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Veröffentlicht am 01.12.2019

Zum Nachdenken anregend

Der Papalagi
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Inhalt:
Papalagi ist ein aus dem Samoanischen stammendes Wort, welches übersetzt etwa "der Himmelsdurchbrecher" oder auch "der Fremde" oder "der Weisse" bedeuten kann. "Himmelsdurchbrecher" soll davon ...

Inhalt:
Papalagi ist ein aus dem Samoanischen stammendes Wort, welches übersetzt etwa "der Himmelsdurchbrecher" oder auch "der Fremde" oder "der Weisse" bedeuten kann. "Himmelsdurchbrecher" soll davon kommen, dass die Weissen bei der Erforschung von Samoa mit einem Segelboot (wobei den Bewohnern das Segel direkt aus dem Himmel kommend erschien) auf Samoa zugerudert seien. Es habe also so ausgesehen, als hätten die Weissen den Himmel durchbrochen und wären dem Segel entlang auf die Erde geklettert. Die elf verschiedenen Reden des Südseehäuptlings Tuiavii aus Tiavea richten sich an sein Volk und beschreiben das Leben und Verhalten der Europäer und üben dabei natürlich auch Kritik an deren Umgang mit der Natur und der Anbetung materieller Güter.
Wie ich aber gelesen habe, ist der Häuptling eine fiktive Person und die Reden stammen allesamt vom Maler und Schriftsteller Erich Scheurmann. Scheurmann weist mit diesem kleinen Büchlein in kindlicher Sprache, welche die Sprachweise der Inselbewohner imitieren soll, auf verschiedenste Missstände in der europäischen Kultur hin. Die Anbetung des Geldes, das Bauen von Häusern, in die gar keine Sonne und keine frische Luft hinein gelangen kann und die "Unsitte" sich in mehrere "Lendentücher" zu hüllen, obwohl Körper doch so etwas Schönes seien sind nur einige Beispiele aus den Reden. Der Autor hat ein Jahr auf der Insel Samoa verbracht und weiss somit, wovon er spricht und erinnert uns Leser immer wieder ein wenig daran, die kleinen Dinge im Leben zu schätzen.

Meine Meinung:
Das Buch regt sehr zum Nachdenken an, tut dies jedoch auf nicht immer ganz ernste Weise. Mit einem Augenzwinkern und einer sanften Ermahnung gibt es dem Leser einige Gedanken auf den Weg und darf sicher nicht als wortwörtliche Kritik verstanden werden. Ich habe mich beim Lesen sehr gut unterhalten und trotzdem ein wenig blossgestellt gefühlt, musste einige Male laut lachen, aber auch den Kopf schütteln. Alles in allem erscheinen mir die elf Reden nach wie vor als sehr aktuell und passend. Ausserdem halten sich dabei der erhobene Zeigefinger und das gutmütige Schulterklopfen angenehm die Waage.

Veröffentlicht am 01.12.2019

Ernst und zugleich sehr unterhaltsam

Drüberleben
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Ida erwacht einmal mehr neben einem Mann, den sie bis vor wenigen Stunden noch nie gesehen hat, in einer Müllhalde, die ihre eigene Wohnung ist, und weiss, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Zum Glück ...

Ida erwacht einmal mehr neben einem Mann, den sie bis vor wenigen Stunden noch nie gesehen hat, in einer Müllhalde, die ihre eigene Wohnung ist, und weiss, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Zum Glück hat sie genau an diesem Tag den Termin in der Klinik, in die sie sich für unbestimmte Zeit begeben wird. Ohne sich noch einmal umzublicken und nach einer sehr kurzen Verabschiedung von dem Mann in ihrem Bett, verlässt sie das Haus und kommt pünktlich in der Klinik an. Nachdem sie dort gefühlte tausend Seiten Eintrittspapiere durchgelesen und unterschrieben hat, bekommt sie endlich eine kurze Führung durchs Gebäude. Schnell lernt sie einige Mitpatienten kennen, Richard, Peter, ihre Mitbewohnerin Isabell und einige andere. Schnell beginnt sie, sich über die Begrüssungsfloskel "und warum bist du hier?" zu ärgern, sie hat es satt, immer wieder ihre Geschichte zu wiederholen. Und auch bald realisiert sie, dass sie nicht allen einfach trauen sollte und dass ihre Mitbewohnerin nicht immer nur die Wahrheit erzählt und selber eine richtige Drama-Queen ist. Es geht einige Tage, bis Ida merkt, dass auch sie wohl nicht nur den anderen, sondern auch sich selber immer wieder etwas vor macht. Der Klinikalltag und die vielen Einzelgespräche lehren sie, auf sich selber zu hören und zu verstehen, was genau ihre Probleme sind, und wie sie diese anpacken kann. Die Autorin Kathrin Weßling schreibt in diesem Buch nicht nur über Ida, sondern immer auch ein wenig über sich selber und verarbeitet so ihre Vergangenheit und ihren früheren Alltag mit Depressionen. Trotzdem muss man klar trennen zwischen Ida und Weßling. Einzig der geschilderte Klinikalltag und die unterschiedlichsten Mitpatienten und Arztgespräche dürften wohl beiden, der Protagonistin und auch der Autorin, sehr gut bekannt sein.

