Platzhalter für Profilbild

Martinchen

Lesejury Profi
offline

Martinchen ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Martinchen über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.02.2024

Der Kopf der Königin

Das Lächeln der Königin
0

Das Debüt der als Übersetzerin bekannten Autorin Stefanie Gerhold bewegt sich zwischen Roman und Sachbuch. Sie verwebt die Fakten um den Fund und die Reise der Büste der Königin Nofretete mit Teilen der ...

Das Debüt der als Übersetzerin bekannten Autorin Stefanie Gerhold bewegt sich zwischen Roman und Sachbuch. Sie verwebt die Fakten um den Fund und die Reise der Büste der Königin Nofretete mit Teilen der Biographie des Mäzens James Simon, der seinen Reichtum für soziales Engagement und die Förderung der Kunst und insbesondere der Grabungen in Ägypten nutzte.

Der Roman umfasst die Zeit von 1912, als Ludwig Borchardt bei seinen, von Simon geförderten Grabungen u.a. die schöne Königin findet bis etwa 1930, als der Streit um das Eigentum an der Büste auf dem Höhepunkt ist und auch Ludwig Borchardt persönlich angegriffen wird, ein Zeitabschnitt, der Kaiserreich, den Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik mit Weltwirtschaftskrise und das Aufkommen des Nationalsozialismus umfasst.

Stefanie Gerhold beschreibt die Zeit Anfang des letzten Jahrhunderts sehr lebendig. Ihr ausgezeichnet recherchierter Roman lässt die fiktiven Passagen sehr lebensnah wirken. Vor allem wird der immer vorhandene Antisemitismus an vielen Stellen deutlich sichtbar, ohne direkt angesprochen zu werden. Ihr Schreibstil erscheint eher sachlich, transportiert jedoch an vielen Stellen Gefühle, die zur damaligen Zeit nicht unbedingt öffentlich gezeigt wurden. Der Besuch bei James Simons Schwester etwa oder insbesondere die erste Begegnung von James Simon mit der Büste der Nofretete. Sehr detailliert ist die schöne Königin beschrieben, auch die Beschädigungen, die sie erleiden musste.

In weiten Teilen steht der Mäzen Simon im Vordergrund, ein Mann, der viel Gutes für Berlin getan hat, am Ende aber allein und vergessen stirbt. Über Ludwig Borchardt, der für die Ausgrabungen lebte und alles daran setzte, diese fortzusetzen, hätte ich gern noch mehr erfahren. Das weitere Schicksal der Büste der Nofretete wird im Epilog erzählt und rundet so den Roman ab.

Das Coverbild, ein Foto eines verregneten Tages der damaligen Zeit, sehe ich als Sinnbild für den Roman. Das schöne Detail des Büstenprofils im Titel ist sehr gelungen.

Fazit: ein sehr gut recherchierter Roman

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.02.2024

Glaube, Berufung und Hingabe

Der Ketzer von Konstanz
0

Jan Hus kämpft im 15. Jahrhundert für seine Glaubensüberzeugungen, die im Widerspruch zur katholischen Kirche stehen. Er reist nach Konstanz zum Konzil, um dort seine Botschaft vorzutragen und mit den ...

Jan Hus kämpft im 15. Jahrhundert für seine Glaubensüberzeugungen, die im Widerspruch zur katholischen Kirche stehen. Er reist nach Konstanz zum Konzil, um dort seine Botschaft vorzutragen und mit den Kirchenoberen zu diskutieren, doch er gerät unter die Räder der Machtbestrebungen des Päpste, Kardinäle und dem deutschen König.

Corinna Wolf hat einen ungewöhnlichen und tiefgründigen Roman geschrieben. Hier kämpfen die Menschen nicht allein, ihnen zur Seite stehen die hellen und dunklen Mächte. Ihre Beschreibung, ihr Handeln und Wirken sind in die Geschichte wie selbstverständlich eingewoben.

