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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.09.2019

Lässt einen den Swimmingpool mit ganz anderen Augen sehen!

Der Swimmingpool in der Fotografie
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Inhalt

Auf mehr als 200 Abbildungen wird in diesem Bildband der Swimmingpool in den Mittelpunkt gerückt. Es geht um die Faszination, die er ausübt und um seine Bedeutung in verschiedenen Kulturen und ...

Inhalt

Auf mehr als 200 Abbildungen wird in diesem Bildband der Swimmingpool in den Mittelpunkt gerückt. Es geht um die Faszination, die er ausübt und um seine Bedeutung in verschiedenen Kulturen und Epochen.

Übersicht

Genre: Bildband, Kunst, Fotografie
Verlag: Hatje Cantz Verlag
Seitenzahl: 240

Warum dieses Buch?

Welches Buch eignet sich besser für den (Spät-)Sommer als ein Buch voller Bilder übers Plantschen, Baden und Schwimmen? Meine Antwort: keines! Deshalb musste ich diesen Bildband unbedingt lesen.

Meine Meinung

Struktur (+)

Der Aufbau dieses Bildbandes ist sehr übersichtlich. Einer kurzen Einführung folgen dann auch schon sehr viele interessante Bilder, die mit kurzen Beschreibungen versehen sind. In den kurzen Absätzen kann man sich über die FotografInnen, den Kontext des Bildes und das Jahr und Land, in dem das Foto geschossen wurde, informieren. Thematisch ist das Buch in mehre große Kapitel eingeteilt, die sich zum Beispiel mit der Form der Pools oder mit Sprüngen ins kühle Nass beschäftigen. Das Buch enthält sowohl Farb- als auch Schwarz-Weiß-Fotografien.

Texte & Schreibstil (-!)

Mein einziger Kritikpunkt am Buch sind leider die kurzen Texte des Herausgebers: Besonders die Einleitung empfand ich als außerordentlich zäh und langweilig zu lesen. Was Herr Hodgson schreibt, erschien mir leider oft irrelevant, am liebsten hätte ich die Texte nach der ersten Seite alle übersprungen – da hatte ich aber dann doch Angst, etwas zu verpassen. Zum Glück wurde es nach der Einleitung immerhin etwas besser, hier folgten dann zwischendurch durchaus ein paar interessante und spannende Informationen. So erfährt man beispielsweise von einem Pool, der in Frankreich damals an eine Müllerverbrennungsanlage angeschlossen war, um ihn zu heizen.

Fotografien (+)

Die Auswahl und Präsentation der Fotos selbst fand ich hingegen sehr gelungen. Viele Bilder reichen über eine Doppelseite, aber auch kleinere Aufnahmen finden sich im Buch. Beide Arten von Fotos – sowohl die Schwarz-Weiß-Fotografien als auch jene in Farbe – waren sehr interessant anzusehen. Jedoch wurde bei der Lektüre dieses Buches doch deutlich, was alles verloren geht, wenn man einen Pool ohne das strahlende Blau des Wassers betrachtet. Viele Pool sind nämlich nur in Farbe ästhetisch und wunderschön anzuschauen.

Die Zusammenstellung der Fotografien hat mir so gut gefallen, weil die Bilder sehr vielfältig sind: Einerseits gibt es Bilder, die heute wichtige Zeitzeugen sind, weil die Orte, an denen sie aufgenommen wurden, heute gar nicht mehr existieren, andererseits gibt es aber auch Fotos aus der Gegenwart. Verschiedene Epochen sind also vertreten, auch wenn das 20. Jahrhundert klar dominiert, und die Bilder wurden überall auf der Welt aufgenommen: Es gibt Pool in Amerika und England zu bestaunen, aber auch nach Deutschland, Australien, Japan und sogar nach Afrika (nach Tansania und Uganda) führt uns die Bilderreise. Wir sehen Mädchen beim Schwimmunterricht, Models aus Hochglanzmagazinen, Durchschnittsfamilien beim fröhlichen Baden und Entspannen, praktische Becken neben kunstvollen. Der Pool ist meist das Zentrum des Geschehens, oft sprühen die Badenden nur so vor Lebensfreude, was sofort Lust macht, selbst ins Wasser zu springen. Gerade deshalb eignet sich dieser Bildband besonders gut als Lektüre während der Sommermonate oder vor einem Thermenbesuch.

Aber auch ernste oder spektakuläre Fotos werden im Bildband gezeigt: schwimmende Soldaten inmitten von Schutt und Asche, ein Maultier, das von einem Brett springt (hier steht natürlich das Thema Tierquälerei ganz klar im Raum!), die Beatles beim feuchtfröhlichen Baden, ein Pool, der bis ins Wohnzimmer reicht, verlassene Schwimmbäder, Astronauten der Apollo 1 beim Üben einer Wasserlandung. „Der Swimmingpool in der Fotografie“ zeigt uns künstliche Strände, beheizte Pools inmitten von Eis und Schnee, nimmt uns mit ins Disneyland und nach Las Vegas und präsentiert uns viele verführerische Reisedestinationen. Der Bildband lässt auch historische Wettkämpfe, die damalige Bademode und die verschiedenen Schwimmstile nicht außer Acht. Eines kann ich nach der Lektüre dieses Buches auf jeden Fall von mir sagen: Ich werde Swimmingpools von nun an viel aufmerksamer wahrnehmen und mit ganz anderen Augen sehen!

Feministischer Blickwinkel (-)

Obwohl auf den Fotos sowohl Frauen als auch Männer zu sehen waren, ist mir leider unangenehm aufgefallen, dass Werke von Männern klar dominieren, was ich etwas schade finde. Ich bin sicher, dass es auch viele interessante, von Frauen geschaffene Kunstwerke gegeben hätte, die es verdient hätten, es in diesen Bildband zu schaffen. Vielleicht ja beim nächsten Buch, ich hoffe es!

Mein Fazit

Der Bildband „Der Swimmingpool in der Fotografie“ hat mir sehr gut gefallen! Der Aufbau ist übersichtlich und in kurzen Beschreibungen der Bilder gibt der Herausgeber interessante Hintergrundinformationen zu den FotografInnen, dem Kontext und Ort und Zeit der Aufnahme. Mein einziger Kritikpunkt am Buch sind leider die kurzen Einführungstexte des Herausgebers: Besonders die Einleitung empfand ich als außerordentlich zäh und langweilig. Vieles erschien mir leider auch irrelevant, am liebsten hätte ich die Texte nach der ersten Seite alle übersprungen. Zum Glück wurde es nach der Einleitung etwas besser, hier folgten dann zwischendurch durchaus interessante und spannende Informationen. Unangenehm aufgefallen ist mir außerdem leider, dass Werke von Männern klar dominieren, was ich schade finde. Ich bin sicher, dass es auch viele interessante, von Frauen geschaffene Kunstwerke gegeben hätte, die es verdient hätten, es in diesen Bildband zu schaffen. Das Buch enthält sowohl Farb- als auch Schwarz-Weiß-Fotografien, viele Bilder gehen über eine Doppelseite, es gibt aber auch kleinere Aufnahmen zu sehen. Viele der Fotos sind sehr ästhetisch und wunderschön anzuschauen! Zudem hat mir gefallen, dass die Bilder so vielfältig sind: Verschiedene Epochen sind vertreten, und die Bilder wurden überall auf der Welt aufgenommen. Wir sehen Mädchen beim Schwimmunterricht, Models aus Hochglanzmagazinen, Durchschnittsfamilien beim fröhlichen Baden und Entspannen, praktische Becken neben kunstvollen. Der Pool ist meist das Zentrum des Geschehens, oft sprühen die Badenden nur so vor Lebensfreude, was sofort Lust macht, selbst ins Wasser zu springen. Gerade deshalb eignet sich dieser Bildband besonders gut als Lektüre während der Sommermonate oder vor einem Thermenbesuch. Aber auch ernste oder spektakuläre Fotos werden im Bildband gezeigt: schwimmende Soldaten inmitten von Schutt und Asche, ein Maultier, das von einem Brett springt, die Beatles beim feuchtfröhlichen Baden. „Der Swimmingpool in der Fotografie“ präsentiert uns viele verführerische Reisedestinationen und lässt auch berühmte Wettkämpfe, die damalige Bademode und verschiedene Schwimmstile nicht außer Acht. Eines kann ich nach der Lektüre dieses Buches auf jeden Fall von mir sagen: Ich werde Swimmungpools von nun an viel aufmerksamer wahrnehmen und mit ganz anderen Augen sehen!

