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Veröffentlicht am 04.01.2017

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht...

Das Paket
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Emma ist als Psychiaterin tätig und hält auf einer Konferenz einen aufsehenerregenden Vortrag. Erschöpft vom Tag nimmt sie das Angebot des Veranstalters an und schläft im Hotel in der eigenen Stadt. Doch ...

Emma ist als Psychiaterin tätig und hält auf einer Konferenz einen aufsehenerregenden Vortrag. Erschöpft vom Tag nimmt sie das Angebot des Veranstalters an und schläft im Hotel in der eigenen Stadt. Doch die Nacht soll zum grauenhaften Albtraum werden: Emma wird Opfer des „Frisörs“ einem Serienmörder, der ihr die Haare schert, sie vergewaltigt und einen Abbruch ihrer Schwangerschaft auflöst. Doch die Polizei zweifelt an, dass Emma wirklich ein Opfer ist. Der „Frisör“ hat alle anderen Opfer getötet und ein Zimmer mit der Nummer 1904 und einem Porträt Ai Weiweis gibt es im Hotel nicht. Doch Emma bleibt bei ihrer Version der Ereignisse. Traumatisiert von ihren Erfahrungen sichert sie ihr Haus umfassend ab und verlässt es monatelang nicht mehr. Bis ihr Postbote sie eines Tages bittet, ein Paket für den Nachbarn anzunehmen…

Endlich wieder ein neuer Fitzek! Jedes Jahr aufs Neue fiebere ich auf den Moment hin, in dem ich ein neues Buch des Autors in den Händen halten darf. Zum Jubiläum „10 Jahre Fitzek“ kommt die Neuheit in besonders herausstechender Aufmachung daher: Sie ist tatsächlich als Paket verpackt, unter der Umverpackung hat das Buch selber noch einmal die gleichen Paket-Aufmachung. Das sieht richtig toll aus und erhöhte noch einmal meine Vorfreude auf die Lektüre.

Die Geschichte beginnt gleich mit einem echten Gänsehaut-Prolog. Man lernt die kleine Emma kennen, in deren Schrank ein Geist namens Arthur lebt. Bislang hat sie mit Arthur nur durch die geschlossene Tür gesprochen, doch in jener Nacht steigt er zum ersten Mal aus dem Schrank. 28 Jahre später hat Emma dank einiger Therapiestunden nur noch eine blasse Erinnerung an ihren imaginären Freund von damals. Doch dem Leser wird nur ein winziger Moment des Durchatmens gegönnt, bevor ich das nächste Grauen in Form des „Frisörs“ erwartet, der Emma einen grausigen Besuch abstattet.

Das Buch weist ein hohes Tempo auf und riss mich von der ersten Seite an mit, um mich bis zum Schluss nicht mehr loszulassen. Ich wollte unbedingt wissen, was hinter Emmas Geschichte steckt – ist sie wirklich ein Opfer des „Frisörs“, und warum lebt sie dann noch? Doch damit nicht genug, der Autor wirft fleißig weitere Fragen auf. Warum ist Emma Monate später selbst angeklagt? Immer tiefer taucht der Leser in Emmas Erinnerungen ein und durchlebt mit ihr einen anderen schlimmen Tag einige Wochen zuvor.

An diesem Buch gefällt mir richtig gut, dass es mit recht einfachen Mitteln auskommt: Ein simples Paket wird zum Auslöser schockierender Ereignisse und die meiste Zeit über spielt die Geschichte im Haus der Protagonistin. Zudem konnte ich mich dank der eindringlichen Beschreibungen gut in Emmas paranoide Gedankenwelt hineinversetzen. Ich habe ihre Emotionen und damit verbundenen Handlungen nachvollziehen können, während mein rationaler Blick auf das Geschehen deren Irrationalität aufdeckte. Als Psychiaterin ist Emma zum Teil sogar selber zu dieser Leistung imstande und trotzdem nicht in der Lage, sich anders zu verhalten. Ihre hohe Selbstreflexion fand ich besonders interessant, durch sie wird noch einmal deutlich, dass eins bei Emma zwingend zum anderen führen musste. Natürlich bewegt sich Fitzek wieder am Limit der Plausibilität und hat für meinen Geschmack hier und da mal einen größeren Schritt über deren Grenze gemacht. Insgesamt bot das Buch aber bis zum überraschenden und befriedenden Schluss beste spannende Unterhaltung.

