Suche nach Antworten

Wie Inseln im Licht
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Nach dem Tod ihrer Mutter reist Zoey an die französische Atlantikküste, um Antworten auf ihre drängenden Fragen zu finden. Vor zwanzig Jahren ist ihre kleine Schwester Oda verschwunden. Was genau ist passiert?

Sowohl ...

Nach dem Tod ihrer Mutter reist Zoey an die französische Atlantikküste, um Antworten auf ihre drängenden Fragen zu finden. Vor zwanzig Jahren ist ihre kleine Schwester Oda verschwunden. Was genau ist passiert?

Sowohl die Inhaltsangabe als auch das ganz besondere Cover haben mich neugierig gemacht.

Franziska Gänsler beginnt ihren Roman nach Zoeys Ankunft in einem Hotel unweit des Campingplatzes, auf dem die kleine Familie vor zwanzig Jahren in einem Bauwagen gelebt hat. Geschickt verbindet die Autorin Gegenwart und Vergangenheit miteinander. Zoey hat Erinnerungen an diese Zeit, die sie nicht richtig fassen und einordnen kann. Genau darauf bezieht sich der Titel des Romans.

Franziska Gänsler hat einen wunderbaren Schreibstil, der Zoeys Trauer und die Suche nach ihren Wurzeln sehr feinfühlig und emotional beschreibt.

Fazit: ein emotionales, ein atmosphärisch dichtes, ein ganz wunderbarer Roman – unbedingte Leseempfehlung

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