Ferien in Frankreich, anders als erhofft.
In Drei Wochen im August entfaltet Nina Bußmann ein vielschichtiges psychologisches Drama, das vor allem durch die subtilen literarischen Mittel und die komplexe Figurenzeichnung überzeugt. Der Roman spielt ...
In Drei Wochen im August entfaltet Nina Bußmann ein vielschichtiges psychologisches Drama, das vor allem durch die subtilen literarischen Mittel und die komplexe Figurenzeichnung überzeugt. Der Roman spielt in einem abgelegenen Ferienhaus an der französischen Atlantikküste, einem Ort, der von Naturkatastrophen, Konflikten und ungelösten Spannungen durchzogen ist. Doch das eigentliche Drama geschieht im Inneren der Figuren und in den unausgesprochenen Worten zwischen ihnen.
Bußmanns Sprache ist präzise, oft nüchtern, dabei aber voller doppelter Böden. Die narrative Struktur wechselt zwischen den Perspektiven von Elena, der Mutter, und Eve, der Babysitterin. Dieser Perspektivwechsel ist mehr als ein erzählerisches Stilmittel: Er erlaubt es, die Dynamik zwischen den Figuren aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten und ihre Wahrnehmungen gegeneinander abzuwägen. Dabei wird deutlich, wie sehr beide Frauen – auf ihre Weise – von Unsicherheiten und unausgesprochenen Bedürfnissen geprägt sind.
Die Kürze und Fragmentierung der Kapitel spiegelt das zerrüttete Innenleben der Figuren und die Atmosphäre der latenten Bedrohung wider. Einige Kapitel sind nur wenige Zeilen lang, wirken wie ein Gedanke, der auf halbem Weg abbricht – ein Stilmittel, das die Unruhe und das Unausgesprochene unterstreicht.
Das Setting ist ein weiterer zentraler Bestandteil des Romans. Die sommerliche Hitze, die sich auf die Figuren legt, die Waldbrände, die sich unaufhaltsam nähern, und das Meer, das gleichermaßen bedrohlich und faszinierend wirkt, schaffen eine bedrückende Atmosphäre. Bußmann nutzt die Natur als Spiegel für die inneren Spannungen der Figuren. Das Meer, das sich erst zurückzieht und dann plötzlich mit Gewalt wiederkommt, könnte kaum passender als Metapher für die unvorhersehbaren emotionalen Strömungen der Figuren gewählt sein.
Ein zentrales Thema des Romans ist die Unfähigkeit zur Kommunikation. Die Figuren leben nebeneinander her wie auf Inseln – isoliert, unfähig, Brücken zu schlagen. Diese Isolation zeigt sich besonders in der Beziehung zwischen Elena und Eve: Während Elena Eve als Vertraute und Hilfe wahrnimmt, erlebt Eve die Beziehung distanzierter und konkurriert heimlich um die Zuneigung von Elenas Kindern. Die Konflikte bleiben meist unausgesprochen, was ihre destruktive Kraft nur verstärkt.
Gleichzeitig dekonstruiert der Roman traditionelle Rollenbilder. Ohne sie explizit zu problematisieren, zeigt Bußmann Figuren, die sich außerhalb heteronormativer Muster bewegen und deren Beziehungen durch eine stille, subversive Kraft geprägt sind.
Ich habe den Roman gerne gelesen, ist aber eventuell nicht für jeden was. Denn einige Passagen wirken etwas überladen, fast als wolle der Text zu viel auf einmal vermitteln. Dies führt gelegentlich dazu, dass der Lesefluss ins Stocken gerät. Zudem bleiben manche Handlungsstränge oder Aussagen der Figuren bewusst offen, was zwar den Reiz des Textes erhöht, aber auch das Gefühl hinterlässt, dass nicht alle Fragen geklärt werden.