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Veröffentlicht am 23.08.2017

Lässt einen zurück mit der Frage nach der Wahrheit in der Fiktion

Die Päpstin
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Johanna weiß von klein auf, dass sie nicht dem Schicksal der Frauen ihrer Zeit folgen will. Sie will nicht hinter dem Herd enden als Untergebene eines Ehemannes, das lebt ihr schon ihre heidnische Mutter ...

Johanna weiß von klein auf, dass sie nicht dem Schicksal der Frauen ihrer Zeit folgen will. Sie will nicht hinter dem Herd enden als Untergebene eines Ehemannes, das lebt ihr schon ihre heidnische Mutter so vor. Doch lernen kann sie auch nur im Geheimen, wenn keiner sie sieht, denn ihr Vater, der Pfarrer ist, würde sie aufs Härteste bestrafen. Doch wie das Schicksal es will, schafft es Johanna nach und nach, eben doch ein großes Maß an Bildung zu erlangen. Dies gelingt ihr unter anderem wegen ihrer Verkleidung als Mann. Und ehe Johanna es sich versieht, ist sie nicht länger der engste Berater des Kirchenoberhaptes, sondern der Papst selbst...

Die Geschichte der Päpstin ist eine Legende. Bis heute scheiden sich die Geister an der Frage nach der Wahrheit hinter der Legende. Auch Donna W. Cross lässt uns mit der Frage zurück, ob es eine Päpstin gegeben haben kann und referiert in ihrem Nachwort detailliert die Argumente die dafür und dagegen sprechen. Als Leser bleibt man zurück und weiß nicht, ob man es glauben kann, dabei möchte man nichts sehnlicher: Man möchte glauben, dass es in einer so düsteren Zeit möglich war, als Frau den Aufstieg zu schaffen. Dass der Wille und der Ehrgeiz ein kleines Mädchen dazu bewogen, alles aufzugeben für das eine große Ziel. Man schließt Johanna in ihr Herz und kann kaum glauben, durch welche Schicksalsschläge sie hindurchgerät und wie unbeschadet sie immer wieder davonkommt und schließlich völlig unerwartet selbst die größte Würde erlangen kann, die ein Gläubiger sich vorstellen kann. Und noch viel mehr: Man möchte als Leser glauben, dass es so gute Menschen immer gab und immer geben wird! Menschen, die den Erwartungen der Gesellschaft widerstehen und sich dafür einsetzen, dass unsere Erde zu einem besseren Ort wird, ganz egal ob im Namen des Herrn oder einfach nur aus Glauben an die Menschlichkeit. Ein Buch, das einen hoffend zurücklässt.

Leider war der Schreibstil doch recht mühsam und immer wieder werden lateinische Phrasen eingeworfen, was das Lesen zusätzlich erschwert. Am ganzen Stil erkennt man, dass Cross keine Romanautorin ist, sondern sich in der Regel mit eher trockeneren Wissenschaft befasst. So sind auch die Ereignisse aus Johannes Leben nicht immer sehr lebhaft beschrieben oder haben selten runde Übergänge. Immer wieder frägt man sich nach größeren Zeitsprüngen, wann genau man sich jetzt eigentlich befindet und was seither geschehen ist. Auch die Fülle an Namen ist oft schwer zu überblicken und die philosophischen und religiösen Diskussionen kann man nicht einfach herunterlesen.

Fazit: Die Päpstin ist ein Roman, der den Leser zurücklässt mit der Hoffnung auf das Gute, mit der Bewunderung für eine unglaubliche Frau und der Unsicherheit, ob dies alles so geschehen sein kann. Gleichzeitig ist der Roman leider keine seichte Bett-Lektüre, denn der Schreibstil ist recht zäh und gespickt mit theologischen und philosophischen Diskussionen.

Veröffentlicht am 27.07.2017

Grundstory super, hat aber leider so seine Längen

AchtNacht
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Ben ist völlig am Ende: Die Ehe im Eimer, die Karriere verpasst und jetzt hat sich auch noch seine geliebte Tochter versucht das Leben zu nehmen. Doch plötzlich ändert sich alles, denn Ben muss aus seiner ...

Ben ist völlig am Ende: Die Ehe im Eimer, die Karriere verpasst und jetzt hat sich auch noch seine geliebte Tochter versucht das Leben zu nehmen. Doch plötzlich ändert sich alles, denn Ben muss aus seiner Opferrolle schlüpfen und für die aktiv werden, die er liebt. Denn er ist einer der beiden Nominierten der "AchtNacht", einem Spiel, bei der er eine Nacht lang absolut vogelfrei ist - und auf seinen Kopf stehen 10 Millionen Euro...