10 Jahre Fitzek! Zum Jubiläum beweist Sebastian Fitzek wieder einmal, dass er ein Meister auf dem Gebiet des Psychothrillers ist. „Das Paket“ bietet eine eindringliche, beklemmende Geschichte, die immer wieder die Richtung ändert und den Leser zu fesseln weiß. Das Buch ist vielschichtig, zugleich rasant erzählt und einfach verständlich, sodass ich mühelos in Emmas Gedankenwelt eintauchen konnte. Ein klares Muss für alle Fans des Psychothrillers!

Veröffentlicht am 04.01.2017

Warum ist Johannas Vater damals wirklich verschwunden?

Familie der geflügelten Tiger
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Statt nach ihrem Abitur im mütterlichen Sinne ein Studium zu beginnen, ist Johanna von der Uckermark nach Berlin gezogen, um Straßenbahnfahrerin zu werden. Bei ihrem ersten Heimatbesuch nach ihrem Auszug ...

Statt nach ihrem Abitur im mütterlichen Sinne ein Studium zu beginnen, ist Johanna von der Uckermark nach Berlin gezogen, um Straßenbahnfahrerin zu werden. Bei ihrem ersten Heimatbesuch nach ihrem Auszug findet sie auf dem Anrufbeantworter ihrer Mutter eine Nachricht von ihrem Vater Jens. Dieser hat nichts mehr von sich hören lassen, seit er im Oktober 1989 verschwunden ist und ein halbes Jahr später eine Postkarte geschickt hat. Als sie sich dazu durchringt, zurückzurufen, erfährt sie von ihrer Halbschwester die traurige Neuigkeit: Jens ist schwer krank. Johanna beschließt, ihn zu besuchen und endlich die Wahrheit über sein Verschwinden kurz vor dem Fall der Mauer herauszufinden. Wird sie zufriedenstellende Antworten finden?

Von der ersten Seite an ist es mit leicht gefallen, in die Geschichte einzutauchen. Die Protagonistin Johanna lässt den Leser ganz offen an ihrem Leben und ihren Gedanken teilhaben. Erst vor wenigen Monaten hat sie sich über den Willen ihrer Mutter hinweg gesetzt und eine Ausbildung zur Straßenbahnfahrerin in Berlin begonnen. Raus aus der Provinz, rein in die Großstadt und einen Job, der eng mit ihrer Sammel-Leidenschaft für Landkarten verbunden ist. Von einer Karte in ihrer Sammlung leitet sich auch der Buchtitel ab: Sie betrachtet immer wieder gern einen Nachdruck der Ebstorfer Weltkarte, auf der ihr ein geflügelter Tiger besonders gut gefällt.

Die Kartenzeichner von damals wandten bei dieser Karte wohl genauso viel Fantasie an, um Lücken zu schließen, wie es Johanna schon lange tut, wenn es um die Frage geht, warum ihr Vater damals verschwunden ist. Hat er sich in den Westen rübergemacht, wie ihre Mutter behauptet? Oder ist er von der Stasi als Musiker aufgrund seiner Texte verhaftet worden? Sehr gut konnte ich ihren Wunsch verstehen, endlich Gewissheit zu haben und gleichzeitig ihre Unsicherheit, wie sich ein Aufeinandertreffen mit Jens nach so einer langen Zeit wohl anfühlen wird.

Johannas Verhältnis zu ihrer Mutter Astrid ist gut, aber nicht sonderlich innig. Astrid kümmert sich am liebsten voller Liebe um verletzte Tiere, die sie findet. Warum sie aber einst Veterinärmedizin studiert und ein Tierheim geleitet hat, sich jetzt aber mit einem Job in einem Streichelzoo zufrieden gibt, sagt sie nicht. Überall trifft Johanna auf Verschwiegenheit, die sie endlich überwinden will. Doch wie weit kann man gehen, um etwas herauszufinden? Welchen Preis ist man bereit, dafür zu zahlen? Während der Lektüre dachte ich intensiv über diese Fragen nach, unterstützte Johannas Entscheidungen manchmal und fand meine persönliche Grenze, ab der ich ihr Verhalten kritisch sah.

