Schnörkellos und poetisch zugleich
Die Tage des WalsManod lebt 1938 auf einer walisischen Insel. Sie ist gerade mit der Schule fertig und kümmert sich um ihre jüngere Schwester Llinos und um den Haushalt, während ihr Vater als Fischer arbeitet. Sie hat ...
Manod lebt 1938 auf einer walisischen Insel. Sie ist gerade mit der Schule fertig und kümmert sich um ihre jüngere Schwester Llinos und um den Haushalt, während ihr Vater als Fischer arbeitet. Sie hat sich an das harte Leben fernab vom Festland angepasst, macht das beste daraus. Als ein Wal strandet, scheint es ein schlechtes Omen zu sein, denn kurz darauf tauchen die Engländerinnen Joan und Edward auf. Diese wollen ein Buch über die Inselbewohnerinnen schreiben, wozu sie Manods Hilfe in Anspruch nehmen und ihr eine Welt zeigen, die ganz anders ist als das karge Leben, das sie bis jetzt geführt hat.
„Die Tage des Wals“ von Elizabeth O’Connor ist ein besonderer Roman. Zugegeben, nach dem Klappentext habe ich etwas anderes erwartet, dann aber schnell in die Geschichte um Manod gefunden. Sie ist die Ich-Erzählerin und mir direkt ans Herz gewachsen mit ihren Beobachtungen, die schnörkellos und klar sind, denen aber trotzdem eine gewisse Poesie innewohnt. Ich kann ihre Sehnsucht nach einem emanzipierten, vielleicht auch weniger harten Leben verstehen. Sie ist intelligent, pragmatisch und verantwortungsbewusst. Und wird von Joan und Edward ausgenutzt, ohne es zu merken. Im Grunde werden alle Bewohnerinnen ausgenutzt, ihrer Geschichte und Traditionen bestohlen, um sie zu verdrehen und Geld damit zu verdienen. So wie es tatsächlich auch passiert ist.
Als Leserin merkt man schnell, dass Joan und Edward nicht das Beste im Sinn haben, dennoch hofft man für Manod auf ein gutes Ende. Elizabeth O’Connor hat einen eindrücklichen Stil, durch den die geübte Dichterin schimmert und der viel Raum für eigene Gedanken lässt. Die unterschiedlichen Längen der Kapitel scheinen die Unbeständigkeit des Meeres widerzuspiegeln und nahmen mich ein, in ihrer Wellenbewegung.
„Die Tage des Wals“ ist ein gelungenes Debüt, das die Leserschaft auf eine Insel führt, die alles andere als romantisch ist.