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Veröffentlicht am 01.10.2019

Eine Liebesgeschichte kurz vor dem Mauerfall

Das geteilte Herz
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Am 31. Dezember 1988 feiert Barbara das Sylvesterfest bei ihren Freunden Elke und Wolf in Kleinmachnow in der DDR. Ihr Freund Manfred hat den gemütlichen Abend zu Zweit kurzfristig abgesagt, um eine Schicht ...

Am 31. Dezember 1988 feiert Barbara das Sylvesterfest bei ihren Freunden Elke und Wolf in Kleinmachnow in der DDR. Ihr Freund Manfred hat den gemütlichen Abend zu Zweit kurzfristig abgesagt, um eine Schicht im Krankenhaus zu übernehmen. Das findet Barabra bald jedoch gar nicht mehr so schlimm, denn auf der Feier begegnet sie Ulrich, von dem sie sofort fasziniert ist. Zwar trennt sie sich bald darauf von Manfred, als dieser kurz darauf in den Westen flieht vermutet die Stasi dennoch eine Beteiligung von ihrer Seite und überwacht sie. Eine Flucht kommt für sie aber nicht in Frage, und sie und Ulrich nähern sich immer mehr an. Doch dann kommt alles anders als gedacht.

Am 9. November ist es dreißig Jahre her, dass die Mauer fiel und damit das Leben Vieler nachhaltig änderte. Ich war neugierig, inwiefern die Ereignisse sich auf Barbaras Leben auswirken, die im Jahr 1988 südlich von Berlin in der DDR lebt.

Zu Beginn der Geschichte begleitet man Barabara am Sylvestertag 1988, als sie Ulrich zum ersten Mal begegnet. Sie ist sofort fasziniert von ihm und zweifelt dadurch noch mehr an ihrer bereits kriselnden Beziehung zu Manfred. Dieser will sie überreden, gemeinsam mit ihr in den Westen zu fliehen, weil er dort besser verdienen kann. Doch sie lehnt ab und trennt sich von ihm. Trotzdem befragt die Stasi sie ausführlich, als Manfred seinen Plan tatsächlich in die Tat umsetzt, und beginnt, sie eng zu überwachen.

Barbara hegt zwar keine Fluchtgedanken, ist mit der politischen Situation in ihrem Land aber auch nicht gerade glücklich. Als Lehrerin wird sie immer wieder gedrängt, der SED beizutreten, und ihre Weigerung hat Konsequenzen wie ständige Aufträge zur Ranzenkontrolle bei ihren Schülern. Unter den wachsamen Augen linientreuer Schüler muss sie alle westlichen Zeitschriften aus den Ranzen konfiszieren und die entsprechenden Schüler melden. Situationen wie diese verdeutlichen, wie schnell man 1989 in der DDR in Bedrängnis geraten konnte, wenn man nicht voll und ganz hinter der Partei stand.

Sonderlich politisch aktiv ist Barbara aber nicht, sondern die ersten Wochen im neuen Jahr 1989 vor allem damit beschäftigt, möglichst viel Zeit mit Ulrich zu verbringen. Die beiden sind glücklich miteinander und schmieden Pläne für die Zukunft. Doch dann kommt es zu einem überraschenden Vorfall, der alles ändert. Hier muss ich leider sagen, dass die ganze Ereigniskette auf mich sehr konstruiert wirkte, denn es gibt wirklich viele Zufälle, die für großes Drama sorgen.

Das Verhalten der Charaktere nach diesem Ereignis fand ich nicht ganz nachvollziehbar. Beispielsweise hat Barbara Angst, auf allen Wegen überwacht zu werden, trotzdem spricht sie am Telefon sorglos über ihre Pläne, die der Stasi sicherlich nicht gefallen. Deren Eingreifen wird immer wieder von einem einflussreichen Freund der Familie unterbunden, was ich als Begründung unzureichend fand. Die Auflösung wird schließlich durch weitere dumme Zufälle hinausgezögert und dann hollywoodmäßig präsentiert.

„Das geteilte Herz“ gibt Einblicke in das Leben in der DDR kurz vor dem Mauerfall und stellt eine Liebesgeschichte ins Zentrum der Handlung. Leider gab es viele Kleinigkeiten, die mich an der Geschichte gestört haben, weshalb es trotz der vielen romantischen und dramatischen Momente für mich ein durchwachsenes Leseerlebnis war.

