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Veröffentlicht am 14.10.2023

Einfach nur toll

Feuerwanzen lügen nicht
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Dieses Buch habe ich in einem Rutsch durchgelesen, weil es mich so gefesselt und berührt hat. Das geht bei einem Jugendbuch mit 232 Seiten und relativ großer Schrift dann auch problemlos, zugegeben.

Die ...

Dieses Buch habe ich in einem Rutsch durchgelesen, weil es mich so gefesselt und berührt hat. Das geht bei einem Jugendbuch mit 232 Seiten und relativ großer Schrift dann auch problemlos, zugegeben.

Die Nominierung für den deutschen Jugendbuchpreis 2023 finde ich absolut gerechtfertigt. Ich bin total begeistert und habe vom Lesen noch ein paar Tränchen in den Augenwinkeln.



Worum geht es ?

Um es auf den Punkt zu bringen, es geht um Kinderarmut in diesem Buch.

Und dieses Thema wird von der Autorin sehr einfühlsam umgesetzt.

Die Geschichte wird aus Sicht von Nits ( Spitzname, da Nityananda im Alltag zu kompliziert ist) erzählt. Dieser eher ungewöhnliche Name rührt daher, dass sein Vater eine Indienreise so irrsinnig inspirierend und faszinierend fand, dass er seinen Sohn nach einem Guru benennen wollte. Seine deutsche Mutter mit indischen Wurzeln hatte nichts dagegen.

Seit Grundschultagen ist Nits eng mit Mischa befreundet. Die zwei Jungs ergänzen sich perfekt. Der hibbelige Nits, der für jeden Spaß zu haben ist und der sich gerne Sprüche in Reimform ausdenkt und der schlaue, ehrliche Mischa mit den gebügelten weißen Hemden und der geschwungenen Stirnwelle halten zusammen wie Pech und Schwefel.



Stefanie Höfler hat für ihre Geschichte sehr besondere Figuren erschaffen: Typen , Unikate, die man einfach gern haben muss.

Die Elternhäuser der Freunde sind grundverschieden. Das ahnte Nits schon immer, aber irgendwie hat er sich keine Gedanken darüber gemacht, warum er noch nie bei Mischa, seiner kleinen Schwester Amy und dessen alleinerziehenden Vater zu Hause war. Dass Mischa‘s Schulrucksack bald auseinanderfällt , fand er immer nur lässig.

Aber als er Mischa beim Lügen ertappt, ist Nits echt geschockt. Denn er hat seinen Freund immer für den ehrlichsten Menschen überhaupt gehalten.

„ Lügen ist einfach nur träumen, wie es auch gewesen sein könnte“, ist nämlich eigentlich ein Spruch von Mischa‘s etwas verrücktem Vater. Für Mischa selbst kam höchstens mal eine Notlüge in Frage. Wie geht man damit um, wenn man plötzlich entdeckt, dass die Familie des besten Freundes kaum das Nötigste zum Leben hat?

Nits möchte Mischa natürlich helfen, aber wie macht er das, ohne ihn zu beschämen?



Neben den originellen Charakteren hat mir besonders gut gefallen hat, dass die Autorin die unterschiedlichen Lebensmodelle nicht wertet.

Sie erzählt witzig und es wird auch mal spannend, weil Mischa‘s Papa auf kriminelle Abwege gerät, bedingt durch die ständige Leere im Portemonnaie und dem Wunsch seinen Kindern wenigstens einmal das Nötigste zu gönnen. Um ihn aus dieser Klemme wieder herauszuholen, werden auch Erwachsene mit ins Boot geholt. Auch das fand ich sehr gut und wichtig.

Für mich war dieses Jugendbuch wirklich rundum gelungen. Das Happy End tat der Seele gut und war ein angemessener Schluss für die empfohlene Zielgruppe von jungen Leser*innen im Alter von 11 Jahren.

Das Ziel junge Menschen für Kinderarmut zu sensibilisieren, kann mit diesem Buch auf jeden Fall gelingen. Deshalb wird es auch schon gerne in den Schulen eingesetzt.



