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Veröffentlicht am 21.03.2017

In welch grausigem Spiel sind die sechs Jugendlichen gelandet?

Wonderland
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Liz befindet sich gemeinsam mit ihren Freundinnen Nelly und Amelie auf Weltreise. In Thailand lernen sie Jacob kennen, der sie und zwei weitere Bekannte in ein atemberaubendes Haus mitnimmt. Riesige Zimmer, ...

Liz befindet sich gemeinsam mit ihren Freundinnen Nelly und Amelie auf Weltreise. In Thailand lernen sie Jacob kennen, der sie und zwei weitere Bekannte in ein atemberaubendes Haus mitnimmt. Riesige Zimmer, gleich zwei Pools, ein Privatstand – ein wahres Wonderland. Doch als die sechs erwachen, scheinen ihre Albträume wahr geworden zu sein. Sie sind auf einem Gelände gefangen, stehen unter ständiger Überwachung und erhalten die Anweisung, alle zwei Tage ein Opfer zu benennen. Ein grausiger Befehl, dem sich keiner der sechs fügen will. Doch was passiert, wenn sie sich weigern? Und was weiß eigentlich Jacob, der die anderen ins Haus gelockt hat?

Auf der Suche nach einer temporeichen, spannenden Lektüre griff ich zu „Wonderland“. Auf dem Buchsücken wird dem Leser eine „Hölle auf Erden“ angekündigt, und ich war neugierig, wie diese aussieht. Das Buch startet eigentlich ganz harmlos. Liz und ihre Freundinnen haben in Thailand so manche Bekanntschaft gemacht, und einer von ihnen hat sie ins Haus seines offensichtlich steinreichen Onkels mitgenommen. Doch je mehr Luxus Liz entdeckt, desto unwohler fühlt sie sich. Ein Gefühl, das berechtigt war – das zeigt der nächste Morgen.

Schnell kommt die Story zur Sache und die sechs Jugendlichen finden sich in Gefangenschaft wieder. Ein Spiel mit grausamen Regeln hat begonnen. Allein bei der Vorstellung, dass eine verzerrte Stimme die gruseligen Anweisungen gibt, bekam ich Gänsehaut. Liz und ihre Freunde sind ihren Peinigern ausgeliefert, denn diese drohen schnell, ihre Anweisungen mit äußerster Gewalt durchzusetzen. Schock und Entsetzen dominieren die erste Buchhälfte. Es ist eine wahre Abwärtsspirale, denn die „Spieler“ haben quasi keine Handlungsspielräume und müssen entsetzt mit ansehen, welche schlimmen Konsequenzen ihr Tun und Nicht-Tun hat. Mich hat die Handlung gegruselt und zugleich an die Seiten gefesselt. Haben Liz und ihre Freunde noch eine Chance? Was steckt überhaupt hinter all dem?

Mit der Zeit verlieren die Charaktere den Glauben an sich selbst und enthüllen bei der Frage, wen man opfern könnte, dunkle Seiten ihrer Persönlichkeit. Doch unter all der Verzweiflung steckt auch noch etwas Hoffnung. Ich fand es interessant, wie Liz stückweise hinter Jacobs Maske blickt und sich zwischen den beiden ein besonderes Verhältnis entwickelt. Lange wirkt es so, als seien die Charaktere nur Spielbälle, die sich bei allem zu fügen haben, gleichzeitig wird nichts erklärt, sodass das Buch sich für mich etwas zog. Schließlich kam es, für mich einen Tick zu spät, zur lang ersehnten Wende.

Die zweite Buchhälfte hat mich dann voll überzeugen können. Endlich werden Erklärungen geliefert, welche das Geschehen in einem neuen, grausigen Licht erscheinen ließen. Gleichzeitig gibt es überraschende Entwicklungen, die mich hoffen ließen, dass vielleicht doch alles anders kommt als erwartet. Die Entscheidungen der Charaktere fand ich nachvollziehbar und das emotionale und gedankliche Chaos, das sie durchleben, wurde mir verständlich gemacht. Weitere Überraschungen werden dem Leser geboten und die Spannung stieg immer weiter an bis hin zu gleich mehreren atemraubenden Showdowns und einem absolut gelungenen Ende.

