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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein tolles (Sach-) Buch über das 20. Jahrhundert, unkonventionell und spannend!

Alles ist relativ und anything goes
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John Higgs hat mit seinem Sachbuch „Alles ist relativ und anything goes – Eine Reise durch das unglaublich seltsame und ziemlich wahnsinnige 20. Jahrhundert“ eine sehr umfassende, aber auch interessant ...

John Higgs hat mit seinem Sachbuch „Alles ist relativ und anything goes – Eine Reise durch das unglaublich seltsame und ziemlich wahnsinnige 20. Jahrhundert“ eine sehr umfassende, aber auch interessant gestaltete Analyse von den zentralen, bzw. wichtigen geschichtlichen Teilereignissen, wissenschaftlichen Durchbrüchen oder künstlerischer Neuerfindungen des 20. Jahrhunderts vorgelegt. Schon der Titel lässt vermuten, dass es sich hierbei um ein etwas unkonventionelles und außergewöhnliches (Sach-)Buch handelt! Die Anordnung der Kapitel wirkt auf den ersten Blick überraschend bis unsinnig. Doch beim Lesen ergibt sich immer ein logischer und entsprechender Kontext. Zudem werden zwischen den einzelnen Themenbereichen (z.B. Allgemeine Relativitätstheorie, Kunst, Quantenphysik, Philosophie, etc.) anekdotenartige Verknüpfungen geschaffen, die sich auf verständliche Weise wie ein roter Faden durch das Buch ziehen und einen vollkommen neuen Blick auf das Gesamtgeschehen geben. Higgs zeigt wunderbar auf, wie sehr manch unauffällige Szene an einem beliebigen Ort dieser Erde drastische oder nachhaltige Auswirkungen auf ein ganzes Jahrhundert haben konnte. Wie verkannt mancher Wissenschaftler, Künstler oder Bürger zu Lebzeiten noch sein konnten.. Und welch verheerende Konsequenz so mancher Zufall haben konnte. Unwichtig wirkende Szenen erhalten im veränderten Blickwinkel und Kontext plötzlich eine vollkommen andere / neue Bedeutung. Davon, so könnte man sagen, erzählt dieses Buch. Sprachlich ist es sehr modern gehalten und in einem stark erzählerischem Ton verfasst. Ich würde es als „lockeren Erzählstil“ bezeichnen. Der Autor nutzt viele Metaphern oder vereinfachte, bildhafte Beispielszenen um dem Leser z.B. die Relativitätstheorie oder auch Quantenphysik näher zu bringen, oder gar zu erklären, ohne dabei auf Details oder den Tiefgang zu verzichten! Nach Beendigung eines Kapitels kommt es gut und gerne vor, dass die Thematik oder Figuren in den Folgekapiteln erneut (wenn auch manchmal nur im Nebensatz) aufgegriffen werden. Zu den einzelnen Kernthemen gesellen sich permanent eindrückliche und ausdrucksstarke Bildszenen und halten die eigentlich „trockenen Inhalte“ spannend. So werden auch sehr unübersichtliche oder schwierige Themen auf wenigen Seiten sinnhaft und witzig beschrieben. Trotz aller Raffinesse der Darstellungen sollte das Buch aufmerksam gelesen werden, damit man den Überblick über die Komplexibilität der Themen nicht verliert. Ich fand den Aufbau und das Konzept des Buches gut durchdacht und ansprechend. Vielleicht waren einige (wenige) Geschichten zu „fantasiereich“ erzählt, insgesamt ergibt sich aber ein gut lesbares, interessantes Werk. Der Blickwinkel wird so manches Mal neu ausgerichtet und das Buch hinterlässt einen positiven Gesamteindruck! Hier ist nicht das 20. Jahrhundert „unglaublich seltsam und ziemlich wahnsinnig“, sondern das Buch! :) Absolut empfehlenswert: 5 Sterne!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein äußerst imposanter Roman!

Der Ort, an dem die Reise endet
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Der Roman „Der Ort, an dem die Reise endet“ von Yvonne Adhiambo Owuor bringt uns die afrikanische und wohl insbesondere die kenianische Welt näher. Die Autorin schildert in ihrer Erzählung eindrucksvoll, ...



Der Roman „Der Ort, an dem die Reise endet“ von Yvonne Adhiambo Owuor bringt uns die afrikanische und wohl insbesondere die kenianische Welt näher. Die Autorin schildert in ihrer Erzählung eindrucksvoll, mit kräftiger und visualisierter Sprache die Lebensumstände und politischen Entwicklungen, sowie Zustände eines von Korruption und Umbruchstimmung geprägten Landes.
Kern des Buches ist die Geschichte der Familie Oganda. Alles beginnt mit dem tragischen, doch hinterlistig herbeigeführten Tod des Sohnes Moses Ebewesit Odidi Oganda in den Straßen Nairobis. Seine Schwester (Arabel Ajany Oganda), die Kenia vor Jahren zugunsten besserer Bildungs- und Karrierechancen verließ, kehrt zur Trauerfeier aus Brasilien in ihre Heimat zurück. Gemeinsam mit ihrem Vater, Aggrey Nyipir Oganda, bringt sie den Leichnam nach Hause. Zurück auf der alten, heruntergekommenen Farm in Kenia holen sie jedoch Erinnerungen, Emotionen und Erlebnisse ihrer Kindheit wieder ein. Ein innerer Kampf, den es zu bestreiten gilt.
Der Leser erfährt hier viel über die landestypischen Traditionen, Lebensumstände und afrikanischen Weisheiten. Yvonne Adhiambo Owuor gibt ein sehr ehrliches und ungeschöntes Bild ihres Landes wider, zeigt aber auch gleichzeitig die Vielfalt und Herzlichkeit auf. Schon die Sprache spiegelt aber das Fremde dieses Landes für den herkömmlichen Europäer: Metapher über Metapher, stark emotional gefärbte und wortgewaltige Darstellungen führen uns durch das Buch. Für mich persönlich war der Roman anfangs schwer zu lesen und zu verarbeiten. Ganz ließ dieses, mit dem Aufbau und der Sprache fremdelnde Gefühl nicht nach. Dabei muss man ehrlich sagen, dass der Roman sehr gut konzipiert ist, sprachlich bewegend und inhaltlich durch die intensiven Schilderungen sehr eindrucksvoll ist. Die Erzählung war in sich stimmig und fesselnd und gefiel mir sehr gut! Als einziges Manko möchte ich hier (zumindest für alle „Afrika-Laien“) die Flut der afrikanischen Namen, Ausdrücke und Ausrufe nennen. Obwohl damit im vorliegenden Roman zu rechnen war, hat mich diese Menge beinahe „erschlagen“ und ich konnte dem Inhalt nicht immer sofort folgen. Einige Passagen musste ich noch einmal nachlesen, die Namen ein- oder zuordnen und Weiteres nachschlagen. Insgesamt hat mir das Buch trotzdem, gerade wegen des afrikanischen Hintergrundes und der sehr ehrlichen Darstellung gut gefallen! Man blickt tief in die afrikanische, bzw. kenianische Seele und erhält Eindrücke, die man einfach nur durch Schilderungen wie in „Der Ort, an dem die Reise endet“ erhalten kann. Wer sich also von fremden Begriffen und Namen nicht abschrecken lässt, dem sei dieses Buch absolut empfohlen! Lesenswert und deshalb 5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mich hat es leider nicht überzeugen können...

Der Mann, der das Glück bringt
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Eine Geschichte zweier Menschen und ihrer Urahnen, Schauplatz abwechselnd New York und das Donau-Delta. Erzählt wird auf verschiedenen Ebenen und Zeiten. Zu Beginn der Erzählung taucht der Leser in die ...

