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Veröffentlicht am 13.09.2024

Familientreffen - ein Lesehighlight

Bevor es geschah
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Elisabeth Haynes versammelt ihre vier Kinder, deren Partner und ihre drei Enkelkinder in ihrem Haus zum jährlichen Barbecue, auf das sich niemand freut. Denn nur nah außen hin wirken sie wie die perfekte ...

Elisabeth Haynes versammelt ihre vier Kinder, deren Partner und ihre drei Enkelkinder in ihrem Haus zum jährlichen Barbecue, auf das sich niemand freut. Denn nur nah außen hin wirken sie wie die perfekte Familie.

Es ist der erste Roman von Céline Spierer, der auf Deutsch erscheint. Übersetzt wurde er von Sina de Malafosse.

Auf nur 256 Seiten entfaltet Céline Spierer die Konflikte dieser Familie in einer grandiosen Art und Weise. Sie stellt jedes Familienmitglied vor, ihre Gedanken, ihre Wünsche, aber auch das jeweilige Geheimnis, das sie so sorgsam vor den anderen verbergen. Diese Geheimnisse haben es in sich, die daraus resultierende Belastung lässt sich gut vorstellen. Die Geschwister öffnen sich untereinander nicht, sie halten das Bild der heilen Welt aufrecht, das ihnen ihre Eltern vorgelebt haben.
Geschickt wechselt die Autorin die Perspektiven der Personen. Einige Szenen werden wieder aufgegriffen und aus dem Blickwinkel des anderen Familienmitgliedes gezeigt. Immer mal wieder wird deutlich, wie unterschiedlich Fremd- und Selbstbild sind. Sind die Familienmitglieder an den anderen interessiert oder haben sie sich längst mit dem Nebeneinanderherleben abgefunden? Unabhängig davon müssen sich am Ende alle fragen, ob sie das Unglück hätten verhindern können, wenn sie aufmerksamer gewesen wären.

Das Zitat von France 2 auf dem Cover verspricht nicht zu viel. Für mich ist dieser Roman eines der Lesehighlights 2024.

Das gut gestaltete Cover in passenden Farbtönen deutet auf das Unglück hin, auch wenn die Rutsche keine Rolle spielt.

Fazit: ein atmosphärisch dichter Roman mit authentischen Charakteren

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Veröffentlicht am 08.09.2024

Unheimliche Atmosphäre

Der Moormann
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Die Kunsthistorikerin Anna Bentrop mietet sich am Rande eines niedersächsischen Moores ein Häuschen, um ungestört den Katalog für eine Ausstellung zusammen stellen zu können. Leider findet sie dort nicht ...

Die Kunsthistorikerin Anna Bentrop mietet sich am Rande eines niedersächsischen Moores ein Häuschen, um ungestört den Katalog für eine Ausstellung zusammen stellen zu können. Leider findet sie dort nicht die erhoffte Ruhe, denn es häufen sich merkwürdige Todesfälle und Ereignisse. Natürlich sind mit Moor in Niedersachsen auch immer geheimnisvolle Vorgänge und schaurige Geschichten verbunden, so auch hier.

Dieser zweite Band der Reihe um Anna Bentrop ist in sich abgeschlossen und ohne Vorkenntnis zu lesen.

Die Ausstellung, deren Katalog Anna vorbereitet, trägt den Titel „Aufbruch in die Zukunft – Karten aus der Zeit Georg III.“. Damit gibt sich die Autorin selbst eine Steilvorlage für einen Krimi, der auf zwei Zeitebenen spielt: eben im 18. Jahrhundert und in der Gegenwart. Diese beiden Zeitebenen sind geschickt miteinander verwoben, denn Anna entdeckt auf den sehr detaillierten Karten Besonderheiten, die nicht nur sie interessieren. Daraus entwickelt sich ein spannender Krimi, der ein wenig „Anlauf“ braucht. Margarethe von Schwarzkopf beschreibt detailliert auch die Karten, ihre Geschichte und auch die des Kartographen Reginald Fitzgibbons, der im Auftrag des Königs unterwegs ist. Viele Fakten also ergänzen den Kriminalfall, der am Schluss aufgeklärt wird und dazu noch eine Überraschung mit sich bringt.

Die Charaktere könnten noch etwas tiefer ausgearbeitet werden. Vor allem Anna bleibt mir etwas fremd, auch wenn einiges von ihrem Leben erzählt wird. Sie ist eine ehrgeizige Kunsthistorikerin, die sich sehr gut in unterschiedliche Fachbereiche einarbeiten kann. Sichtbar wird auch ihre fehlende Menschenkenntnis. Sie könnte noch etwas tiefer ausgearbeitet werden.

