Profilbild von Schnuppe

Schnuppe

Lesejury Star
offline

Schnuppe ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Schnuppe über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.09.2020

Eindrücklich beschriebenes Familiendrama

Triceratops
0

Das tolle Cover mit dem Triceratops, der scheinbar durch das Buch läuft, sollte Dinosaurierliebhaber nicht auf die falsche Fährte locken. Hier erwartet den Leser schwere Kost. Der Triceratops steht sinnbildlich ...

Das tolle Cover mit dem Triceratops, der scheinbar durch das Buch läuft, sollte Dinosaurierliebhaber nicht auf die falsche Fährte locken. Hier erwartet den Leser schwere Kost. Der Triceratops steht sinnbildlich für den Jungen, den der Autor über seine dysfunktionale Familie aus seiner Sicht sehr eindrücklich berichten lässt.

Das Drama dieser Familie zieht sich durch mehrere Generationen und verstärkt sich, ohne dass wirksame Hilfe kommt. Der Protagonist ist das jüngste Familienmitglied: ein Junge, der von sich nur als „Wir“ spricht und denkt.
Das „Wir“ des Ich-Erzählers schafft eine Distanz zu seiner Wirklichkeit, ob ihm dies ein wenig Schutz bieten soll oder er sich so dem Alleingelassensein entzieht, macht hier eigentlich keinen Unterschied mehr, es stimmt traurig und zieht den Leser mit sich in eine düstere Welt.
Die Mutter ist häufig in der Psychiatrie, zu Hause ist sie keine Stütze für den Jungen und seine ältere Schwester, sondern in ihrem Denken und Handeln stets auf sich fixiert. Der Vater versucht mit religiösem Eifer oder dem Fernsehprogramm die Realität auszublenden. Die Schwester wirkt in ihrem Verhalten verstört, sie versucht sich frühzeitig in eine eigene Familie zu flüchten. Die Großmutter und die Tante sind ebenfalls eine Spezies für sich. Die Chance hier emotional stabil entwickelt erwachsen zu werden ist gering. Nach und nach offenbart sich, wie sich die Dinge entwickelt haben. Niemand ist für den anderen da, die Personen leben nebeneinander in ihrem Dilemma und finden keinen positiven Ausweg. Ebenso wie der Junge wünschte ich mir beim Lesen den Schutzpanzer des Triceratops.

„Niemand war jemals wirklich da! Niemand“

Erzählt wird in kurzen Szenen/Kapiteln, die wie Fragmente wirken, sich aber schlussendlich zusammenfügen und damit den Scherbenhaufen dieser Familie offenbaren.
Zwischen den Zeilen steht hier mehr als in den Zeilen. Das gibt zu Denken und die Erkenntnisse sind schmerzhaft.
Das Hilfe für dysfunktionale Familien schlecht greift, diese auch schlecht erkannt werden, kommt hier sehr glaubhaft zum Vorschein.

Nichts für lockere Unterhaltungsstunden. Wer Charakterstudien mag und eine Portion Hoffnungslosigkeit aushalten kann, ist bei diesem Werk richtig.
Aufwühlend, nachhallend und besonders.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.09.2020

Naive Weisheit aus Island

Kalmann
0

Joachim Schmidt erzählt diesen Roman aus der Sicht Kalmanns, dem Sheriff von abgelegenen Raufarhöfn in Island. Kalmann ist schon 30 Jahre alt, aber geistig auf dem Niveau eines Grundschulkindes, manchmal ...

Joachim Schmidt erzählt diesen Roman aus der Sicht Kalmanns, dem Sheriff von abgelegenen Raufarhöfn in Island. Kalmann ist schon 30 Jahre alt, aber geistig auf dem Niveau eines Grundschulkindes, manchmal ist er nicht bei der Sache oder erinnert sich nicht mehr. Die Sheriff-Ausrüstung hat er von seinem stets abwesenden amerikanischen Vater bekommen und er trägt sie täglich mit viel Stolz. Sein Opa hat ihm viel Selbstvertrauen mitgegeben und ihm die Welt so einfach erklärt, dass er sie verstand. Nun ist der mittlerweile demente Opa im Altenheim, aber Kalmann erklärt sich die Welt weiterhin, so wie sein Opa es getan hätte. Dabei kommen herrliche Vergleiche heraus, die im ersten Moment lustig scheinen, aber doch Sinn ergeben, manchmal tiefgründig anmuten.