Eine Geschichte zweier Menschen und ihrer Urahnen, Schauplatz abwechselnd New York und das Donau-Delta. Erzählt wird auf verschiedenen Ebenen und Zeiten. Zu Beginn der Erzählung taucht der Leser in die recht eindrücklich beschriebenen Zeiten eines New Yorks zum Ende des 19. Jahrhunderts ein. Not, Hunger, Krankheit und Tod. Anhand des Erlebens eines Jungens, genannt Streichholz, wird das Leid der damaligen Zeit und der ärmlich lebenden Einwanderer deutlich. Der zweite Erzählstrang, betreffend Elena, mit Schauplatz zur selben Zeit im Donau-Delta, Rumänien, zeigt ähnliche, doch eher dörfliche Szenen auf. Eine junge Familie, unerwartete Entwicklungen und wieder die allgemeine Not der Zeit. Sprachlich sehr eindringlich und bewegend werden die Lebenszustände der einzelnen Figuren beschrieben. Schon zu Beginn des Buches wird deutlich, wie unerbittlich das Leben mit Fehlern, Schwächen oder Verzagtheit zu besagter Zeit umzugehen vermochte. Stück für Stück tastet der Leser sich mit den Protagonisten vor in die Gegenwart, bis hier endlich die lange erwartete, fast herbei gesehnte Zusammenführung der beiden Ebenen und Hauptprotagonisten erfolgt und die Erzähler aufeinander treffen. Doch auch hier wird man schnell feststellen, dass Glück und Leid nahe beieinander liegen können...
Die eigentliche Geschichte, die durch den wechselnden Fokus auf die verschiedenen Erzählstränge, Zeiten & Figuren, immer weiter ihren Lauf nimmt, entwickelt sich grundsätzlich chronologisch und gibt mehr und mehr die wenigen Höhen und zahlreichen Tiefen im Leben von Streichholz, Elena sowie ihren Wegbegleitern preis. Bildreich, imposant oder auch berührend werden die Szenen dargestellt und versuchen, dem Leser die entsprechende Tiefe der Inhalte zu vermitteln.
Persönlich hat mich die Geschichte in ihrer Gesamtheit leider trotzdem nicht ganz überzeugen können. Verwirrend fand ich von Anfang an die Erzählperspektive und die nicht offen gelegten Namen der Hauptprotagonisten. Zudem fehlte es mir dann doch häufiger an besagter Tiefe der geschilderten Szenen. Je nach Kapitel konnten die beschriebenen Inhalte sehr ergreifend und berührend sein, oder aber auch leider sehr flach wirken. Einige Passagen waren wirklich toll, doch die (für mich) langweiligen, nichtssagenden oder langatmigen Stellen überwogen meiner Meinung nach. Der Text wirkte auf mich häufig zu verkrampft, so als habe sich der Autor zu sehr bemüht, die Emotionen zum Leser zu transportieren. Zudem stellte sich mir häufiger die Frage nach der Logik einzelner Inhalte. Manches ergab für mich einfach überhaupt keinen oder zumindest kaum Sinn. Einige wenige Inhalte fand ich sogar abstoßend (Hinweis: „Muttermilch“). Die Grundidee des Romans ist sicherlich eine gute. Aber die Umsetzung des Konzeptes und auch der perspektivische Aufbau hätte nach meinem Empfinden besser gelingen können.
Insofern möchte ich abschließend festhalten, dass es sich wohl um eine recht nette Geschichte handelt, die man sicherlich – bis auf wenige Passagen – lesen kann und die vielen anderen Lesern auch gut gefallen hat. Meinen Geschmack hat sie leider verfehlt.. Deswegen 3 Sterne!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Thriller mit hochbrisantem und aktuellem Thema! Spannung pur...

COLD EAST
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„Cold East“ von Alex Shaw ist ein top-aktueller, wie auch hochbrisanter Thriller, der durchweg viel Spannung im Gepäck hat. Schauplätze sind die USA, Russland, die Ukraine, London und weitere Destinationen, ...

„Cold East“ von Alex Shaw ist ein top-aktueller, wie auch hochbrisanter Thriller, der durchweg viel Spannung im Gepäck hat. Schauplätze sind die USA, Russland, die Ukraine, London und weitere Destinationen, zu denen ich nicht mehr verraten möchte. Was passiert? Eine Terrorgruppe soll im Besitz einer Atombombe sein. Sämtliche Geheimdienste sind in die verdeckten Ermittlungen zur Vereitelung eines geplanten und drohenden Anschlags involviert. Doch wie nicht anders zu erwarten, laufen die Dinge aus dem Ruder. Menschen sterben, Hochsicherheits-Gefangenen gelingt die Flucht, Identitäten sind unklar und die Ermittler und Geheimdienstler werden in die Irre geführt. Doch ihnen läuft die Zeit davon!

Terroristen, politische Strategie-Spielchen, brisante Eskalationen... Ich fand den Roman, insbesondere wegen der Aktualität des Themenkomplexes und aufgrund der rasanten Handlung sehr spannend und nervenaufreibend. Man wird zwar mit vielen Figuren / Charakteren konfrontiert und hat manchmal Mühe, alles auseinander halten zu können. Doch nach den ersten Seiten ist man „drin“ im Buch und kann es kaum aus der Hand legen. Es ist alles logisch aufgebaut und bestens durchdacht. Es gibt keinerlei Spannungsabbrüche und die Handlung nimmt immer weiter ihren Lauf – durchgängig auf sehr hohem Niveau. Der Leser wird, wie es sich für einen guten Thriller gehört, natürlich lange Zeit im Dunkeln gehalten und man fiebert permanent mit. Die Figuren – zahlreich, aber gut gezeichnet – lenken durch die Geschichte. Die vorkommenden Personen sind dabei sympathisch / unsympathisch, meist wie es sein soll, doch nicht immer konkret zuzuordnen. Die Erzählstränge wechseln permanent, es gibt reichlich „Action“ und unerwartete Wendungen. Für mich ein Top-Thriller „par excellence“: toll zu lesen, aktuell, hochbrisant und durchweg spannend! Lest selber.. Ich kann das Buch nur empfehlen! :D (5 Sterne)

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine großartige Erzählung, die mich zutiefst berührt hat!