Der Ton der Erzählung ist ruhig und die Konversationen werden ausschließlich in indirekter Sprache beschrieben. Das bestärkte die melancholische Atmosphäre des Romans. Auch wenn der Roman im Jahr 2007 spielt, hat Johanna sich intensiv mit der Zeit kurz vor der Wende auseinandergesetzt und kehrt gedanklich immer wieder zu möglichen Szenarien des Verschwindens ihres Vaters zurück. Diese Kontrastierung fand ich gelungen. Fantasie und Fakten sind nicht eindeutig trennbar, doch genau wie die Protagonistin lernte ich allmählich, genau das zu akzeptieren. Den Schluss erlebte ich deshalb als genau richtig für diesen Roman.

In „Familie der geflügelten Tiger“ begleitet der Leser Johanna, die zum ersten Mal seit 18 Jahren etwas von ihrem Vater hört. Jetzt will sie endlich wissen, warum er damals wirklich verschwunden ist. Die Geschichte erzählt von der Suche nach Wahrheit, dem Umgang mit Schweigen, wo Antworten erwartet werden und dem Einsatz von Fantasie, wo Lücken bleiben. Für mich ein eindringliches Leseerlebnis, das mich ins Nachdenken gebracht hat. Sehr gern empfehle ich das Buch weiter.

Veröffentlicht am 04.01.2017

Eine bezaubernde Reise ins winterliche Paris und Venedig!

Das Café der kleinen Wunder
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Nelly studiert Philosophie und ist seit ihrem ersten Arbeitstag als Assistentin ihres Professors vor einem Jahr in ihn verliebt. Er ist zwar ein gutes Stück älter als sie, doch Nelly hat so viele Gemeinsamkeiten ...

Nelly studiert Philosophie und ist seit ihrem ersten Arbeitstag als Assistentin ihres Professors vor einem Jahr in ihn verliebt. Er ist zwar ein gutes Stück älter als sie, doch Nelly hat so viele Gemeinsamkeiten entdeckt, dass sie in ihren Augen einfach zusammengehören. Dummerweise muss sie sein Angebot, ihn auf eine Dienstreise nach New York zu begleiten, aufgrund ihrer Flugangst absagen. Gerade das wäre endlich eine Chance gewesen, mehr Zeit miteinander zu verbringen! Als sie kurze Zeit später endlich den Schritt wagen und ihre Gefühle gestehen will, macht sie eine Entdeckung, die sie völlig aus der Bahn wirft. Da hilft nur noch eins: Raus aus Paris! Auf den Spuren ihrer Großmutter reist Nelly für vier Wochen nach Venedig. Was sie dort wohl erwartet?

Ein Buch, das sowohl in Paris als auch in Venedig spielt? Das klang für mich gleich verlockend, sodass ich neugierig zu „Das Café der kleinen Wunder“ gegriffen habe. Gleich auf der ersten Seite lernt der Leser Nelly als Frau kennen, die in ihren Professor verliebt ist. Seit der ersten Begegnung ist sie überzeugt davon, dass sie wie geschaffen füreinander sind. Doch zu einem Geständnis ihrer Gefühle kann sie sich nicht durchringen, sie will es langsam angehen lassen und auf den richtigen Moment warten. Dumm nur, dass die größte Chance an ihrer Flugangst scheitert!

Schnell war ich mitten drin in der Geschichte und hatte einen guten ersten Eindruck von Nelly und ihrem Gefühlsleben gewonnen. Der Roman nimmt sich zu Beginn viel Zeit, den Leser an ihren Gedanken teilhaben zu lassen und ließ mich ihre Einstellung nachvollziehen. Gleichzeitig stimmte ich den Ratschlägen ihrer Umgebung zu, nun endlich einen Versuch zu wagen, um Gewissheit zu haben. Diese Ratschläge kommen zum einen von ihrer Schwester und zum anderen von einem lebenslustigen Musiker, den sie zufällig auf der Straße trifft. Eine wirklich unterhaltsame Begegnung und mein erstes kleines Highlight der Geschichte.