Und weil es so nett ist, hier noch ein Beispiel von Nit‘s kleinen Reimen, die jedem Kapitel vorangestellt sind:



„ Wenn ein Mensch den anderen anlügt,

findet man das irritierend,

doch wenn Paviane lügen,

finden‘s alle faszinierend.“

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Veröffentlicht am 12.10.2023

Die Suche nach den eigenen Wurzeln

Was ich nie gesagt habe
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Ich war sehr überrascht nach Susanne Abel‘s wunderbarem Debütroman „Stay away from Gretchen“ von einer Fortsetzung zu hören, denn für mich war die Geschichte eigentlich auserzählt.

Entsprechend skeptisch ...

Ich war sehr überrascht nach Susanne Abel‘s wunderbarem Debütroman „Stay away from Gretchen“ von einer Fortsetzung zu hören, denn für mich war die Geschichte eigentlich auserzählt.

Entsprechend skeptisch und hin und hergerissen war ich, nicht sicher, ob ich den Folgeband dann wirklich lesen wollte. Doch die vielen positiven Stimmen haben mich dann doch neugierig werden lassen.

In Band 2 wird die Geschichte von Greta‘s Mann Konrad erzählt. Wir gehen zurück in dessen Kindheit (Nazizeit und 2. Weltkrieg), in der er große Verluste erleiden musste. Erzählt wird auch sein Werdegang als Arzt und seine Liebesgeschichte mit Greta.

Der heute erwachsene Sohn Tom, der sich von seinem Vater, der inzwischen verstorben ist, entfremdet hat, ist plötzlich verunsichert, was seine Herkunft angeht. Ein Halbbruder taucht auf, und es soll nicht der einzige bleiben. Seine Mutter Greta ist bei der Identitätssuche nicht hilfreich, da sie an Alzheimer erkrankt ist. Freundin Jenny, in die Tom sehr verliebt ist und mit der und dem kleinen Carlchen er sich tatsächlich vorstellen kann als Familie zusammenzuleben, engagiert sich mit Halbbruder Henk dann aber viel zu sehr in der Spurensuche und die einst harmonische Beziehung ist ernsthaft gefährdet. Tom hat große Angst dass ihn das Familiengeheimnis zerstören könnte und gerät regelrecht in Panik. ( Der Plottwist ist dann auch wirklich nicht ohne!)



Auch der 2. Teil der Reihe konnte mich wieder fesseln und begeistern, wenn mir auch Band 1 ein kleines bisschen besser gefallen hat. Besonders interessant war für mich wieder der historische Teil. Man kann die Entwicklung von Greta und auch von Konrad nach den erlebten Traumata gut nachvollziehen.

Herzerwärmend war der Umgang von Greta in der Heutezeit mit dem kleinen Carl. Jeden Tag aufs Neue wurde er mit einem „ Ja, wen haben wir denn da?“ begrüßt und auf dem Schoß der alten Dame mit dem gleichen Kinderlied unterhalten. Da kleine Kinder Wiederholungen lieben, eine liebevolle Win Win Situation. Auch Tom und Jenny gehen toll mit der Erkrankung von Tom‘s Mutter um.



Die Autorin hat ausführlich recherchiert und viele historisch belegte Ereignisse in den Roman einfließen lassen.

Der Schreibstil war wieder fesselnd und warmherzig. Je weiter man in der Geschichte vorangeschritten ist, desto weniger wollte man es zur Seite legen.



Ich hoffe, dass die Autorin noch weitere tolle Familiengeschichten schreiben wird und empfehle diesen Roman sehr gerne weiter.

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Veröffentlicht am 09.10.2023

Frau sein in Südkorea heute - Ein Augenöffner- Buch

Kim Jiyoung, geboren 1982
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Dieses recht schmale Buch liest sich flott und ist in einem sehr sachlichen Ton geschrieben. Es beschreibt anhand eines Beispiels, nämlich dem von Frau Jiyoung, die mit ihrem typischen Allerweltsnamen, ...

Dieses recht schmale Buch liest sich flott und ist in einem sehr sachlichen Ton geschrieben. Es beschreibt anhand eines Beispiels, nämlich dem von Frau Jiyoung, die mit ihrem typischen Allerweltsnamen, stellvertretend für alle Südkoreanerinnen steht, wie es sich als Frau heute in ihrem Land lebt.