Das Cover widerspiegelt die unheimliche Atmosphäre des Moores an einem nebeligen Tag sehr gut.

Fazit: ein spannender Krimi mit vielen Fakten

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Veröffentlicht am 07.09.2024

Fesselnd und unterhaltsam

Nur nachts ist es hell
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Elisabeth, die jüngste der vier Geschwister der Familie Brugger, schreibt für ihre Großnichte Christina ihre Lebensgeschichte auf. Nach ihrer Matura arbeitet sie zunächst als Lazarett-Schwester, bevor ...

Elisabeth, die jüngste der vier Geschwister der Familie Brugger, schreibt für ihre Großnichte Christina ihre Lebensgeschichte auf. Nach ihrer Matura arbeitet sie zunächst als Lazarett-Schwester, bevor sie sich ihren großen Traum erfüllt und Medizin studiert. Anschließend arbeitet sie als Ärztin, nicht nur, aber auch für Geburtshilfe.

Es ist mein erster Roman von Judith W. Taschler. Erst nach dem Lesen ist mir aufgefallen, dass es sich um den zweiten Band der Familiengeschichte nach „Über Carl reden wir morgen“ handelt. Für mich war der erste Band zum Verständnis nicht notwendig.

Judith W. Taschler nutzt die Ich-Perspektive und erzählt als Elisabeth. Das macht den Roman authentisch. Dabei wird die Chronologie nicht eingehalten, es gibt Zeitsprünge in die Vergangenheit, mitunter auch in die Zukunft. Mit hat dies ausgesprochen gut gefallen, denn genauso wird erzählt.
Es wird nicht nur ein Leben im Mühlviertel und später in Wien beschrieben, sondern auch ein Stück Medizingeschichte. Deutlich wird, wie schwer es die ersten Frauen hatten, Medizin zu studieren. Sie wurden von ihren Professoren nicht ernst genommen und teilweise diskriminiert.

Da Elisabeths Familie immer gut situiert war, stehen ihre Lebensumstände im Vordergrund. Allerdings sieht sie als Ärztin auch andere Verhältnisse, die kurz angerissen werden, insbesondere dann, wenn es um Sexualität, Verhütung, Abtreibungen und Geburtshilfe geht.

Die Familiengeheimnisse der Familie Brugger werden aufgedeckt. Nicht nur die Zwillinge Carl und Eugen teilen eines mit wenigen Familienmitgliedern, auch die Mutter Anna erzählt Elisabeth, warum sie ihren Vater Albert geheiratet hat. Und natürlich hat auch Elisabeth nicht nur eins.

Ein Stammbaum am Ende des Buches ist eine schöne Ergänzung. Ich hätte mir allerdings ein paar Lebensdaten zur besseren Einordnung gewünscht.

Das Cover zeigt das Gemälde „Going home“ von Tom Roberts. Ich finde es passend ausgewählt.

Fazit: ein fesselnd und unterhaltsam geschriebener Roman, für den ich gern eine Leseempfehlung gebe

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Veröffentlicht am 04.09.2024

Sehnsucht nach der großen Liebe

Bei der Laterne woll'n wir stehen
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Beim Lesen des Buchtitels stellt sich sofort der Ohrwurm „Lili Marleen“ ein, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Ankündigung ebenfalls auf das berühmte Lied abzielt.
Das Lied klingt im ganzen Roman ...

Beim Lesen des Buchtitels stellt sich sofort der Ohrwurm „Lili Marleen“ ein, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Ankündigung ebenfalls auf das berühmte Lied abzielt.
Das Lied klingt im ganzen Roman durch, dazu tragen auch Zeilen oder Zeilenfragmente aus dem Text bei, die einigen Kapiteln vorangestellt sind. Eine Entstehungsgeschichte des Liedes, was suggeriert wird, ist der Roman jedoch nicht.

Lili glaubt, mit Cord die große Liebe gefunden zu haben. Sie verleben unbeschwerte Tage in Paris und sind sich sehr nah. Als Cord sich entschließt, sich freiwillig zu melden, beendet Lili ihre Beziehung, weil sie dafür kein Verständnis aufbringt. Diese Entscheidung kann ich aus Lilis Sicht und mit ihrer Begründung nachvollziehen. Lili geht von Hamburg nach München und erfüllt sich ihren Traum, Sängerin zu werden.

Gunna Wendt erzählt Lilis Geschichte, beginnend mit 1914 und endend mit 1942, eingebettet in eine Rahmenhandlung 1981, in der Fassbinders Film „Lilli Marleen“ Premiere feiert.

