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Veröffentlicht am 15.09.2016

Witzig und charmant - Petra Hülsmann hat sich noch einmal selbst übertroffen!

Glück ist, wenn man trotzdem liebt
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Isabelle liebt ihren Job im Blumenladen. Und sie liebt Routine. Seit elf Jahren hat sie jeden Mittag eine Suppe bei Mr Lee gegenüber gegessen. Doch nun hat dort das Thiels eröffnet, ein schickes und überhaupt ...

Isabelle liebt ihren Job im Blumenladen. Und sie liebt Routine. Seit elf Jahren hat sie jeden Mittag eine Suppe bei Mr Lee gegenüber gegessen. Doch nun hat dort das Thiels eröffnet, ein schickes und überhaupt nicht asiatisches Restaurant. Statt Nudelsuppe will man sie dort nötigen, Mangold oder Spargel zu probieren. Ein absolutes No Go für Isa, das gleich zu erhitzten Diskussionen mit dem Restaurantbesitzer Jens führt. Nie wieder wird sie einen Fuß ins Thiels setzen! Diesen Vorsatz bricht Isa aber dank Jens‘ dickköpfiger Halbschwester Merle schon nach kurzer Zeit. Bald muss sie sich fragen, ob sie ihren ersten Eindruck von Jens doch noch einmal überdenken will. Aber wann wird sie endlich einem Mann begegnen, bei dem es schon im ersten Augenblick BÄMM macht?

Ich habe mich riesig auf das inzwischen dritte Buch aus der Feder von Petra Hülsmann gefreut. Die Buchbeschreibung hat mich sofort neugierig gemacht. Ich war gespannt, die strukturierte Isabell kennenzulernen und zu erfahren, wie sie auf den Bruch in ihrer Routine reagiert. Das ist auch gleich auf den allerersten Seiten Thema, denn ihre Chefin animiert sie, statt der Fertigsuppe zum Mittagessen dem neuen Restaurant wenigstens mal eine Chance zu geben.

Das erste Aufeinandertreffen von Isabell und Jens hat mich bestens unterhalten können. Isabelle präsentiert sich von ihrer starrsinnigsten, hochnäsigsten Seite und versucht, Jens begreiflich zu machen, dass der Kunde doch König ist und er ihr nun bitte eine Nudelsuppe machen soll. Herrlich! Jens bleibt bei der ganzen Sache total gelassen und hat sich damit meine Sympathien gleich sichern können. Doch auch Isabelle mit all ihren kleinen Macken ist mir schnell ans Herz gewachsen. Jedes Aufeinandertreffen dieser beiden so unterschiedlichen Personen hat großen Spaß gemacht und ich las mich gut gelaunt durch die Seiten in der Hoffnung, dass es möglichst bald zur nächsten gemeinsamen Szene kommen wird.

Parallel zu ihren Wortgefechten mit Jens begibt sich Isabelle auf die Suche nach der großen Liebe. Kann der Friedhofsgärtner Tom ihr Herz gewinnen? Oder ist sie der Person, bei der es BÄMM macht, schlichtweg noch nicht begegnet? Eine große Rolle spielt außerdem ihre Arbeit im Blumenladen. Hier lebt sie ihre Kreativität nicht nur beim Binden von Sträußen aus, sondern setzt beim Upcycling alter Dinge immer wieder neue Deko-Ideen in die Tat um. Wie gerne würde sie den Laden eines Tages übernehmen! Aber kann sich der kleine Laden gegen die wachsende Konkurrenz behaupten?

Mir hat die allmähliche Wandlung, die Isabelle dank vieler so von ihr nicht geplanter Ereignisse durchmacht, sehr gefallen. Sie lernt, dass man sich auch mal auf etwas Neues einlassen und alte Gewissheiten über Bord werfen muss. Die Vorhersehbarkeit der Handlung konnte meine Lesefreude nicht im Geringsten trüben. Die Geschichte ist so unterhaltsam und herzerwärmend geschrieben, dass ich einfach nicht genug bekam und sie beinahe in einem Rutsch durchgelesen habe. Nicht unerwähnt bleiben soll das erneute Auftreten von Knut – diesmal in einer noch bedeutenderen Rolle, jippieh! Auch kann ich euch versichern, dass ihr während und nach der Lektüre das dringende Bedürfnis nach einem schokoladigen Dessert nicht loswerdet. Bis hin zum filmreifen Ende wurde ich durch viele kleine schöne Dinge unterhalten, die dieses Buch zu meinem neuen Liebling von Petra Hülsmann und einem echten Lesehighlight gemacht haben.

