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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2024

Jugenderinnerungen

Das hat er nicht von mir!
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Anhand des Klappentextes hatte ich erwartet, dass sich der Autor angesichts seiner Vaterschaft auf humorvolle, aber gleichzeitig tiefgründige Weise mit der eigenen Kindheit und Jugend auseinandersetzt, ...

Anhand des Klappentextes hatte ich erwartet, dass sich der Autor angesichts seiner Vaterschaft auf humorvolle, aber gleichzeitig tiefgründige Weise mit der eigenen Kindheit und Jugend auseinandersetzt, um diese Erfahrungen reflektiert in die Erziehung des eigenen Nachwuchses einfließen zu lassen: Was hat ihn geprägt, wie beeinflusst sein eigenes Aufwachsen sein Verhalten gegenüber dem Sohn, wie helfen die eigenen Erlebnisse, das Kind besser zu verstehen? Leider kamen mir diese Aspekte im Buch deutlich zu kurz, und mir fehlte eine klare Linie, so dass ich mich immer wieder fragte, welche Intention denn nun hinter diesem Buch steht.
Der erst zweijährige Sohn kommt eher am Rande vor, im Mittelpunkt stehen die Jugenderinnerungen des Autors – jugendliche Alkoholerfahrungen, die Abneigung gegen die Schule, erste unglückliche Liebe, erster Job, das Hadern mit dem eigenen Körper. Dies sind alles Erfahrungen, die vielen Lesern und Leserinnen nicht fremd sind, und sie sind unterhaltsam und mit lockerem Humor geschildert. Allerdings wird das Buch hierdurch mehr zu einer leicht erzählten Biografie über das eher gewöhnliche Leben als Teenie und junger Erwachsener in der Generation Y. Einen echten Erkenntnisgewinn im Bezug auf die Erziehung des Kindes sehe ich nicht, und vieles bleibt mir zu sehr an der Oberfläche. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit hier eine Rolle spielt, dass ich eine Frau bin und möglicherweise einen etwas anderen Blickwinkel auf bestimmte Jugenderlebnisse und Kindererziehung habe. Meine Erwartungen hat es leider nicht ganz erfüllt.

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Veröffentlicht am 12.03.2024

unterhaltsam

Morden in der Menopause
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Anhand des Klappentextes hatte ich mir eine humorvollen Roman a la "Achtsam morden" von Karsten Dusse erhofft, der das Thema Menopause auf turbulente, augenzwinkerndene Weise mit einem Mordfall verbindet. ...

Anhand des Klappentextes hatte ich mir eine humorvollen Roman a la "Achtsam morden" von Karsten Dusse erhofft, der das Thema Menopause auf turbulente, augenzwinkerndene Weise mit einem Mordfall verbindet. Leider konnte "Morden in der Menopause" diese Erwartungen nicht ganz erfüllen. Die Geschichte ist durchaus unterhaltsam und kurzweilig, doch es fehlt mir an Esprit und Sprachwitz. Die Figuren einschließlich der Protagonistin wirkten auf mich unsympathisch und oberflächlich. Besondere Schwierigkeiten hatte ich mit Livs Schwiegereltern, deren Beschreibung, Verhalten und Sprachstil für mich nicht zu 90jährigen Personen passte. Livs Ehemann erschien als ein kleinlauter Feigling, der es nicht fertigbringt, seinen eigenen Vater mit dessen Spielsucht zu konfrontieren und stattdessen lieber jahrelang die Spielschulden bezahlt. Und Livs Moralempfinden ist recht .... flexibel. Auch der Kriminalfall selbst hatte seine Schwachstellen. So erscheint mir die Umstände der unter menopausalen Einflüssen begangenen Morde und die beschriebene Beseitigung der Opfer schon aufgrund der Statur von Opfer und Täterin sehr unlogisch. Der Schluss kommt dann etwas plötzlich und lässt für mich zu viele Fragen offen.

Insgesamt eine nette Unterhaltung für zwischendurch, aber leider nicht mehr.

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Veröffentlicht am 12.03.2024

Philosophisch interessantes Gedankenspiel, das sein Potential leider nicht ganz ausschöpft

Das andere Tal
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Das Setting von "Das andere Tal" hat mich sofort neugierig gemacht. Ein Tal mit einem See und einer Stadt, eingefasst von einer Gebirgskette im Westen und einer Steppe im Osten, das sich in beiden Himmelsrichtungen ...