Der Schreibstil der Autorin lässt sämtliche Szenerien wie Bilder entstehen. Jan Hus' Visionen vermitteln nicht nur ihm das Gefühl, niemals allein zu sein. Hus' Überlegungen, seine Kämpfe, seine Ängste und die Versuchung, vielleicht doch zu widerrufen, stehen im Mittelpunkt dieses Romans. Hus ist sehr überzeugend, wovon nicht nur die Gemeinschaft in Prag, sondern auch die neu aufgebaute in Konstanz berichten können. An einer Stelle muss ich Hus' sonst so gut durchdachten Überlegungen jedoch widersprechen, denn ich habe diese Bibelstelle anders gelesen und interpretiert.

Anschaulich und nachvollziehbar sind die Machtkämpfe in der Kirche beschrieben, wobei nicht immer nur der Wille zur Macht eine Rolle spielen, sondern auch rein menschliche Beweggründe, wie z.B. Neid und Missgunst.

Ein Personenverzeichnis, dankenswerter Weise zu Beginn des Romans ist sehr hilfreich. Da ich nur wenig über Jan Hus weiß, hätte ich mir in einem kurzen Nachwort Informationen zu historisch nachweisbaren Fakten gewünscht. Dies auch insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Autorin einer Gruppe Christen dankt, die sich mit Jan Hus und seinem Erbe in Konstanz auseinandergesetzt hat.

Das Cover passt in Gestaltung und Farbe perfekt zum Inhalt.

Fazit: ein tiefgründiger Roman über den Glauben, über Hingabe und Mut

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.01.2024

Spannende Geschichte um einen Siegelring mit besonderen Eigenschaften

Der Felsengarten von Utgard
0

Der bekannte, inzwischen mäßig erfolgreiche Fernsehjournalist Frank Lessing übernimmt ausgesprochen ungern für seinen Sender die Expedition eines verstorbenen Kollegen ins Nordpolarmeer. Als er zum Dank ...

Der bekannte, inzwischen mäßig erfolgreiche Fernsehjournalist Frank Lessing übernimmt ausgesprochen ungern für seinen Sender die Expedition eines verstorbenen Kollegen ins Nordpolarmeer. Als er zum Dank einen Siegelring bekommt, findet seine Ex-Frau, eine ambitionierte Wissenschaftlerin Erstaunliches heraus. Die beiden suchen nach Antworten, damit geraten sie in die Machtkämpfe konkurrierender Geheimdienste und okkulter Organisationen und selbst in tödliche Gefahr.

Bernd Monath, Jahrgang 1960, ist Diplomingenieur und arbeitet im Projektmanagement. Nach Publikationen im Bereich der wissenschaftlichen Literatur und humorvoller Belletristik stellt er nach dem Thriller „BORDIOC“ mit dem vorliegenden Buch einen weiteren komplexen Roman vor. Monath lebt mit seiner Familie bei Frankfurt am Main. (Klappentext)

Der erste Teil zieht seine Spannung aus der Zusammensetzung des Fernsehteams, dessen Mitglieder nicht miteinander harmonieren. Die Frage, ob Lessing einen guten Dokumentarfilm produzieren kann, spielt keine Rolle mehr, als Lessing den sonderbaren Ring geschenkt bekommt, den er von seiner Ex-Frau untersuchen lässt. Was sie herausfindet, ist der Beginn einer gefährlichen Recherche. Nach und nach kommen weitere, gut beschriebene Protagonisten ins Spiel, die in einem Personenregister am Ende des Romans aufgeführt sind. Sie gehören verschiedenen Institutionen und Geheimdiensten an und folgen teilweise ihren eigenen Interessen. Die Beziehungen untereinander sind komplex und nicht immer leicht durchschaubar. Das hält die Spannung über den gesamten Roman hoch. Hinzu kommt, dass Bernd Monath immer mal wieder Überraschungen und ungeahnte Wendungen einbaut. Dazwischen sind viele historische, physikalische und geologische Fakten eingearbeitet, die das Gelesene verständlicher werden lassen.

Das Cover passt sehr gut zum Inhalt.

Fazit: ein spannender, gut recherchierter Roman mit historischem Hintergrund

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.01.2024

Spiel mit Klischees

Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen
0

Im Prolog zählt die Literaturagentin Nora alle Klischees auf, die in diesem Genre zu erwarten sind: junge, attraktive Sie verliert Partner, den Job, die Wohnung oder eine Kombination daraus, flüchtet an ...