„Glück ist, wenn man trotzdem liebt“ erzählt in leichtem Ton die Geschichte von Isabelle, deren tägliche Routine durch die Eröffnung eines neuen Restaurants nebenan durcheinandergewirbelt wird. Petra Hülsmann erzählt mit Witz und Charme und lässt die Protagonistin eine Entwicklung durchlaufen, die zu begleiten mir als Leserin großen Spaß gemacht hat. Mit diesem Buch hat Petra Hülsmann sich noch einmal selber übertroffen, weshalb es von mir eine riesengroße Leseempfehlung gibt!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Taucht ein ins Jahr 1878, ein ungewöhnliches Abenteuer erwartet Euch!

Devil's River
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Die Studentin Eve, die ihrer Großmutter Lizzy schon immer nahe stand, erfährt bei deren Testamentseröffnung, dass sie nicht wie alle anderen Familienmitglieder nur einen Teil des Vermögens erbt. Stattdessen ...

Die Studentin Eve, die ihrer Großmutter Lizzy schon immer nahe stand, erfährt bei deren Testamentseröffnung, dass sie nicht wie alle anderen Familienmitglieder nur einen Teil des Vermögens erbt. Stattdessen hat ihr Lizzy ihr Haus in Notting Hill gemeinsam mit zwei Schlüsseln vermacht. Der erste öffnet die Haustür, doch was hat es mit dem schweren Messingschlüssel auf sich? Eve begibt sich auf die Suche und findet eine Truhe, in der Lizzy ihr neben zahlreichen rätselhaften Dingen eine Geschichte hinterlassen hat. In dieser hat sie einen Teil der Familienchronik niedergeschrieben über die Zeit, als ihre Vorfahren in Nordamerika lebten. Eve versinkt im Nu zwischen den Seiten und reist ins Jahr 1878, wo sie eine höchst brisante Geschichte erwartet: Während der Frauenmörder Nathan Blake unter Hochdruck gesucht wird, muss die Indianerin River feststellen, dass sich in ihrem Dorf etwas Schreckliches zugetragen hat. Bald sollen sich ihre Wege kreuzen…

Zu Beginn der Geschichte ist ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1928 abgedruckt, in dem rückblickend über den Fund hunderter Schädel auf dem Gipfel des Mont Tremblant im Jahr 1878 berichtet wird. Der Artikel erwähnt außerdem, dass der Fund mit einem mysteriösen Ereignis in Verbindung stand. Ich war neugierig, ob ich während der Geschichte mehr darüber erfahren würde. Erst einmal springt die Erzählung jedoch in die Gegenwart, wo ich Eve kennen lernte und mit ihr nach wenigen Seiten in die Geschichte ihrer Großmutter und damit ins Jahr 1878 abtauchte.

Eve tritt recht schnell in den Hintergrund, denn sie bildet nur den Rahmen für die Geschichte rund um die Indianerin River und den Mörder Nathan Blake. Deren Erzählstränge sind lange Zeit getrennt voneinander. Zum einen lernt der Leser River als Heilerin kennen, die auf der Suche nach Medizin ihr Dorf verlässt und bei ihrer Rückkehr feststellen muss, dass etwas Schreckliches geschehen ist. Sie ist eine selbstbewusste und starke Frau, die weiß, was sie will, und die ich schnell zu bewundern lernte. Zum anderen wird der Leser Zeuge der Jagd auf Nathan Blake. Hier wird sowohl aus der Perspektive von Deputy Scott Preston berichtet, einem Verfolger Nathans, als auch aus der Perspektive Nathans selbst. Durch Scotts Augen sieht man die Spur des Grauens, die Nathan hinterlässt und hofft gemeinsam mit ihm, dass der Mörder bald dingfest gemacht wird. Nathan selbst beschönigt seine Taten zwar nicht, doch mit seiner sympathische Art und seinem messerscharfen Verstand wirbt er stark um Sympathie, die ich ihm nur verweigern konnte, weil ich Scotts Wissen teilte.