Natürlich regt das Buch zum Anregen an. Schließlich fragt man sich immer, ob sowas in unserer Welt möglich wäre. Doch sicher nicht, so aufgeklärt und schlau wir sind! Sicher!!? Allerdings fehlt mir für diesen Aspekt etwas die Beispielhaftigkeit. Im Buch geht es doch mehr um die breite Masse, die aus reiner Wut und aus Spaß hinter den beiden her ist, aber in der Realität hätte so ein "Spiel" sicher noch andere Komponenten: Menschen, die sich aus Verzweiflung daran beteiligen beispielsweise oder Menschen, die zufällig versuchen zu agieren...Die breite Masse ist mir hier nicht individuell genug und etwas zu stereotyp für den blinden Social-Media-Nutzer...

Ich kannte "The Purge" nicht und deshalb war die Story neu für mich. Und mich hat sie echt überzeugt! Genau mein Geschmack: Eine abstruse Hetzjagd und der Wahnsinn der menschlichen Rasse. Auch die Figuren konnten mich überzeugen: Sowohl die Hauptfiguren Ben und Arezu als auch die Nebenfiguren. Bei denen war vor allem das Tolle, das ich wirklich keine Ahnung hatte, wer es gewesen sein könnte!! Wirklich toll gemacht. Nur leider wurde mir die Hetzjagd dann irgendwann etwas zu langatmig und abstrus. Und das finde ich bei einem Thriller ätzend!
Das Ende hat mir gut gefallen! War nochmal so eine kleine Wendung, die ich immer ganz nett finde. Aber tatsächlich hat das Ende gleichzeitig diese sehr kitschige Note...

Also alles in allem eine spannende Story, die bis zum Schluss spannend bleibt, sich aber immer wieder etwas zieht.

Veröffentlicht am 19.07.2017

Außergewöhnlich!

Raum
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Der kleine Jack kennt nichts anderes, als den 16 qm großen Raum, in dem er geboren und aufgewachsen ist. Hier hat er seine Freunde: Tisch, Schrank, Bett, Zudeck und natürlich das Mädchen im Fernseher, ...

Der kleine Jack kennt nichts anderes, als den 16 qm großen Raum, in dem er geboren und aufgewachsen ist. Hier hat er seine Freunde: Tisch, Schrank, Bett, Zudeck und natürlich das Mädchen im Fernseher, Dora. Und seine Mama. Aber als Jack 5 Jahre alt wird, erzählt ihm seine Mama, dass es noch ein "Draußen" gibt, dass "Raum" nicht alles ist, was existiert. Sie erzählt ihm, dass sie von einem bösen Mann entführt wurde und seither in Raum lebt. Es ist an der Zeit, zu fliehen...

Ein wirklich außergewöhnliches Buch! Schon lange habe ich kein Buch mehr gelesen, das ich nicht mehr beiseite legen konnte.

Die Erzählperspektive ist zunächst recht gewöhnungsbedürftig: Erzählt wird aus der Sicht von Jack. Dazu wählt Emma Donoghue auch die Sprache eines Fünjährigen, einfach und grammatikalisch nicht immer ganz korrekt. Wenn man sich daran gewöhnt hat, stört das aber überhaupt nicht mehr. Vielmehr macht das gerade das Besondere des Buches aus! Denn Emma Donoghue schafft es auf bemerkenswerte Weise, die Sichtweise eines Kindes auf eine ihm völlig fremde Welt einzufangen, die - herausgerissen aus der Gewohnheit und der Routine, wie wir die Welt sehen - völlig befremdlich ist. Stellenweise beginnt man, die Dinge zu hinterfragen, denn Jack deckt die Scheinheiligkeit und die Oberflächlichkeit unseres Lebens schonungslos auf und führt sie uns vor Augen. Mitleid mit dem Jungen kommt dabei kaum auf, denn letztendlich findet er sich wunderbar zurecht.

Emma Donoghue ist mit diesem Werk ein außergewöhnliches Meisterwerk gelungen, das schonungslos die Widersprüche unseres Lebens aufdeckt und den Leser dabei in die längst vergessene Weltsicht eines Kindes rückt - eines Kindes, das gar nicht wunderbarer sein kann und das trotz der Dinge, die ihm passiert sind, für seine besondere Weltsicht zu beneiden ist. Ich bezweifle, dass für einen Charakter wie Jack die Welt jemals so selbstverstädnlich sein könnte, wie sie es für uns ist...

Veröffentlicht am 18.07.2017

Unterhaltsamer Krimi mit leider unsympatischen Ermittlern

Kalter Grund
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Auf einem entlegenen Hof wird eine ganze Familie erschossen aufgefunden. DIe Ermittlerin Pia soll herausfinden, was passiert ist, und erfährt so einiges über das scheinbar ruhige und besinnliche Dorfleben. ...