„Wonderland“ ist ein gruseliger Thriller rund um sechs Jugendliche, die in Thailand in Gefangenschaft geraten und Teil eines makabren „Spiels“ werden, in dem sie nach und nach einen aus ihrer Mitte als Opfer auswählen sollen. Immer wieder kommt es zu blutigen Szenen, die den Ernst der Lage klar machten und den Charakteren psychisch und physisch alles abverlangten. Nach einer langen Phase ohne Erklärungen und Optionen bietet die zweite Buchhälfte noch mehr Tempo, Überraschungen und Hintergründe. Ich wurde zunehmend mitgerissen und empfehle diese beklemmende, hochspannende Geschichte gerne an Thriller-Fans weiter!

Veröffentlicht am 21.03.2017

Drei Freunde, ein Referendar und Spiele, die an ihre Grenzen stoßen

Mehr Schwarz als Lila
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Alex ist siebzehn und hat seit sechs Tagen das Haus nicht mehr verlassen, denn Paul ist verschwunden und Ratte redet nicht mehr mit ihr. Dabei gab es eine Zeit, in der die drei unzertrennlich waren. Doch ...

Alex ist siebzehn und hat seit sechs Tagen das Haus nicht mehr verlassen, denn Paul ist verschwunden und Ratte redet nicht mehr mit ihr. Dabei gab es eine Zeit, in der die drei unzertrennlich waren. Doch plötzlich ist nichts mehr vor vorher. Ein neuer Referendar kommt an die Schule, zu dem sich Alex hingezogen fühlt. Und auch Ratte verliebt sich und hat plötzlich weniger Zeit für sie. Alex handelt zunehmend intuitiv und ohne nachzudenken und hält an den Spielen fest, die sie, Ratte und Paul doch schon immer gespielt haben. Doch irgendwann stößt jedes Spiel an seine Grenzen…

Cover und Titel des Buches scheinen farblich auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen, ihre Bedeutung wird beim Lesen aber schnell klar. Das Cover des Buches zeigt ein rot-grünes Gefieder und spielt auf Alex‘ Papagei an, den ihr Vater ihr vor neun Jahren kurz nach dem Tod ihrer Mutter geschenkt hat. Der Titel bezieht sich auf ihre Vorliebe, ausschließlich schwarz zu tragen und damit verbundene Diskussionen mit ihrer besten Freundin Ratte, ob ihre Hose nun eher dunkellila oder schwarz ist. Doch bevor man das und noch viel mehr über die Protagonistin erfährt, lernt man sie zu Beginn des Buches in einem Moment kennen, in denen sie sich emotional im freien Fall befindet. Um zu erklären, wie es so weit kommen konnte, springt die Ich-Erzählerin einige Monate in die Vergangenheit.

Hier lernt der Leser Alex, Ratte und Lena als verschworenes Dreiergespann kennen. Sie verbringen ihre Zeit meistens gemeinsam. Wenn ihnen langweilig ist, dann spielen sie Spiele wie „Stell dir vor“, in denen sie sich gegenseitig zu übertreffen versuchen. Doch dann wird alles anders, denn ein neuer Referendar unterrichtet die Klasse und lädt die drei bald ein, mit ihm eine Ausstellung zu besuchen. Er, den Alex im Buch nur als „Du“ anspricht, trifft sich fortan häufiger mit den dreien. Alex fühlt sich immer stärker zu ihm hingezogen, handelt ohne nachzudenken und muss sich mit den unerwarteten Konsequenzen auseinandersetzen.

Ich erlebte Alex als authentische Protagonistin, die sich mitten im Erwachsenwerden befindet und sich von ihren Gefühlen leiten lässt. In literarischer Sprache beschreibt sie, was in ihr vorgeht. Dabei macht sie großzügig Gebraucht von Stilmitteln, denn schließlich sind sie die Verbindung zu ihm, der sie in Deutsch unterrichtet. Oft verfällt sie auch ins Stakkato oder erinnert sich an Songtexte, die ihre Gedanken wiederspiegeln. Nach einer Eingewöhnungsphase konnte ich mich gut auf diese ungewöhnliche Sprache einlassen und sie wurde für mich zunehmend zur Stimme von Alex.