Entgegen der rasanten industriellen Entwicklung von Südkorea hinkt das Land gesellschaftlich noch weit hinterher.Südkoreanerinnen lassen früh das Geschlecht ihres Babys bestimmen und entscheiden sich bei einem Mädchen immer noch oft, dieses nicht zu bekommen. Frauen sind in vielerlei Hinsicht benachteiligt, haben mit Sexismus zu kämpfen und haben eigentlich keine Chance ihren Beruf weiter auszuüben, wenn sie Mutter geworden sind.

Dieses Buch führte zu Massenprotesten und es bleibt zu hoffen, dass es dazu beiträgt, dass sich die Situation für die Frauen in Südkorea endlich verbessert.



Den Anfang fand ich etwas verwirrend, denn wir erfahren, dass unsere Protagonistin eine Persönlichkeitsstörung erlitten hat. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr sie selbst. Ein Psychiater rollt in den folgenden Kapiteln ihren Lebensweg von der Geburt 1982 bis in die Heutezeit auf.



Ich fand es interessant zu erfahren, wie schwer es junge Frauen in Südkorea auch heute noch haben, und es verwundert fast, dass sie sich nicht schon viel eher gegen dieses patriarchalische und sexistische System gewehrt haben. Es wäre schön, wenn dieses Buch einen Beitrag zum Umdenken geben könnte und die Frauen eine echte Chance auf Verbesserung ihrer Situation bekämen. Ein kleiner Kritikpunkt ist für mich die sehr einfache und sachliche Sprache. Ein bisschen mehr sprachliche Finesse hätte mir schon gut gefallen. Andererseits hat die Autorin vielleicht auch bewusst auf komplizierte Sätze verzichtet, um Frauen in allen Bildungsschichten zu erreichen.

Die Missstände, die in dem Buch beschrieben werden, sind für die Leser*innen hierzulande nicht weltbewegend neu. Ungleichbehandlungen von Frauen und Sexismus finden auch bei uns statt, wenn auch nicht in dem Maße. Um die Sprengkraft dieses Buches ganz nachvollziehen zu können, müsste man wahrscheinlich tiefer mit den gesellschaftlichen Strukturen des Landes vertraut sein.


Ich empfehle den Roman gerne weiter. Das Buch war für mich kein Highlight aber durchaus lesenswert und interessant.

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Veröffentlicht am 29.09.2023

Herzzerreißend

Als die Welt uns gehörte
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Die Geschichte beginnt in Wien 1936. Leo feiert den 9.Geburtstag mit seinen besten Freunden Elsa und Max. Leo‘s Vater spendiert sogar eine Riesenradfahrt auf dem Prater. Leo ahnt nicht, dass eine Ungeschicklichkeit ...

Die Geschichte beginnt in Wien 1936. Leo feiert den 9.Geburtstag mit seinen besten Freunden Elsa und Max. Leo‘s Vater spendiert sogar eine Riesenradfahrt auf dem Prater. Leo ahnt nicht, dass eine Ungeschicklichkeit , durch die die Freunde ein nettes englisches Ehepaar kennenlernen ihm einmal das Leben retten wird.

Dieses letzte unbeschwerte Zusammensein wird festgehalten auf einem Erinnerungsfoto die die 3 Freunde in den kommenden grausamen Zeiten an einen Glücksmoment ihrer Kindheit erinnern wird.

Aus den Perspektiven von Elsa, Leo und Max erfahren wir von der Machtergreifung Hitler‘s und den unmittelbaren Folgen für ihre jungen Leben. Für ihre Schulfreundschaft hatte es nie eine Rolle gespielt, dass sowohl Elsa als auch Leo jüdische Kinder waren. Für Max, der sich mit anderen Kindern schwertat, waren die beiden wahre Freunde, die ihn akzeptierten wie er war.

In der neuen Zeit ändert sich alles. Nicht nur werden die Freunde auseinandergerissen. Den Juden werden auch in Wien immer mehr Rechte aberkannt. Max Vater ist ein überzeugter Nazi der 1. Stunde und sein Sohn möchte doch so gern die Anerkennung seines Vaters erlangen.



