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Veröffentlicht am 12.03.2023

Aus einem anderen Blickwinkel

Orange 6
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Die Geschichte um den Freundeskreis und die zarte Dreiecksbeziehung zwischen Naho, Suwa und Kakeru war eigentlich auserzählt. Doch im 6. Band kommt Suwa zu Wort. Zwischen Rückblenden mit ihm und Kakeru, ...

Die Geschichte um den Freundeskreis und die zarte Dreiecksbeziehung zwischen Naho, Suwa und Kakeru war eigentlich auserzählt. Doch im 6. Band kommt Suwa zu Wort. Zwischen Rückblenden mit ihm und Kakeru, in denen er Kakeru trotz seiner eigenen Gefühle für Naho immer wieder ermutigt, dass dieser Naho seiner Liebe gestehen soll und seinem eigenen Kampf um sie erklärt der Suwa der Zukunft, warum es ihm all die Zeit so wichtig war, Naho glücklich zu sehen. Einerseits war Suwa bereit, Kakeru das Feld zu überlassen, andererseits hat er nie aufgegeben, sich selbst um Nahos Zuneigung zu bemühen.
Der Band kommt an die Intensität seiner Vorgänger allein durch die Masse der bisher erschienenen Bände nicht heran, stellt aber eine schöne Ergänzung zur Hauptgeschichte dar und ist ebenfalls lesenswert.

Veröffentlicht am 04.03.2023

Ein erzählensnotwendiges Buch!

Die ungeduldigen Frauen
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„Munyal“ – Geduld sollen die Frauen haben. Geduld ist das ewige Mantra, mit dem die Männer dieser höchst patriarchalen Gesellschaft in Kamerun die Frauen zu beschwichtigen versuchen, damit sie sich in ...

„Munyal“ – Geduld sollen die Frauen haben. Geduld ist das ewige Mantra, mit dem die Männer dieser höchst patriarchalen Gesellschaft in Kamerun die Frauen zu beschwichtigen versuchen, damit sie sich in ihr Schicksal einfügen. Ein Schicksal als Hausfrau, als Zweit- oder Drittfrau in einer polygamen Ehe voller Konkurrenz zu ihren Mitfrauen.
So ergeht es auch Ramla. Sie soll die Zweitfrau eines alten Mannes werden. Ramla hätte eine gute Zukunft vor sich haben können. Ihr Ziel war es zu studieren, und mit ihrer Wahl eines Ehemannes hätte sie dies tun können. Stattdessen verspricht ihr Vater sie einem wohlhabenden alten Mann. Ramla protestiert, doch „Munyal“ - Geduld soll sie haben. Alles wird sich fügen.
Von Anfang an weiß Ramlas jüngere Schwester Hindou, dass ihr Schicksal schlimmer sein wird. Sie wird an ihren gewalttätigen Cousin verheiratet, der in ihr ein Eigentum sieht, an dem er handeln kann wie ihm beliebt. Aber „Munyal“ - Geduld, er wird sich schon beruhigenm, wenn sie sich im fügt und die untertänige Frau sein, die Allah für alle Männer vorgesehen hat.
Safira derweil sieht in der Zweitfrau Ramla, die ihr Mann umsorgt und bevorzugt, eine Gefahr für ihr Ansehen. Sie versucht mit allen Mitteln die Gunst ihres Mannes wiederzuerlangen und geht zu einem Marabout, ein islamischer Heiliger, der mit mystischen Zeremonien dafür sorgen soll, dass sich Safiras Mann wieder ganz allein ihr zuwendet. „Munyal“ - Geduld, seine Gebete werden wirken.

Djaïli Amadou Amal lässt „Die ungeduldigen Frauen“ drei Frauen offen zu Wort kommen. Ihre Gedanken würden Safira, Ramla und Hindou in dieser männerfokussierten Welt nie so ungeschönt preisgeben, doch als Leser:in erfährt man, was die Frauen im Innersten umtreibt. Denn in einer Gesellschaft, deren soziale Strukturen und Gesetzmäßigkeiten dafür sorgen, dass die Frauen in ihren Geschlechtsgenossinnen Konkurrenz und Missgunst sehen, sind diese Frauen auf sich selbst zurückgeworfen und sämtlicher Bande beraubt.
Die Autorin lässt viel Persönliches in ihren Roman einfließen. Sie selbst wurde als Teenager ebenfalls nach muslimischer Tradition der Fulbe zwangsverheiratet und erfährt selbst misogyne Gewalt. Amadou Amal ist eine wichtige Stimme der Frauenbewegung, ihrem Debüt in deutscher Sprache werden hoffentlich noch weitere Werke folgen.

