Ein interessantes Buch zum Schmökern und Nachdenken - letztlich aber ganz sicher "Geschmackssache"..
Zuerst der Tee„Zuerst der Tee“ von Gábor Fónyad handelt von dem Wissenschaftler und Tschuktschologen Eduard, der wegen diverser Unstimmigkeiten an seiner Universität von Wien nach Rye, einem kleinen Städtchen an der ...
„Zuerst der Tee“ von Gábor Fónyad handelt von dem Wissenschaftler und Tschuktschologen Eduard, der wegen diverser Unstimmigkeiten an seiner Universität von Wien nach Rye, einem kleinen Städtchen an der englischen Küste flüchtet. Dort angekommen, muss er recht schnell feststellen, dass es für ihn auch dort jede Menge Ablenkungen gibt, die ihn von seinen ambitionierten Recherchen abhalten. Eine weitere Mitbewohnerin seines Gästehauses, einem von der urigen Mrs. Wood geführten Bed & Breakfast, bringt ihn – kaum angekommen – aus seinem akribisch festgelegten Konzept und Tagesablauf.
Eduard muss man sagen, ist ein stoisch und zwanghaft wirkender, introvertierter junger Wissenschaftler, der außer seiner Forschung an der tschuktschologischen Sprache (sibirischer Volkes) offensichtlich nichts kennt. Dagegen wirkt die französisch-stämmige Pauline wie ein krasser Gegensatz: weltoffen, extrovertiert und dem Feiern nicht abgeneigt. Sie schafft es mit ihrer Art, Eduard's Aufmerksamkeit zu wecken und dringt von Kapitel zu Kapitel näher zu ihm vor. Aber auch Eduard's ungewöhnliche Art geht nicht spurlos an Pauline vorbei. Inhaltlich geht es demnach stark um die inneren Konflikte der Protagonisten, sowie um die Auseinandersetzung mit den eingebundenen Themen Kunst, Wissenschaft, Religion und Philosophie. Vor allem die Dialoge und Diskurse zwischen Eduard und Pauline nehmen sich der unterschiedlichen Standpunkte an und führen den Leser tief in die innere Welt der beiden Hauptprotagonisten. Die innere Zerrissenheit, die Suche nach Inhalten und Ausflüchte sind dabei recht gut beschrieben. Insgesamt ist der Schreibstil sehr unaufgeregt und stützt dadurch noch mehr die inhaltliche Ebene. Der Text ist flüssig geschrieben und gut lesbar, die Geschichte wirkt durchweg modern.
Die Hauptprotagonisten werden im Verlauf noch um weitere Charaktere ergänzt, woraus sich (wie nicht anders zu erwarten) neue Entwicklungen ergeben. Die Figuren sind detailreich beschrieben, – mehr oder weniger – sympathisch und recht authentisch. Die Geschichte selber ist wohl eher Geschmackssache. Es gibt am stilistischen und inhaltlichen Aufbau eigentlich recht wenig zu mäkeln. Mein „Favourite“ war der Roman leider trotzdem nicht. Ich konnte das letzte Drittel des Buches nicht ganz nachvollziehen und mir lag auch das Ende der Geschichte nicht so sehr. Nach Beendigung des Lesens stellten sich mir einfach noch zu viele Fragen. Auch die eigentliche Aussage und der „tiefere Sinn“ des Romans haben sich mir nicht direkt, bzw. gar nicht erschlossen. Schlecht war die Geschichte trotzdem nicht, weswegen ich (unter Berücksichtigung des Faktors „eines rein persönlichen Gefallens / Misfallens“) 4 Sterne vergeben würde! :)