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Pantoffeltier

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.10.2024

Wunderschön gestaltet, Geschichte aber nicht so mein Fall

Verborgene Fabelwesen der Meere
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Immer mehr Meereswesen greifen Menschen an. Eine Gruppe versucht rauszufinden warum und hat dabei unterschiedliche Lösungsansätze. Während Vertreter des Militärs kämpfen wollen, um die Menschheit zu schützen, ...

Immer mehr Meereswesen greifen Menschen an. Eine Gruppe versucht rauszufinden warum und hat dabei unterschiedliche Lösungsansätze. Während Vertreter des Militärs kämpfen wollen, um die Menschheit zu schützen, strebt der Erzähler eher danach eine friedliche Lösung mit den Fabelwesen zu finden, die sich durch den Menschen bedroht fühlen.

Es handelt sich um einen Expeditionsbericht in Tagebuchform, der in einer alternativen Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts spielt. Es ist liebevoll gestaltet und hat jede Menge Zeichnungen und Gestaltungselemente wie Zeitungsausschnitte, Fotos, Karten, Lexikoneinträge und unterschiedliche Schriftarten. Das ist wirklich toll anzusehen, hat mich aber auch immer wieder aus der Geschichte gerissen. Es war mir schon etwas zu viel und ich habe gemerkt, wie es mich von der Handlung abgelenkt hat.

Es fiel mir auch schwer mit den handelnden Personen mitzufühlen und mir ihre Eigenarten zu merken, besonders bei den Nebenfiguren. Das mag auch daran liegen, dass es sich um den zweiten Band der Reihe handelt, aber es ist auf jeden Fall merkbar, dass der Fokus nicht auf den konkreten Personen liegt, sondern auf der Beschreibung verschiedener Fabelwesen.

So ganz mein Fall war dieses Buch also nicht, ich empfehle es trotzdem all jenen weiter, die sich für Fabelwesen der Meere interessieren und liebevoll illustrierte und opulent gestaltete Bücher in ihrer Sammlung lieben.

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Veröffentlicht am 14.10.2024

Für Fortgeschrittene

Antichristie
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Die Deutsch-Inderin Durga ist in London damit beschäftigt mit einem AutorInnenteam ein Drehbuch für eine woke Neuauflage von Agatha Christies Krimis zu entwickeln. Der Tod von Königin Elizabeth II rückt ...

Die Deutsch-Inderin Durga ist in London damit beschäftigt mit einem AutorInnenteam ein Drehbuch für eine woke Neuauflage von Agatha Christies Krimis zu entwickeln. Der Tod von Königin Elizabeth II rückt das Projekt stärker ins Rampenlicht als gedacht.

Durga, die gerade noch dabei ist den Tod ihrer exzentrischen Mutter (die fasziniert vom indischen Widerstand gegen England und nebenbei auch Anhägnerin etlicher Verschwörungstherien war) zu verarbeiten, springt unvermittelt ins Jahr 1906, wo sie als junger Mann in Kreise ins India House gerät. Dort treffen sich indische Widerstandskämpfer und Durga muss ihre bisherigen Ansichten über Widerstand gegen Kolonialismus, Erinnerungskultur und die indische Kultur in Frage stellen.

Es fällt mir schwer die Handlung zusammen zu fassen und im Grunde genommen geht es auch eher um bestimmte Konzepte, Theorien und Diskurse. Es geht darum was genau wie in welchem Staat und auch Büchern/Filmen erinnert wird, die Unangemessenheit von Personenkult, die Frage ob Widerstand gewalttätig oder gewaltlos sein darf/muss/kann, Rassismus, Kolonialismus, Feminismus, eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung, Dr. Who... Und dann tauchen neben den von der Autorin erdachten Figuren nicht nur Gandhi, der Hindu-Nationalist Savarkar und Charlotte Despard, sondern auch Sherlock Holmes.