Auf einem entlegenen Hof wird eine ganze Familie erschossen aufgefunden. DIe Ermittlerin Pia soll herausfinden, was passiert ist, und erfährt so einiges über das scheinbar ruhige und besinnliche Dorfleben. Doch auch wenn sie sich alle Mühe gibt und auch wenn es viele Menschen im Dorf gibt, die ein Motiv gehabt hätten, so scheint die Lösung des Falles doch noch weit entfernt...

Die Handlung war ganz gut. Nicht überragend spannend oder neuartig, aber eine ganz gelungene und klassische Krimi-Handlung: Mord ist geschehen, Ermittler soll herausfinden, wer der Täter ist und erfährt dabei so manche Überraschung. Die Auflösung war recht überraschend, also bis dahin ein guter Krimi.
Die Sprecherin war auch in Ordnung, auch wenn mich etwas gestört hat, dass sie manche Worte etwas verschluckt hat. Ich musste beispielsweise oft überlegen, wer denn eigentlich "Pierre" ist, dabei ging es um die Ermittlerin "Pia"...
Was mir aber gar nicht gefallen hat, war die Hauptermittlerin Pia. Zum einen ist es nervig, wie sie sich von ihren Kollegen auf der Nase herumtanzen lässt. Zum anderen leben wir nicht mehr in einer Zeit, in der diese diskriminierenden Klischees und die Geschichte der Frau, die sich im Job durchsetzen muss, etwas Neues wäre. Dann war die Nebenhandlung mit ihrem Freund und ihrem Partner (natürlich ist es der Partner! Und der kann sich ja auch noch so doof benehmen, mit dem muss man in die Kiste steigen...) ist auch etwas unplausibel. Diese zwischenmenschlichen Beziehungen wirken sehr künstlich und haben meiner Meinung nach den einzigen Zweck, eine Fortsetzung oder - wie der Untertitel vermuten lässt - sogar eine Reihe zu legitimieren...

Alles in allem eine gute Geschichte, solider und klassischer Krimi, leider mit sehr unsympatischem und klischeehaften Personal.

Veröffentlicht am 18.07.2017

Leider etwas oberflächlich erzählt und sehr vorhersehbar

Die Wanderhure
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Konstanz 1410: Marie, Tochter eines angesehenen Kaufmannes, soll mit Ruppert Splenditus verheiratet werden. Doch dieser hat nur das Vermögen ihres Vaters im Sinne. Er lässt Marie wegen Unzucht aus der ...

Konstanz 1410: Marie, Tochter eines angesehenen Kaufmannes, soll mit Ruppert Splenditus verheiratet werden. Doch dieser hat nur das Vermögen ihres Vaters im Sinne. Er lässt Marie wegen Unzucht aus der Stadt werfen. Ihr bleibt nur eine Wahl: Sie muss sich als Wanderhure ihren Lebensunterhalt verdienen und ihre Vergangenheit hinter sich lassen. Doch das ist nicht so einfach, denn sie kann nicht vergessen, was ihr angetan wurde...

Mir war mal wieder nach was Historischem, und da die berühmt-berüchtigte Wanderhure nun schon etliche Zeit bei mir herumsubt, habe ich mich nun dran gewagt. Leider war ich ziemlich enttäuscht! Normalerweise lasse ich mich gerne in die ferne Zukunft entführen und mich in die unbekannte Welt der RItter und Edeldamen entführen. Auch die Ränkeschmiederei ist für mich fester Bestandteil solcher Bücher. Doch dieses war mir einfach viel zu oberflächlich und zu schnell erzählt. Die Begebenheiten sind viel zu vorhersehbar. Nach der Hälfte des Buches kommt schon gar keine Spannung mehr auf, weil die Zufälle, die zueinanderführen, viel zu schnell erzählt werden. Wirklich raffiniert ist der Plot deshalb leider nicht und hat mich dementsprechend enttäuscht. Die Hauptfigur Marie war mir sehr unsympatisch!! Ich kann mir eher nicht vorstellen, dass eine Hübschlerin im Mittelalter sich den Mächtigen und Reichen so gegenüber benhemen konnte! Auch ihr Wesenswandel, nachdem sie sich entscheidet, eine Wanderhure zu werden und sich zu rächen, finde ich nicht ganz nachvollziehbar. Ich denke, wenn man so erzogen wurde wie sie, dann kann man alte Gewohnheiten und Wesenszüge nicht vollständig ablegen. Sie aber wird zu einer völlig neuen Figur.
Die Nebenfiguren hingegen waren mir recht sympatisch. Vor allem Hiltrud mochte ich sehr gerne und Frau Mechthild.