Veröffentlicht am 29.09.2019

Das Mädchen, das die Liebe sieht

Südlichter
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Die zwölfjährige Marie-Jeanne hat eine erstaunliche Fähigkeit: Sie sieht bei vielen Menschen ein Leuchten, zum Beispiel auf dem Haar, der Stirn, den Lippen oder den Fingern. Allmählich realisiert sie, ...

Die zwölfjährige Marie-Jeanne hat eine erstaunliche Fähigkeit: Sie sieht bei vielen Menschen ein Leuchten, zum Beispiel auf dem Haar, der Stirn, den Lippen oder den Fingern. Allmählich realisiert sie, dass es tatsächlich die Liebe ist, die sie sehen kann. Als ihr Adoptivvater Francis auf die Idee kommt, eine mobile Überlandbibliothek aufzubauen, ist sie Feuer und Flamme. Sie beginnt, sich quer durch die Literatur zu lesen und macht neue Bekanntschaft mit anderen begeisterten Lesern. Doch viele liebgewonnene Menschen in ihrem Umfeld haben zwar das Leuchten, sind aber allein. Ob sie da nachhelfen kann? Und wann das Leuchten wohl zu ihr kommt?

Zu Beginn des Buches erfährt der Leser, wie Marie-Jeanne zu ihrer besonderen Gabe kam. Die Liebe besuchte sie, als sie noch in ihrer Wiege lag, während die Todin zur selben Zeit ihre Großmutter und einzige lebende Verwandte zu sich holte. Daraufhin packte Marie-Jeanne einen der Finger der Liebe, was zuvor noch niemand je getan hatte. Als Zwölfjährige wundert sie sich nun über das Leuchten überall und begreift langsam, dass nur sie es sehen kann und was es bedeutet.

Das Buch ist in einer poetischen, einfühlsamen Sprache geschrieben, die mich tief in die Geschichte eintauchen ließ. Die Liebe kommt als Ich-Erzählerin zu Wort und schafft damit einen Rahmen. Sie gibt amüsante Einblicke in ihre Arbeitsweise und erklärt damit zum Beispiel auch, warum sie Menschen zwar mit Liebe beschenken, sie damit aber nicht zwangsläufig glücklich machen kann. Außerdem ist sie nicht die einzige, die auf diese Weise unterwegs ist. Andere wie das Verlangen, die Logik und der Mut besuchen die Menschen ebenfalls, ebenso wie die Todin, in deren Gegenwart die anderen befangen werden. Immer wieder kommt es zu interessanten Dialogen zwischen ihnen, die mit eine Augenzwinkern erzählt werden und philosophische Züge aufweisen.

Während Marie-Jeanne dem Leuchten auf den Grund geht, trifft ihr Adoptivvater Francis die wegweisende Entscheidung, eine Überlandbibliothek aufzubauen. Er legt sich zwei Kastenwagen zu, mit denen die Bücher in verschiedenen Dörfern gegen eine Verleihgebür angeboten werden. Doch die Dorfeinwohner sind ebenso wie seine Frau Elsa noch skeptisch, welchen Mehrwert Bücher ihnen bringen sollen. Gute Tipps, wie er die Bücher bewerben sollen, erhält er von der Kalligrafin und Buchliebhaberin Madame Colette Brilliant. Weitere Unterstützung erhält er durch Valérie Montesquieu, die sich als einzige auf die Stellenausschreibung bewirbt und den zweiten Wagen fährt. Für sie ist es eine einmalige Gelegenheit, nach Jahren der Zurückgezogenheit wieder in die Welt zu treten.

Die Autorin machte mich mit ganz verschiedenen Charakteren aller Altersklassen bekannt, die mir schnell ans Herz wuchsen. Ich hoffte mit, dass sie ihr Glück finden werden. Das Buch hat bittersüße, traurig-schöne Momente, lässt die Stimmung aber nie kippen, sondern schafft eine Atmosphäre, in der man sich wohlfühlen kann. Durch die Fragen, ob Marie-Jeanne ihren Freunden helfen kann, die große Liebe zu finden und ob Francis’ Bibliothek ein Erfolg wird, blieb ich bis zum Schluss neugierig am Ball.

Insgesamt ist „Südlichter“ eine einfühlsam erzählte Geschichte über das Wandeln der Liebe auf der Erde, die Liebe zu Büchern und die Suche nach dem einen richtigen Menschen, den man aus ganzem Herzen lieben kann. Es ist die perfekte Ergänzung zu „Das Lavendelzimmer“, das mich bereits vor Jahren begeistern konnte, dessen Vorwissen hier aber nicht vorausgesetzt wird.

Veröffentlicht am 26.09.2019

Eine Familiengeschichte mit zahlreichen berührenden Momenten

Der größte Spaß, den wir je hatten
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Marilyn und David Sorenson haben sich während ihrer Studienzeit kennen und lieben gelernt. Sie sind seit vielen Jahren verheiratet, in denen ihre Töchter Wendy, Violet, Liza und Grace zur Welt gekommen ...

Marilyn und David Sorenson haben sich während ihrer Studienzeit kennen und lieben gelernt. Sie sind seit vielen Jahren verheiratet, in denen ihre Töchter Wendy, Violet, Liza und Grace zur Welt gekommen sind. Inzwischen sind die vier erwachsen. Wendy ist bereits verwitwet, trinkt zu viel Wein und lebt vom geerbten Geld, Violet kümmert sich um ihre zwei Söhne, Liza ist beruflich erfolgreich, verzweifelt aber an ihrem depressiven Ehemann und Grace traut sich nicht, ihrer Familie mitzuteilen, dass sie keinen Studienplatz erhalten hat. Als die Familie plötzlich Zuwachs in Form von Violets fünfzehnjährigem Sohn erhält, der damals zur Adoption freigegeben wurde, sorgt dessen Anwesenheit für ordentlichen Wirbel.

Das Buch beginnt mit einem Tag im Jahr 2000, an dem Wendy ihre Hochzeit feiert, während ihre Schwester Violet betrunken ist und eine wilde Nacht hinter sich hat. Ihre Eltern suchen einen Moment für sich und werden dabei von ihren Töchtern beobachtet, die sich wieder einmal wundern, wie zwei Menschen so viel Liebe füreinander zeigen können.

In der Gegenwart merkt man schnell, dass sich in den sechzehn Jahren seit dieser Szene so einiges getan hat. Wendy bringt Violets fünfzehnjährigen Sohn Jonah zu einer Verabredung mit. Seine Adoptiveltern sind vor einigen Jahren gestorben und er braucht nun eine neue Pflegefamilie, sonst muss er zurück ins Heim. Doch Violet möchte ihn nicht in ihrem Haus haben, das bereits mit einem Mann und zwei kleinen Jungs gefüllt ist. Also kommt er bei Wendy unter, die sich als reiche Witwe ihre Zeit mit dem Besuch von Benefizveranstaltungen vertreibt und Sex mit wechselnden Partnern hat.

Jonahs Auftauchen hat einen Einfluss auf jedes Mitglied der Familie Sorenson. Er will nicht anecken und das richtige Tun, kann aber schwer einschätzen, welche Dinge er lieber für sich behalten sollte. Seine Unsicherheit und das Gefühl, ständig zurückgewiesen zu werden, lassen ihn häufig auf eine Weise reagieren, die nicht jedes Familienmitglied nachvollziehen kann. Ohne es zu beabsichtigen löst er Veränderungen aus. Aber auch ohne sein Zutun passieren einige Dinge bei den Schwestern und ihren Eltern, die Entscheidungen nötig machen.

Die Geschichte springt regelmäßig in die Vergangenheit und berichtet chronologisch die Geschichte der Sorensons von der ersten Begegnung Marilyns und Davids im Jahr 1975 bis zu den Ereignissen der Gegenwart. Dadurch erhält man zahlreiche Hintergrundinformationen und versteht immer besser, durch welche Ereignisse die Charaktere geprägt wurden. Man erfährt beispielsweise, welche Krisen auch die scheinpar perfekte Ehe der Eltern durchlebt hat, wie Violets erste Schwangerschaft unentdeckt bleiben konnte und warum sich Grace als Nesthäkchen oft außen vor fühlt.

Auch wenn es viele schöne Szenen gibt, sind mir die berührenden Momente der Niederlage und des Verlusts besonders im Gedächtnis geblieben. Diese haben starken Einfluss auf die Familienstruktur. Wer war für den anderen da, als es wichtig war? Für mich ergab sich ein immer vollständigeres Bild der Familie und mein Verständnis für das Verhalten der einzelnen wuchs. Die Geschichte erzählt in unaufgeregter, einfühlsamer Sprache über vierzig Jahre Familiengeschichte voller Höhen und Tiefen. Sehr gern empfehle ich diesen Roman weiter!

Veröffentlicht am 24.09.2019

Digitale Schnitzeljagd meets Expressionismus

Pixeltänzer
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Elisabeth, die von allen nur Beta genannt wird, arbeitet in einem Berliner Startup als Programmiererin. Die Arbeitsatmosphäre ist jung und dymanisch, man setzt auf moderne Arbeitsmethoden und Teambuilding. ...

Elisabeth, die von allen nur Beta genannt wird, arbeitet in einem Berliner Startup als Programmiererin. Die Arbeitsatmosphäre ist jung und dymanisch, man setzt auf moderne Arbeitsmethoden und Teambuilding. Als sie die App Dawntastic entdeckt, die Weck-Anrufe aus der ganzen Welt anbietet, meldet sie sich kurzerhand an. Bei einem netten Gespräch mit einem Anrufer aus den USA, der aus Hamburg kommt, weckt sein Profilbild ihr Interesse. Es zeigt ein seltsames Wesen, doch auf ihre Rückfrage verrät er nur, dass es mit seinem Nutzernamen Toboggan zusammenhängt. Das ist für Beta der Beginn einer digitalen Schnitzeljagd, die sie auf eine Reise in die expressionistische Szene zu Beginn des 20. Jahrhunderts mitnimmt.

Beta lässt den Leser an ihrem Alltagsleben teilhaben und ich fühlte mich ihr schnell vertraut. Ihren nerdigen Charakter mochte ich sehr und mir wurde ihre Faszination für Insekten, die sie zu Hause mit ihrem 3D-Drucker nachbildet, ebenso begreiflich gemacht wie ihr Interesse an der App Dawntastic. Nach dem Anruf mit Toboggan zeigt sie Einfallsreichtum und kommuniziert mit ihm auf überraschende Weise. Sie erhält von ihm Hinweise, die sie zu Orten in der realen Welt führen, und Texte, die ihr Stück für Stück mehr verraten. Ich fand es spannend, gemeinsam mit Beta in die Vergangenheit einzutauchen und mehr über das Schicksal einer expressionistischen Künstlerin zu erfahren. In der Gegenwart setzt die Schnitzeljagd etwas in Beta in Bewegung und lässt sie neue Wege gehen. Dabei kommt es zu zahlreichen amüsanten Szenen. Insgesamt konnte mich das Buch mit seiner nerdigen Protagonistin und dem ungewöhnlichen Thema der Spurensuche begeistern. Ich empfehle es sehr gern weiter!

Veröffentlicht am 22.09.2019

Temporeicher Thriller für alle Fans des ersten Bandes

Erebos 2
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Vor ein paar Jahren habe ich mich von Ursula Poznanski in die Welt von Erebos entführen lassen und war sehr neugierig, was es nun mit der Fortsetzung auf sich hat. In dieser ist Erebos zurückgekehrt, und ...

Vor ein paar Jahren habe ich mich von Ursula Poznanski in die Welt von Erebos entführen lassen und war sehr neugierig, was es nun mit der Fortsetzung auf sich hat. In dieser ist Erebos zurückgekehrt, und nun kann es sich sogar selbst als App auf Handys und Computern installieren. Dadurch hat das Programm ganz neue Möglichkeiten, seine Spieler zu akquirieren und unter Druck zu setzen, um in seinem Sinne zu handeln. Denn freiwillig hätte Nick sicherlich niemals angefangen, wieder zu spielen. Aber was steckt diesmal dahinter? Wozu dienen die Aufgaben, die in der realen Welt ausgeführt werden müssen? Diese Frage ließ mich neugierig weiterlesen.

Der Roman greift aus dem ersten Teil bekannte Spielmechanismen auf und verknüpft sie mit neuen Ideen. Neben bekannten Charakteren gibt es auch Schüler wie Derek, die das Spiel neu entdecken und ganz unbedarft herangehen. Für meinen Geschmack gab es zu viele Parallelen zum ersten Teil und die Auflösung hat mich etwas enttäuscht.

Insgesamt ist „Erebos 2“ ein temporeicher Thriller für Jugendliche, an dem vor allem Fans des ersten Bandes nicht vorbeikommen werden!