Bewertung

Aufbau: 5 Sterne
Texte & Schreibstil: 2 Sterne
Fotografien: 4-5 Sterne
Feministischer Blickwinkel: -

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir vier Lilien!

Veröffentlicht am 19.09.2019

Bildgewaltige Naturbeschreibungen, eine berührende Geschichte & große Emotionen!

Der Gesang der Flusskrebse
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Als Kind wird Kya von ihr Familie verlassen, weil der Vater gewalttätig ist: Zuerst verschwindet ihre Mutter, dann ihre Geschwister, schließlich der Vater – bis sie irgendwann ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Als Kind wird Kya von ihr Familie verlassen, weil der Vater gewalttätig ist: Zuerst verschwindet ihre Mutter, dann ihre Geschwister, schließlich der Vater – bis sie irgendwann ganz alleine und auf sich gestellt ist. Inmitten von unberührter Natur kämpft sie, besonders am Beginn, um ihre Existenz. In der nahen Küstenstadt wird Kya gehänselt und gemieden; jahrelang leidet sie unter großer Einsamkeit, immer wieder wird sie von Menschen enttäuscht. Viele Jahre später wird ein junger Mann – der Star der Stadt – tot aufgefunden. Für viele EinwohnerInnen von Barkley Cove ist klar: Es kann nur das Marschmädchen gewesen sein…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: hanserblau
Seitenzahl: 464
Erzählweise: Allwissender Erzähler, Präteritum
Perspektive: hauptsächlich weibliche Perspektive (Kya); innerhalb der Kapitel wechselt immer wieder die Perspektive, sodass wir auch Einblicke in die Gedanken anderer Figuren erhalten, was mir sehr gut gefallen hat
Kapitellänge: kurz bis mittel
Tiere im Buch: +/- Kya lebt im Einklang mit der Natur, versucht die Tiere in ihrer Umgebung nicht zu stören und füttert die Möwen am Strand. Allerdings wird im Buch auch Fleisch gegessen, eine Frau tötet Schlangen mit einer Harke, es wird mit lebendigen Würmern gefischt, ein Vogel wird von seinen Artgenossen grausam getötet, und Kya fängt Muscheln und Fische, um sie zu essen. Meist ist das für sie überlebensnotwendig. Es werden im Buch keine Tiere gequält. Noch ein zusätzlicher wichtiger Hinweis: Im Roman wird eine Katze alleine gehalten. Da es sich hier um einen Freigänger handelt, ist die Einsamkeit nicht ganz so schlimm, weil sich die Katze draußen Freunde suchen kann, aber die Situation ist trotzdem nicht optimal, denn grundsätzlich gilt: Katzen sind alleine niemals glücklich (sind sind EinzelJÄGER, keine EinzelGÄNGER), sondern sehr einsam und unglücklich. Sie können verschiedene Verhaltensstörungen entwickeln und depressiv und/oder aggressiv werden. Wer seine Katze liebt, schenkt ihr deshalb mindestens einen Gefährten.

Warum dieses Buch?

Auf dieses Buch wurden von Stars, Zeitungen, vielen LeserInnen und Institutionen im deutsch- und im englischsprachigen Bereich bereits Lobeshymnen gesunden. Die Durchschnittsbewertung auf der englischen Amazon-Seite liegt bei 4,8! Wenn alle von einem grandiosen Buch sprechen, macht mich das natürlich neugierig!

Meine Meinung

Einstieg (+/-)

"Marschland ist nicht gleich Sumpf. Marschland ist ein Ort des Lichts, wo Gras in Wasser wächst und Wasser in den Himmel fließt." E-Book, Position 23

Der Einstieg ist mir nicht ganz so leicht gefallen, weil die Geschichte eher langsam und sehr ruhig beginnt und weil Naturbeschreibungen dominieren. Erst viele Seiten später, als die Handlung ins Rollen gekommen und man Kya besser kennengelernt hat, habe ich wirklich in die Geschichte gefunden. Geduld lohnt sich bei diesem Buch auf jeden Fall!

Schreibstil (♥)

Den Schreibstil fand ich wunderbar! Einerseits ist er sehr einfach und angenehm zu lesen, andererseits punktet er gleichzeitig auch mit bildgewaltigen, sehr poetischen Naturbeschreibungen und sprachlichen Bildern, die ich so noch nicht gelesen habe. Egal ob es darum geht, Spannung zu erzeugen, eine dichte Atmosphäre zu kreieren oder Kyas Gefühle und Innenwelt nuanciert und intensiv zu beschreiben – und zwar so, dass man als LeserIn mitfühlt und mitleidet! – Delia Owens kann in all diesen Bereichen überzeugen!

„Herbstblätter fallen nicht, sie fliegen. Sie nehmen sich Zeit und genießen ihre einzige Chance, frei zu sein. Sie blitzten im Sonnenlicht, wirbelten und segelten und flatterten auf den Schwingen des Windes.“ E-Book, Position 1778

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (♥)

Auch inhaltlich konnte mich die Geschichte fesseln und berühren: Es gibt zwei Zeitebenen – eine beschäftigt sich mit Kyas Kindheit und Erwachsenwerden, die andere mit dem Kriminalfall in der Gegenwart –, die sich einander eindrucksvoll immer weiter annähern, bis sie sich am Ende vereinen. Als Krimi-Fan interessierte mich zuerst natürlich die Aufklärung des Verbrechens mehr, lange Zeit dominieren jedoch Kapitel über Kyas Kindheit. Glücklicherweise ist es der Autorin bereits nach wenigen Kapiteln gelungen, dass ich diese Seiten ebenso gerne gelesen habe wie jene, die sich mit der Gegenwart beschäftigen. Kyas Geschichte ist herzerwärmend, wunderschön, aber stellenweise auch sehr traurig und Mitleid erregend. „Warum hilft diesem Kind denn niemand?“, fragt man sich immer wieder und möchte die engstirnigen EinwohnerInnen von Barkley Cove mit ihren vielen Vorurteilen am liebsten schütteln.

In ihrem Roman, der als Mischung aus Coming-of-Age-Geschichte, Roman, Liebesgeschichte, Gesellschaftskritik und Krimi betrachtet werden kann, rückt die Autorin Themen wie die Schönheit der unberührten Natur, Vorurteile einer Außenseiterin gegenüber, Einsamkeit, den Wunsch, dazuzugehören und geliebt zu werden, Freundschaft und Liebe in den Fokus und behandelt diese tiefgründig. Delia Owens hat in ihrem Buch eine kraftvolle Geschichte geschaffen, die einem lange im Gedächtnis bleibt. Die seltenen Längen im Mittelteil verzeihe ich gerne.

