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Veröffentlicht am 01.05.2017

Willkommen in Mulderrig, der Welthauptstadt skurriler Gestalten

Der Freund der Toten
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Mahony, im Waisenhaus in Dublin aufgewachsen, erfährt im Alter von 28 Jahren durch einen anonymen Brief, dass ihn seine Mutter nicht, wie bisher geglaubt, einfach zurückgelassen hat, sondern dass ihr wahrscheinlich ...

Mahony, im Waisenhaus in Dublin aufgewachsen, erfährt im Alter von 28 Jahren durch einen anonymen Brief, dass ihn seine Mutter nicht, wie bisher geglaubt, einfach zurückgelassen hat, sondern dass ihr wahrscheinlich etwas zugestoßen ist. Der Brief enthält außerdem die Information, dass er in Mulderrig, County Mayo, Irland, geboren wurde. Mahony macht sich auf den Weg, um dem Schicksal seiner Mutter auf den Grund zu gehen. In Mulderrig sticht er dabei in ein Wespennest und die meisten (zumindest männlichen) Bewohner wären ihn gerne so schnell wie möglich wieder los.
Die Leseprobe gefiel mir sehr gut. Bildhafte, poetische Beschreibungen und die eine oder andere Überraschung, zum Beispiel, dass Mahony Tote sehen und mit ihnen kommunizieren kann. Zu Beginn des Buchs war dies höchst originell, und es hat Spaß gemacht zu lesen, wie sich die Toten die Zeit vertreiben. So lümmeln sie beispielsweise biertrinkend auf dem Dach der Leichenhalle herum oder geistern durch die Häuser, die sie zu Lebzeiten bewohnten. Allerdings wurden mir die vielen Beschreibungen der Toten und ihrer jeweiligen Aktivitäten spätestens in der Mitte des Romans zuviel. Ein toter Priester, der absolut nichts zur Handlung beiträgt, wird nicht interessanter, nur weil er nackt auf dem Rasen liegt und sich im Schritt kratzt! Überhaupt scheint die Autorin mit der Geistlichkeit eine Rechnung offen zu haben, werden die Priester doch ausnahmslos, ob tot oder lebendig, als absolute Crétins dargestellt.
Was das Genre dieses Romans anbelangt, so bin ich mir auch nicht ganz sicher, wie man ihn bezeichnen würde. Ein humorvoller Fantasy-Kriminalroman vielleicht? Denn es geschehen auch jede Menge übernatürliche Dinge: fliegende Bücher, eine plötzlich im Pfarrhaus entspringende „heilige Quelle“ mit dazugehöriger Froschpopulation, in Massen auftretende Spinnen usw.
Was ich an dem Buch ausgesprochen gelungen finde, ist das Cover: ein Dschungel aus grünen Blättern und bunten Blüten, und erst bei genauem Hinsehen entdeckt man leuchtende Augenpaare und im Gebüsch versteckte Tiere. Wirklich sehr schön!
Mein Fazit: ein ungewöhnlicher und stellenweise amüsanter Roman, der mir allerdings weitaus besser gefallen hätte, wenn sich die Autorin nicht so krampfhaft übertrieben um Originalität bemüht hätte. Die von mir erwartete Spannung blieb aufgrund der ausufernden Beschreibungen auch weitgehend auf der Strecke. Wer einen spannenden Krimi erwartet, wird ihn in diesem Roman nicht finden.

Veröffentlicht am 18.04.2017

Sehr langatmig

Wenn ich jetzt nicht gehe
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Die Leseprobe gefiel mir sehr gut. Der reiche mexikanische Bergwerksbesitzer Mauro Larrea erfährt, dass er aufgrund einer riskanten Investition alles verlieren wird, was er sich in seinem Leben aufgebaut ...