Im Prolog zählt die Literaturagentin Nora alle Klischees auf, die in diesem Genre zu erwarten sind: junge, attraktive Sie verliert Partner, den Job, die Wohnung oder eine Kombination daraus, flüchtet an einen entfernten Ort, meist mit Erinnerungen oder Familienangehörigen verbunden, und findet dort ein neues Glück in einem (anderen) Beruf und endlich Mr. Right.

Emily Henry versteht es ausgezeichnet, mit diesen Klischees zu spielen, die in ihrem Roman Variationen aufweisen. Ihre Charaktere sind lebendig und authentisch beschrieben. Die toughe Literaturagentin Nora, sehr erfolgreich in ihrem Job, liebt ihre Schwester Libby über alles. Ein Leben außerhalb New Yorks kann Nora sich nicht vorstellen. Ihr Gegenüber ist der Lektor Charlie, der Bücher ebenso liebt wie Nora.
Der Schreibstil ist locker-leicht und sehr bildhaft. Einige Szenen sind urkomisch, auch wenn die Protagonisten dies in der Situation nicht unbedingt so sehen würden. Köstlich ist der Schlagabtausch zwischen Nora und Charlie, eine schöne Art zu flirten, die auch zeigt, wie gut sie sich verstehen. Emily Henry erklärt im Verlauf der Geschichte die Beweggründe ihrer Charaktere, die die gedachten Erwartungshaltungen der anderen erfüllen wollen, unabhängig von ihren eigenen Wünschen – und damit nicht immer richtig liegen. Dadurch bleibt der Roman spannend, am Ende wird eine gute Lösung gefunden.

Das Cover ist sehr verspielt und passt perfekt zum Inhalt.

Fazit: ein äußerst unterhaltsamer Roman

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.01.2024

Spannende Kriminalfälle aus Görlitz

Görlitzer Goldbroiler
0

Sechs wahre Kriminalgeschichten aus der Neißestadt hat Eveline Schulze in ihrem neuen Band vereint. Dabei handelt es sich um wahre Fälle, bei denen die Täter zur Rechenschaft gezogen wurden. Die Opfer ...

Sechs wahre Kriminalgeschichten aus der Neißestadt hat Eveline Schulze in ihrem neuen Band vereint. Dabei handelt es sich um wahre Fälle, bei denen die Täter zur Rechenschaft gezogen wurden. Die Opfer sind übrigens in allen Fällen Frauen.

Eveline Schulze, Jahrgang 1950, hat Journalistik studiert. Sie war bei der Kriminalpolizei Görlitz tätig. Seit ihrem ersten Buch, das 2007 erschienen ist, hat sie weitere Sammlungen authentischer Kriminalfälle vorgelegt. Reiseunternehmen folgen den Spuren der Autorin und besuchen die von ihr behandelten Tatorte in der Neißestadt, wo man sie die „Miss Marple von Görlitz“ nennt. (Klappentext)

Packend erzählen kann Eveline Schulze, ohne Frage. Mit dem ersten Satz jedes Falles werden die Szenerien lebendig. Der Leser erfährt viel über das Leben in der DDR, auch die Leben ihrer Täter und Opfer werden detailliert erzählt, die Beweggründe werden deutlich, was nicht heißt, dass hier Verständnis geweckt werden soll, ganz im Gegenteil. Die Autorin bleibt neutral und sachlich und wahrt so eine gewisse Distanz zum Geschehen, sei es bei dem im Klappentext genannten Verbrechen oder bei den nahezu unerträglichen Beschreibungen des Martyriums der kleinen Nadine, deren Vergehen darin besteht, dass sie ihrem Vater ähnlich sieht.
In den letzten beiden Fällen verliert sie diese Distanz jedoch etwas, was den dazugehörigen Zeitungsberichten geschuldet ist, die tatsächlich sehr speziell sind.

Der Titel bezieht sich auf die erste Geschichte, das Cover passt in meinen Augen nicht zum Inhalt.

Fazit: spannend und unterhaltsam erzählt

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere