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Veröffentlicht am 10.03.2022

Unbekanntes Kapitel deutscher Geschichte

Die Diplomatenallee
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Anfang der 1960er Jahre wurde die Graphologie nicht nur in Instituten erforscht, sondern auch in der praktischen Arbeit erprobt. Aufträge von Personalchefs trafen ein, um die Handschriften ihrer Mitarbeiter ...

Anfang der 1960er Jahre wurde die Graphologie nicht nur in Instituten erforscht, sondern auch in der praktischen Arbeit erprobt. Aufträge von Personalchefs trafen ein, um die Handschriften ihrer Mitarbeiter analysieren zu lassen. Die Wissenschaft genoss Achtung in der Arbeitswelt. Wer Schriften richtig lesen vermochte, für den waren die Mitmenschen gläsern. Heike Holländer entwickelte eine besondere Begabung für die Graphologie. Doch plötzlich hatte sie ihr Studium abgebrochen und dem Institut den Rücken gekehrt. Nun betrieb sie gemeinsam mit ihrem Mann einen Schreibwarenladen. Im Jahr 1974 sollte in Bonn eine Ständige Vertretung der DDR eröffnet werden. Ihr ehemaliger Professor Buttermann vom Graphologischen Institut setzt sie unter Druck und erpresst Heike, damit sie wieder Gutachten erstellt. Es galt eine große Anzahl handgeschriebener Lebensläufe zu beurteilen, deren Auftraggeber die DDR war. Sie trugen eine gewisse Verantwortung, denn ihre Gutachten würden entscheiden, wer künftig in der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn arbeiten durfte. Doch plötzlich merkt Heike, dass sie immer mehr zwischen die Fronten gerät.

Da sich das Geschehen erst langsam entwickelte, dauerte es einige Zeit bis ich in der Geschichte angekommen war. Das Buch ist in drei Teile gegliedert und beschreibt die Zeit vom 5. Februar 1974 bis zum 6. Mai 1974. Geschickt lässt die Autorin nicht nur historische Ereignisse wie die Suche nach Baader/Meinhof und die Enttarnung von Günter Guillaume mit der Geschichte aufleben, sondern beschreibt auch die damalige Zeit in Bonn. Der Roman bringt etwas Licht in ein Kapitel deutscher Geschichte, die fast unbekannt ist.

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Veröffentlicht am 06.03.2022

Als Frauen noch nicht dazu gehörten

Eine Frage der Chemie
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Das Buch spielt zu einer Zeit, als alles noch ganz anders war und Frauen noch nicht dazu gehörten. Die Chemikerin Elizabeth Zott arbeitet im Hastings Forschungsinstitut und musste täglich Demütigungen ...

Das Buch spielt zu einer Zeit, als alles noch ganz anders war und Frauen noch nicht dazu gehörten. Die Chemikerin Elizabeth Zott arbeitet im Hastings Forschungsinstitut und musste täglich Demütigungen über sich ergehen lassen. In Calvin Evans, ein Chemiker und Nobelpreiskandidat, hatte sie jemand getroffen mit dem sie reden konnte und der sich in ihren Verstand verliebt hatte. Calvin gab ihr den Rat, nicht gegen das System anzukämpfen, sondern es zu überlisten. Als ihr dann eine TV-Kochshow angeboten wurde, griff sie zögernd zu, aber die Stelle wurde besser bezahlt, als ihre Arbeit im Labor.

Bonnie Garmus gibt in ihren Roman wunderbare Einblick in die gesellschaftliche Stellung der Frauen Ende der 50er – Anfang der 60er Jahre. Als Frau hatte man es zu der Zeit viel schwerer, für sie galten die 3 K’s – Küche – Kinder – Kirche. Die Arbeitgeber hatten kein Interesse an Frauen in der Wissenschaft, sie wurden nur auf ihre Weiblichkeit reduziert. Elizabeth ist eine starke Persönlichkeit, die sich nicht so leicht unterkriegen lässt und sagt, was sie denkt. Jeder Mensch hat eine Grenze, was er oder sie ertragen kann und so nimmt Elizabeth die Stelle in der Kochsendung an. Neben Elizabeth gefiel mir auch der Charakter der Nachbarin Harriet. Sie unterstützt Elizabeth und da diese nun beim Fernsehen gut bezahlt wird, bekommt Harriet einen Lohn. Es war ihr erstes selbst verdientes Geld und dies tat ihrem Selbstbewusstsein gut.

