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Veröffentlicht am 27.10.2019

Eingeschneit in den Bergen - und jeder könnte der Täter sein

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Fünf Tage Digital Detox in den Bergen - dazu haben sich vier Frauen und vier Männer entschlossen und diese ganz besondere Auszeit beim Reiseveranstalter Triple-O-Journey gebucht. Am Königssee in Bayern ...

Fünf Tage Digital Detox in den Bergen - dazu haben sich vier Frauen und vier Männer entschlossen und diese ganz besondere Auszeit beim Reiseveranstalter Triple-O-Journey gebucht. Am Königssee in Bayern geben sie ihre Handys ab und wandern von dort zu einem verlassenen Bergsteiger-Hotel. Kurz nach ihrer Ankunft beginnt es heftig zu schneien und am nächsten Morgen ist ein Teilnehmer verschwunden. Als dieser schwer verletzt aufgefunden wird, stellt sich für alle Anwensenden die Frage, wer für die Tat verantwortlich ist. Denn inzwischen sind sie eingeschneit, und niemand kommt hinein oder heraus...

Nach der Max-Bischoff-Reihe des Autors ist mit „Offline“ ein neuer Standalone Psychothriller erschienen. In diesem kehrt Arno Strobel zu einer Technik zurück, die er schon in früheren Büchern erfolgreich genutzt hat: Er schafft einen isolierte Umgebung, in der die Charaktere gefangen sind und wissen, dass jemand Gefährliches unter ihnen oder in der Nähe ist.

Der Schauplatz ist ein verlassenes Hotel in den Bergen, das vor der Wiedereröffnung für das Digital Detox Konzept genutzt wird. Außer den acht Teilnehmern sind eigentlich nur drei Mitarbeiter des Reiseveranstalters und zwei Hausmeister vor Ort. Die Handys sind abgegeben und würden eh nichts nützen, denn mitten in den Bergen gibt es keinen Empfang. Durch den Schneesturm sind die Charaktere schließlich gänzlich von der Außenwelt abgeschnitten.

Die Spannung steigt rasant an, als der erste Teilnehmer verschwindet und schwer verletzt aufgefunden wird. Der Täter hat alles dafür getan, dass er keinerlei Möglichkeit hat, mit den anderen zu kommunizieren. Wer tut so etwas Grausames und warum? Schnell liegen die Nerven blank, keiner traut den anderen mehr und erste Verdächtigungen sorgen für eine höchst angespannte Stimmung. Das Verhalten einiger Charaktere fand ich jedoch naiv und erst als es zu einem weiteren Vorfall kommt werden sie vorsichtiger. Dieser macht deutlich, dass die Gefahr keineswegs gebannt ist und wieder etwas passieren kann.

Mit der Zeit erfährt man mehr über die Hintergründe der verschiedenen Charaktere und lernt, sie besser einzuschätzen. Mehrere von ihnen haben Dinge zu verbergen, die allmählich ans Licht kommen. Aber haben diese etwas mit den Ereignissen zu tun? Wer ist zu solchen Taten fähig? Ich rätselte mit und las neugierig weiter, während das Buch mit Ängsten spielt und immer wieder Schreckliches geschieht. Etwas schade fand ich, dass sich schon ein gutes Stück vor dem Ende der Schlüssel zur Lösung abzeichnet. Schließlich werden alle wichtigen Fragen auf spannende Weise beantwortet und obwohl ich in mancher Hinisicht auf der richtigen Spur war, wurde ich im Hinblick auf einige Dinge überrascht.

„Offline“ nimmt den Leser mit in die Berge, wo dreizehn Menschen in einem Hotel ohne Kontakt zur Außenwelt eingeschneit werden und jemand grausame Taten verübt. Das Buch ist eine erwachsene, brutalere Version von „Abgründig“ und geeignet für alle Fans des Psychothrillers, die zum Beispiel „Das Dorf“ und „Das Rachespiel“ des Autors mochten!

Veröffentlicht am 25.10.2019

Ein Fall für Peter Grants deutschen Kollegen Tobi Winter

Der Oktobermann
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Tobi Winter macht gerade Urlaub bei seinen Eltern in Mannheim, als er von seiner Chefin angerufen und zu einem Tatort geschickt wird. Ein Toter wurde in Trier in der Nähe eines Weinbergs gefunden und sein ...

Tobi Winter macht gerade Urlaub bei seinen Eltern in Mannheim, als er von seiner Chefin angerufen und zu einem Tatort geschickt wird. Ein Toter wurde in Trier in der Nähe eines Weinbergs gefunden und sein ganzer Körper ist bedeckt mit einem Schimmelpilz, der als sogenannte „Edelfäule“ gern auf Trauben gesehen wird. Ein klarer Fall für die Abteilung KDA - Komplexe und diffuse Angelegenheiten - des Bundeskriminalamts, zu der Tobi gehört. Zusammen mit der örtlichen Polizistin Vanessa Sommer versucht er, der Ursache dieses mysteriösen Todesfalls auf die Spur zu kommen.

Ich habe mir sehr über die Nachricht gefreut, dass Ben Aaronovitch einen Kurzroman geschrieben hat, der in Deutschland spielt. Protagonist des Buches ist Tobi Winter, der seit einer Weile von einer nicht näher vorgestellten Chefin in der Magie unterwiesen wird und Straftaten aufklären soll, bei denen Übernatürliches im Spiel ist. Er ist also das deutsche Pendant zu Peter Grant und lernt auch ähnliche Dinge wie er, wobei die Deutschen einige andere Regeln und Meinungen haben.

Tobi inspiziert schon bald den Tatort sowie den Toten und alles deutet darauf hin, dass hier Magie im Spiel war. Ob die Besitzerin des angrenzenden Weinguts etwas weiß? Im Gespräch mit ihr kann Tobi heraushören, dass es in der Nähe Flussgötter gibt, die sogleich auf die Liste der zu Befragenden gesetzt werden. Außerdem war der Tote Mitglied in der Gesellschaft zum Trinken guten Weins, sodass auch die anderen Clubmitglieder ein Ansatzpunkt sind.

Tatkräftige Unterstützung erhält Tobi von Vanessa, die dem Thema der Magie grundsätzlich offen gegenübersteht. Er erklärt ihr einige grundlegende Dinge und sie versucht gleich, ihm beim Aufspüren eines Vestigiums zu helfen. Auf der anderen Seite staunt sie nicht schlecht, als sie erfährt, was es da draußen noch so alles gibt. Die Interaktion mit den Flussgöttinnen fand ich interessant. Sie haben ein schwierigeres Verhältnis zur Polizei, denn in ihrem langen Leben ist die Nazi-Zeit gefühlt erst seit kurzem vorbei.

Während Peter Grant sich mit immer mehr Altlasten herumschlagen muss ist dieses Buch übersichtlicher, wobei trotzdem eine größere Zahl an Charakteren eine Rolle spielt. Man kann diesen Roman ohne Vorkenntnisse lesen und in die magische Welt des Autors hineinschnuppern. Für Fans von Peter Grant ist dieser Kurzroman sowieso Pflicht. Ich würde mich sehr freuen, wenn Tobi Winter weitere eigene Fälle lösen muss oder eine Dienstreise nach London machen darf. „Der Oktobermann“ bietet kurzweilige, skurrile Unterhaltung!

Veröffentlicht am 21.10.2019

Mysteriöse Mödersuche

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
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Ein Mann wacht ohne Gedächtnis mitten im Wald auf und kann sich nur an einem einzigen Gedanken festhalten: Dem Namen Anna. Kurz darauf sieht er sie durch den Wald rennen und wird Zeuge ihrer Ermordung. ...

Ein Mann wacht ohne Gedächtnis mitten im Wald auf und kann sich nur an einem einzigen Gedanken festhalten: Dem Namen Anna. Kurz darauf sieht er sie durch den Wald rennen und wird Zeuge ihrer Ermordung. Der Täter lässt ihn jedoch davonkommen und schickt ihn in Richtung eines Herrenhauses. Dort sind die Vorbereitungen für einen Maskenball am Abend in vollem Gange, zu dem Lord und Lady Hardcastle eingeladen haben. Doch Evelyn Hardcastle, die Tochter der Familie, wird den Ball nicht überleben. Wieder und wieder wird sie sterben und der Protagonist im Körper eines anderen Gastes aufwachen und denselben Tag durchleben, bis er den Mord aufgeklärt hat.

Vor der Lektüre war ich vor allem neugierig, wie das angekündigte „Und täglich grüßt das Murmeltier“-Element in der Geschichte umgesetzt wird. Auf den ersten Seiten weiß man ebenso wie der Protagonist gar nicht, wie einem geschieht. Dieser steht verletzt mitten im Wald, kann sich an nichts erinnern und muss ansehen, wie eine Frau durch den Wald gejagt und erschossen wird. Die Informationen zu seiner Person und warum er zu Gast im Blackheath House ist, erhält er schrittweise durch die Gespräche mit anderen zurück.

Am nächsten Tag wacht er in einem anderen Körper auf und stellt fest, dass der Tag von neuem beginnt. Ihm wird erklärt, dass er den Mord an Evelyn Hardcastle aufklären soll, und zwar schneller als zwei andere „Mitspieler“. Daraufhin trifft er die für mich völlig nachvollziehbare Entscheidung, sich der Situation zu entziehen. Doch so einfach ist es nicht. Die Spielregeln werden allmählich aufgedeckt und ich hatte so viele Fragen im Kopf, dass ich gefesselt weiterlesen musste.

Die Geschichte ist komplex, da das Raum-Zeit-Kontinuum hier ordentlich manupuliert wird und der Protagonist insgesamt acht verschiedene Personen steuert, die auch miteinander interagieren. Der Autor hält dabei alle Fäden geschickt in der Hand und führte mich durch eine Handlung, die ich basierend auf den festgelegten Spielregeln plaubsibel fand. Es gibt zahlreiche unerwartete Wendungen und vieles ist ganz anders als zuerst gedacht.

Schnell merkt man, dass die Aufgabe für den Protagonisten zwar ist, einen bestimmten Mord aufzuklären, an dem Tag aber noch weitaus mehr gemordet wird. Auch hier möchte man natürlich erfahren, wer aus welchen Gründen zur Tat geschritten ist. Außerdem haben einige Personen Geheimnisse, die es zu lüften gilt und andere haben heimlich zusammen einen Plan ausgeheckt. Auch wenn das Tempo zwischendurch mal ruhiger ist bleibt die Spannung dank dieser Vielschichtigkeit erhalten. Zum Ende hin werden Antworten zum grundsätzlichen Warum geliefert und neue Fragen rund um das Thema Vergebung aufgeworden, zu deren Konsequenzen sich jeder eine eigene Meinung bilden muss.

In „Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ durchlebt ein Protagonist einen Tag mehrfach im Körper unterschiedlicher Personen mit dem Ziel, einen Mörder zu finden. Ich fand es interessant, den Tag aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln zu sehen. Der Autor hat die Handlungsstränge genial miteinander verwoben, was bei mir für zahlreiche Aha-Momemente sorgte. Ich bin schwer begeistert und gebe eine große Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 13.10.2019

Ein stiller, eindringlicher Roman über eine ungewöhnliche Freundschaft

Alte Sorten
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Die siebzehnjährige Sally ist gerade ohne konkreten Plan aus einer Klinik abgehauen, als sie in einem Weinberg auf Liss trifft. Diese bittet Sally um Hilfe mit ihrem festgefahrenen Wagen und bietet ihr ...

Die siebzehnjährige Sally ist gerade ohne konkreten Plan aus einer Klinik abgehauen, als sie in einem Weinberg auf Liss trifft. Diese bittet Sally um Hilfe mit ihrem festgefahrenen Wagen und bietet ihr danach an, auf ihrem Hof zu übernachten. Liss stellt keine Fragen, und genau das unterscheidet sie in Sallys Augen von den anderen Erwachsenen. Sie beschließt, dass sie erst einmal dort bleiben kann. Bald beginnt sie, bei der Arbeit auf den Feldern mit anzufassen. Doch Liss dringt zwar nicht in sie ein, gibt im Gegenzug aber auch nichts von sich preis. Die beiden Frauen arrangieren sich vorwiegend still miteinander. Doch die Erlebnisse ihrer jeweiligen Vergangenheit prägen ihr Verhalten und holen sie immer wieder ein.

Die Geschichte beginnt an einem 1. September und erzählt vom ersten Aufeinandertreffen von Sally und Liss. Die beiden sind sehr verschieden: Sally ist siebzehn, dünn, von Narben gezeichnet und gerade aus der Klinik abgehauen. Liss hingegen ist eine erwachsene, starke Frau, die einen Hof bewirtschaftet und von den anderen Dorfbewohnern gemieden wird. Für Sally ist das Angebot, bei Liss zu übernachten, eine gute Gelegenheit, nach ihrer Flucht durchzuschnaufen. Da sie nicht gebeten wird zu gehen und auch keinen Grund sieht, weiterzuziehen, wird aus der einen Übernachtung auf Liss’ Hof bald eine längere Zeit.

Der Autor hat mit Sally und Liss zwei Charaktere geschaffen, die schon einiges mitgemacht haben. Sally ist wütend auf ihr Umfeld, das ihr ständig Vorschriften machen will und ihr mit betontem Verstänis begegnet. Ihre Eltern bringen ihr wenig Liebe entgegen, sind vor allem abwesend und haben sie schon mehrfach wegen Selbstverletzung und Magersucht in eine Klinik gesteckt. Als sie bei Liss zum ersten Mal eine Birne ist, die zu den Alten Sorten zählt, hat sie das Gefühl, endlich wieder etwas zu schmecken.