Im letzten Viertel des Buches kommt dem Kriminalfall, der noch einmal für eine große Portion Spannung sorgt, immer größere Bedeutung zu, bis er im Mittelpunkt der Handlung steht. Das Lesen der letzten Kapitel hat mir noch einmal großen Spaß gemacht, weil ich natürlich absolut mit Kya mitgefiebert habe. Am Ende überrascht uns die Autorin dann noch mit einer meiner Meinung nach gelungenen Enthüllung – auch wenn ich mir fast gewünscht hätte, dass die Geschichte etwas früher endet.

Protagonistin (♥)

„Bis irgendwann, in einem unbemerkten Moment, der Herzschmerz versickerte wie Wasser in Sand. Noch immer da, aber tief unten. Kya legte ihre Hand auf die atmende Erde, und die Marsch wurde ihr zur Mutter.“ E-Book, Position 481

Wie kann man Kya nach allem, was man gemeinsam mit ihr durchgestanden hat, nicht lieben? Ich glaube, es ist ganz und gar unmöglich, dass einem dieses naturverbundene, mutige, starke und zutiefst einsame Kind, das zu so einer beeindruckenden Persönlichkeit heranwächst, nicht ans Herz wächst! Ich habe es geliebt, Kya in der Geschichte zu begleiten, jeder ihrer Glücksmomente hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, jede Enttäuschung war wie ein Stich ins Herz. Liebevoller, dreidimensionaler und einmaliger kann man eine Protagonistin nicht zeichnen!

Figuren (+)

Auch die anderen Figuren sind durch die Bank sehr gut gelungen. Sie haben ihre Stärken und Schwächen, sind – ebenso wie Kya – nicht perfekt und manchmal auch schwer einzuschätzen. Manche habe ich geliebt (wie Tate, Jumpin‘ und Mabel), andere habe ich hassen gelernt. Was man auf jeden Fall sagen kann, ist, dass mich diese Geschichte und ihre Figuren nicht kalt gelassen hat.

Liebesgeschichte (♥)

Auch die Liebesgeschichte konnte mich (obwohl ich bei diesem Thema ja oft kritisch bin) überzeugen, sie wird so liebevoll und sanft beschrieben, dass man das Kribbeln zwischen den beiden Liebenden fühlen kann und bis zum Ende auf ihr gemeinsames Glück hofft!

Spannung & Atmosphäre (♥)

Auch wenn das Buch sich eher durch ruhige Momente und eine fast schon entschleunigende Grundstimmung auszeichnet und obwohl es im Mittelteil die eine oder andere Länge gibt (erst im letzten Viertel wird es richtig spannend), wurde mir beim Lesen nie langweilig. Ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht, habe die unheimlich dichte Atmosphäre und die wunderbaren Beschreibungen des Marschlandes (das ja generell viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt) auf jeder Seite genossen! Man fühlt sich fast, als wäre man selbst dort. Einzelne Gedichte tragen zusätzlich zur tollen Atmosphäre bei.

Feministischer Blickwinkel (+)

In der damaligen Zeit war eine traditionelle Rollenverteilung leider noch vorherrschend. Dass Frauen für die Kinder, die Küche und den Haushalt zuständig waren, war normal. Kya hingegen ist eine sehr starke, unabhängige Frau, die immer wieder Mut zeigt und sich auch verteidigt, wenn es sein muss. In ihrer späteren Beziehung scheinen sie und ihr Freund sich gleichberechtigt um den Haushalt und das Kochen zu kümmern, was mir sehr gut gefallen hat. Zudem wird Tate von seinem Vater zu einem sensiblen jungen Mann erzogen, der Gefühle zeigen und weinen darf. Sehr anschaulich, tiefgründig und einfühlsam werden im Buch außerdem traurige Themen wie Frauenfeindlichkeit, Machtmissbrauch und häusliche und sexualisierte Gewalt angesprochen. Kya wird unter anderem als „Schlam++“ bezeichnet, im Buch kommen sogar eine versuchte Vergewaltigung und ihre schwerwiegenden Konsequenzen vor.

Mein Fazit

„Der Gesang der Flusskrebse“ ist eine Mischung aus Coming-of-Age-Roman, Liebesgeschichte, Gesellschaftskritik und Kriminalgeschichte, die mich trotz ihres langsamen Beginns rundum überzeugen konnte. Der Schreibstil ist wunderbar: einfach und angenehm zu lesen und voller bildgewaltiger, poetischer Naturbeschreibungen und gelungener sprachlicher Bilder. Egal ob es darum geht, Spannung zu erzeugen, eine dichte Atmosphäre zu kreieren oder Kyas Gefühle und Innenwelt nuanciert und intensiv zu beschreiben – Delia Owens kann in all diesen Bereichen glänzen! Auch inhaltlich konnte mich die Geschichte fesseln: Es gibt zwei Zeitebenen – Kyas Kindheit und Erwachsenwerden und den Kriminalfall in der Gegenwart – die sich einander eindrucksvoll immer weiter annähern, bis sie sich am Ende vereinen. Kyas Geschichte ist herzerwärmend, wunderschön, aber auch stellenweise sehr traurig und Mitleid erregend. In ihrem Roman thematisiert die Autorin die Schönheit der unberührten Natur, Vorurteile, Einsamkeit, den Wunsch, dazuzugehören, Freundschaft und Liebe, aber auch häusliche und sexualisierte Gewalt tiefgründig und einfühlsam. Sie schafft eine kraftvolle Geschichte mit gelungenem Ende, die einem lange im Gedächtnis bleibt. Die seltenen Längen im Mittelteil des Buches verzeihe ich da gerne. Überzeugen kann auch die liebevoll ausgearbeitete Protagonistin: Ich habe es geliebt, Kya auf ihrem Weg zu begleiten, jeder ihrer Glücksmomente hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, jede Enttäuschung war wie ein Stich ins Herz. Ich glaube, es ist ganz und gar unmöglich, dass einem dieses naturverbundene, mutige, starke und zutiefst einsame Kind, das zu einer beeindruckenden Persönlichkeit heranwächst, nicht ans Herz wächst! Auch wenn das Buch sich eher durch ruhige Momente und eine fast schon entschleunigende Grundstimmung auszeichnet (erst im letzten Viertel wird es richtig spannend), wurde mir beim Lesen nie langweilig. Ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht, habe die unheimlich dichte Atmosphäre und die wunderbaren Beschreibungen des Marschlandes (das ja generell viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt) auf jeder Seite genossen! Man fühlt sich fast, als wäre man selbst dort. Fazit: „Der Gesang der Flusskrebse“ ist ein berührender Roman voller großer Emotionen, den ich euch nur wärmstens ans Herz legen kann!

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne
Umsetzung: 5 Sterne
Worldbuilding: 5 Sterne
Einstieg: 3 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Protagonistin: 5 Sterne ♥
Figuren: 5 Sterne ♥
Liebesgeschichte: 5 Sterne ♥
Spannung: 3-4 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥
Ende / Auflösung: 4 Sterne
Emotionale Involviertheit: 5 Sterne ♥
Feministischer Blickwinkel: +

Insgesamt:

❀❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch bekommt von mir insgesamt fünf Lilien!

Veröffentlicht am 14.09.2019

Nett für zwischendurch, aber ich habe mir eine tiefgründigere Geschichte erhofft

Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden
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Spoilerfreie Rezension! *

Inhalt

Ein junger Briefträger erfährt, dass er bald sterben wird. Der Teufel bietet ihm daraufhin einen Pakt an: Er darf ein paar Tage länger leben, aber an jedem dieser Tage ...