Das Setting von "Das andere Tal" hat mich sofort neugierig gemacht. Ein Tal mit einem See und einer Stadt, eingefasst von einer Gebirgskette im Westen und einer Steppe im Osten, das sich in beiden Himmelsrichtungen wiederholt, wobei die Täler in Ostrichtung jeweils 20 Jahre versetzt in der Zukunft liegen, und in Westrichtung entsprechend jeweils 20 Jahre in der Vergangenheit. Besuche in einem Nachbartal sind nur in Trauerfall erlaubt, streng reglementiert und müssen von speziellen Gremien, den sog. Conseils, beider Täler genehmigt werden. Die Besucher dürfen sich u.a. nicht zu erkennen geben, nicht eingreifen und nur aus der Ferne beobachten.

Die Geschichte um die Ich-Erzählerin Odile Ozanne besteht aus zwei Teilen. Im ersten ist Odile 16 Jahre alt und wird zufällig Zeugin eines Besuchs aus dem Osten, in dem sie die Eltern von Edme erkennt, einem Jungen, zu dem sie sich hingezogen fühlt. Aufgrund dieser Beobachtung weiß sie, dass Edme bald sterben muss. Der zweite Teil spielt 20 Jahre später. Mehr möchte ich über den Inhalt nicht verraten.

Der Schreibstil ist flüssig zu lesen, und die Geschichte hat mich von Anfang an gepackt. Allerdings habe ich mich etwas über die Figurenzeichnung gewundert. Odile erschien mir seltsam unbeteiligt und emotional kühl, fast gleichgültig. Angesichts Edmes bevorstehenden Todes und ihrer ersten Verliebtheit hätte ich erwartet, dass sie stärker mit dem Schicksal hadert, Edme beschützen möchte und innere Konflikte um ihr Vorwissen eine größere Rolle spielen. Die anderen Figuren wirkten auf mich eher eindimensional und durchschaubar, es fehlten mir Ambivalenz und persönliche Entwicklungen. Generell empfand ich die Atmosphäre als auffällig kühl und empathiearm, was für einen Roman, in dem emotionale Belastung und starke Trauer angesichts eines Schicksalsschlags mit ausschlaggebend sind für eine Besuchserlaubnis in einem anderen Tal, beinahe paradox wirkt.

In welcher Zeit die Handlung spielt, bleibt unklar. Es gibt bereits Strom und Autos, dennoch wirkt die Welt antiquiert, vieles bleibt vage. Telefone oder andere technische Errungenschaften werden nicht erwähnt, die Grenzbefestigung ist spartanisch, höhere Bildung und Universitäten scheint es nicht zu geben, wie Waren und Rohstoffe importiert werden, die im Tal nicht selbst hergestellt oder gewonnen werden, wird nicht erklärt. Die Täler scheinen sich diesbezüglich zu ähneln, technischer Fortschritt ist nicht erkennbar.

Der promovierte Philosoph Scott Alexander Howard bietet mit seinem Roman ein philosophisch höchst interessantes Gedankenspiel, das bemüht ist, die üblichen Widersprüche in Zeitreiseromanen zu vermeiden. Da mir als Mathematikerin Logik und Stringenz sehr wichtig sind, ist dies für mich ein großer Pluspunkt. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass Howard hier seiner Leserschaft noch deutlich mehr zutraut. So erfährt man nur oberflächlich von der Arbeit des Conseils und des Archivs, innere Strukturen bleiben unklar, und die Chance einer wirklich tiefgründigen Auseinandersetzung mit den Entscheidungskriterien für oder gegen eine Besuchspetition, der Abwägung von Nutzen und Risiken für den Einzelnen und die Gemeinschaft im Tal, die Ängste der Bevölkerung bei bevorstehenden Besuchen, bleibt ungenutzt. Auch sind die Folgen von Störungen, die durch
Besucher aus einem Nachbartal hervorgerufen werden können (absichtlich oder unabsichtlich), bei genauerem Hinsehen deutlich komplexer, als es im Buch zunächst den Anschein hat. Da ich nicht spoilern möchte, ist es schwierig zu beschreiben, worauf ich hinaus möchte. Nur so viel: Wenn ein Besuch aus dem Osten im Tal eine Störung verursacht, d.h. den Fortgang des Lebens in irgendeiner Weise beeinflusst, hat dies Auswirkungen auf die Existenz der Menschen in diesem und allen östlichen Tälern. Mit Voranschreiten der Zeit wird jedoch auch im ersten Tal westlich 20 Jahre später der Zeitpunkt erreicht, zu dem im Ausgangstal die Störung stattgefunden hat (und entsprechend 40/60/80... Jahre später in den noch weiter westlich gelegenen Tälern). Um Kontingenz zu erreichen, müsste nun ein Besuch aus dem Ausgangstal im Westtal dieselbe Störung hervorrufen. Doch was ist, wenn die damalige Störung im Ausgangstal gerade dazu führt, dass der Grund für den auslösenden Besuch nicht mehr gegeben ist, etwa weil der zugrundeliegende Trauerfall hierdurch vermieden wurde? Dass dies dem Autor natürlich bewusst ist, klingt ansatzweise an, als Odile in Teil 2 Zeugin eines Fluchtversuchs wird und Überlegungen über die Konsequenzen für sich anstellt. Leider arbeitet Howard dies nicht stärker aus. Wendet man diesen Gedanken konsequent im Nachhinein auf das Buch an, erscheint manches in einem anderen Licht.