Die Jagd auf Nathan führt immer wieder zu gefährlichen Szenen. Gleichzeitig fand ich es interessant, von River mehr über indianische Bräuche, die Kunst des Heilens und die düsteren Mythen ihres Stammes zu erfahren. Auch ihre Situation spitzt sich bald zu, was mich gemeinsam mit ihr bangen ließ. So blieb mein Interesse erhalten, auch wenn sich Rivers und Blakes Wege erst relativ spät kreuzen. Danach wird die Geschichte noch brisanter und interessanter. Inwiefern kann man seinem Herz und seinem Verstand trauen? Den Leser erwarten zahlreiche mysteriöser Ereignisse, bei denen jeder selbst beurteilen muss, was er gerade miterlebt hat, außerdem emotionale Momente und verwirrende Gefühle. Zwar war die Geschichte ab einem gewissen Punkt sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart vorhersehbar, das hat den Unterhaltungswert aber kaum gemindert. Der Abschluss hat mich absolut zufriedengestellt. Er gibt Interpretationsspielraum, lässt aber gleichzeitig keine Fragen offen, deren Beantwortung ich mir dringend gewünscht hätte.

„Devil’s River“ ist ganz sicher kein Thriller im üblichen Sinn. Der Leser taucht tief ins Jahr 1878 ein, wo aus verschiedenen Perspektiven zum einen die Jagd auf einen Mörder geschildert wird und zum anderen eine Indianerin herausfinden möchte, was ihrem Stamm zugestoßen ist. Neben einer bedrohlichen Atmosphäre und gefährlichen Highlights erwartet den Leser auch eine große Portion Mystik, die Interpretationsspielraum lässt. Mit hat diese ungewöhnliche Geschichte großen Spaß gemacht, weshalb ich sie gerne weiterempfehle. Überquert den Fluss des Teufels und macht euch auf ins Abenteuer!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Taucht ein ins faszinierende Rio de Janeiro der Gegenwart und Vergangenheit!

Die sieben Schwestern
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Maia ist zwar die älteste von sechs Schwestern, lebt aber als einzige noch immer in ihrer Heimat „Atlantis“, einem Anwesen am Genfer See. Sie besucht gerade eine Freundin in London, da meldet sich ihre ...

Maia ist zwar die älteste von sechs Schwestern, lebt aber als einzige noch immer in ihrer Heimat „Atlantis“, einem Anwesen am Genfer See. Sie besucht gerade eine Freundin in London, da meldet sich ihre Ersatzmutter Marina mit der schrecklichen Nachricht bei ihr, dass ihr Adoptivvater Pa Salt plötzlich verstorben ist. Wie auch ihre Schwestern reist sie schnellstmöglich nach Atlantis, um dort seinen letzten Willen zu erfahren. Jeder Adoptivtochter hat Pa Salt Hinweise auf ihre Herkunft hinterlassen, denen sie folgen können, wenn sie dies möchten. Maia zögert kurz, folgt dann aber den Hinweisen nach Rio de Janeiro. Dort findet sie eine heruntergekommene Villa, in der man nicht mit ihr reden möchte. Doch so schnell gibt Maia nicht auf. Gemeinsam mit ihren Bekannten Floriano recherchiert sie und taucht schon bald in die 1920er Jahre und die berührende Geschichte ihrer Vorfahrin Izabela ein…

Als ich hörte, dass „Die sieben Schwestern“ der Auftakt einer Reihe ist, die sieben Bände umfassen soll, war ich zunächst skeptisch. Möchte ich so eine lange Reihe wirklich beginnen? Als ich dann aber hörte, dass sich dieser erste Band nur um eine der Schwestern dreht, siegte meine Neugier auf Lucinda Rileys neuestes Werk.

Zu Beginn der Geschichte lernt man die sechs Schwestern kennen, die aufgrund des Todes ihres Adoptivvaters nach Atlantis zurückkehren. Warum es sich entgegen des Buchtitels nur um sechs und nicht um sieben Schwestern handelt wird früh angedeutet und legt die Vermutung nahe, dass den Leser hier wohl ein bänderübergreifendes Geheimnis erwartet. Die sechs Schwestern verbringen nur eine kurze Zeit auf Atlantis, doch in dieser Zeit wird schnell klar, dass sie nicht nur aus ganz unterschiedlichen Teilen der Erde stammen, sondern auch völlig verschiedene Persönlichkeiten besitzen. Ich freute mich daher, jede einzelne von ihnen im Laufe der Reihe genauer kennenlernen zu dürfen.