Spoilerfreie Rezension! *

Inhalt

Ein junger Briefträger erfährt, dass er bald sterben wird. Der Teufel bietet ihm daraufhin einen Pakt an: Er darf ein paar Tage länger leben, aber an jedem dieser Tage muss eine Sache aus der Welt verschwinden. Der Teufel bestimmt jedoch, was verschwinden soll. Und am 4. Tag sollen es die Katzen sein – dabei liebt der Protagonist seine Samtpfote doch so!

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: C. Bertelsmann
Seitenzahl: 192
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive (Briefträger)
Kapitellänge: mittel bis lang
Tiere im Buch: +/- Der Protagonist umsorgt seine Katze sehr liebevoll; als eine Katze stirbt, herrscht in der ganzen Familie große Trauer. Was mir nicht gefallen hat: Es wird Fleisch gegessen und es werden Sardinen verspeist. Als eine Katze todkrank wird und tagelang unter großen Schmerzen leidet, schauen alle zu und behaupten, dass sie sonst nichts tun könnten. Das stimmt aber nicht, in solch einem Fall ist es als HaustierbesitzerIn meine Pflicht, das Tier gehen zu lassen und es von seinen Schmerzen zu befreien – es also fachgerecht einschläfern zu lassen! Noch ein zusätzlicher wichtiger Hinweis: Im Roman wird eine Katze alleine gehalten. Da es sich hier um einen Freigänger handelt, ist die Einsamkeit nicht ganz so schlimm, weil sich die Katze draußen Freunde suchen kann, aber die Situation ist trotzdem nicht optimal, denn grundsätzlich gilt: Katzen sind alleine niemals glücklich (sind sind EinzelJÄGER, keine EinzelGÄNGER), sondern sehr einsam und unglücklich. Sie können verschiedene Verhaltensstörungen entwickeln und depressiv und/oder aggressiv werden. Wer seine Katze liebt, schenkt ihr deshalb mindestens einen Gefährten. Von Halsbändern rate ich übrigens auch dringend ab: Wenn die Katze wo hängen bleibt, könnte das ihr Todesurteil sein – auch wenn z. B. der automatische Verschluss sich aus irgendeinem Grund doch nicht öffnet.

Warum dieses Buch?

Aufmerksam bin ich auf dieses Buch durch das wunderschöne Cover und den ungewöhnlichen Titel. Als Katzenliebhaberin konnte ich da natürlich nicht widerstehen! Zudem klang die Idee sehr erfrischend und kreativ, sodass ich das Buch unbedingt lesen wollte.

Meine Meinung

Einstieg (+)

"Wie wäre es wohl, wenn alle Katzen von der Welt verschwänden? Wie würde sie sich verändern?" Seite 5

Der Einstieg ist mir sehr schnell und gut gelungen. Gleich im ersten Kapitel werden die Leserinnen direkt angesprochen und es wird eine verrückte Geschichte angekündigt, die dem Briefträger laut eigenen Angaben tatsächlich passiert ist, was mich sofort neugierig gemacht hat.

Schreibstil (+/-)

„‘Äh – darf ich fragen, wer Sie sind?‘
‚Was glaubst du denn, wer ich bin?‘
‚Der Totengott?‘
‚Der Totengott? Dieser erbärmliche Wicht?‘“ Seite 13

Einerseits ist der einfache Schreibstil sehr locker, schnell und angenehm lesbar – das Buch lässt sich durch die Sprache und die große Schrift extrem schnell lesen! –, andererseits war er mir oft leider auch viel zu oberflächlich. Vor allem der Beginn ist sehr dialoglastig – hier fehlten mir Tiefe und Anschaulichkeit. Manche der „Lebensweisheiten“, die dem Protagonisten bewusst werden, fand ich sehr schön und weise, andere wirkten auf mich zu klischeehaft – ich hatte sie schon viel zu oft gehört. Der Humor hat nicht immer meinen Geschack getroffen, aber da kann man eben nichts machen.

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (+/-)

„Und mit dem Mobiltelefon hatten wir zugleich auch die Panik erfunden, mal keines zur Hand zu haben.“ Seite 43

Als ich dieses Buch entdeckt habe, war ich sofort Feuer und Flamme für die kreative, neuartige Idee. Ich erwartete eine tiefgründige Geschichte mit tiefschürfenden Reflexionen und philosophischen Fragestellungen. Leider hat mich das Buch deshalb ein wenig enttäuscht. Meiner Meinung nach wurde nämlich viel Potential verschenkt – die Geschichte hätte großartig und sehr erinnerungswürdig werden können. Stattdessen fehlte mir besonders in der ersten Hälfte Tiefe. Themen wie die Liebe zur Katze, Tod, Vergänglichkeit und vor allem die Veränderungen, die das Verschwinden von essentiellen Dingen mit sich bringen (darüber wollte ich viel mehr erfahren, deshalb habe ich das Buch ja überhaupt erst gelesen!), werden leider viel zu oberflächlich abgehandelt. Der Roman ist kurz, das gebe ich zu, aber ich habe schon ähnlich dünne Bücher gelesen, die mich nachhaltig berühren und zum Nachdenken anregen konnten. Das sollte also keine Ausrede sein – hier hätte sich der Autor einfach mehr Seiten nehmen sollen, um die Geschichte ordentlich zu entwickeln. Dazu kommen einige inhaltliche Wiederholungen – manchmal scheint die Geschichte nicht so recht vom Fleck zu kommen.

Zwei Dinge fand ich zudem etwas unglaubwürdig (und ich schreibe das mit einem Augenzwinkern): Erstens kann ich nicht verstehen, dass der Protagonist es schlimm findet, dass die geliebte Katze auf einmal sprechen kann. Wir KatzenlieberInnen wünschen uns doch seit Ewigkeiten, nur einmal hören zu können, was im Kopf des kleinen Lieblings vorgeht! Und zweitens: Die Katze behauptet, dass ihre Art neben Telefonen absolut bedeutungslos ist und dass ihr Verschwinden kein Verlust für die Welt wäre. Welche Katze würde je so reden? Katzenpersonal weiß, dass Katzen so etwas niemals sagen würden, dafür sind sie viel zu stolz und von sich überzeugt! Sie würden eher argumentieren, dass ruhig alles andere verschwinden kann, solange sie – die Krone der Schöpfung – noch auf Erden wandeln dürfen. ;)

Erstaunlicherweise wurde das Buch mit jeder Seite besser. Nach und nach erfährt man mehr über die Hauptfigur und deren Trauer um die geliebte Mutter, an der sie immer noch zu knabbern hat. Im letzten Teil habe ich richtig mitgefiebert, und nach dem offenen, aber gelungenen Ende habe ich gemerkt, dass mich das Buch mehr berührt hat, als ich das zu Beginn erwartet hätte.

Protagonist (+)

Ich fand den Protagonisten, dessen Namen wir übrigens nie erfahren, zwar nicht unbedingt sehr erinnerungswürdig, aber doch insgesamt gut gelungen und sympathisch, auch wenn ich ihn insgeheim während der Lektüre immer ein bisschen bemitleidet habe. Keine Frau, keine Kinder, keinen Kontakt mit dem Vater, keine engen Freunde, fast keine verwirklichten Träume – sein Leben klingt einfach so traurig! Seine Trauer und seine Gefühle seiner Mutter gegenüber fand ich sehr berührend und intensiv geschildert. Was ihn selbst und seine gegenwärtige Situation betrifft, hätte ich mir jedoch manchmal gewünscht, dass sein Innenleben detaillierter beschrieben wird.

Figuren (+/-)

Die anderen Figuren fand ich mittelmäßig ausgearbeitet, besonders da sie alle nur ganz kleine Rollen in der Geschichte spielen. Manche waren sehr gelungen, greifbar und sympathisch, andere blieben blass und erschienen nicht besonders liebenswert.