Mit Alex‘ Worten vor Augen konnte ich gut nachvollziehen, wie es so weit kommen konnte, dass sie sich privat mit einem Referendar trifft und Gefühle für ihn entwickelt. Dieses brisante Thema verarbeitet die Autorin behutsam und unaufgeregt, sodass der Fokus darauf lag, welchen Einfluss Alex‘ Gefühle und auch die von Ratte und Paul auf ihre Freundschaft haben. Ich muss aber sagen, dass die drei auf mich eher wie Schüler von vor zehn, zwanzig Jahren als wie von heute wirkten. Ihr Verhalten empfand ich oft eher als typisch für die Jugend der 90er / 2000er als der heutigen Zeit. Durch wenige Verweise wie die Jagd auf Pokemon wurde die Handlung aber im Hier und Jetzt fixiert, wodurch für mich ein etwas unstimmiger Eindruck entstand.

Die Handlung spitzt sich schließlich zu. Das Chaos in Alex‘ Innerem treibt sie zu immer impulsiveren Handlungen, die Grenzen testen und schließlich überschreiben. Ein mittels Foto festgehaltener Moment ist es schließlich, der Alex emotionales Kartenhaus in sich zusammenstürzen lässt. Hier findet man sich schließlich in der zu Beginn des Buches geschilderten Situation wieder und die Geschichte wird zu einem Abschluss geführt, der mich berühren konnte und dessen Botschaft ich als sehr stimmig und passend erlebte.

„Mehr schwarz als lila“ erzählt die Geschichte von Alex, ihren beiden besten Freunden und einer Menge Gefühlen, die alles durcheinander bringen. Die ungewöhnliche, mit Stilmitteln beladene Sprache wurde für mich bald zu Alex Stimme, die von Freundschaft, Liebe und dem Erwachsenwerden erzählt. Eine ruhige und zugleich starke, authentische Geschichte, die ich sehr gern weiterempfehle.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Nichts rein, nichts raus - vier Männer, vier Frauen und zwei Jahre unter Glas

Die Terranauten
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Dawn, Ramsay und Linda teilen den gleichen Wunsch: Sie wollen Terranauten werden und sich für zwei Jahre in der „Ecosphere 2“ einschließen lassen. In dieser riesigen, von einer Glaskuppel abgeschirmten ...

Dawn, Ramsay und Linda teilen den gleichen Wunsch: Sie wollen Terranauten werden und sich für zwei Jahre in der „Ecosphere 2“ einschließen lassen. In dieser riesigen, von einer Glaskuppel abgeschirmten Anlage soll sich ein neues, geschlossenes Ökosystem stabilisieren. Während der ersten Mission wurde die Luftschleuse aber schon nach wenigen Wochen und dann immer wieder kurz geöffnet. Für die Mission-2-Crew ist deshalb klar: Nicht rein, nichts raus – zwei Jahre lang bis zum Austausch der Crew. Vier Männer und vier Frauen lassen sich einschließen. Unter ständiger Beobachtung durch die Organisatoren und die Öffentlichkeit muss die Crew ökologische, aber auch technische, menschliche und emotionale Herausforderungen bewältigen.

Das Cover fällt durch den Menschen im Raumanzug, der inmitten von Grün steht, ins Auge. Was hat jemand mit solch einem Anzug in einer so lebendigen Umgebung zu suchen? Für mich ist es eine gelungene Anspielung auf das Selbstverständnis der Terranauten, die sich zwar nicht im Raumanzug, aber im roten Overall in die „Ecosphere 2“ einschließen lassen, um als Pioniere in der Erforschung eines geschlossenen Ökosystems zu agieren. Ein Traum, der für zwei der drei Erzählenden bald Wirklichkeit wird.

Das Buch beginnt etwa einen Monat vor dem Einschluss. Man lernt die drei Protagonisten Dawn, Ramsay und Linda kennen kurz bevor sie erfahren, ob sie Teil der Crew sind. Dawn und Linda wissen, dass sie für die gleiche Funktion in Frage kommen und nur eine von ihnen bei dieser zweiten Mission dabei sein wird. So ist die Enttäuschung bei einer von ihnen natürlich groß, sie wird weiterhin nur von außen mitarbeiten. Man erhält deshalb ganz unterschiedliche Eindrücke von den laufenden Vorbereitungen, während der man sich mit den dreien als Leser vertraut machen kann.