Meine Meinung:
Auch wenn mir gewisse Szenen und Situationen, sowie Gedankengänge der Protagonistin zu extrem und teilweise zu aufgesetzt provokativ vorkamen, so hat mir das Buch doch sehr gut gefallen. Die Geschichte von Ida fesselt und berührt und mit einer schonungslosen Ehrlichkeit und trotzdem viel Ironie schafft es die Protagonistin, den Leser in ihren Bann zu ziehen. Das Buch kann es schaffen, Menschen zum Nachdenken anzuregen und es plädiert für mehr Respekt, Offenheit und Mut. Psychisch kranke Menschen sind auch (nur) Menschen und genau dies spürt man während der Lektüre von "Drüberleben" und dies ist es wohl auch, was uns die Autorin auf den Wege geben will und was sich sicher einige Menschen ein wenig bewusster überlegen sollten.

Fazit:
Ein unterhaltsames Buch mit einem ernsten Hintergrund, welches zum Nachdenken anregt und für mehr Verständnis und Toleranz plädiert.

Veröffentlicht am 29.11.2019

Fundierter Einstieg ins Thema mit Hintergrundinfos und prägnanten Aussagen

No More Bullshit
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Inhalt:
Wer von uns kennt sie nicht, die Sprüche, die scheinbar witzig und beiläufig daherkommen und oft so unter aller Kanone sind und meistens auch noch so unerwartet in den Raum gestellt werden, dass ...

Inhalt:
Wer von uns kennt sie nicht, die Sprüche, die scheinbar witzig und beiläufig daherkommen und oft so unter aller Kanone sind und meistens auch noch so unerwartet in den Raum gestellt werden, dass für eine sinnvolle Reaktion keine Zeit und keine Energie da ist?
Immer noch werden Fakten kathegorisch geleugnet und ignoriert um vor allem Frauen klein zu halten, ihnen über den Mund zu fahren, ihre Thesen nicht ernst zu nehmen oder auch einfach vor versammelter Belegschaft eine Präsentation, einen wichtigen Arbeitsschritt oder eine krankheitsbedingte Abwesenheit ins Lächerliche zu ziehen. Dies geschieht in der Regel mit aus der Luft gegriffenen "Totschlagargumenten", Stammtischparolen und primitiven Äusserungen, die gängiges Recht verletzen, eine bestehende Faktenlage ignorieren und vor allem die Würde der damit bedachten Personen mit Füssen tritt.
Um dagegen eben nicht auch niveaulos, mit einem müden Lächeln oder gar schweigend anzugehen, hat das Netzwerk Sonority mit WissenschaftlerInnen zusammengearbeitet und in prägnanten, gründlich recherchierten Texten und mit stimmungsvollen, provokativen aber auch einfach humorvollen Illustrationen Antworten und Entgegnungen auf solche - oft komplett unbedachten - Äusserungen gesammelt.

Meine Meinung:
Über dieses Buch bin ich bei Instagram gestolpert und weil es mir von @readpackblog so dringend empfohlen worden ist, habe ich es mir vor knapp zwei Wochen gekauft. In meinem Urlaub habe ich mich intensiv damit auseinandergesetzt, es auch kontrovers diskutiert und mir einzelne Abschnitte äusserst kritisch angesehen und kann sagen: ja, dieses Buch ist wichtig. Es ist gut recherchiert, es provoziert und regt zur Diskussion an. Es besteht mehrheitlich aus der Beschreibung von Situationen, die wir alle kennen und die sehr analytisch beleuchtet und mit einer passenden Antwort oder diversen Reaktionsmöglichkeiten versehen werden. Denn Schweigen ist oft Zustimmung und auch wenn man manchmal wirklich nur mit "Bullshit" antworten kann, so ist es doch ab und zu einfach total notwendig, sich überhaupt zu äussern, seinen Unmut kundzutun und bei Menschen, mit denen sich eine Diskussion lohnt, auch einmal nachzuhaken und mit einigen Gegenargumenten zu punkten. Einzelne Meinungen waren mir persönlich ein wenig zu überspitzt und extrem, das ist aber auch ein Stilmittel, das provokant auf sich aufmerksam macht und durchaus seine Berechtigung hat. Nicht nur - eben genau nicht nur - für Frauen ist dieses Buch ein willkommenes Nachschlagewerk, von dem man sich verstanden fühlt und das ausserdem mit zusätzlichen Informationen Reaktionsmöglichkeiten für schwierige Situationen und Diskussionen aufzeigt.

Meine Empfehlung:
Kurzweilig und unterhaltsam, nachdenklich stimmend und insgesamt sehr fundiert recherchiert kommt dieses Nachschlagewerk für alle Lebenslagen und LeserInnen daher und punktet zusätzlich mit kritischen und sehr humorvollen Zeichnungen, Diagrammen, vielen, vielen Fakten und weiterführender Literatur.

Veröffentlicht am 15.11.2019

Eine vergnügliche Komödie mit einem Hauch Gesellschaftskritik

Drei Männer im Schnee
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Meine Meinung:
Dieses Buch habe ich mir schon länger von einem sehr guten Freund ausgeliehen. Er war überzeugt davon, dass es mir gefallen würde und er hatte absolut recht. Diese zuweilen schräge und ...

Meine Meinung:
Dieses Buch habe ich mir schon länger von einem sehr guten Freund ausgeliehen. Er war überzeugt davon, dass es mir gefallen würde und er hatte absolut recht. Diese zuweilen schräge und stets äusserst kluge Verwechslungskomödie über eine klassenübergreifende Freundschaft, reiche und arme Menschen, Frauen und Männer und einen abgelegenen, eingeschneiten Ort im Winter, hat mich begeistert.
Kästners pointierte Gesellschaftskritik, welche vor allem die gehobener Gesellschaftsschichten und ihre vermeintliche Überhabenheit aufs Korn nimmt und zugleich aufzeigt, dass auch weniger vermögende Menschen nicht vor argen Vorurteilen gefeit sind - weil Menschen nun mal einfach Menschen sind und zu Vorurteilen neigen - trifft gezielt ins Schwarze was allerdings alles mit einem liebenswert beobachtenden und wohlwollenden Auge geschieht.

Erzählsprache:
Nach wenigen Sätzen sind wir mitten im Geschehen, erfahren von den Ränken, die Geheimrat Tobler nach dem Gewinn eines Preisausschreibens schmiedet und vom Chaos, das er damit ziemlich umgehend auslöst. Im tiefen Winter begleiten wir die Protagonisten auf die Eisbahn, die Piste, einen Kostümball und an zahllose elegante Dinner und erfahren bald, wie es Geheimrat Tobler und seinem mitgereisten Kammerdiener Johann, der sich als Besitzer einer Reederei ausgibt, ergeht. Nur schon die Grundidee dieser Geschichte ist ein ziemlich ungewöhnlicher Einfall und dass es Kästner auch noch gelingt, stets kurzweilig zu erzählen, die Figuren in ihren Verkleidungen unentdeckt zu lassen und vor allem natürlich auch noch ein wenig Chaos, Romantik und Drama in die sonst schon spannende Atmosphäre, in der wohlhabende Menschen literarisch auf den Arm genommen werden, einfliessen zu lassen, ist ein wahres Meisterstück.