Spannung & Atmosphäre (+/-)

In der ersten Hälfte gab es trotz der kurzen, etwas vorhersehbaren Geschichte ein paar Längen. Wahrscheinlich, weil ich mir einfach mehr erwartet hatte und weil mich oberflächliche Geschichten schnell langweilen. Wenn ich lese, möchte ich mitgerissen, emotional berührt, unterhalten und zum Nachdenken gebracht werden – das ist dem Buch leider nur teilweise gelungen. Trotz allem war die Atmosphäre vor allem in der zweiten Hälfte erstaunlich deprimierend – das Buch hat mich echt ein bisschen runtergezogen. Dabei habe ich eigentlich mit einer positiven, herzerwärmenden und lebensbejahenden Geschichte gerechnet.

Feministischer Blickwinkel (-)

Die traditionellen Geschlechterrollen in der Familie des Briefträgers haben mich nicht gerade begeistert: Die Frau kocht gern und hält alles sauber, muss trotz ihrer Krankheit die Hausarbeit erledigen, bis sie zu schwach ist (nicht einmal dann fällt dem werten Gemahl ein, ihr zu helfen!?), ist emotional und liebevoll, kauft immer nur Kleidung fürs Kind, nie für sich selbst; einmal fragt sich der Sohn sogar, ob sie Hobbys hat oder mal Zeit für sich. Klingt ein bisschen nach weiblicher Selbstaufgabe in meinen Ohren! Der Vater ist natürlich kühl und zeigt kaum Emotionen. Eine Frau kritisiert zudem alles Mögliche als „unmännlich“, manches Mal findet sich auch die Formulierung „alle Frauen / alle Mütter“, was mir zu stereotypisierend war.

Aber es gibt auch Dinge, die ich loben möchte: Der Briefträger ist sensibel und darf weinen, und die ehemalige Freundin des Protagonisten wirkt sehr selbstbewusst – unsympathisch zwar, aber immerhin selbstbewusst.

Mein Fazit

„Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden“ ist ein Buch, von dem ich mir zum einen eine herzerwärmende, tiefgründige Geschichte mit philosophischen Reflexionen erwartet habe und zum anderen, dass es mich berührt und mich zum Nachdenken anregt. Das hat das Buch leider nur zum Teil und hauptsächlich in der zweiten Hälfte geschafft. Für die kreative, neuartige Idee war ich sofort Feuer und Flamme, leider wurde jedoch viel Potential verschenkt. Vor allem in der ersten Hälfte fehlte mir bei Themen wie Tod, Vergänglichkeit und den Veränderungen, die das Verschwinden von essentiellen Dingen mit sich bringt (deshalb habe ich das Buch ja überhaupt erst gelesen!), Tiefe. Hier hätte sich der Autor einfach mehr Zeit nehmen sollen, um die Geschichte ordentlich zu entwickeln. Dazu kommen einige inhaltliche Wiederholungen – manchmal scheint die Geschichte nicht so recht vom Fleck zu kommen. Der Einstieg ist mir leicht gefallen, der Schreibstil ist auf den ersten Blick einfach, locker und schnell und angenehm lesbar. Schon bald merkt man jedoch, dass er oft sehr dialoglastig ist und dass häufig Tiefe und anschauliche Beschreibungen fehlen. Manche der „Lebensweisheiten“ fand ich sehr schön und weise, andere wirkten auf mich zu klischeehaft – ich hatte sie schon viel zu oft gehört. Der Humor hat leider auch nicht immer meinen Geschmack getroffen. Ich fand den Protagonisten zwar nicht unbedingt sehr erinnerungswürdig, aber doch insgesamt gut gelungen und sympathisch, auch wenn ich ihn insgeheim während der Lektüre aufgrund seines traurigen Lebens bemitleidet habe. Die anderen Figuren sind verschieden gut gelungen: Manche überzeugen, andere bleiben blass. Nicht so gut gefallen haben mir die sehr traditionellen Geschlechterrollen in der Familie des Protagonisten. Zwischendurch gab es trotz der kurzen, etwas vorhersehbaren Geschichte ein paar Längen. Wahrscheinlich, weil ich mir einfach mehr erwartet hatte und weil mich oberflächliche Geschichten schnell langweilen. Trotz allem war das Buch überraschend deprimierend – ich hätte mit einer positiveren Atmosphäre gerechnet. Erstaunlicherweise wurde die Geschichte aber mit jeder Seite besser. Nach und nach erfährt man mehr über die Hauptfigur und deren intensive Trauer um die geliebte Mutter, an der sie immer noch zu knabbern hat. Im letzten Teil habe ich richtig mitgefiebert, und nach dem offenen, aber gelungenen Ende habe ich gemerkt, dass mich das Buch mehr berührt hat, als ich das zu Beginn erwartet hätte. Insgesamt ist „Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden“ durchaus ein nettes Buch für zwischendurch, ich habe mir trotzdem mehr davon erhofft.

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 3,5 Sterne
Umsetzung: 3,5 Sterne
Worldbuilding: 2 Sterne
Einstieg: 5 Sterne
Schreibstil: 3 Sterne
Protagonist: 4 Sterne
Figuren: 3 Sterne
Spannung: 2 Sterne
Atmosphäre: 3,5 Sterne
Ende / Auflösung: 4 Sterne
Emotionale Involviertheit: 3-4 Sterne
Feministischer Blickwinkel: -

Insgesamt:

❀❀❀,5 Lilien

Dieses Buch bekommt von mir insgesamt dreieinhalb Lilien!

Veröffentlicht am 11.09.2019

Hat mich leider enttäuscht

Römische Tage
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Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Im neuen Buch von Simon Strauß geht es um einen jungen Mann, der einige intensive Wochen in Rom verbringt und ganz in diese Stadt und ihre Magie eintaucht.

Übersicht

Einzelband ...

Spoilerfreie Rezension!

Inhalt

Im neuen Buch von Simon Strauß geht es um einen jungen Mann, der einige intensive Wochen in Rom verbringt und ganz in diese Stadt und ihre Magie eintaucht.

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Verlag: Tropen
Seitenzahl: 142
Erzählweise: Ich-Erzähler, Präteritum
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel
Tiere im Buch: -! Dieses Buch ist für TierliebhaberInnen absolut schwer zu ertragen. Es gibt Schilderungen von überfahrenen Hunden und leidenden Katzen, die in der Hitze verdursten und denen niemand hilft. Beim Lesen ist mir die Wut in den Bauch geschossen, als ich die detaillierten Beschreibungen der sterbenden Tiere lesen musste. Der Protagonist kommt nicht auf die Idee, ihnen Wasser anzubieten, sondern schaut ihnen mit einer widerlichen, empathielosen Distanz beim Leiden zu. Das hat ihn mir absolut unsympathisch gemacht, vor allem, da es sich ja sehr wahrscheinlich um wahre Beschreibungen der Zustände dort handelt! Außerdem tritt eine Frau nach Stadttauben (die es ohnehin schon schwer genug haben!), Hundekämpfe werden erwähnt und es wird Zirkusdirektoren, die immer noch Wildtiere im Programm haben, und deren unangebrachtem Selbstmitleid eine Bühne geboten – Wildtiere haben im Zirkus nichts verloren!

Warum dieses Buch?

Ich war bisher noch nicht in Rom, aber da die Stadt ja sehr faszinierend sein soll, dachte ich mir, dass „Römische Tage“ von Simon Strauß die richtige Lektüre für mich sein könnte. Außerdem konnte mich das mitreißende, erfrischende, kraftvolle Debüt des Autors absolut begeistern! Die Lesung, bei der ich zugegen war, war zudem großartig und der Vortrag des Autors sehr charismatisch und fesselnd. Ein tolles Erlebnis! Für mich stand fest, dass ich Simon Strauß‘ neues Buch auf jeden Fall wieder lesen muss.