Kalmann wohnt allein im Haus der Familie, die Mutter sieht regelmäßig nach ihm, wohnt aber in einer anderen Stadt, in der sie Arbeit gefunden hat. Kalmann wird im Dorf mit seinen Eigenheiten akzeptiert, er geht alleine jagen oder fährt hinaus, um Haie zu fangen. Er stellt den zweitbesten Gammelhai Islands her.
Eines Tages entdeckt er während der Jagd einen Blutfleck im Schnee, der Verdacht, dass dies etwas mit dem verschwundenen Hotelier des Ortes zusammenhängt, ist schnell gefasst. Polizei und Journalisten fallen in das verschlafene Städtchen ein.

Schmidt ist hier ein wunderbarer Roman gelungen, der aus der Sicht eines besonderen Protagonisten über isländische Orte und ungewöhnliche Menschen erzählt. Es ist mal ein anderes Erlebnis, die Welt aus der Sicht eines gehandicapten zu erleben und nie zu wissen, ob das erlebte tatsächlich der Wahrheit entspricht. Die Natur Islands wird wie nebenbei einprägsam und genau beschrieben. Der Bericht eines Außenseiters über sein Leben, verwoben mit einem ungewöhnlichen Krimi. Mir hat das Buch sehr gefallen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.09.2020

Ernten - Kochen - Teilen

Rezepte für eine gute Zeit
0

Superschönes Kochbuch, dass nicht nur inspirierende Rezepte enthält, die sich einfach nachmachen lassen, sondern auch mit vielen Hintergrundinformationen rund um die Produkte, den Anbau, die Vorratshaltung ...

Superschönes Kochbuch, dass nicht nur inspirierende Rezepte enthält, die sich einfach nachmachen lassen, sondern auch mit vielen Hintergrundinformationen rund um die Produkte, den Anbau, die Vorratshaltung und zur Ernährung aufwartet.
Die Autorinnen vermitteln Wissen zum ursprünglichen Leben, Wert des Anbaus und der Ernte, sowie regionale und saisonale Bezüge. Hier kann man noch einiges über Vollkorn lernen, aber auch die Herstellung von Sauerteig wird erklärt. Es gibt praktische Tipps zur Vorratshaltung, Saisonkalender für Obst und Gemüse, Tipps rund ums Kochen und Backen und noch Vieles mehr. Das Ganze wird begleitet von tollen Fotos.
Der Rezeptteil ist detailliert unterteilt, hier findet man zu allen Mahlzeiten für jede Saison ein leckeres Gericht. Mir haben die Rezepte gut gefallen, zu jedem gab es ein Foto und eine nachvollziehbare einfache Anleitung. Was wir nachgekocht und gebacken haben ist gut gelungen und war lecker.
Man merkt beim Lesen, dass die Autorinnen hier viel Liebe und Leidenschaft hineingesteckt haben. Ihre Erfahrungsberichte wirken authentisch, ihre Lust an guten gesunden Lebensmitteln, ihre Liebe zur Natur ist spürbar und ansteckend.
Fazit: Ein inspirierendes Kochbuch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 09.09.2020

Auschwitz ist heute - immer noch und bleibend

Leben mit Auschwitz
0

Auch 75 Jahre nach der Befreiung des Lagers Auschwitz ist das Geschehen von damals nicht zu Ende. Andrea von Treuenfeld hat mit ihrem Buch ein beeindruckendes Werk geschaffen, welches historische Fakten ...