Bald ist es so weit und es kommt zum Einschluss der acht Terranauten, die außer Licht, Strom und Informationen zwei Jahre lang nichts von außen erhalten werden. Ich fand es höchst faszinierend, zu beobachten, wie jeder auf seine Art mit der Situation umgeht und sich arrangiert. Die anfängliche Aufregung lässt bald nach, und die Crew muss sich mit Hunger, Kakerlaken, zwischenmenschlichen Spannungen, der ständigen Überwachung, technischen Problemen noch mehr auseinandersetzen. Der Fokus bleibt auf den beiden eingeschlossenen Erzählenden. Man lernt sie immer besser kennen, begleitet sie durch wenige Höhen und viele Tiefen und erlebt mit, wie die Erlebnisse sie als Menschen nachhaltig prägen.

Auch außerhalb der Glaskuppel geht das Leben weiter. Hier begleitet man die zurückgestellte Terranautin, die mit der Aussicht darauf, zwei Jahre später Teil der Mission-3-Crew zu werden, weitermacht. Neid beherrscht ihre Gedanken, wodurch es auch mal anstrengend wurde, ihre Kapitel zu lesen, doch ich konnte ihre Gefühle nachvollziehen. Durch sie wird zudem noch deutlicher, wie groß das Ausmaß der Überwachung und Manipulation ist, mit dem die Organisatoren die Terranauten steuern wollen. Doch ihnen bleiben letztendlich nur Worte, wenn sie die Schleuse nicht öffnen wollen. Und nach einem großen Knall will vor allem ein Terranaut um jeden Preis ihren Kopf durchsetzen.

Das Geschehen „drinnen“ wie „draußen“ konnte mich fesseln. Vor allem die Dynamiken und Entwicklungen auf der zwischenmenschlichen Ebene fand ich sehr interessant. Immer tiefer dringt der Leser ins Innenleben der Protagonisten vor, sodass ich über ihr Handeln zwar den Kopf schütteln musste, doch gleichzeitig verstand, was sie zu teils drastischen Entscheidungen antreibt. Voller Neugier erwartete ich den Moment, in dem die Luftschleuse geöffnet wird. Doch damit ist es nicht vorbei, sondern es wartet die nächste Überraschung, und so wird die Spannung weiter gehalten bis zu einem recht offenen Ende, das hier absolut angebracht ist.

„Die Terranauten“ erzählt lose basierend auf einer wahren Geschichte von vier Männern und vier Frauen, die sich für zwei Jahre unter einer Glaskuppel einsperren lassen wollen, um die Stabilisierung eines geschlossenen Ökosystems zu erforschen. Die Einblicke ins Innere der Beteiligten und die zwischenmenschlichen Dynamiken fand ich höchst faszinierend. Immer neue Zwischenfälle und zu treffende Entscheidungen hielten trotz des eher ruhigen Tempos die Spannung aufrecht. Ein herausragender Roman, der mich durchweg begeistern konnte!

Veröffentlicht am 21.03.2017

Von der rebellischen Schülerin zur knallharten Kämpferin, die ihren Vater sucht

Cruelty: Ab jetzt kämpfst du allein
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Die siebzehnjährige Gwendolyn Bloom ist ein Diplomatenkind. Aktuell lebt sie in New York und besucht dort eine Privatschule. Ihr Vater arbeitet für die UN und ist die einzige Person, die sie als Familie ...

Die siebzehnjährige Gwendolyn Bloom ist ein Diplomatenkind. Aktuell lebt sie in New York und besucht dort eine Privatschule. Ihr Vater arbeitet für die UN und ist die einzige Person, die sie als Familie betrachtet, seit ihre Mutter vor 10 Jahren bei einem Angriff in Algier ums Leben kam. Doch dann verschwindet ihr Vater auf einer Dienstreise nach Paris. Wurde er entführt oder ist er auf eigene Faust vom Radar verschwunden? Im Zuge der Ermittlungen erkennt Gwendolyn, dass ihr Vater all die Jahre als Spion tätig war. Als die Suche nach ihm eingestellt wird, beschließt sie, auf eigene Faust weiterzusuchen. Sie lässt ihr altes Ich hinter sich und begibt sich auf höchst gefährliches Terrain.