Meine Meinung

Einstieg (-)

"Ankunft in Rom. Am ersten Juli. Zweihunderteinunddreißig Jahre und acht Monate nach Goethe." E-Book, Position 16

Schon beim Einstieg folgte leider Ernüchterung. „Sieben Nächte“ vermochte es, mich schon auf den ersten Seiten absolut zu fesseln, „Römische Tage“ präsentiert sich da leider weniger zugänglich. Es dauerte lange, bis ich ins Buch gefunden habe, richtig in die Geschichte eintauchen konnte ich nie.

Schreibstil (+/-)

„Wenn man aufs Herz zu sprechen kommt, nur in die Richtung zeigt, schauen die Menschen gleich so betrübt. Nichts mehr zu machen, denken sie mit heimlicher Erleichterung darüber, dass es sie nicht selbst getroffen hat.“ E-Book, Position 29

Was den Schreibstil betrifft, bin ich zwiegespalten. Die kraftvolle, intensive und mitreißende Sprache des Manifests „Sieben Nächte“ sucht man im neuen Buch vergeblich; wo das Debüt den Nerv der Zeit traf, wirkt die neue Erzählung auf mich eher altmodisch und rückwärtsgewandt. Der Essaystil ist insgesamt trotzdem wieder gut gelungen, auch wenn er hinter meinen hohen Erwartungen zurückblieb. Simon Strauß schreibt anspruchsvoll und schön, gleichzeitig lassen sich seine Bücher aber auch sehr flüssig und angenehm lesen, was mir ebenso gut gefällt wie der gelegentliche ironische Unterton.

Einerseits war ich beeindruckt vom literarischen und kulturhistorischen Wissen des Autors, der scheinbar mühelos und „im Vorbeigehen“ altehrwürdige Dichter, Politiker, Schriftsteller und Philosophen zitieren kann. (Auch Anspielungen auf moderne Lieder und Bands wie „Annenmaykantereit“ finden sich übrigens im Buch.) Andererseits fand ich die ständigen Zitate, Anspielungen und geschichtlichen Informationen stellenweise auch sehr gewollt, prätentiös und ermüdend. Es wirkt, als hätte der Autor um jeden Preis zeigen wollen, wie extrem gebildet und kultiviert er ist (und das ist er mit Sicherheit!). Das ging jedoch, was mich betrifft, manchmal nach hinten los. „Römische Tage“ ist deswegen teilweise anstrengend zu lesen. Manchmal hätte ich mir mehr Empfinden, mehr Erleben und weniger Verweise gewünscht.

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (+/-)

„Römische Tage“ ist eine Aneinanderreihung von Reiseeindrücken und hat eigentlich keine wirkliche Handlung. Der Protagonist lebt ein sehr privilegiertes Leben, besucht Sehenswürdigkeiten, Friedhöfe und Partys, trifft sich mit Historikern, Generälen, Schauspielern und Kardinälen und wandelt auf den Spuren Goethes und anderer berühmter Persönlichkeiten. Dabei wirkten sein Verhalten und sein Leben auf mich meist sehr elitär und weit weg von dem einer Durchschnittsperson. Das muss man mögen, mich hat es nur selten gestört.

Thematisch stehen der Tod, Vergänglichkeit, die Flüchtlingskrise, die aktuelle Enttäuschung der RömerInnen vom Staat, die Vermischung der alten und der modernen Welt und die ehrliche Gegenüberstellung der Idealvorstellung von Rom und der oft schmutzigen, unschönen Realität im Mittelpunkt. Eine Themenwahl, die ich eigentlich sehr gelungen fand. Im Buch kommen jedoch leider viele erzkonservative und sogar rechte Menschen zu Wort, was ich etwas problematisch fand, besonders nach den Reaktionen der Öffentlichkeit auf Simon Strauß‘ Debüt. Stellenweise enthält das Buch wunderbar treffende und berührende Beobachtungen, sehr schöne Sätze, Weisheiten und ehrliche, tiefgründige Reflexionen, in anderen Momenten sind die Beschreibungen der Eindrücke oberflächlich, zu hastig abgehandelt und ohne jegliche Tiefe. Erfahrene Romreisende werden vielleicht mit diesem Buch ihre Freude haben, weil jede Beschreibung einer Sehenswürdigkeit eigene Erinnerungen weckt. Auf mich hat das Buch leider (im Gegensatz zu „Sieben Nächte“) überhaupt keinen Sog ausgeübt, es gab keinen Drang, weiterzulesen. Trotz seiner starken Momente lässt mich das Buch seltsam unberührt zurück, und es wird mir wohl auch nicht lange in Erinnerung bleiben. Schade, dass es „Römische Tage“ nicht geschafft hat, etwas in mir zum Klingen zu bringen. Es war wohl einfach nicht mein Buch.

Protagonist (+/-)

Auch dieses Mal verwischen wieder absichtlich die Grenzen zwischen Autor und Hauptfigur. Simon Strauß verbrachte nämlich selbst einige Wochen in Rom. Der Protagonist war mir bis zur Szene mit den Katzen, die er einfach leiden lässt, eigentlich sympathisch – er ist eine alte Seele, intelligent, empfindsam und zeigt Zivilcourage, wenn jemand Hilfe benötigt. Jedoch blieb er das ganze Buch über auch ein wenig farblos und war nicht so recht greifbar. Manche seiner Reflexionen, Selbstfindungsversuche und kritischen Gedanken werden mir ohne Frage länger in Erinnerung bleiben, er als Figur wird aber schnell wieder vergessen sein.

„Oft fühle ich mich wie ein Befallener, zerfressen von vergangenen Idealen, getrieben von unbefriedigtem Ehrgeiz. Wer zu spät auf die Welt gekommen ist, wird seine Zeit nie finden, sagt man.“ E-Book, Position 65

Figuren (-)

Alle anderen Figuren kommen nur ganz kurz im Buch vor, niemanden davon lernen wir näher kennen. Die meisten Charaktere zogen an meinem inneren Auge vorbei ohne einen bleibenden Abdruck zu hinterlassen. Manche der Geschichten über einzelne Nebenfiguren muss sich der Autor wohl in seiner Fantasie ausgemalt haben – wissen kann er diese intimen Details eher nicht. Manchmal erschien es mir so, als wurde die Ich-Erzählsituation mit einer allwissenden vermischt. Interessant, es hatte einen gewissen Charme. Mir hat es gefallen.

Spannung & Atmosphäre (-)

Immer wieder gibt es höchst atmosphärische Beobachtungen und Beschreibungen Roms, die mich absolut überzeugen konnten. Oft verkommen die vielen Erlebnisse aber auch zu einer etwas substanzlosen Aneinanderreihung von oberflächlichen Eindrücken. Spannung war zu keinem Zeitpunkt vorhanden, dafür sind die einzelnen geschilderten Episoden zu kurz und unzusammenhängend. Stellenweise musste ich mich leider durch das Buch quälen; ich wollte nicht wissen wie es weitergeht, sondern war oft gelangweilt und enttäuscht, dass mich dieses Buch nicht ebenso fesseln und faszinieren konnte wie das Debüt.