Der ganze Roman liest sich flüssig, spannend und interessant mit einem besonderen Humor gewürzt. Bonnie Garmus jongliert mit den Worten. Es gibt wunderbare Satzperlen, die ich mir am liebsten notieren oder anstreichen möchte. Oft hatte ich beim Lesen ein Lächeln im Gesicht. Die Autorin hat mich mit einem außergewöhnlichen Roman beschenkt, der für mich ein Highlight dieses Jahres ist.

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Veröffentlicht am 05.03.2022

Veilchens zweiter Fall

Veilchens Feuer
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Veilchens Feuer ist ein Alpenkrimi der in Innsbruck und Umgebung spielt. Nach Veilchens Winter ist dies der zweite Band um Valerie Mauser, Oberstleutnant bei der österreichischen Polizei.

Der alternde ...

Veilchens Feuer ist ein Alpenkrimi der in Innsbruck und Umgebung spielt. Nach Veilchens Winter ist dies der zweite Band um Valerie Mauser, Oberstleutnant bei der österreichischen Polizei.

Der alternde Deutschrocker Wolf Rock kehrt in seine Heimat Innsbruck zurück, um dort sein letztes Konzert zu geben. Die Veranstaltung soll nicht irgendwo stattfinden, sondern im Bergiselstadion trotz der vorhandenen Sicherheitsmängel. Es werden 30.000 Besucher erwartet. Vor dem Konzert bekommt Wolf Rock einen Drohbrief mit dem Inhalt: „In Innsbruck hat es begonnen, in Innsbruck wirst du enden. Wolf Rock, du wirst für deine Schandtat 76 brennen.“ Valerie Mauser versucht herauszubekommen, was 1976 geschah. Gleichzeitig startet auf Facebook eine Hetzkampagne gegen den Sänger.

In seinem Alpenkrimi hat Joe Fischler interessante Charaktere geschaffen, die mehrschichtig und liebenswert sind. Allen voran Valerie Mauser, genannt Veilchen, mit ihren Afro-Haaren, die nicht perfekt ist und daher sehr authentisch wirkt. Sie trägt ein Geheimnis mit sich herum, denn als junges Mädchen hat sie eine Tochter geboren und zur anonymen Adoption freigegeben. Die Informationen hierüber werden nur kurz eingestreut, so dass man als Leser sehr gespannt ist. Selbst ihr bester Freund und Ex-Kollege Stolwerk, den sie zur Unterstützung nach Innsbruck holt, weiß nichts davon. Die beiden sind ein tolles Ermittlerduo, obwohl sie sehr gegensätzlich sind. Auch der ehemalige EDV-Techniker Schmatz und nun neuer Assistent ist ein unterhaltsamer Charakter.
Man folgt dem Autor mühelos durch die Geschichte auch wenn man den ersten Band nicht kennt. Das Buch ist leicht geschrieben, mit einer Prise Humor gewürzt, ein wenig Lokalkolorit ist eingestreut, so dass man sich nach Österreich versetzt fühlt. Hierbei kommt die Spannung aber nicht zu kurz. Gut durchdacht fand ich die Handlung und die Lösung des Falles war für mich nachvollziehbar. Mir hat der Krimi rundherum gut gefallen. Eine klare Leseempfehlung für alle, die gern einen spannenden, mit einem Augenzwinkern geschriebenen, aber unblutigen Regionalkrimi lesen wollen.

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Veröffentlicht am 05.03.2022

Eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion

Ursula und die Farben der Hoffnung
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Dieses ist der zweite Band um eine Familie in Berlin, der Dichterfamilie Dehmel. Ulrike Renk erzählt nach wahren Begebenheiten die Lebensgeschichte von Ursula Stolte, deren Liebe dem Zeichnen und den Farben ...

