Solider Thriller
Schwarzer SeeObwohl Emma seit Jahren nur ein Motiv zeichnet, hat sie als Künstlerin den Durchbruch geschafft. Mit ihrem Sujet - drei Mädchen, die im Wald verschwinden - verarbeitet sie ein Erlebnis, das sie als Jugendliche ...
Obwohl Emma seit Jahren nur ein Motiv zeichnet, hat sie als Künstlerin den Durchbruch geschafft. Mit ihrem Sujet - drei Mädchen, die im Wald verschwinden - verarbeitet sie ein Erlebnis, das sie als Jugendliche geprägt hat. Während eines Sommercamps verschwanden die Mädchen, mit denen sie eine Hütte geteilt hat, spurlos. Die Ereignisse von damals wiederholen sich jetzt, fünfzehn Jahre später. Und sie machen Emma sehr zu schaffen. Je mehr sie in den Strudel hineingezogen wird, desto weniger kann sie zwischen Realität und Albtraum differenzieren.
Der Leser erlebt die Suche nach der Wahrheit gleichermaßen verzweifelt wie die Hauptprotagonistin selbst. Geschickt zeigt der Autor von den Charakteren nur so viel, wie man als Leser wissen muss, um sich erst einmal sicher zu fühlen. Man fragt sich schon das ein oder andere Mal, für wen dieser oder jener Charakter letztendlich wirklich das Beste will. Riley Sager zeichnet seine Figuren sehr realitätsnah, ohne Ausnahme. An manchen Stellen war das Lesen eben deshalb etwas anstrengend – Teenie-Mädchen sind nicht für ihre Sprachgewandtheit bekannt –, aber das hat die Geschichte für mich authentisch gemacht.
Auch Emmas Entwicklung, beeinflusst von den damaligen Ereignissen, ist gut ausgearbeitet, ihre Wesenszüge fein gezeichnet. Aus einem Mädchen, das in ein gutsituiertes Camp geschickt wurde, ist eine verständige junge Frau geworden.
Der überwiegende Teil der Geschichte wird aus Emmas Perspektive erzählt. Der Autor konzentriert sich hier auf das Wesentliche: Zeitsprünge in die Vergangenheit, die mit der Gegenwart verflochten werden. Die Spannung wurde kontinuierlich aufgebaut. Durch die vielen falschen Fährten, die der Autor legt, sind einige der Wendungen wirklich überraschend und tragen so zum Spannungsaufbau bei. Auch der direkte Schreibstil, ohne Schnörkel und langatmige Beschreibungen, hat mich ständig zum Weiterlesen animiert. Dadurch wurde die ohnehin schon beklemmende Atmosphäre noch ein wenig düsterer.
Hörbuchsprecherin Christiane Marx schafft es, mit ihrer angenehmen und klangvollen Stimme eben diese Atmosphäre zu unterstreichen und lebendig zu machen. Gekonnt setzt sie Betonungen und Pausen, sodass Monotonie hier keinen Platz findet. Jedes Wort sitzt. Dabei verzichtet sie auf Übertreibungen und Zwischentöne wie Seufzer.
Persönliches Fazit: Das Konzept ist nicht neu – Protagonistin mit Geheimnis, welches sie nun einholt. Die Umsetzung überzeugt jedoch auf voller Linie und macht dieses Buch zu einem komplexen und spannenden Thriller!