Feministischer Blickwinkel (+/-)

Vieles hat mir gefallen: dass oft gegendert wurde, dass auch auch LGBT-Figuren im Buch vorkommen, dass Machtmissbrauch mächtiger Männer thematisiert wird, dass gezeigt wird, dass AbtreibungsgegnerInnen kritisiert werden. Nicht gefallen hat mir, dass einmal angedeutet wird, dass es normal sei, dass die Frau für den Abwasch zuständig ist und dass der Mann sich in der Zwischenzeit schon ein Bier gönnt und dass eine Jugendliche anscheinend schon verheiratet ist und von ihrem Ehemann ziemlich unterdrück wird (das wird jedoch immerhin kritisiert, was gut ist). Sehr gestört hat mich, dass fast alle wesentlichen Gesprächspartner Männer waren und Frauen kaum zu Wort kamen – hier hätte ich mir ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis gewünscht. Den Bechdel-Test (sprechen zwei Frauen über etwas anderes als einen Mann?) besteht dieses Buch (was keine Überraschung ist) ebenfalls nicht.

Mein Fazit

Nach Simon Strauß‘ mitreißendem, kraftvollem und fesselndem Debüt bin ich an sein neues Buch mit hohen Erwartungen herangegangen, die leider enttäuscht wurden. Der Einstieg verlief schleppend, ganz in die Geschichte eintauchen konnte ich nie. Das lag bestimmt am Essaystil, der zwar anspruchsvoll, schön und angenehm zu lesen ist, dem aber dieses Mal diese erfrischende, kraftvolle Intensität fehlte. Wo das Debüt den Nerv der Zeit traf, wirkte die neue Erzählung auf mich altmodisch und rückwärtsgewandt. Einerseits war ich beeindruckt vom literarischen und kulturhistorischen Wissen des Autors, der scheinbar mühelos und „im Vorbeigehen“ altehrwürdige Dichter, Politiker, Schriftsteller und Philosophen zitieren kann. Andererseits fand ich die ständigen Zitate, Anspielungen und Informationen auch gewollt, prätentiös und ermüdend. „Römische Tage“ ist eine Aneinanderreihung von Reiseeindrücken eines privilegierten, elitären jungen Mannes und hat eigentlich keine wirkliche Handlung. Thematisch stehen der Tod, die Vermischung von Alt und Neu und die ehrliche Gegenüberstellung der Idealvorstellung von Rom und der oft schmutzigen, unschönen Realität im Vordergrund. Stellenweise enthält das Buch wunderbar atmosphärische, treffende und berührende Beobachtungen und Beschreibungen Roms, sehr schöne Sätze, Weisheiten und ehrliche, tiefgründige Reflexionen, in anderen Momenten sind die Beschreibungen der Eindrücke substanzlos, oberflächlich, zu hastig abgehandelt und ohne jegliche Tiefe. Der Protagonist war mir bis zur Szene mit den Katzen, die er einfach vor sich leiden lässt, sympathisch – er ist eine alte Seele, intelligent und empfindsam. Jedoch blieb er das ganze Buch über auch ein wenig farblos und war nicht greifbar. Spannung oder ein Sog waren zu keinem Zeitpunkt vorhanden, stellenweise musste ich mich leider durch das Buch quälen und war sehr enttäuscht, dass es mich nicht ebenso fesseln und faszinieren konnte wie das Debüt. Trotz seiner starken Momente lässt mich das Buch seltsam unberührt zurück, und es wird mir (bis auf einige interessante Reflexionen) wohl auch nicht lange in Erinnerung bleiben. „Römische Tage“ war wohl einfach nicht das richtige Buch für mich, weswegen ich es nicht weiterempfehlen kann. Eine Empfehlung möchte ich trotzdem aussprechen, und zwar für „Sieben Nächte“, das großartige Debüt des Autors. Dem nächsten Roman werde ich sicher wieder eine Chance geben.

Bewertung

Idee: 4 Sterne
Inhalt, Themen, Botschaft: 3 Sterne
Umsetzung: 2,5 Sterne
Worldbuilding: 3 Sterne
Einstieg: 2 Sterne
Schreibstil: 3,5 Sterne
Protagonist: 3,5 Sterne
Figuren: 2 Sterne
Spannung: 1 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Ende / Auflösung: 2 Sterne
Emotionale Involviertheit: 2 Sterne
Feministischer Blickwinkel: +/-

Insgesamt:

❀❀,5 Lilien

Dieses Buch bekommt von mir insgesamt zweieinhalb Lilien!

Veröffentlicht am 05.09.2019

Zauberhafte, wunderschöne Illustrationen & eine berührende Geschichte mit kleinen Schönheitsfehlern

Der lange Weg zu dir
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Inhalt

Auf der einen Seite des Meeres lebt ein Mädchen namens Sonia mit ihrer geliebten Katze, auf der anderen Seite des Meeres ein Junge namens Adam mit seinem besten Freund, dem Hund Rufus. Als das ...

Inhalt

Auf der einen Seite des Meeres lebt ein Mädchen namens Sonia mit ihrer geliebten Katze, auf der anderen Seite des Meeres ein Junge namens Adam mit seinem besten Freund, dem Hund Rufus. Als das Tier eines Tages an Altersschwäche stirbt, fällt Adam in ein tiefes Loch, isst nichts mehr und liegt den ganzen Tag im Bett. Er trauert. Die Katze führt Sonia auf eine abenteuerliche Reise, deren Ziel das kleine Haus des Jungen ist. Können Sonia und Miezi, die Katze, dem Jungen neue Hoffnung schenken?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Altersempfehlung: 5-7 Jahre
Verlag: arsEdition
Seitenzahl: 40
Erzählweise: auktorialer/allwissender Erzähler, Präteritum
Tiere im Buch: +/- Ein Hund stirbt an Altersschwäche, eine Katze fängt eine Maus und wird von einem bösen Theaterdirektor in einen Käfig gesperrt. Die beiden Kinder gehen mit ihren Tieren jedoch sehr liebevoll um und lieben sie sehr!

Warum dieses Buch?

Ich bin immer auf der Suche nach empfehlenswerten, besonderen Kinderbüchern, die ich meinen (zukünftigen) Patenkindern, Nichten und Neffen vorlesen kann. Da mich die letzten beiden Gemeinschaftsprojekte von Martin Widmark und Emilia Dziubak so begeistern und verzaubern konnten, war für mich klar, dass ich ab jetzt jedes Werk dieser beiden tollen KinderbuchautorInnen lesen muss. Gesagt, getan!

Meine Meinung

Geschichte (+/-)

„Es waren einmal ein Junge und ein Mädchen, die sich nie getroffen hatten. Zwischen ihnen lag ein großes Meer.“ Seite 3

Normalerweise gehe ich aufs Design eines Buches in meinen Rezensionen ja nicht ein. Hier kann ich aber nicht anders: Die Gestaltung des Buches ist ein wahr gewordener Traum für alle BücherliebhaberInnen! Es handelt sich hier um das schönste Kinderbuch, das ich je in den Händen gehalten habe. Eigentlich ist das nicht mehr „nur“ ein Kinderbuch – das ist ein Stück Kunst!

Dieses Buch ist wieder für Kinder zwischen 5 und 7 perfekt als Vorleselektüre geeignet, auch wenn es einige unheimliche Zeichnungen gibt, die die Trauer von Adam stimmungsvoll veranschaulichen. Sensible Kinder könnten davon aber vielleicht Albträume bekommen, deshalb sollte man auf jeden Fall während oder nach dem Vorlesen mit ihnen darüber sprechen. Das Schöne an den Büchern von Widmark und Dziubak ist, dass sowohl Erwachsene als auch das junge Zielpublikum das Buch genießen und damit ihre Freude haben können. Dieses Mal glänzt die Geschichte mit einem märchenhaften Setting und einer unvorhersehbare Geschichte, die aber auch kraftvolle, ruhige und vor allem traurige Momente beinhaltet. Man kann gar nicht anders: Man möchte unbedingt wissen, wie es mit Sonia und Adam weitergeht!

Widmark und Dziubak behandeln wieder schwierige Themen in dieser berührenden Geschichte über Trauer, Schmerz, aber auch Hoffnung und Neubeginn. Besonders Adams Trauer wird sehr tiefgründig und anschaulich beschrieben. Hier bietet es sich natürlich an, dieses Buch als Anknüpfungspunkt zu verwenden, um das schmerzhafte und empfindliche Thema „Tod“ altersgerecht mit dem Kind zu besprechen. Auch die enge Bindung von Kindern zu ihren geliebten Tieren wird im Buch deutlich. Die Geschichte zeigt, dass es – nach einer angemessenen Trauerphase – helfen kann, dem Kind zu erlauben, einem neuen Tier ein Zuhause zu schenken, weil dadurch der Schmerz gelindert wird und das ein großer Trost sein kann.

Dieses Mal war für mich die Geschichte trotzdem nicht ganz perfekt. Meiner Meinung nach wurde sich zu viel vorgenommen, sodass manche Aspekte, wie zum Beispiel die Freundschaft zwischen Adam und Sonia und seine langsame „Genesung“, leider etwas zu kurz kamen. Ich denke, wenn man im Mittelteil das eine oder andere Ereignis gestrichen hätte, hätte man im letzten Teil bei den wirklich wichtigen Aspekten mehr in die Tiefe gehen können, was das Buch perfekt gemacht hätte. Dass viele Fragen (Warum lebt Sonia alleine, aber Adam bei seiner Großmutter? Wo sind die Eltern?) unbeantwortet bleiben, stört mich aufgrund der märchenhaften Geschichte nicht, auch wenn ich mir natürlich vorstellen kann, dass sie Kindern eventuell keine Ruhe lassen. Was Mitfahren mit Fremden betrifft, stimme ich mit einigen der anderen RezensentInnen überein: In einem Kinderbuch finde ich das problematisch, auch wenn Sonia eigentlich keine andere Wahl hatte. Das Thema sollte auf jeden Fall von den Erwachsenen angesprochen werden. Insgesamt lässt mich dieses Buch nach seinem glücklichen Ende trotzdem sehr zufrieden und berührt zurück, auch wenn es nicht ganz perfekt ist!

Schreibstil (♥)

„‘Bestimmt geht es dir bald besser‘, flüsterte Adam Rufus ins Ohr. Rufus sah ihn mit traurigen Augen an. Dann atmete er ein letztes Mal aus, schloss die Augen und verließ Adam.“ Seite 6

Der Schreibstil ist wie gewohnt sehr altersgemäß (es gibt keine zu schwierigen Wörter), märchenhaft, liebevoll und anschaulich. Man merkt, dass wieder einiges an Arbeit und Herzblut in dieses Buch geflossen ist. Manchmal war mir lediglich etwas zu viel Text auf einer Seite. Das hätte man etwas gleichmäßiger aufteilen können, damit die Aufmerksamkeit der Kinder nicht nachlässt oder sie das Interesse verlieren.

Figuren (♥)

Man leidet richtig mit Adam mit, als dieser seinen geliebten Hund verliert und in tiefster Trauer versinkt. Auch mit Sonia können sich Kinder bestimmt identifizieren, weil sie sich auf so eine spannende, abenteuerliche Reise begibt! Welches Kind hat davon nicht mindestens einmal geträumt? Die Großmutter, die sich liebevoll um Adam kümmert, wirkt ebenfalls sehr sympathisch.

Illustrationen (♥)

Die Illustrationen sind das Beste am Buch! Sie sind stimmungsvoll, fantasievoll, zauberhaft und wunderschön. Von Emilia Dziubak illustrierte Kinderbücher sind wirklich ein Stück Kunst! Ihr besonderer Malstil, ihre Kreativität, die liebevollen Details – die Illustrationen sind wieder ein Genuss! Meiner Meinung nach gibt es momentan niemanden im Kinderbuchgenre, der schöner illustriert als sie. Text und Bild greifen erneut perfekt ineinander. So fällt es leicht, sofort in die Geschichte einzutauchen und mitzufühlen. Auch das nächste Buch der beiden ist für mich daher wieder Pflichtlektüre!

Geschlechterrollen & Vielfältigkeit (♥)

Was die Vielfältigkeit betrifft, gibt es dieses Mal leider wieder nur weiße Figuren im Roman. Daran sollte vielleicht im nächsten Buch gearbeitet werden. Es gibt aber auch viele Dinge, die ich loben möchte: Erneut brechen Widmark und Dziubak mit veralteten Geschlechterstereotypen, indem sie einen sensiblen Jungen leiden und trauern lassen und das Mädchen auf eine abenteuerliche Reise schicken. Immer wieder muss Sonia sich beweisen, muss jemanden retten, muss mutig sein. Alleine dafür liebe ich dieses Buch!

Mein Fazit

„Der lange Weg zu dir“ ist ein wundervolles Kinderbuch, das Erwachsene ebenso verzaubern und begeistern wird wie Kinder. Text und Bild greifen wieder so perfekt ineinander, dass man nur hoffen kann, dass es noch lange nicht das letzte Buch dieses großartigen Kinderbuch-Duos war, das wieder so viel Liebe und Herzblut in diese Geschichte gesteckt hat. Der Schreibstil ist altersgerecht, anschaulich und märchenhaft, die Figuren sympathisch und glaubwürdig, und die fantasievollen, stimmungsvollen Bilder sind wunderschön und machen dieses Kinderbuch zu einem Stück Kunst! Das unvorhersehbare Kinderbuch ist spannend und schürt die Neugier, hat aber auch seine kraftvollen, ruhigen und vor allem traurigen Momente. Widmark und Dziubak behandeln in ihrer Geschichte wieder schwierige Themen wie Trauer, Schmerz, aber auch Hoffnung und Neubeginn sehr einfühlsam und berührend. Besonders Adams Trauer und die Liebe von Kindern zu ihren Tieren werden sehr tiefgründig veranschaulicht. Sensible Kinder könnten von den teilweise etwas unheimlichen Illustrationen vielleicht Albträume bekommen, deshalb sollte man auf jeden mit ihnen darüber reden. Es bietet sich an, dieses Buch als Anknüpfungspunkt zu verwenden, um das schmerzhafte, empfindliche Thema „Tod“ altersgerecht mit dem Kind zu besprechen. Perfekt ist die Geschichte dieses Mal leider trotzdem nicht: Meiner Meinung nach wurde sich zu viel vorgenommen, sodass manche Aspekte, wie zum Beispiel die Freundschaft zwischen Adam und Sonia und seine langsame „Genesung“, etwas zu kurz kamen. Ganz toll finde ich hingegen, dass Widmark und Dziubak mit veralteten Geschlechterstereotypen brechen, indem sie einen sensiblen Jungen trauern lassen und ein mutiges Mädchen auf eine abenteuerliche Reise schicken. Insgesamt lässt mich dieses Buch nach dem hoffnungsvollen Ende etwas wehmütig, aber sehr berührt zurück, auch wenn es nicht ganz perfekt ist. Das nächste Buch von Widmark und Dziubak wird ohne Zweifel wieder seinen Weg in mein Bücherregal finden. Falls ihr noch keine Bücher der beiden kennt, lege ich sie euch hiermit wärmstens ans Herz!

Bewertung

Idee: 5 Sterne ♥
Geschichte: 3,5 Sterne
Ausführung: 4 Sterne
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Personen: 5 Sterne ♥
Illustrationen: 5 Sterne ♥
Vielfältigkeit: -
Rollenbilder: ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀ Lilien

Dieses Buch erhält von mir vier Lilien!