Nach einigen Auftaktkapiteln verlassen die Schwestern Atlantis wieder und zurück bleibt nur Maia, auf die sich dieser erste Band fokussiert. Lucinda Riley nimmt sich zunächst Zeit, den Leser mit Maia vertraut zu machen und es nachvollziehbar zu machen, wie sie denkt und fühlt. Schnell fühlte ich mich der Protagonistin nahe und machte mich an ihrer Seite auf nach Rio de Janeiro. Hier beginnt Maia mit ihrer Recherche und findet bald spannende Dinge über ihre Familie heraus. Um den Leser auch an dieser Geschichte hautnah teilhaben zu lassen, springt die Erzählung für lange Zeit in die Vergangenheit und lässt das Rio der 1920er Jahre lebendig werden. Besonders interessant fand ich, dass der Bau der Christo-Statue eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Izabelas Geschichte konnte mich fesseln und berühren, und als ich auftauchte und mich wieder in Maias Handlungsstrang des Jahres 2007 wiederfand konnte ich kaum glauben, dass Dutzende von Seiten verflogen waren.

Auch an Maia gehen die Reise und die Ergebnisse ihrer Recherche nicht spurlos vorbei. Was sie erfährt und erlebt bringt sie dazu, ihr eigenes Leben auf Herz und Nieren zu prüfen und sich selbst zu fragen, welchen Weg sie in Zukunft einschlagen möchte. Bislang nicht hundertprozentig nachvollziehbar fand ich allerdings, warum Pa Salts Hinweise Maia ausgerechnet zu der über achtzig Jahre alten Geschichte von Izabela und nicht zu der eines anderen Familienmitglieds führen. War er der Überzeugung, dass Maia aus dieser Geschichte am meisten für sich selbst mitnehmen kann? Ich hatte vor allem den Eindruck, dass Maias Sprung ins Ungewisse und die Tatsache, dass sie in diversen Situationen ihre Angst überwinden musste, sie am meisten voran gebracht haben. Es machte Spaß, die große Entwicklung, die sich im Laufe des Buches durchmacht, zu verfolgen.

Auch wenn Maias Recherchen am Ende des Buches abgeschlossen sind, ist ihre Geschichte noch nicht ganz vorbei, und die ihrer Schwestern erst recht nicht. Anfangs skeptisch freue ich mich jetzt sehr, Maia noch nicht ganz loslassen zu müssen, denn sie wird hoffentlich in den Folgebänden weiterhin eine Nebenrolle spielen. Die letzten Seiten machten zudem große Lust darauf, als nächstes in Allys Leben einzutauchen.

„Die sieben Schwestern“ ist ein berührender Reihenauftakt, dessen interessante Grundidee gelungen umgesetzt wurde. Die zurückhaltende Maia muss bei der Suche nach ihrer Vergangenheit endlich lernen, ihre Ängste zu überwinden. Dabei taucht sie ein in die Geschichte ihrer Vorfahrin Izabela, die sich zwischen Liebe und Familie, zwischen Loyalität und Leidenschaft entscheiden muss. Auch wenn die übergreifenden Geheimnisse in diesem Auftaktband noch gänzlich unangetastet blieben und ich kleine Kritikpunkte hatte, hat mich die Geschichte insgesamt so sehr fesseln können, dass ich fünf Sterne vergebe. Wer Familiensagen mag, wird in diesem Frühjahr nicht an „Die sieben Schwestern“ vorbeikommen!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Pikays Lebensweg vom Dschungel Indiens bis nach Schweden

Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr...
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Als Pikay als kastenloses Kind im Dschungel Indiens geboren wird, scheint ein Regenbogen über seinem Dorf, und ihm wird prophezeit, dass er als Erwachsener mit Farben arbeitet wird. Außerdem würde er sich ...

Als Pikay als kastenloses Kind im Dschungel Indiens geboren wird, scheint ein Regenbogen über seinem Dorf, und ihm wird prophezeit, dass er als Erwachsener mit Farben arbeitet wird. Außerdem würde er sich mit einem Mädchen verheiraten, dass nicht aus dem eigenen Land kommt. Die Prophezeiung wird sich einmal als erstaunlich zutreffend beweisen, doch zu seiner Geburt ahnte wohl noch keiner, was Pikay auf dem Weg dorthin erlebt. In der Schule wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt verliert er doch nie seinen Durchhaltewillen. Schließlich schafft er es als Künstler nach Neu-Delhi. Doch auch hier erwartet ihn ein Leben der Extreme zwischen Anerkennung und Armut. Dieses wird völlig auf den Kopf gestellt, als er eines Tages der Schwedin Lotta begegnet. Um mit ihr zusammen zu sein, begibt er sich auf eine waghalsige Reise.