Bereits ein gutes Drittel des Buches ist gelesen, da geht es endlich nach Venedig. Darauf hatte ich mich von Beginn an gefreut. Mit den Beschreibungen dieser besonderen Stadt wurde bei mir schon bald das Fernweh geweckt. Nelly ist von der Atmosphäre des winterlichen Venedigs ebenfalls angetan. Nicht ganz so begeistert ist sie von den Avancen eines schönen Italieners, den sie als Gigolo einschätzt. Doch der zeigt Hartnäckigkeit und ungeahnte Facetten. Bald hoffte ich, dass sie doch noch zueinander finden. Mit hat es hat Spaß gemacht, das Hin und Her zwischen den beiden zu verfolgen.

Mein Lesefluss wäre noch besser gewesen, wenn der Autor die Geschichte etwas straffer und stringenter erzählt hätte. Immer wieder gab es für mich unnötige wortgleiche Wiederholungen von Fakten oder Feststellungen, die ich bereits kannte. Zudem macht das Buch Zeitsprünge und greift mit einer Ankündigung kurz vor, um dann sehr weit auszuholen, bis man wieder am Ausgangspunkt landet. Das hat mich mehr verwirrt als meine Neugier gesteigert.

Zum Ende hin steigert sich die Geschichte noch einmal deutlich. Die Situation spitzt sich zunehmend zu, sodass ich mithoffte und -bangte. Ein brisantes Zusammentreffen und verschiedene Entdeckungen verliehen dem Buch zusätzlichen Schwung. Auch in Bezug auf die Verbindung, die Nellys Großmutter zu Venedig hat und die ursprünglich der Anlass für Nellys Reise war, gibt es endlich berührende Enthüllungen. Alles in allem waren es ganz starke letzte Kapitel bis hin zu einem Luft-Anhalten-Moment zum Schluss, welche die Geschichte toll abgeschlossen haben.

„Das Café der kleinen Wunder“ erzählt die Geschichte von Nelly, die für vier Wochen von Paris nach Venedig reist, um den Kopf freizubekommen und mehr über die Vergangenheit ihrer Großmutter zu erfahren. Venedig nimmt Nelly ihre Melancholie; die Stadt zieht sie in ihren Bann und schafft die richtigen Voraussetzungen für einen emotionalen Neuanfang. Diese bezaubernde Liebesgeschichte weckt definitiv Fernweh!

Veröffentlicht am 04.01.2017

Eine Wasserleiche in den Backwaters - das ist ein neuer Fall für David Hunter!

Totenfang
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Seit der forensische Anthropologe David Hunter im vergangenen Herbst bei Ermittlungen im Dartmoor unabsichtlich einen Skandal auslöste, bleiben für ihn die Aufträge aus. Erst Monate später meldet sich ...

Seit der forensische Anthropologe David Hunter im vergangenen Herbst bei Ermittlungen im Dartmoor unabsichtlich einen Skandal auslöste, bleiben für ihn die Aufträge aus. Erst Monate später meldet sich die Polizei aus Essex bei ihm. Eine Wasserleiche wurde in einer Flussmündung nördlich von Mersea Island gesichtet, die am nächsten Morgen bei Ebbe geborgen werden soll. Die Polizei steht unter Druck, denn sechs Wochen zuvor ist der Sohn einer wohlhabenden, einflussreichen Familie verschwunden. Dieser wird wiederum verdächtigt, mit dem Verschwinden einer Frau mehrere Monate zuvor in Verbindung zu stehen. David bringt sich nicht nur mit seinem Wissen, sondern bald auch mit weiteren Entdeckungen in die Ermittlungen ein. Denn die tückischen Backwaters haben so manches Geheimnis lang genug bewahrt.

Endlich ein neuer Thriller rund um David Hunter! Fünf Jahre lang haben Fans wie ich sehnsüchtig auf einen neuen Fall gewartet, und ich habe mich riesig über die Nachricht gefreut, dass es nun so weit ist. Neugierig stürzte ich mich sofort in die Geschichte. Im Roman sind seit dem letzten Fall nur einige Monate vergangen, die für David allerdings höchst ernüchternd waren. Denn seit den Ereignissen im Dartmoor ist er als Unruhestifter in Verruf geraten. Auch die Universität scheint nicht sonderlich erpicht, jemanden mit seinem Ruf noch länger zu beschäftigen. Als auch noch bei ihm eingebrochen wird und ihm eine Party inklusive Verkupplungsabsicht bevorsteht, ist seine Frustration vollkommen. Doch da kommt die erlösende Nachricht, dass er für eine Leichenbergung angefordert wurde.

Im Nu war ich als Leserin wieder mitten drin in einer neuen Ermittlung. Nach wenigen Seiten macht sich David auf den Weg in die Backwaters und unterstützt bei der Bergung einer Wasserleiche. Dabei erhält man umfassende Einblicke in die Frage, was mit Leichen geschieht, wenn sie eine Weile im feuchten Nass gelegen haben. Bei den detailreichen Schilderungen wird jedem Hunter-Liebhaber das Herz aufgehen. Schnell fühlt es sich so an, als wäre unser liebster forensischer Anthropologe nie weg gewesen.

Zwar erhält David auch die Gelegenheit, sein Wissen im Labor auf die gereinigten Knochen anzuwenden. Das spielt in diesem Buch allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen ist er viel vor Ort unterwegs, macht wichtige Beobachtungen und Funde und erfährt in Gesprächen mehr darüber, was die Anwohner über die kürzlichen Ereignisse denken. Ständig erhält man eine neue Sicht auf die Dinge, was die Geschichte in Schwung hielt. Doch mit Zufall konnte die Masse an neuen Erkenntnissen bald nicht mehr zufriedenstellend erklärt werden, hier verlor die Geschichte für mich etwas an Glaubwürdigkeit.

Neben David Hunter fand ich auch Rachel Darby sehr sympathisch. Die Schwester der Vermissten behält trotz der angespannten Situation meist einen kühlen Kopf und versteht es sehr gut, die Lage zu analysieren. Andere Charaktere bleiben hingegen undurchschaubar und waren gerade deshalb interessant. Was geht im Kopf von Edgar vor sich, der sich um verletzte Tiere kümmert und auf andere Menschen kaum reagiert? Oder in dem von Sir Stephen, der von einer Hausdurchsuchung nichts wissen will?

Den Spannungsbogen fand ich überaus gelungen, da die Geschichte immer wieder in eine neue Richtung gelenkt wird oder Dinge in anderem Licht erscheinen lässt. Ich wage zu behaupten, dass es nahezu unmöglich ist, vorzeitig alle Zusammenhänge zu erraten, und doch fallen mit den entscheidenden Enthüllungen zum Ende des Buches hin alle Puzzlestücke an ihren Platz. Trotz ruhigerer Phasen konnte mich die Geschichte deshalb bis zum Schluss begeistern.

Mit „Totenfang“ erscheint endlich ein neuer Fall für David Hunter, der zu überzeugen weiß. Ein kluger Handlungsaufbau mit vielen unvorhersehbaren Wendungen macht die Geschichte interessant, und auch wer auf neue Einblicke in die Welt der forensischen Anthropologie gewartet hat, kommt auf seine Kosten. Trotz eines Zuviel an Zufällen konnte mich das Buch durchweg fesseln. Ich spreche eine klare Leseempfehlung an alle Hunter-Fans aus!

Veröffentlicht am 04.01.2017

Der Computer in deinem Kopf - Fluch oder Segen?

Bluescreen
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Marisa lebt im Los Angeles des Jahres 2050, in dem der Großteil der Bevölkerung durchgängig online ist. Mithilfe eines sogenannten Djinnis, einem Implantat im Kopf, kann man sich jederzeit im Netz bewegen ...

Marisa lebt im Los Angeles des Jahres 2050, in dem der Großteil der Bevölkerung durchgängig online ist. Mithilfe eines sogenannten Djinnis, einem Implantat im Kopf, kann man sich jederzeit im Netz bewegen und sich per Kopfbuchse direkt an Geräte anschließen. Am liebsten spielt sie mit ihren Freunden das virtuelle Kampfspiel Overworld oder setzt ihre Fähigkeiten als Hackerin ein. Doch dann nimmt ihre Freundin Anja eine virtuelle Droge namens Bluescreen zu sich. Statt nach dem Kick kurz bewusstlos zu sein, beginnt sie zu schlafwandeln und gefährliche Dinge zu tun. Was steckt dahinter? Sind noch mehr betroffen? Marisa und ihre Freunde beginnen mit den Nachforschungen und stechen damit in ein Wespennest…