Der Trick
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Ich habe selten, vielleicht noch nie, ein derart gelungenes Debüt eines Autors gelesen! „Der Trick“ von Emanuel Bergmann ist ein fulminanter Roman über Illusionen, das Leben, die Umrisse der Geschichte ...

Ich habe selten, vielleicht noch nie, ein derart gelungenes Debüt eines Autors gelesen! „Der Trick“ von Emanuel Bergmann ist ein fulminanter Roman über Illusionen, das Leben, die Umrisse der Geschichte und vor allem aber über das Leben und wohin es jeden führt. Thematisch vielleicht nichts Neues. Aber es steckt so viel Wortwitz, Ironie und Raffinesse in dieser Erzählung, dass man beim Lesen schlichtweg eingefangen wird. Ein grandioses Buch!
Man liest also von den Jungen Mosche Goldenhirsch und Max Cohn. Mosche, geboren in Prag vor dem Ersten Weltkrieg und unter erschwerten Bedingungen ins Leben gestartet, vermeintlicher Sohn des Rabbis Laibl Goldenhirsch und seiner Frau Rifka. Max Cohn, hineingeboren ins 21. Jahrhundert, Sohn moderner, ebenfalls jüdischer Eltern in einer typisch gegenwärtigen amerikanischen Kleinstadt. Wie diese beiden Figuren aufeinanderstoßen soll hier nicht verraten werden. Nur, dass sich aus der Konstellation dieser beiden Charaktere eine herrlich amüsante, trotzdem tiefgründige, teils irrsinnig ironisch anheimelnde und traurige Geschichte ergibt, die nicht nur die Biografie des Hauptprotagonisten, sondern auch die Weltgeschichte – insbesondere das Dritte Reich – aus verschiedensten Perspektiven betrachtet und einen eigenartig neuen Blick auf diese Zeit schafft. Eine Geschichte, die demnach vordergründig von zwei Jungen handelt und zwei unterschiedliche Erzählstränge gekonnt ineinander fließen lässt. Abwechselnd erleben wir die verschiedenen Blickwinkel aus der Vergangenheit und Gegenwart. Die Szenen aus der Vergangenheit beginnen in Prag um 1900 und schreiten voran bis zur Gegenwart, immer mit Bezug auf die biografischen Stationen und Erlebnisse des Mosche Goldenhirsch. Der gegenwärtige Teil der Geschichte, mit durchgängigem Schauplatz in den USA, handelt dagegen vorwiegend von Max Cohn, dem zweiten und ziemlich verzweifelten Hauptprotagonisten dieses Romans. Besonders gefiel mir dabei der Stil, die beiden Erzählstränge inhaltlich wie zeitlich aufeinander zulaufen und am Ende aufeinander treffen zu lassen. Mosche's Leben nähert sich mehr und mehr der Gegenwart, Max blickt dagegen Stück für Stück zurück in die Vergangenheit. Diese konträre Erzählweise versorgt den Leser nach und nach mit spannenden, überraschenden und wichtigen Details aus den Leben aller Protagonisten, ergänzt immer weiter die Puzzle-Steine für das Gesamtbild. Emanuel Bergmann hat diese Erzählweise, wie ich finde, in seinem Roman in perfekter Art umgesetzt und fasziniert zudem mit wort- wie bildgewaltigen Inhalten. Sprachlich bleibt es dabei durchweg recht unaufgeregt, aber die Darstellungen strotzen trotzdem vor atmosphärischer Dichte, Aufregung und teils auch gefahrvoller Umrisse. Das Buch bringt den Leser zum Lachen, Nachdenken und vielleicht sogar zum Weinen. Mich hat es zutiefst berührt!
Ich kann dieses Buch nur empfehlen und hoffe sehr, dass es viele Leser gewinnen wird. „Der Trick“ - bisher mein absolutes Highlight in 2016 und mindestens 5 Sterne wert!