Veröffentlicht am 04.03.2023

Europapolitischer Schabernack

Herr Sonneborn geht nach Brüssel
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Ich muss direkt zu Beginn erwähnen: Von Politik habe ich nicht die geringste Ahnung. Mir wurde das Buch von einem Bekannten empfohlen, und ich hatte definitiv meinen Spaß beim Lesen. Ungläubiges Kopfschütteln ...

Ich muss direkt zu Beginn erwähnen: Von Politik habe ich nicht die geringste Ahnung. Mir wurde das Buch von einem Bekannten empfohlen, und ich hatte definitiv meinen Spaß beim Lesen. Ungläubiges Kopfschütteln wechselte sich mit lauten Lachern ab (die meine Mitfahrer im ÖPNV regelmäßig irritiert haben).

In chronologischer Abfolge liest man sich durch seine Amtszeit in Brüssel und einmal im Monat für wenige Tage in Straßburg (großartig wahnsinniges Kapitel!), erfährt welche Themen im Europaparlament anstehen, welche Feindschaften sich zu Sonneborn entwickeln und was für Gesetze teilweise so beschlossen (oder abgewendet) werden.
Wenn ein Satiriker wie Sonneborn über das EU-Parlament schreibt, fragt man sich ganz zwangsweise, ob er da nicht ein wenig in seinem Sinne übertreibt; dann guckt man ins Netz und findet in Videos dutzendweise Verifikation dieses Zirkusses der Irren, die von Brüssel aus regieren.
Besonders ulkig fand ich ja, dass sich die etablierten Parteien einerseits über DIE PARTEI lustig machen, sie nicht ernst nehmen wollen und herabwürdigen, auf den letzten Seiten des Buches jedoch erwähnt wird, dass ebendiese anderen Parteien neidisch auf die Reaktionen zur Partei- und Pressearbeit der PARTEI reagieren. Aber diese Wirkung hat die PARTEI, am eigenen Handeln dasjenige der anderen Parteien aufzuzeigen und zu einer Bewertung einzuladen wie die Goldverkäufe der NPD, welche DIE PARTEI mit EU-Banknotenverkäufen (80 Euro gegen 100 Euro) gekonnt parodiert und angeklagt erfolgreich durch mehrere Gerichtsinstanzen Zuspruch erhalten hat. Aber lest selbst!

Man kann es gut- oder schlechtheißen, wenn eine Satirepartei wie DIE PARTEI mit Sonneborn an der Spitze ihren Schabernack in der Politik betreibt, aber man wird wesentlich mehr erfahren als von anderen Parteien oder ihren Programmen, denn Sonneborn benötigt keine falschen Versprechen, er macht einfach das, was das Titanic-Magazin schon immer gemacht hat auch in diesem Buch – die Politik ein wenig transparenter.

Veröffentlicht am 04.03.2023

Angst ist sehr subjektiv!

Schwarzhase
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Als der Hase eines Tages aus seinem Kaninchenloch ins Tageslicht heraustritt, wartet da ein riesengroßer schwarzer Hase. Schwarzhase macht dem Hasen ganz schöne Angst und er versucht ihm davonzulaufen. ...

Als der Hase eines Tages aus seinem Kaninchenloch ins Tageslicht heraustritt, wartet da ein riesengroßer schwarzer Hase. Schwarzhase macht dem Hasen ganz schöne Angst und er versucht ihm davonzulaufen. Hase weiß nicht, dass es sein vergrößerter Schatten ist, der ihn verfolgt und diesen entsprechend nicht abschütteln kann. Erst als Hase auf seiner Flucht im dunklen Wald anhält, hat er den Schwarzhasen abgeschüttelt, denn im Dunkeln gibt es keine Schatten. Im Wald wartet aber eine wirkliche Gefahr auf Hase; während er eine wohlverdiente Rast einlegt, überrascht ihn der Wolf beim Möhrenmampfen, und Hase muss schon wieder wegrennen. Gerade als Hase glaubt, jetzt ist es vorbei mit ihm, hält der Wolf inne und flüchtet zurück in den schützenden Wald: Der Wolf hat nämlich auch den Schwarzhasen gesehen und Angst bekommen! Jetzt erkennt Hase, dass man vor manchen Dingen keine Angst haben muss, weil sie ganz schön hilfreich sind.