Das Cover des Buches ist schlicht und futuristisch und passt sehr gut zu der digitalen Welt, in welcher ich mich zwischen den Buchdeckeln wiederfand. Die Geschichte startet temporeich, denn der Leser wird mitten in eine Schlacht hineingeworfen. Aus der Unterhaltung zwischen Marisa und ihrer Freundin Sahara konnte man bald schließen, dass das Gefecht online stattfindet. Im Kontrast dazu wirkt die echte Welt, die man kurz darauf kennenlernt, farblos und langweilig. Schnell habe ich nachvollziehen können, was für Jugendliche wie Marisa an der Möglichkeit, durchgängig online zu sein, so reizvoll ist.

Die Geschichte nimmt sich zunächst die Zeit, dem Leser die Charaktere vorzustellen. Die Protagonistin Marisa ist eine ausgezeichnete Hackerin, die ihre Fähigkeiten gern dazu einsetzt, ihre Anwesenheit in der Schule vorzutäuschen. Ihre große Familie ist ihr wichtig, sie hilft oft im Restaurant ihrer Familie aus und es schmerzt sie, dass ihr großer Bruder mit ihrem Vater gebrochen hat. Ihre besten Freundinnen sind Saraha, die immer von zwei Kameranulis begleitet wird, um ihren Videofeed zu füttern, und Anja, die Tochter eines der reichsten und mächtigsten Männer der Stadt. Außerdem gibt es noch Bao, Marisas einzigen Freund ohne Djinni, und Omar, der Sohn des Mafiabosses von Mirador. Sie alle sind sich nicht immer über die nächsten Schritte einig, müssen sich aber vor dem Hintergrund der Ereignisse zusammenraufen und an einem Strang ziehen.

Dan Wells hat seinen Weltentwurf bis ins letzte Detail durchdacht und gibt dem Leser mit Liebe zum Detail ausführlichste Einblicke in sein futuristisches Setting. Autos fahren von selbst, Nulis haben einen Großteil der Jobs übernommen und ein Chip in jedem Kleidungsstück enthält Informationen, wie es gewaschen und verstaut werden soll. Die Erklärungen sind begrenzt, was ein bestimmter Begriff bedeutet und wie Dinge funktionieren muss man oft aus dem Zusammenhang schließen. Wer sich für Technologie in Science Fiction interessiert, ist hier genau richtig. Für mich persönlich hätten die technischen Beschreibungen aber knapper ausfallen können.

Die Geschichte braucht seine Zeit, um in Schwung zu kommen. Bald testet Anja zum ersten Mal die Droge Bluescreen, dann vergeht noch mal etwas Zeit, bis die reale Gefahr, die davon ausgeht, offensichtlich wird. Als die groben Zusammenhänge klar waren, fand ich es dann richtig spannend. Offensichtlich kann es auch erhebliche Nachteile haben, immer online zu sein. Können Marisa und ihre Freundinnen herausfinden, wer hinter all dem steckt? Hier kommen Marisa ihre Hackerfähigkeiten sehr zugute. Ich fand es allerdings erstaunlich, wie einfach ihr all dies gelingt. Wo hat sie das gelernt? Wieso können sich Unternehmen und Softwarehersteller nicht besser schützen? Trotz dieser offenen Fragen habe ich neugierig weitergelesen bis hin zu einem großen Finale, in dem alles auf dem Spiel steht.

„Bluescreen“ bietet ausgeklügelte Sci Fi und nimmt den Leser mit ins Jahr 2050, in dem fast jeder durchgängig online ist. Bald zeigt sich aber, dass die neue Technologie auch große Gefahren birgt. An der Seite der furchtlosen Protagonistin Marisa begibt sich der Leser auf Verbrecherjagd – sowohl in der virtuellen als auch in der realen Welt. Für mich waren die technischen Einblicke etwas zu ausführlich und ich vermisste Antworten auf einige Fragen, die sich mir aufdrängten. Insgesamt war das Buch aber spannend und konnte mich zunehmend fesseln. Technologieaffine Sci Fi Fans werden hier voll auf ihre Kosten kommen! Ich vergebe vier Sterne für den Zeitsprung in eine Welt, in welcher man seinen Computer im Kopf trägt und durchgängig mit dem Netz verbunden sein kann.