Die Autorin wirft nicht nur mit Namen, sondern auch mit Zitaten um sich. Teilweise springt die Handlung innerhalb weniger Abschnitte zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her. Man ist also gleichzeitig bei Diskussionen im India House und Diskussionen im Autorenraum dabei. Das ermüdet schnell und besonders die Namen der endlosen Parade von politisch/kulturell irgendwie wichtigen Personen konnte ich mir kaum merken. Es gibt kaum Handlung und es wird wahnsinnig viel geredet. Das fand ich schade, denn die Konzepte, die verhandelt werden, sind interessant und die Fragen, die aufgeworfen sind wichtig, aber als Person, die wenig über die indische Politik/Geschichte weiß, habe ich mich bei den Diskussionen meist außen vor gefühlt.

Schwierig fand ich auch, dass es eine deutsche Hauptperson gab. Neben englisch-indischer Kolonialgeschichte kam also auch noch die Frage dazu, wie man als Deutsche zu allem steht (Singularität des Holocausts und so) und dann auch noch Durgas Probleme mit ihrer Mutter und der Geschlechterwechsel bei der Zeitreise... Alles wahnsinnig viel.

Ich habe bei der Lektüre eher wieder Lust bekommen mich näher mit Doktor Who zu beschäftigen, als mit der politischen Situation in Indien und den Folgen von Kolonialismus. Das ist schade und kann kaum das Ziel der Autorin gewesen sein. Am Interessantesten fand ich ehrlicherweise das Nachwort.

Also ja, ein Buch, das Debatten anstoßen kann, aber eher für ein intellektuelles Publikum geschrieben, dass sich schon etwas mit Kolonialgeschichte und damit zusammenhängenden Diskursen und geschichtlichen/politischen Ereignissen auskennt.

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Veröffentlicht am 21.09.2024

Prasgmatische Liebesgeschichte

Zwei in einem Leben
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David Nicholls, der Experte für komplizierte und schmerzhaft realistische Liebesgeschichten widmet sich in diesem Buch zwei einsamen Singles, die sich bei einer Wanderung näher kommen. Beide haben schwierige ...

David Nicholls, der Experte für komplizierte und schmerzhaft realistische Liebesgeschichten widmet sich in diesem Buch zwei einsamen Singles, die sich bei einer Wanderung näher kommen. Beide haben schwierige Trennungen hinter sich und sehnen sich nach Nähe.

Es wird abwechselnd aus der Sichtweise von Marnie und Michael erzählt und dadurch werden Ereignisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet.

Die 38-jährige Marnie ist Lektorin, hat im Laufe der Zeit den Anschluss an ihren Freundeskreis verloren und die Arbeit im Homeoffice lässt sie vereinsamen. Michael ist etwas älter, ein etwas ungeschickter Erdkundelehrer und kämpft mit tiefen Ängsten. Am wohlsten fühlt er sich in der Natur, auf langen Wanderungen. Als beide in einer Wandergruppe zusammentreffen, scheinen sie zunächst nicht zusammen zu passen, lernen sich jedoch im Laufe der Zeit schätzen.

Keine wirklich neue Idee, aber gut umgesetzt. Nicholls schafft glaubhafte Charaktere und hat eine gute Beobachtungsgabe für Spleens. Und sicherlich können sich viele Menschen in der Beschreibung wiederfinden, wie die Nachwirkungen der Corona-Lockdowns und Homeoffice zu Einsamkeit führen kann. Viel Romantik kommt nicht auf, es ist eher eine pragmatische Betrachtung von Beziehungen.

Was mich etwas gestört hat war, dass fast alles über Dialoge passiert. Das macht es etwas eintönig. Es liest sich aber dadurch auch flott weg.

Insgesamt eine teilweise schmerzhaft realistische Liebesgeschichte, die Pragmatismus vor Romantik den Vorzug gibt.

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Veröffentlicht am 28.08.2024

Wem gehören Märchen?

Der Salon der kühnen Frauen
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Paris/Versailles im 17. Jahrhundert: Es ist die Herrschaftszeit König Ludwigs XIV., der als Sonnenkönig den Adel in Versailles um sich versammelt.
Eine Gruppe adliger Damen gründet einen Literatursalon ...

Paris/Versailles im 17. Jahrhundert: Es ist die Herrschaftszeit König Ludwigs XIV., der als Sonnenkönig den Adel in Versailles um sich versammelt.
Eine Gruppe adliger Damen gründet einen Literatursalon zunächst nur für Frauen. Dort werden Contes de fées erzählt, vordergründig Märchen, die jedoch zwischen den Zeilen so einige pikante oder gar aufrührerische Geheimnisse enthalten.
Auch der berühmte Charles Perrault darf an einem solchen Salon teilnehmen und findet sich bald inmitten von Hofintrigen wieder.

Die Autorin entlarvt mit diebischem Vergnügen und schwarzem Humor die Eitelkeiten ihrer ProtagonistInnen und zeigt auf, wie hilflos diese kühnen Frauen gerade gegenüber der Intrigen von Männern sind.
Viele Märchen und auch Personen kommen einem bekannt vor. Die Märchen sind zwar eingebettet in eine Rahmenhandlung, haben aber eine große Rolle. Das war mir teilweise etwas zu viel des Guten, es reihen sich sehr viele Geschichten aneinander. Die Märchen darf man auch keinesfalls mit Kindergeschichten gleichsetzen, sie sind oft brutal und abgründig.
Die Beschreibung des Lebens am Hof mit verschiedenen Affären ist oft unvermittelt sehr vulgär und man hat das Gefühl unvermittelt in einem expliziten Erotikroman gelandet zu sein.
Das wird nicht jedermanns Geschmack sein, aber es schafft auf jeden Fall eine Atmosphäre in der man sich die Wut der hungernden Bevölkerung auf den Adel, der sich mit sehr luxuriösen Ablenkungen hingebungsvoll langweilt, gut verstehen kann. Außerdem im Grunde genommen ein Blick auf einen sehr alten Urheberschaftsstreit. Denn wem gebührt die Urheberschaft an Geschichten, die seit langer Zeit gerade von nichtpriviligierten Personen, etwa Kinderfrauen erzählt wurden? Wie viel kreative Eigenleistung enthalten die Bearbeitungen und was sagen sie über den Bearbeiter oder die Beabeiterin aus?
Insgesamt in interessanter Einblick in das Leben und Lieben des französischen Adels des 17. Jahrhunderts in Versailles und auch ein Einblick in die Entstehung bzw. Bearbeitung von Märchen.

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Veröffentlicht am 30.07.2024

Eher aufgesetzt als realistisch

Verbrannte Gnade
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Schwester Holiday ist eine ungewöhnliche Nonne. Unter ihrem Habit verbirgt sie zahlreiche Tätowierungen, sie hört gerne Punk und schleicht sich immer wieder weg um zu rauchen. Als ein Brandanschlag auf ...

Schwester Holiday ist eine ungewöhnliche Nonne. Unter ihrem Habit verbirgt sie zahlreiche Tätowierungen, sie hört gerne Punk und schleicht sich immer wieder weg um zu rauchen. Als ein Brandanschlag auf die Saint Sebastian Privatschule verübt wird, bei dem ein Hausmeister stirbt, beschließt Schwester Holiday auf eigene Faust zu ermitteln.

Das Cover ist sehr klug gestaltet. Das Bild erinnert an eine Mariendarstellung auf einem Kirchenfenster, zeigt jedoch eine Nonne mit einer Zigarette in der Hand auf deren Fingern das Wort „Lost“ steht. Das macht neugierig. Jedoch verlässt sich die Autorin zu sehr auf die Wirkung der betont ungewöhnlichen Protagonistin. Der Kriminalfall bleibt dagegen blass.
Die Schreibweise ist ebenfalls ungewöhnlich und kam mir sehr amerikanisch vor. Es wird sich stark bemüht die heiße, kaputte Atmosphäre von New Orleans zu transportieren. Alles ist sehr cool, es gibt viele bedeutungsschwere Sätze. Das wirkte auf mich eher aufgesetzt als realistisch. Das hat mich mit der Zeit ermüdet. Ich hatte eine eher leichte Geschichte mit schwarzem Humor erwartet, und konnte mit der aufgesetzten Coolness und Düsternis nicht so richtig etwas anfangen. Wird seine Fans finden, mich hat es nicht überzeugt.

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