Auch 75 Jahre nach der Befreiung des Lagers Auschwitz ist das Geschehen von damals nicht zu Ende. Andrea von Treuenfeld hat mit ihrem Buch ein beeindruckendes Werk geschaffen, welches historische Fakten zu Auschwitz vorstellt, aber vor allem die Enkel, die dritte Generation der Auschwitz-Überlebenden zu Wort kommen lässt.
Nachdem die Überlebenden und deren Kinder häufig zum Thema Holocaust verstummt waren und im Stillen litten, um sich mit dem Erlebten nicht noch einmal auseinandersetzen zu müssen, stellten die Enkelkinder Fragen und bekamen Antworten. Die Autorin hat diese gesammelt und hier zusammengestellt.

Die persönlichen Kapitel werden mit einem Foto und ein paar Lebensdaten der Enkel eingeleitet, darunter finden sich Fotos der Großeltern und ihr Lebenslauf. Die Enkel haben unterschiedlichste Lebensentwürfe und -wege, aber sie sind durch ihre Vorfahren hier vereint und berichten von eigenen Erfahrungen und den Erinnerungen der Großeltern, hier steht und wirkt jeder Enkel auf seine Weise. Gemeinsam ist ihnen, dass das Thema in ihrem Leben noch immer präsent ist. Einige engagieren sich für die Gedenkstätte oder haben sie besucht. Viele Berichte empfand ich sehr berührend. Die Emotionen waren deutlich spürbar, es ist gelungen, die sehr persönlichen Berichte respektvoll und dem Thema angemessen behutsam aufzuschreiben.

Diese persönlichen Kapitel sind durch historische Kapiteleinschübe unterbrochen, in denen man Fakten nachlesen kann, z.B. zu Rudolf Höß, den Auschwitz-Prozessen, Bauplänen, Josef Mengeles und vieles mehr. Diese sind sehr schön eingängig geschrieben und recht kurzgehalten.
Das Buch schließt mit einem Glossar ab, das die wichtigsten Begriffe erläutert und Personen kurz vorstellt; auch ein Literaturverzeichnis ist vorhanden.
Durch die vielen kurzen Kapitel kann man die Lektüre immer mal gut unterbrechen oder gezielt einige Teile lesen. Meiner Meinung nach wäre es auch sehr geeignet für den Einsatz in Schulen. Ein wichtiges Buch gegen das Vergessen. Die Offenheit der Berichtenden verdient Respekt, es ist nicht selbstverständlich auf so eine Weise fremde Menschen an seinem Leben teilhaben zu lassen. Dafür vielen Dank.
Fazit: Absolut lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.09.2020

Jukka und Lila

Bittermonds Bucht
0

Jukka lebt mit Kapitän Bittermon in einer schönen idyllischen Bucht. Der Junge ist völlig ohne Bildung in der Isolation aufgewachsen. Das bringt viele Defizite mit sich, die ihm bewusst werden, als Kandidel ...

Jukka lebt mit Kapitän Bittermon in einer schönen idyllischen Bucht. Der Junge ist völlig ohne Bildung in der Isolation aufgewachsen. Das bringt viele Defizite mit sich, die ihm bewusst werden, als Kandidel mit ihrer Tochter Lila zu Besuch in die Bucht kommen.
Eines Morgens ist Kandidel mit Bittermonds Schatz verschwunden. Lila und Jukka wollen den Schatz zurückholen. So beginnt ein spannendes Abenteuer für die Kinder, in das im Verlauf auch noch ein paar Fantasyelemente eingebaut sind.
Das Cover ist sehr schön gestaltet, es lässt aber eher auf eine Piratengeschichte schließen. Innen gibt es auch kleine Illustrationen, die auflockernd wirken.
Die Autorin baut einige wichtige Grundwerte mit in die Geschichte ein, dies erschließt sich vielleicht aber eher dem erwachsenen Leser. Insgesamt hat mich dieses Abenteuer nicht so richtig überzeugt. Die Protagonisten blieben mir zu fern und ich konnte auch mit den Fantasyelementen nicht so viel anfangen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere