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Veröffentlicht am 11.12.2017

Orphan X - eine Kombination aus Söldner und Robin Hood

Orphan X
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Orphan X ist ein Einzelgänger - und eine Waffe! Als Waisenkind wurde er vom Orphan-Programm (engl. Orphan = Waise) aufgenommen und, von der Öffentlichkeit abgeschottet, zu einer der tödlichsten Waffen ...

Orphan X ist ein Einzelgänger - und eine Waffe! Als Waisenkind wurde er vom Orphan-Programm (engl. Orphan = Waise) aufgenommen und, von der Öffentlichkeit abgeschottet, zu einer der tödlichsten Waffen der USA ausgebildet. Inoffiziell. Sein Pate hatte ihm derzeit mehrere Gebote eingetrichtert, nach denen er sich richten sollte, um seinen Job gut zu machen. Nach seiner Ausbildung trat er auch gleich seinen Dienst an und liquidierte im Auftrag hochrangiger Regierungsmitglieder Staatsfeinde. Doch waren es wirklich immer Terroristen und Bösewichter, die er erledigte? Und gibt es vielleicht noch weitere Teilnehmer des Orphan-Programms?
Das Buch beginnt damit, dass er aktuell wie eine Mischung aus Söldner, Spion und Robin Hood Aufträge annimmt, in denen er stark Hilfsbedürftigen kostenlos das Leben rettet. Dabei arbeitet er hochprofessionell, geheim - und hinterlässt keinerlei Spuren. Es gibt ihn nicht. Zur Tarnung lebt er ein gefaktes Scheinleben, hält sich von unnötigen zwischenmenschlichen Kontakten fern. Durch Rückblenden erfährt man, wie Orphan X alias Evan Smoak ausgebildet wurde - und sich zu dem Menschen entwickelte, welcher er heute ist. Gleichzeitig rast man förmlich durch sein momentanes Leben und durch seine Jobs, erfährt viel über seine Waffen, Kampftechniken, technischen High End Geräte. Dabei ist Evan Smoak trotz allem ein Mensch geblieben, wenn auch ein sehr kontrollierter. Der Plot steckt voller Action und Verschwörungen, man wünscht sich beim Lesen richtig, die Geheimnisse nach und nach zu lösen. Und das werden sie auch. Bis auf einen kleinen Cliffhanger, der förmlich nach einer Fortsetzung schreit.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Die dunkle Seite Islands

Der Stier und das Mädchen
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"Der Stier und das Mädchen" ist ein Island-Thriller der etwas düsteren Sorte. Zwei Touristinnen entdecken aufgrund einer Reifenpanne grausam zugerichtete Leichen auf einem abgelegenen Gehöft. Doch wer ...

"Der Stier und das Mädchen" ist ein Island-Thriller der etwas düsteren Sorte. Zwei Touristinnen entdecken aufgrund einer Reifenpanne grausam zugerichtete Leichen auf einem abgelegenen Gehöft. Doch wer glaubt, dies sei bereits das Schreckliche an dem Roman gewesen, wird schnell eines Besseren belehrt. Auf der Suche nach der Wahrheit, der Ursache des Massakers, taucht der Leser ein in eine Welt voller Gewalt, Missbrauch und Drogen, die ihresgleichen sucht und mir manchmal schon etwas zuviel wurde. Insbesondere Hannas Schicksal, welches von Kindesbeinen an von erschreckender Gewalt geprägt ist, hat mich äußerst bewegt. Und obwohl der Roman so erschreckend brutale Züge aufweist, lässt einen das Buch doch nicht los, möchte man weiterlesen, die Wahrheit aufdecken.
Eine weitere Herausforderung neben der ungeschönten Brutalität ist der Schreibstil des Autors. So musste ich mich an die unterschiedlichen Perspektiven und Zeitsprünge erstmal gewöhnen, welche nach und nach das Familiendrama aufdeckten.
Mein Fazit: Ein erschütternder, düsterer Island Thriller, der wirklich nichts für zarte Gemüter ist.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Abenteuerliche Vorgeschichte des Bestsellers "Der Goldene Kompass"

His Dark Materials 0: Über den wilden Fluss
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Als ein kleines Baby in die Obhut der Nonnen des am Fluss gelegenen Klosters gegeben wird, scheinen sich erstaunlich viele für das Mädchen zu interessieren: Das GD (Geistliches Disziplinargericht), ein ...

Als ein kleines Baby in die Obhut der Nonnen des am Fluss gelegenen Klosters gegeben wird, scheinen sich erstaunlich viele für das Mädchen zu interessieren: Das GD (Geistliches Disziplinargericht), ein Geheimbund, ein geheimnisvoller Verrückter - selbst die Mutter und der Vater versuchen jeder für sich, an das Kind heranzukommen. Schon bald stellt sich heraus, dass die Kleine laut einer Prophezeiung der Hexen eine wichtige Rolle spielen wird. Als eine bislang nie dagewesene Sturmflut über den Ort hereinbricht, rettet der 11-jährige Malcolm gemeinsam mit seiner Bekannten Alice kurzerhand das Baby und die drei fliehen gemeinsam vor ihren Verfolgern mit seinem Kanu "La Belle Sauvage" über den mittlerweile wilden Fluss, um die kleine Lyra in Sicherheit zu bringen.

"... zu drohend Gewölk sein Zorn sich ballt (...) und raset dahin mit Sturmes Gewalt." (Zitat S. 299)

Wer kennt sie nicht, die fantastischen Abenteuer der Lyra Belacqua in der wundervollen "Der Goldene Kompass"-Trilogie? Doch auch, wer Lyras Abenteuer noch nicht kennt, kann "Über den Wilden Fluss" problemlos lesen, da es sich um ein Prequel zur Trilogie handelt.
Wie in der Trilogie besticht auch dieser Roman durch Philip Pullmans besonderen Schreibstil: Eher etwas ruhiger und detailreich, nicht so hektisch. Und dennoch nicht weniger spannend. Der Einfluss der Kirche auf den "Feind Wissenschaft" wird bereits im Prequel deutlich, das berühmte Alethiometer wird erklärt, soweit seine Geheimnisse bereits aufgedeckt wurden. Und man erfährt, wie Lyra zu ihrem eigenen Alethiometer kommen wird.
Ein besonderes Highlight sind die Dæmomen, welche die Seele des Menschen in Tiergestalt darstellen und über unsichtbare Bande mit ihrem jeweiligen Besitzer verbunden sind. Doch möcht ich nicht allzuviel verraten für diejenigen, denen Lyras Welt noch neu ist.
Ich kann dieses Buch jedem ans Herz legen, der bereits gemeinsam mit Lyra spannende Abenteuer erlebt hat oder gutgemachte, abenteuerliche Jugendphantasy erleben will. Auch und insbesondere den Erwachsenen.

Veröffentlicht am 10.12.2017

Erfrischendes Ermittlungsteam der etwas anderen Art

Dunkel Land
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Nachdem Verena Hofer nach dem Tod der Schwester ihre kleine Nichte bei sich aufnahm, verlor sie nicht nur ihren schlechtbezahlten Job an der Uni, auch ihr Freund und mit ihm ein Teil des Freundeskreises ...

Nachdem Verena Hofer nach dem Tod der Schwester ihre kleine Nichte bei sich aufnahm, verlor sie nicht nur ihren schlechtbezahlten Job an der Uni, auch ihr Freund und mit ihm ein Teil des Freundeskreises kehrten ihr den Rücken zu. Da ihr das Geld ausgeht, nimmt sie das Angebot an, drei Monate lang den Neffen der reichen Hausherrin von Gut Wuthenow zu betreuen. Doch statt des erwarteten Jungen trifft sie auf einen gutaussehenden, etwas gefühlskalten Mann in den 30ern! Dr. Carl von Wuthenow, international ausgebildeter, selbstständiger Profiler, hat jedoch ein gravierendes Problem: Durch eine Schussverletzung verlor er sein Kurzzeitgedächtnis, sein Gedächtnis erlebt quasi jede Nacht einen Reset der neu zugekommenen Erinnerungen. Und doch lässt er es sich nicht nehmen, der Polizei bei ihrem neuesten Fall ermittlungstechnisch zu helfen - mit Verena an seiner Seite...
Mit "Dunkel Land" hat Roxann Hill einen für meinen Geschmack recht erfrischenden Roman geschrieben. Der Profiler Dr. Carl von Wuthenow bedient zwar anfangs das ein oder andere Klischee (intelligent, aber arrogant), ist im Grunde genommen jedoch ein sympathischer Charakter, der sich nach und nach öffnet. Die wahre Heldin ist hier aber Verena: Eine intelligente Frau, die zu kämpfen weiß und auch sonst nicht auf den Mund gefallen ist. Vor allem Carl gegenüber gibt sie das ein oder andere Kontra, schlägt sich aber auch äußerst gut bei den Ermittlungen als eine Person, die vorher noch nie mit Leichen und Gewalt zu tun hatte. Und auch die Lösung des Falles, die Suche nach dem Täter, ist der Autorin sehr gut gelungen. So werden nach und nach infrage kommende Personen vorgestellt, und man darf als Leser miträtseln, wer denn nun der Mörder sein könnte und mit welchem Motiv.
Mein einziger Kritikpunkt, den ich finden konnte, bezieht sich auf die Buchbeschreibung selbst: Dass erste Spuren in die rechte Szene weisen. Ich denke, diesen Satz hätte man sich ruhig sparen können, da besagte erste Spuren von Profiler Carl ganz anders ausgelegt werden. Und wer ist hier der Profi?

Veröffentlicht am 23.11.2017

Einblick in die Spionage des Kalten Kriegs

Das Vermächtnis der Spione
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Einige werden sich vielleicht noch erinnern, wie der britische Spion Alec Leamas und seine Freundin Liz Gold in "Der Spion, der aus der Kälte kam" 1961 an der deutsch-deutschen Grenze erschossen wurden. ...

Einige werden sich vielleicht noch erinnern, wie der britische Spion Alec Leamas und seine Freundin Liz Gold in "Der Spion, der aus der Kälte kam" 1961 an der deutsch-deutschen Grenze erschossen wurden. Doch auch, wer den Roman nicht kennt, wird an diesem Roman gefallen finden. Denn nun sind es die Kinder der Ermordeten, welche dem britischen Geheimdienst unterstellen, dieser hätte ihre Eltern damals geopfert.
Zur Beleuchtung der damaligen Vorkommnisse und Klärung der Verantwortlichkeiten wird George Smileys damaliger Assistent Peter Guillam nach London beordert. Smiley, der damalige Leiter der Abteilung Covert und zuständig für die Operationen MAYFLOWER und WINDFALL, sei nicht auffindbar - angeblich. Doch Guillam war ein guter Schüler Smileys. Wie befragt man einen Topagenten, der gelernt hat, nur zu sagen, was er auch preisgeben will? Und wer sagt, dass die Dokumente, welche nach über 50 Jahren auftauchen, wirklich die Wahrheit enthalten? So sehr George Smiley ein Meister der Taktik war, so sehr ist es auch diesmal John le Carré, der dem Leser nicht nur Einblicke in die damaligen Spionage-Operationen liefert, sondern ebenso in die Gedankengänge des gealterten, aber noch längst nicht alten Ex-Agenten Peter Guillam.
Der Roman berichtet rückblickend über die Operation MAYFLOWER, in welcher die Agentin TULIP (man beachte das Cover des Romans) eine tragische Rolle spielte und aus der sich schließlich die Operation WINDFALL entwickelte. Teilweise über echte oder täuschend echt gefälschte Dokumente, teils über Peter Guillams eigene Erinnerungen. Ein Roman, der nicht vor Action strotzt, sondern das hochdurchdachte Verwirrspiel der Spionage des Kalten Krieges eingehender beleuchtet. In meinen Augen ein weiteres Meisterwerk eines grandiosen Schriftstellers!