Der Hase ist echt niedlich gezeichnet mit seinen kleinen Stummelbeinchen und seinen langen Löffeln! Besonders das Bild im dichten, dunklen Wald, wo Hase auf einem Baumstumpf sitzend dickbäckig eine Karotte mümmelt, hat mir ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert.

Für mich handelt die Geschichte davon, dass es manchmal Dinge gibt, vor denen man sich auf den zweiten Blick gar nicht zu fürchten braucht und es sich lohnt diese genauer zu betrachten. Ganz süß gezeichnetes Kinderbuch!

Veröffentlicht am 04.03.2023

Nicht so gut wie früher

Der Bücherdrache
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Der Bücherdrache ist eine ähnlich sagenumwobene Kreatur wie der Schattenkönig, vielleicht etwas weniger bekannt, aber ähnlich „ormträchtig“.
Hildegunst von Mythenmetz taucht in einem Comicstreifen in einen ...

Der Bücherdrache ist eine ähnlich sagenumwobene Kreatur wie der Schattenkönig, vielleicht etwas weniger bekannt, aber ähnlich „ormträchtig“.
Hildegunst von Mythenmetz taucht in einem Comicstreifen in einen Traum ein und von dort (wie im Film „Inception“) in einige tiefere Lagen. Er trifft, es geht wie gewohnt als Text weiter, auf den Buchling Hildegunst Zwei. Buchlinge sind Bewohner der Ledernen Grotte der Untenwelt Buchhaims, ihre Aufgabe ist es sämtliche Werke des Autoren auswendig zu lernen, nach dem sie benannt sind. Hildegunst Zwei erzählt seinem autorischen Vorbild von seinem Abenteuer.

Der kleine Hildegunst Zwei hat eigentlich ganz schön viel auswendig zu lernen, da Hildegunst von Mythenmetz als langlebiger Lindwurm eine ganze Menge zu Papier gebracht hat, aber er lernt eine Gruppe von Klassikern kennen, die nur sehr wenig memorieren mussten, entsprechend viel Zeit haben und mit kleinen, unerfahrenen Buchlingen Unfug treiben. So kommt es, dass sie Hildegunst Zwei einen Streich spielen und ihn in den buchdurchtränkten Sumpf schicken, um dem berüchtigten Bücherdrachen eine bücherne Schuppe zu stehlen. Nach einer Wanderung trifft der junge Buchlign auch tatsächlich auf den Drachen, der ihm seine gaaaanze verdammte Lebensgeschichte erzählt, und hier liegt für mich der Knackpunkt des Buches. Aber dazu später. Der zunächst freundlich und sogar kumpelhaft wirkende Drache offenbart Hildegunst Zwei, dass er ihn aus dem Sumpf nicht entkommen lassen kann und leider töten muss, zunächst jedoch muss er als Drache im gesetzten Alter sein Mittagsschläfchen halten. Das ruft die Gruppe von unfugtreibenden Buchlingen auf den Plan, die sich um Hildegunst Zwei Sorgen gemacht haben, denn wie sich herausstellt, wussten sie gar nicht, dass es den Drachen wirklich gibt. Mit einem waghalsigen Plan gelingt es der Gruppe zu entkommen, und dabei finden sie etwas sehr erstaunliches über ihre eigene Gattung heraus.

Walter Moers schreibt, finde ich, wie gewohnt gewitzt, spannend und mit einer Skurrilität, die oftmals ihresgleichen sucht. Als Fan seiner früheren Bücher, „Die Stadt der Träumenden Bücher“, „Ensel und Krete“, „Rumo“ oder „Käpt'n Blaubär“ kommt es mir mittlerweile leider so vor, als ob Moers zum Chronisten seiner eigenen ausgedachten Welt Zamonien verkommt. Er ergießt sich in langen Beschreibungen zur Umgebung, vieles ist eine unnötige Aufzählung, die mich mit dem Fuß auftippeln lässt, ungeduldig wann es denn weitergeht. Seine früheren Werke waren wirklich spannend und ereignisgeladen, „Der Bücherdrache“ kann da leider genauso wenig wie „Weihnachten auf der Lindwurmfeste“ mithalten, letzteres war für mich der hohe Tiefpunkt seiner ewig langen Beschreibungen. Nichts desto trotz ist es ein gutes Buch, was für mich leider nicht an seine früheren Erfolge anknüpfen kann.