Mit seinem knallorangen Titel und Buchschnitt ist dieser Thriller ein Hingucker, der sofort mein Interesse weckte. Im ersten Kapitel lernt man Gwendolyn als normale, etwas rebellische Schülerin kennen, die fünf Sprachen spricht und nicht so reich ist wie die anderen Privatschüler. Doch die Geschichte wird schon bald düster, weshalb ich gut verstand, dass das Buch trotz des Alters der Protagonistin im Erwachsenenprogramm des Verlags veröffentlicht wurde. Bevor es so weit ist, lernt der Leser Gwendolyn aber erst einmal besser kennen. Auch nach 10 Jahren belastet sie der Tod ihrer Mutter immer noch sehr, und auch über die ständigen Dienstreisen ihres Vaters ist sie nicht glücklich. Am liebsten möchte sie ein ganz normales Leben führen und freut sich sehr, als ihr Mitschüler Terrance echtes Interesse an ihr zeigt.

Nach diesem ruhigen Einstieg wird Gwendolyns Leben mit dem Verschwinden ihres Vaters aus den Angeln gehoben. Es folgt eine Phase der Ungewissheit, in welcher sie die Information verarbeiten muss, dass ihr Vater all die Jahre als Spion gearbeitet hat. Ich konnte nicht so recht glauben, dass sie all die Jahre nichts gemerkt haben will. Doch sie schaltet schnell um und wagt schließlich den großen Schritt, alles hinter sich zu lassen und sich selbst auf die Suche zu begeben. Fast ein Drittel des Buches ist an diesem Punkt schon gelesen, und wer bis hierhin durchgehalten hat, wird mit einer spektakulären und rasanten Story belohnt.

Innerhalb weniger Wochen macht Gwendolyn in einer Rocky-mäßigen Zusammenstellung kurzer Szenen eine umfassende Transformation durch und wird zur knallharten Kickass-Heldin. Sie versteht schnell, dass sie es mit höchst gefährlichen Verbrechern zu tun bekommen wird, wenn sie etwas über das Schicksal ihres Vaters erfahren will. Deshalb nimmt sie erst einmal eine falsche Identität an, die sie fünf Jahre älter macht. Das passte viel besser zu ihrem Auftreten und hätte für mich von vornherein ihr echtes Alter sein dürfen. Wie glaubwürdig man diese rasante Wandlung findet, muss jeder für sich selbst entscheiden. Fakt ist, dass mich die neue Gwendolyn bestens unterhalten konnte. Immer wieder wird sie angegriffen und muss sich verteidigen, muss entscheiden wem sie vertraut und riskante Wagnisse eingehen, um an Informationen zu gelangen. Ihre Suche führt sie in die dunkelsten und gefährlichsten Ecken verschiedener Großstädte. Hier gelingt es dem Autor gut, die Atmosphäre der Stadtteile einzufangen, die Touristen meist nicht zu sehen bekommen.

Gwendolyn wächst zunehmend in ihre neue Identität hinein. Immer wieder muss sie Teile ihres alten Selbst aufgeben, um weiterzukommen. Es gibt spektakuläre, aber auch grausame Szenen, die ich absolut kinoreif fand. Die Protagonistin war immer wieder für eine Überraschung gut und ging weiter, als ich es ihr zugetraut hätte. Atemlos las ich mich durch die Seiten bis hin zu einem irren Showdown. Wer dachte, dass es danach vorbei ist, wird noch mal mit einem Twist belohnt. Das Ende ist relativ offen und ich vermisste ein bestimmtes Gespräch ganz besonders, weshalb ich mich schon jetzt auf die bereits angekündigte Fortsetzung freue.

Lasst Euch bei „Cruelty. Ab jetzt kämpfst du allein“ nicht vom harmlosen Beginn täuschen. Nach einer längeren Aufwärmphase nimmt das Buch so richtig an Fahrt auf. Aus der rebellischen Schülerin wird eine knallharte Kämpferin, die alles auf eine Karte setzt, um herauszufinden, was mit ihrem Vater geschehen ist. Actionreiche und schockierende Szenen konnten mich mitreißen und ich fieberte mit, wie weit Gwendolyn bereit ist zu gehen. Ich vergebe sehr gute vier Sterne. Ein Buch für alle, die Lust auf einen Spionagethriller mit einer starken weiblichen Protagonistin haben.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Was ist mit der Perlenkette von Sophias Großmutter geschehen?

Die Perlenfrauen
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Sophia ist eine Tochter aus reichem Hause, die den Großteil ihrer Zwanziger als It-Girl in Londoner Clubs und Schlagzeilen verbracht hat. Doch seit ihre Eltern ihr endgültig den Geldhahn zugedreht haben, ...