Die Leseprobe gefiel mir sehr gut. Der reiche mexikanische Bergwerksbesitzer Mauro Larrea erfährt, dass er aufgrund einer riskanten Investition alles verlieren wird, was er sich in seinem Leben aufgebaut hat. Er beschließt deshalb mit dem Mut der Verzweiflung, einen Neuanfang in einem anderen Land zu wagen. Bis es allerdings so weit ist, muss er zunächst mithilfe unlauterer Mittel Vertragsunterlagen in seinen Besitz bringen - die Art und Weise, wie ihm das gelingt, ist mehr als unglaubwürdig! - und sich von einem Geldverleiher die nötigen finanziellen Mittel leihen. In Kuba, seinem ersten Ziel angelangt, lernt er die High Society Havannas kennen und knüpft Kontakte. Dieser Teil des Buchs hat mir am besten gefallen. Die bildhafte Sprache lässt das alte Havanna mit seinen lauten bunten Straßen und Menschen vor den Augen des Lesers entstehen, ebenso die eleganten Bälle und armen Viertel mit ihren Spelunken.
Durch eine für ihn glückliche Fügung gelangt Mauro in den Besitz eines Weinguts in Spanien und fährt nach Jerez, um sein Eigentum in Augenschein zu nehmen. Er lernt Soledad Claydon kennen, deren Familie das Gut früher gehörte, und verliebt sich in sie. An dieser Stelle beginnt der Roman zu langweilen und teilweise sehr unglaubwürdig zu werden. Unliebsame Besucher werden bedroht, eingesperrt und kurzerhand auf Schiffe zurück in die Heimat verfrachtet, bis sich am Ende dann alles in Wohlgefallen auflöst.
Die bildhafte Sprache und die vielen Metaphern sind teilweise gelungen, zum Teil gleiten sie allerdings doch sehr ins Kitschige ab. Irritiert haben mich auch manche der spanischen Begriffe, die nirgendwo erklärt werden. Es gehört nicht unbedingt zur Allgemeinbildung zu wissen, was ein gachupin oder ein Chichimeke ist! Auch ein Namenverzeichnis im Anhang wäre hilfreich gewesen. Alles in allem ein Buch, das nicht schlecht war, meine Erwartungen aber nicht erfüllt hat.

Veröffentlicht am 15.05.2024

Mehr Roman als Krimi

Südlich von Porto wartet die Schuld
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Ria Almeida, die Kommissarin aus Stuttgart mit portugiesischem Vater und schwäbischer Mutter, hat ihre Heimat verlassen, um in Portugal zu leben. Sie ist zunächst bei ihrer hochschwangeren Cousine und ...

Ria Almeida, die Kommissarin aus Stuttgart mit portugiesischem Vater und schwäbischer Mutter, hat ihre Heimat verlassen, um in Portugal zu leben. Sie ist zunächst bei ihrer hochschwangeren Cousine und deren Mann untergekommen. Praktischerweise kann sie den Job der Cousine im Polizeirevier des kleinen Ortes Torreira übernehmen. Schon kurze Zeit nach ihrer Ankunft geschieht ein Mord und Ria ermittelt gemeinsam mit dem wortkargen und schroffen Commissario Baptista, den sie bereits aus einem zurückliegenden Fall kennt. Mir war nicht bewusst, dass „Südlich von Porto wartet die Schuld“ bereits der zweite Band einer Reihe ist, doch wurden einige der wichtigsten Geschehnisse noch einmal aufgerollt.

Dieses Buch ist für mich ein typisches Beispiel für eine Wahl aufgrund des ansprechend gestalteten Covers: ein Fischerboot, das sich im blauen Meer spiegelt, im Hintergrund endloser Horizont. Darunter eine Anordnung von typisch portugiesischen Azulejos.

Ich hatte einen spannenden Krimi mit etwas portugiesischem Lokalkolorit erwartet, doch der wichtigste Bestandteil eines Krimis, Spannung, fehlte.

Ein ermordeter Richter wird am Strand gefunden. Ria und Baptista haben beide aufgrund ihres jeweiligen Bauchgefühls Hauptverdächtige im Sinn und ermitteln vorzugsweise in diese Richtung. Mir kam dieser Roman vor wie aus dem Krimibaukasten zusammengesetzt. Man nehme eine junge Ermittlerin, die im Übrigen sehr blass bleibt, ich habe beispielsweise keinerlei Vorstellung davon, wie sie aussieht, einen sozial dysfunktionalen Commissario, zu dem sich die Ermittlerin trotz seiner permanenten Beleidigungen unerklärlicherweise hingezogen fühlt, ein schüchterner und ständig errötender Jugendfreund, ein paar skurrile Gestalten, dazu eine Gruppe von militanten Umweltschützern und Rias Familienangehörige samt deren völlig überzogenen kleinen Dramen. Ein guter Krimi kam dabei leider nicht heraus. In der Mitte des Buchs hatte ich schon eine Vorstellung davon, wer der Täter ist und wie die Fäden zusammenlaufen, und genauso kam es auch. Rias privatem Umfeld wurde viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt und vieles fand ich einfach lachhaft. Welche erwachsene Frau mietet eine Wohnung und überlässt es dann Freunden und Familie, sie nach deren Gusto einzurichten, Zeitmangel hin oder her? Wer Portugalfeeling und eine nicht sehr anspruchsvolle Lektüre sucht, ist hier richtig. Von mir leider nur 2,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 05.04.2024

Ziemlich langweilig

Der falsche Vogel
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Freya Lockwood liebt Antiquitäten und Museen. Als junge Frau ging sie zusammen mit dem Antiquitätenhändler Arthur Crockleford auf die Jagd nach gestohlenen Kunstgegenständen, bis eines Tages in Kairo etwas ...