Warum Liss eine Einzelgängerin ist und gemieden wird, bleibt lange ein Geheimnis. Sie selbst schiebt die entsprechenden Erinnerungen weg. Stattdessen denkt sie oft an ihre Jugend zurück, in der sie in einen Jungen namens Sonny verliebt war. Sally und sie werden bald zu einem Team und ich fand es schön, wie die beiden sich ohne große Worte gegenseitig Kraft geben. Dann gibt es jedoch auch Momente, in denen aufgestaute Gefühle durchbrechen. Ich war gespannt, was Sally und Liss voneinander lernen werden und welchen Weg die beiden Charaktere für sich finden.

„Alte Sorten“ ist eine vorwiegend stille, eindringliche Geschichte, in der sich der Teenager Sally und die erwachsene Liss durch einen Zufall begegnen und daraus eine ungewöhnliche Freundschaft entsteht. Beide haben ihr Päckchen zu tragen und erhalten durch die andere einen neuen Blick auf ihr Leben. Lasst Euch vom Autor mit aufs Land nehmen und lernt diese zwei Frauen kennen, die jeweils auf ihre eigene Weise Stärke zeigen!

Veröffentlicht am 12.10.2019

Begleitung eines Trauerprozesses, bei dem das Laufen neue Kraft gibt

Laufen
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Die Protagonistin ist schon seit einigen Jahren nicht mehr gelaufen, doch jetzt will sie endlich wieder damit anfangen. Ein Jahr ist vergangen, seit ihr Freund Suizid begangen hat und seine Eltern ihr ...

Die Protagonistin ist schon seit einigen Jahren nicht mehr gelaufen, doch jetzt will sie endlich wieder damit anfangen. Ein Jahr ist vergangen, seit ihr Freund Suizid begangen hat und seine Eltern ihr alles von ihm weggenommen haben, weil die beiden nicht verheiratet waren. Jetzt ist die über 40, für Kinder ist es zu spät, sie ist traurig und wütend. Immer wieder rafft sie sich zum Laufen auf und reflektiert ihre Situation. Während sie allmählich fitter wird, gelingt es ihr zunehmend, nach vorn zu blicken.

Als Leser begleitet man die Protagonistin beim Laufen und lauscht ihrem inneren Monolog. Ein Jahr ist sie nun schon allein, und noch immer geistert die Frage nach dem Warum in ihrem Kopf herum, gepaart mit Wut, Unverständnis und Hilflosigkeit. Sie fühlt sich zurückgelassen und von vielen Menschen in ihrer Umgebung unverstanden.

Ich brauchte eine Weile, um in den Schreibstil hineinzufinden. Der Gedankenfluss beim Laufen wird ungefiltert wiedergegeben, was zu langen Sätzen führt, in denen die Erzählerin von einem Thema zum nächsten springt und sich zwischendurch immer weider auf ihre Atmung fokussiert. Da man ihr nur in der Situation des Laufens begegnet erfährt man dabei, was in den Tagen und Wochen zuvor passiert ist.

Auf diesem indirekten Weg erfährt man einiges über die Reaktionen ihres Umfelds. Durch das Laufen, die Liebe zur Musik und ihre besten Freundin Rike, die gut zuhören kann und mit der richtigen Mischung aus Mitgefühl und Humor reagiert, sammelt die Protagonistin neue Kraft. Ihre Eltern wissen hingegen nicht so recht, was sie sagen sollen, und auf die Eltern ihres Freundes ist sie einfach nur wütend, nachdem sie all seine Sachen eingesammelt und sogar die Hälfte der Möbel mitgenommen haben. Auch über die Gespräche mit ihrer Therapeutin und deren Ratschläge denkt sie nach.

Insgesamt begleitet man die Protagonistin ein Jahr lang. Das Buch ist einfühlsam geschrieben und man merkt, wie es der Protagonistin allmählich gelangt, neue Dinge anzupacken und nach vorn zu blicken. Dabei geht es auf und ab mit besseren und schlechteren Tagen. Auch wenn die Gedanken der Erzählerin oft von Traurigkeit und Wut dominiert werden, mischt sich immer wieder eine Prise Humor hinein. Insgesamt ein eindrücklicher Roman über einen Trauerprozess mit einer Protagonistin, die übers Laufen zurück ins Leben findet.