Die Autorin, die in diesem für den deutschen Jugendbuchpreis nominierten Jugendroman auch die Geschichte ihres Vaters verarbeitet, erzählt sehr berührend nicht nur über die unfassbaren Grausamkeiten, die man nichtarischen Menschen angetan hat, sondern auch wie junge Menschen in die Fänge eines menschenverachtenden Regimes geraten konnten.

Die Geschichte ist psychologisch sehr einfühlsam erzählt. Besonders Elsa hat mich schwer beeindruckt, wie sie trotz den furchtbaren Dingen, die ihr tagtäglich widerfahren immer noch versucht etwas Positives für den Tag herauszufiltern.

Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen des Holocausts. Deshalb sind Bücher wie diese, auch wenn sie schwer und beklemmend zu lesen sind so unglaublich wichtig, damit sich die Geschichte nicht wiederholt.



Dieses Jugendbuch schafft es durch die einfühlsame Erzählweise und die jungen Protagonisten , dass sich gerade junge Leser gut mit den Figuren identifizieren können.

Von mir gibt es 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 24.09.2023

Enttäuschend

Das Flüstern der Bäume
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Mit großen Erwartungen und voller Vorfreude habe ich diesen Roman begonnen, der so gar nicht halten konnte, was er versprach.

Zunächst habe ich mich wirklich schwer getan in das Buch hineinzufinden. Außerdem ...

Mit großen Erwartungen und voller Vorfreude habe ich diesen Roman begonnen, der so gar nicht halten konnte, was er versprach.

Zunächst habe ich mich wirklich schwer getan in das Buch hineinzufinden. Außerdem gibt es in diesem Mehr - Generationen - Roman wirklich riesige Zeitsprünge. Die Geschichte beginnt in der Zukunft 2038, springt dann in die vorherige Generation 2008, geht weiter zurück ins Jahr 1974 und schließlich 1934 , bevor wir uns von dort aus wieder in die Zukunft vorarbeiten und mit dem Jahr 2038 das Buch beenden. Ich empfand das Buch als sehr anstrengend, definitiv zu langatmig, die Sprache leider oft hölzern, aber das Schlimmste, total unglaubwürdig.

In „Das Flüstern der Bäume“ geht es um verschiedene Generationen einer Familie, die alle eine enge Verbindung zu den Bäumen in ihrem Lebensumfeld hatten. Das Buch beginnt mit der Illustration der Jahresringe eines Baumriesen. Die Idee das Leben von Bäumen, die sich unterirdisch mit ihrem Wurzelsystem verbinden mit Familienverbunden zu vergleichen, fand ich originell und eigentlich ganz spannend.

Zu Beginn des Buches sind Bäume tatsächlich fast ausgestorben. Die wenigen verbliebenen Exemplare gibt es auf einer Insel, auf der Jacinda (Jake) Greenwood als Naturführerin reichen Touristen (Pilger) die Baumriesen in Führungen näherbringt. Über ihre Familie weiß Jake so gut wie nichts. Sollte sie wirklich mit dem Holzmagnaten Greenwood verwandt sein, wie ein Anwalt vermutet oder ist die Namensgleichheit Zufall, wie sie selber es glaubt? Ihr Vater Liam hatte auch mit Holz zu tun. Er war Zimmermann und ist bei einem „Arbeitsunfall“ früh verstorben.

Mit den Sprüngen in die Vergangenheit erfahren wir als Leser eine mehr als hanebüchene Familiengeschichte, bei dem der Autor nichts ausgelassen hat. Da findet ein Vorfahr von Jacinda ein Neugeborenes Baby an einem Ahornbaum hängend, rettet es, wird aber selber gejagt und schmeißt es zwischendurch mal aus dem Zug und ähnliches. Das Baby überlebt. Auch ein paar Tage ohne Nahrung überlebt dieses Wunderbaby ebenfalls problemlos.

Ein Tagebuch, dass bei einem Wirbelsturm zusammen mit einer ganzen Bibliothek durch die Luft geschleudert wird, taucht später wieder auf.

Es gibt viele Beispiele mehr, bei denen sich beim Lesen die Nackenhaare aufstellen.


Die Grundidee fand ich nicht schlecht, leider hat mich die Umsetzung , die Sprache und die sehr unglaubwürdige Geschichte mit vielen Logiklücken sehr enttäuscht.

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