Sophia ist eine Tochter aus reichem Hause, die den Großteil ihrer Zwanziger als It-Girl in Londoner Clubs und Schlagzeilen verbracht hat. Doch seit ihre Eltern ihr endgültig den Geldhahn zugedreht haben, lebt sie gemeinsam mit ihrem besten Freund Hugo, der ihr Schicksal teilt, im heruntergekommenen Haus eines Bekannten. Ihre Großmutter Tilly steht als einziges Familienmitglied mit ihr in Kontakt. Sie ist schwer krank und schickt ihr Briefe mit ihren Memoiren und der Bitte, sie besuchen zu kommen. Nach langem Zögern ringt sich Sophia zu einem Besuch durch und erfährt Tillys sehnlichsten Wunsch: Sie möchte, dass Sophia die Perlenkette findet, die Tilly einst von ihrem Vater geschenkt bekam. Tilly hat sie zuletzt 1981 gesehen, als sie sich im Besitz ihrer Tochter, also Sophias Mutter, befand. Doch diese streitet die Existenz der Perlenkette ab. Sophia bleibt hartnäckig und begibt sich auf Spurensuche…

Das Cover von „Die Perlenfrauen“ ist schlicht und für mich gleichzeitig ein Hingucker. Die pink-orangen Blumensilhouetten machen Lust auf den Frühling und versprechen eine gefühlvolle Familiengeschichte. Das Buch beginnt mit einem Ausschnitt aus Tillys Memoiren. Sie war einst eine berühmte Schauspielerin und hat ein bewegtes Leben hinter sich. Diese Erinnerungen teilt sie nun mit ihrer Enkelin Sophia. Ich fand sie zu Beginn leider nicht sonderlich sympathisch, denn auf mich machte wirkte sie oberflächlich, naiv und egoistisch.

Parallel lernt man Dominic kennen. Einige Wochen zuvor hat sich seine Frau von ihm getrennt und er ist für einen Dokumentarfilm nach Ecuador aufgebrochen. Jetzt kehrt er nach New York zurück und findet seine Wohnung leer und verlassen vor. Dominic ist ein ehrlicher und liebenswerter Charakter, den ich sehr mochte. Er muss sich damit auseinander setzen, wie es für ihn weitergehen soll. Der Zusammenhang mit Sophias Geschichte wird aber nicht klar und so soll es bis kurz vor Schluss bleiben. So sehr ich ihn auch mochte, so belanglos war ein großer Teil seiner Erlebnisse und Erinnerungen.

Spannend fand ich die Geschichte der Japanerin Aiko, die sich an ihre Kindheit unter Perlentaucherinnen erinnert. Die exotischen Einblicke in diesen kräftezehrenden und gleichzeitig faszinierenden Beruf fand ich gelungen. Und Tillys Erinnerungen an die Kriegszeit erklären, warum ihr das Geschenk ihres Vaters so wichtig ist. Doch insgesamt zog sich die Geschichte durch den ausschweigenden Erzählstil der Autorin in die Länge. Man erfährt mehr oder weniger die komplette Lebensgeschichte jeder an der Handlung beteiligten Person und ich fand nicht alles davon interessant und relevant.

Für mich hätte die Story deshalb deutlich straffer erzählt werden dürfen. Erst auf der Hälfte des Buches besucht Sophie überhaupt ihre Großmutter und erhält den Auftrag, die Perlenkette zu suchen. Nur langsam nimmt die Geschichte an Schwung auf und offenbart auch neue Seiten an Sophia, die sie mir sympathischer machten. Sämtliche brisanten Geheimnisse hebt sich die Autorin für das große Finale auf, in dem sich die Schicksale der verschiedenen Charaktere endlich kreuzen. Hier gab es so manches Oh und Ah und schließlich wird es auch ein bisschen kitschig. Das hat mich sehr gut unterhalten können und war ein toller Abschluss für diesen Roman.

In „Die Perlenfrauen“ macht sich Sophia in London auf die Suche nach den verlorenen Perlen ihrer berühmten Großmutter. Parallel werden die Geschichten von Dominic in New York und Aiko in Tokio erzählt. Der Leser erhält äußerst umfassende Einblicke in die Leben aller Beteiligten und darf so manchen emotionalen Moment miterleben. Im gelungenen Finale werden die Zusammenhänge schließlich klar und so manches Geheimnis wird gelüftet. Der Weg dorthin war mir leider zu lang. Ich vergebe drei Sterne.