Der Titel des Buches legt nahe, dass sich zwischen den Buchdeckeln eine Liebesgeschichte mit einem langen Reisebericht verbirgt. Das ist nicht ganz falsch, jedoch erwartet den Leser noch sehr viel mehr. In diesem Buch wird die Lebensgeschichte Pikays erzählt, und deshalb beginnt die Geschichte auch mit dem Tag seiner Geburt im Dschungel Indiens.

Wenn ich an Indien denke, habe ich zunächst Bilder von Millionenstädten im Kopf. In den Dschungel Indiens einzutauchen war daher eine interessante Erfahrung, die mich das Land von einer neuen Seite hat kennen lernen lassen. Die Atmosphäre wurde vom Autor gut eingefangen. Weitab von den Millionenstädten wird dem Leser durch diverse Erlebnisse Pikays schnell ins Bewusstsein gerufen, dass hier das Kastensystem noch tief im Denken verwurzelt ist. Pikay wird als „Unberührbarer“ daher ständig als Mensch zweiter Klasse behandelt, was für ihn alles andere als einfach ist. Beeindruckend fand ich es, wie er sich trotz allen Schikanen nicht unterkriegen lässt.

Pikays außergewöhnliche künstlerische Begabung ist sicherlich nicht ganz unschuldig an dem Weg, den er einschlagen kann. Ohne diese hätte er es vermutlich nie bis nach Neu-Delhi geschafft, wo ihn eine gänzlich andere Welt erwartet. Die Millionenstadt steht in absolutem Kontrast zum Leben im Dschungel, und Pikays Status als „Unberührbarer“ interessiert hier nur eine Minderheit. Doch das schafft noch lange nicht alle Probleme aus der Welt. Der Leser begleitet Pikay bei einem Leben der Hochs und Tiefs, denn trotz der Aufmerksamkeit, die er sogar von hochrangigen Persönlichkeiten erhält, hat er immer wieder mit Armut und Obdachlosigkeit zu kämpfen. Auch emotional durchlebt Pikay daher Höhen und Tiefen und berichtet offen davon, mehrfach sogar kurz vor dem Selbstmord gestanden zu haben. Als sein Leben sich endlich auf einem stetigen Weg nach oben befindet, wirbelt sein Aufeinandertreffen mit Lotta alles einmal mehr durcheinander.

Das Buch ist vom Autor Per J. Andersson geschrieben und daher aus der dritten Perspektive verfasst. Dadurch hatte ich nicht das Gefühl, hautnah an Pikays Leben teilzuhaben. Dem Autor ist es aber gelungen, Pikay eine Stimme zu geben und mir den Eindruck zu vermitteln, als würde Pikay selbst mir seine Lebensgeschichte erzählen. In kurzen Zwischenkapiteln lernt man auch Lotta vor ihrer Begegnung mit Pikay kennen und es wird berichtet, wie sich ihre Faszination für das Land Indien entwickelt hat.

Die lang erwartete Fahrradtour nimmt schließlich das letzte Buchdrittel ein. Hier ist der Titel des Buches ein wenig irreführend, denn Pikay legt weite Strecken mit dem Fahrzeug zurück, nutzt aber auch Flugzeug, Bus und Bahn. Nichtsdestotrotz hat mich der Bericht über seine Reise beeindruckt, denn er hat auf dem Weg viel erlebt. Besonders interessant fand ich es, dass der Fokus nicht nur auf den Strapazen der Reise lag, sondern auch über die deutlichen Unterschiede in der Gastfreundlichkeit der Länder, durch die er reist. Nach Pikays Ankunft in Schweden wird seine Geschichte zügig zu Ende erzählt und konzentriert sich vor allem auf seine Gewöhnung an das fremde Land, während man zum Beispiel nur durch die Fotos am Ende des Buches erfährt, dass Pikay und Lotta in Schweden geheiratet haben.

„Vom Inder, der mit dem Fahrrad nach Schweden fuhr, um dort seine große Liebe wiederzufinden“ erzählt die ungewöhnliche Lebensgeschichte des Inders Pikay. Als „Unberührbarer“ im indischen Dschungel aufgewachsen, lässt er sich trotz Schikanen nicht unterkriegen und schafft es als Künstler bis nach Neu-Delhi, wo die Begegnung mit der Schwedin Lotta ihn zu einer einzigartigen Reise bewegt. Mich hat Pikays Lebensweg beeindruckt und mir interessante Einblicke in das Leben in Indien geboten, sodass ich es sehr gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine ganz besondere Reise in die Vergangenheit

Ewig und eins
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Nach sieben Jahren kehrt Ella zum Klassentreffen in ihre Heimatstadt Stuttgart zurück. Richtig wohl fühlt sie sich dabei nicht, denn sie weiß, dass auch Ben mit einer Begleitung da sein wird. Ben, mit ...