Dieses ist der zweite Band um eine Familie in Berlin, der Dichterfamilie Dehmel. Ulrike Renk erzählt nach wahren Begebenheiten die Lebensgeschichte von Ursula Stolte, deren Liebe dem Zeichnen und den Farben galt. Ursula war nie ohne ihren Zeichenblock anzutreffen und saß oft bei ihrer Großmutter im Erker, um die Damen beim Kaffeekränzchen zu skizzieren. Nach einer Begegnung mit der jungen Kunststudentin Vera Dehmel freunden sich beide miteinander an. Durch sie kommt Ursula in sehr kulturelle und künstlerische Kreise. Sie ist von Paula Dehmel, der Mutter von Vera, fasziniert und wird von dieser auch ermutigt sich an der Kunstgewerbeschule in Berlin zu bewerben.

In ihrer sehr einfühlsamen und bildhaften Weise erzählt Ulrike Renk die Geschichte von Ursula Stolte in der Zeit von 1911 bis 1918. Gut konnte ich die Entwicklung von Ursula beobachten, die sich von einer fast schüchternen jungen Frau zu einer selbstbewussten Person entwickelt. Der Kontakt zu künstlerischen Kreisen zeigen ihr Wege für die Zukunft auf von denen sie bisher nichts gewusst hat.

Der Roman basiert auf eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion. Gleichzeitig wurden auch einige historische Ereignisse geschickt mit der Geschichte verflochten. Da am Ende noch einige Punkte offen geblieben sind, bin ich auf die Fortsetzung um die Familie Dehmel gespannt.

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Veröffentlicht am 25.02.2022

Mehr Krimi denn Thriller

Identität unbekannt
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Ein Spaziergänger und sein Hund haben an einem idyllisch gelegenen Weiher die Leiche eines Mädchens gefunden. Es war in einer warmen Decke eingehüllt und die Bänder mit einer Schleife zusammengebunden. ...

Ein Spaziergänger und sein Hund haben an einem idyllisch gelegenen Weiher die Leiche eines Mädchens gefunden. Es war in einer warmen Decke eingehüllt und die Bänder mit einer Schleife zusammengebunden. Als die Kriminalreporterin Claudia Brandes vor der anderen Presse eintraf, gab ihr der Hauptkommissar Steffen Drews, entgegen dem sonstigen Vorgehen, Gelegenheit sich ein genaues Bild von dem Fundort zu machen. Claudia Brandes war sofort davon überzeugt, dass es sich hier um eine Beziehungstat handelt. Kein Mörder hätte sich so viel Mühe gegeben. Der Polizei wird schnell klar, dass die Identifizierung des Mädchens schwierig werden wird, da bisher keine Vermisstenanzeige für ein Kind im entsprechenden Alter vorliegt. Man gab dem toten Mädchen den Namen Arielle. Aufrufe in der Presse brachten keine neuen Spuren. Dann meldete sich bei Claudia Brandes eine anonyme Anruferin, die ihr von dem kleinen rumänischen Mädchen Agata erzählte, die bis vor zwei Jahren in einer Pflegefamilie lebte. Verbissen folgt sie dieser Spur, denn der Anblick des toten Mädchens hat bei Claudia Brandes eine Wunde aufgerissen, die sie über lange Jahre verdrängt hat.

Nach Engelsschmerz ist dies der zweite Thriller von Anna Martens. Es handelt sich jeweils um Einzelbände, die keine Verbindung zu einander haben.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr packend. Schon die ersten Seiten haben mich sehr gefesselt, so dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Mir haben besonders auch ihre Detailbeschreibungen wie zum Beispiel am Fundort des toten Mädchens, aber auch nebensächliche Beschreibungen wie die Mutter mit ihrem Smartphone gefallen. Sie zeigen, dass Anna Martens genau hinsieht und dieses mit wenigen Worten wieder geben kann ohne unnötige Schnörkel zu verwenden. Auch die Schilderungen der Atmosphäre und Personen fand ich spannend. Nichts wirkte überzogen oder realitätsfremd. Einzige negative Anmerkung ist, dass ich dieses Buch nicht unter Thriller einordnen würde, sondern mehr in den Bereich Kriminalromane. Mir hat dieses spannende Buch gefallen, welches ohne Blutvergießen auskommt.

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