Freya Lockwood liebt Antiquitäten und Museen. Als junge Frau ging sie zusammen mit dem Antiquitätenhändler Arthur Crockleford auf die Jagd nach gestohlenen Kunstgegenständen, bis eines Tages in Kairo etwas passierte, was die beiden entzweite, woraufhin Freya sich aus diesem Geschäft verabschiedete und nichts mehr mit ihrem früheren Mentor zu tun haben wollte. Jetzt ist sie um die 50, geschieden, leidet am leeren-Nest-Syndrom und zu allem Überfluss verkauft ihr Ex das Londoner Stadthaus, in dem sie lebt. Just an diesem Punkt in ihrem Leben erreicht sie der Anruf ihrer Tante Carole, bei der sie aufwuchs: Arthur wurde ermordet und Carole braucht Freyas Hilfe, um den Mörder ausfindig zu machen.

Was vielversprechend beginnt, entwickelt sich leider zu einer ziemlich faden Story. Der Mittelteil ist so langweilig, dass ich das Buch wahrscheinlich aus der Hand gelegt hätte, wenn ich es nicht in einer Leserunde gelesen hätte. So habe ich mich durch die Kapitel gequält, nur gegen Ende kommt ein Hauch von Spannung auf. Freya bleibt eine blasse Figur, die in Selbstmitleid schwelgt, ihre Tante Carole wird als bunter Paradiesvogel dargestellt, was teilweise dem Ganzen etwas Schwung verleiht, andererseits auch überzogen wirkt. Man erfährt als Leser einiges über Antiquitäten, aber die Story an sich ist nicht gut umgesetzt, der Vergleich von Freya Lockwood mit Miss Marple sehr weit hergeholt. Ein für mich sehr enttäuschendes Debüt, den zweiten Band werde ich sicher nicht lesen. 2,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 24.04.2022

Im Visier der Stasi und des BND

Die Diplomatenallee
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Heike Holländer lebt mit ihrem Mann und zwei kleinen Kindern ein beschauliches Leben in Bonn. Früher hat sie Graphologie studiert, doch ihr Studium ohne Abschluss abgebrochen, warum, wird erst nach und ...

Heike Holländer lebt mit ihrem Mann und zwei kleinen Kindern ein beschauliches Leben in Bonn. Früher hat sie Graphologie studiert, doch ihr Studium ohne Abschluss abgebrochen, warum, wird erst nach und nach klar. Jetzt tritt ihr alter Professor wieder an sie heran und will ihre Hilfe bei der Beurteilung von handschriftlichen Dokumenten. Heike will mit ihm eigentlich nichts mehr zu tun haben, trotzdem lässt sie sich darauf ein, denn ihr alter Dozent Buttermann hat angeblich Informationen über Heikes verschwundenen Bruder.

Die Geschichte spielt im Bonn des Jahres 1974. Die Hauptstadt ist ein Dorf, jeder scheint jeden zu kennen und der kleine Schreibwarenladen der Familie Holländer ist ein Umschlagplatz für Informationen. So ist beispielsweise von Annemarie Renger oder von „Günther“ die Rede, Willi Brandts persönlichem Referenten, der sich dann als Stasi-Spitzel herausstellte, was zu Brandts Rücktritt führte.

Das Eintauchen in die Zeitgeschichte war interessant und auch das Thema Graphologie fand ich sehr spannend. Bis etwa zur Mitte des Buchs hat mich „Die Diplomatenallee“ gefesselt. Doch dann ist Heike Holländer plötzlich im Visier sowohl der Stasi als auch des BND. Es geschehen fingierte Unfälle, Menschen werden versehentlich angeschossen, Heike wird erpresst und zusammengeschlagen. Vieles ist kolossal verwirrend und man weiß nie, was ist wahr und was gelogen. Leider werden manche Handlungsstränge bis zuletzt nicht aufgelöst, was ich als äußerst unbefriedigend empfunden habe. Auch die persönlichen Lebensumstände der Familie Holländer und die Beziehungen untereinander sind sehr seltsam. Am Schluss hatte ich das Gefühl, die Autorin wusste nicht so recht, wie sie die Geschichte zu Ende führen soll, so konstruiert wirkt das Ganze. Ein Buch, das stark beginnt und äußert schwach endet. 2,5 Sterne und leider keine Leseempfehlung von mir.

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