Nach sieben Jahren kehrt Ella zum Klassentreffen in ihre Heimatstadt Stuttgart zurück. Richtig wohl fühlt sie sich dabei nicht, denn sie weiß, dass auch Ben mit einer Begleitung da sein wird. Ben, mit dem sie sieben Jahre zuvor am Flughafen in New York zuletzt geredet hat, als sie sich für ihren Traum vom Tanzen und gegen ihn entschieden hat – das Ende des Dreiergespanns Ella, Ben und Jasper und einer Freundschaft, die doch ewig sein sollte. Ella ahnt nicht, dass dieser Abend ganz anders verlaufen wird als geplant. Auf der Reise in die Vergangenheit kommen bald schon alte und neue Gefühle ins Spiel…

Der Protagonistin Ella begegnet der Leser zum ersten Mal in Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn nach Stuttgart, der Mitfahrzentrale sei Dank. Mit ihrer Fahrerin Kerstin unterhält sie sich über das Klassentreffen, dass sie in Stuttgart erwartet. Schnell wird klar, warum Ella der Veranstaltung eher kritisch gegenübersteht. Mit großen Träumen hat sie Stuttgart damals in Richtung New York verlassen, jetzt ist sie Touristenführerin in Hamburg. Nicht gerade das, was man den ehemaligen Mitschülern unbedingt erzählen will. Viel größer aber sind ihre Zweifel angesichts der anstehenden Begegnung mit ihrem Ex-Freund Ben. Wie wird das erste Gespräch nach sieben Jahren Funkstille verlaufen?


In Ellas Lage habe ich mich schnell hineinversetzen können. Gemeinsam mit ihr und einer Wagenladung voller Zweifel und Fragen, die ich sehr gut nachvollziehen konnte, erreichte ich schließlich das Ziel: Das Klassentreffen. Obwohl erst wenige Seiten vergangen waren fieberte ich bereits mit Ella mit, wie sie sich wohl schlagen wird. Der Anfang läuft ganz wie befürchtet: Die Ziege von damals checkt Ella, das ehemalige Sternchen mit den geplatzen Träumen ab, um Stoff zum Lästern zu sammeln. Doch dann wendet sich das Blatt.

Was folgt, ist ein unvergesslicher Abend mit einer Reise in die Vergangenheit. Denn nicht nur Ben ist da, er hat sogar Jasper mitgebracht. Nach sieben Jahren Funkstille sind die drei wieder vereint. Auf Jaspers Initiative hin kehren die drei zu den Orten zurück, an die sie gemeinsame Erinnerungen teilen. Die Stimmung ist ausgelassen, doch sieben Jahre lang aufgehobene Worte und Gefühle drängen sich allmählich an die Oberfläche, und so wird das Buch mit jeder Seite emotionaler. Die Reise der drei hat mich völlig in ihren Bann gezogen, sodass ich gar nicht mehr aufhören wollte zu lesen. Gemeinsam mit Ella, Ben und Jasper habe ich mich in die Erinnerung fallen lassen.

Das Buch spielt fast komplett an einem einzigen Abend, und obwohl so viele Seiten einen so kurzen Zeitraum umfassen hat das Buch seinen Sog nie verloren. Während die drei von einem Ort zum nächsten ziehen, brannte ich immer mehr darauf, dass die drei endlich Klartext miteinander reden. Doch wer ist mutig genug für die Wahrheit? Für mich war die Geschichte eine rundum gelungene Sache, von der ersten bis zur letzten Seite.

In „Ewig und eins“ trifft Ella nach sieben Jahren Funkstille auf Ben und Jasper, deren Freundschaft doch eigentlich für die Ewigkeit gedacht war. Die Reise zu den Orten ihrer Vergangenheit wird für die drei in vielerlei Hinsicht zu einem unvergesslichen Erlebnis. Das Buch ist witzig und charmant, schlägt aber auch melancholische Töne an und ist voller Emotionen. Für mich ein absolutes Highlight, weshalb ich jedem nur empfehlen kann: Lest dieses Buch!