Meine Empfehlung:
Ich staune immer wieder, wie sehr wir Buchliebhaber*innen uns vom schönen, neuen Schein blenden lassen, weil da leider sehr oft wundervolle Literatur, die halt schon ein wenig älter ist, ausser Acht gelassen wird und vielleicht sogar in Vergessenheit gerät. "Drei Männer im Schnee" ist mittlerweile ein wenig in die Jahre gekommen, ist aber das beste Beispiel dafür, dass Klassiker weder angestaubt noch antiquiert daherkommen müssen, sondern dass sie genau so aktuell, kurzweilig und lehrreich sein können, wie alle Neuerscheinungen, die wir sonst in den Regalen der Buchhandlungen antreffen. Für dieses zeitlose und äusserst unterhaltsame Stück Literatur gibt es von mir eine überzeugte Empfehlung.

Veröffentlicht am 07.11.2019

Auch wer Fantasy nicht mag, wird den kleinen Yorsch mögen

Der letzte Elf
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Inhalt:
Es ist kalt und regnet ununterbrochen. Der kleine Elf Yorsch ist ganz alleine unterwegs, seine Grossmutter musste er in ihrer Hütte, in der das Wasser immer mehr und mehr anstieg, zurücklassen. ...

Inhalt:
Es ist kalt und regnet ununterbrochen. Der kleine Elf Yorsch ist ganz alleine unterwegs, seine Grossmutter musste er in ihrer Hütte, in der das Wasser immer mehr und mehr anstieg, zurücklassen. Er ist total durchnässt und traurig, friert und hat grossen Hunger. Zum Glück findet er eine Menschenhütte und dort hält sich Sajra auf. Da Yorsch grosse Mühe mit der Menschensprache hat, gibt es einige Verständigungsprobleme. Nachdem aber die grössten Missverständnisse aus dem Weg geräumt sind, fasst sich Sajra ein Herz, gibt dem Elfen zu essen und nimmt ihn in ihre Obhut. Damit begibt sie sich in grosse Gefahr. Menschen, welche Elfen bei sich aufnehmen oder ihnen Hilfe anbieten, werden in der Regel nämlich mit dem Galgen bestraft. Sie ziehen weiter und schon bald treffen die beiden auf Monser, welcher ihnen seinen Schutz anbietet. Leider währt aber dieser Frieden nicht lange. Schon bald werden sie entdeckt und als Elfenfreunde verhaftet und zum Tode verurteilt. Doch der Elf wäre ja kein Elf, wenn er sie nicht aus dem Verlies von Daligar befreien würde. Während der Flucht stösst Yorsch auf eine alte Prophezeiung, welche sagt, dass der letzte Elf zusammen mit dem letzten Drachen die Welt vom Regen befreien kann. Sogleich macht sich das mutige Trio auf die Suche nach dem letzten Drachen und das Abenteuer beginnt.

Meine Meinung:
Ich bin überhaupt kein Fan von Fantasy-Literatur, muss aber auch zugeben, dass ich mich auf diesem Gebiet auch nicht gut auskenne. Der letzte Elf hat mir jedoch unglaublich gut gefallen. Die wunderschöne Sprache, die witzigen Dialoge, die Spannung, das Abenteuer und die toll beschriebenen Figuren machen dieses Buch zu einem kleinen und sehr lesenswerten Schatz, vor allem auch für junge Leser. Das Buch eignet sich sicher auch sehr gut zum Vorlesen, da die Handlung in nicht zu lange Kapitel eingeteilt ist. Gewisse Dinge werden in der Geschichte nicht geklärt, was aber auch überhaupt keine Rolle spielt. Zum Beispiel erfährt man nicht, warum Sajra in der Hütte ist, in welcher Yorsch Zuflucht sucht und warum sie dann weiterzieht und was genau ihr Antrieb und ihr Ziel ist. Auch über ihre Vergangenheit erfährt man fast nichts. Ähnlich verhält es sich bei Monser und ich denke nicht, dass dies im nächsten Band der Reihe noch geklärt wird. Wie gesagt: es hätte mich interessiert, ist aber eigentlich für die Handlung nicht wichtig zu wissen.
Das Buchcover gefällt mir auch sehr gut und die ganze Aufmachung der Reihe empfinde ich als sehr stimmig. Ich werde die nächsen Teile auf jeden Fall lesen und bin schon ganz gespannt, wie es mit Yorsch weiter geht.

Fazit:
Märchenhafte Fantasy, welche man einfach lieben muss, auch wenn man sich aus Fantasy nicht so viel macht, und ein brillianter Schreibstil machen diese Geschichte zu einem tollen Stück Unterhaltungsliteratur.