Die Autorin lässt die Zeitgeschichte aufleben: bekannte Künstler und Literaten werden namentlich benannt und sind in die Geschichte integriert. Viele Namen werden allerdings Jüngeren kaum noch etwas sagen. Die Schauplätze sind bildhaft beschrieben. Auch die Beschreibungen von Lilis Lebensumständen als junge Sängerin während und nach dem Krieg sind lebendig. Lili ist in ihrer fiktiven Figur stimmig gezeichnet.

Cord spielt zu Beginn ein wichtige Rolle, nach der Trennung wird er nur selten erwähnt. Dennoch kann Lili ihn nicht vergessen. Als sie das Lied „Lili Marleen“ hört, fühlt sie ihre Liebe besungen. Mir stellt sich die Frage, ob Cord wirklich Lilis große Liebe ist oder ob es die Sehnsucht nach der großen Liebe ist, die hier beschrieben wird. Offensichtlich machen beide keine Versuche, sich nach dem Krieg wiederzufinden.

Das auffällig gestaltete Cover passt perfekt zum Roman und zum Titel.

Fazit: gut geschriebene Zeitgeschichte

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Ein gutes Leben? Ein gutes Leben!

Genau so, wie es immer war
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Julia Ames, Ende fünfzig, seit vielen Jahren mit Mark verheiratet, einen Sohn und eine Tochter und einen Freundeskreis – sie hat also alles, was es für ein gutes Leben braucht. Dann jedoch begegnet sie ...

Julia Ames, Ende fünfzig, seit vielen Jahren mit Mark verheiratet, einen Sohn und eine Tochter und einen Freundeskreis – sie hat also alles, was es für ein gutes Leben braucht. Dann jedoch begegnet sie zufällig einer Frau aus ihrer Vergangenheit, die Erinnerungen wach werden lässt. Nicht genug damit, gibt es gravierende Veränderungen im Leben ihres Sohnes – und damit auch in ihrem.

Claire Lombardo, Jahrgang 1989, war Sozialarbeiterin und PR-Agentin, bevor sie am renommierten Iowa Writers' Workshop studierte. Ihr Debütroman „Der größte Spaß, den wir je hatten“ wurde für den Women's Prize for Fiction nominiert. Übersetzt wurde der vorliegende Roman von Sylvia Spatz, die u.a. Bret Anthony Johnson, François Garde und Maggie Shipstead übersetzt hat. (Quelle: Klappentext)

Claire Lombardos zweiter Roman ist eine wunderbarer Familienroman, der die Geschichte einer Frau erzählt, die sich aufgrund ihrer Kindheitserlebnisse immer als Außenseiterin empfunden hat und die es auch nach vielen Jahren nicht fassen kann, dass ihr Mann sie so liebt wie sie ist. Dieser Roman fließt sehr ruhig dahin, auch wenn die Ereignisse das nicht immer sind. Die Depression, in die Julia nach der Geburt ihres Sohnes Ben fällt, ist dauerhaft. Lange findet sie keinen Weg hinaus, bis sie dann Helen kennenlernt. Die Freundschaft mit der älteren Frau verändert vieles.

Geschickt wechselt die Autorin die Zeitebenen. Beginnend in der Gegenwart, gibt es immer wieder Einschübe, in denen Julia sich zurück erinnert. Erinnerungen, die nicht immer schön sind, sondern mitunter schmerzhaft und die sie doch zu der Frau gemacht haben, die sie ist. Am Ende gibt es einen Blick in die Zukunft, so lese ich die letzten Seiten jedenfalls.

Julia wird sehr differenziert beschrieben. Auch die Mitglieder ihrer Familie sind lebendig und authentisch geschildert. In vielen Szenen können Frauen sich wiedererkennen, auch wenn die eigenen Erfahrungen völlig andere sind.

Mir haben insbesondere die Beschreibungen der Begegnungen mit Helen sehr gefallen. Die beiden so unterschiedlichen Frauen erkennen in der anderen das, was sie selbst nicht sind. Aber auch die schonungslose Erkenntnis, dass ihr Sohn Ben Julia etwas völlig anderes bedeutet als ihre Tochter Alma, ist gut nachvollziehbar. Insbesondere vor dem Hintergrund der eigenen Kindheit und Jugend und dem schwierigen Verhältnis zu ihrer Mutter. Vieles klärt sich, anderes nicht, genau so wie „im richtigen Leben“.

Claire Lombardo hat einen wunderbaren Roman darüber geschrieben, was es bedeutet, eine Frau zu sein.

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