Mich hat dieses Buch noch mehrere Tage, nachdem ich es beendet hatte, sehr beschäftigt, insbesondere hinsichtlich der komplexen Zusammenhänge, die sich erst bei gründlichem Durchdenken offenbaren. Bezüglich der Bewertung bin ich hin- und hergerissen. Einerseits haben mich die Idee des Buches und insbesondere die Handlung im zweiten Teil wirklich begeistert, dennoch bleibt das Gefühl zurück, dass hier das philosophische Potenzial des Gedankenexperiments nicht weit genug ausgeschöpft wurde.

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Veröffentlicht am 10.03.2024

Entwickelt einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann!

Der ehrliche Finder
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Jimmy, dessen Vater als Versicherungsmakler Kundengelder veruntreut und sich aus dem Staub gemacht hat, und Tristan, der Flüchtlingsjunge aus dem Kosovo, haben sich angefreundet. Der Musterschüler Jimmy ...

Jimmy, dessen Vater als Versicherungsmakler Kundengelder veruntreut und sich aus dem Staub gemacht hat, und Tristan, der Flüchtlingsjunge aus dem Kosovo, haben sich angefreundet. Der Musterschüler Jimmy bringt Tristan Niederländisch bei, und Tristan holt Jimmy aus seiner Einsamkeit. Als Tristans Familie abgeschoben werden soll, entwickeln Tristan und seine Schwester einen waghalsigen Plan, in dem Jimmy eine entscheidene Rolle zukommt...

Es ist beeindruckend, wie Lize Spit die gegensätzlichen Welten und Wesenarten der beiden Kinder zeichnet. Beide Kinder haben, wenn auch auf ganz unterschiedliche Weise, Verluste erlebt. Jimmy ist noch sehr kindlich-naiv, flüchtet sich in Tagträume, seine Sammlung aus Flippos, die als Beigaben in Chipstüten enthalten sind, ist sein größter Schatz, und er beneidet Tristan um die Wärme seiner zehnköpfige Großfamilie. Tristan ist zwei Jahre älter und durch die Flucht früh erwachsen geworden. Die Traumata der Flucht sitzen tief bei ihm und seinen Geschwistern, das große Familienbett, das in Jimmys Augen eine heimelige Kuschel- und Spieloase ist, ist für Tristans Familie bittere Notwendigkeit gegen die Albträume und Ängste, die nachts die Familie heimsuchen.

Die Geschichte wird in personaler Form in der dritten Person aus der Perspektive von Jimmy erzählt. Auch wenn das Buch mit 128 Seiten recht dünn erscheint, gelingt es Lize Spit, mit wenigen Worten einen unglaublichen Sog zu entwickeln. Sie erzählt intensiv, lebendig, beklemmend, und man kann sich der Geschichte nicht entziehen.

Ein wirklich bemerkenswertes Buch, das nachdenklich macht und viele Möglichkeiten zur Diskussion bietet. Ich könnte es mir in der Mittelstufe sehr gut auch als Schullektüre vorstellen. Für mich war es das erste Buch von Lize Spit und es hat mich so sehr beeindruckt, dass ihre beiden ersten Romane auf jeden Fall auch noch lesen möchte.

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Veröffentlicht am 10.03.2024

deprimierend und langatmig

Der Stich der Biene
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Angesichts der Lobeshymnen aus der Presse war ich sehr gespannt auf diesen Roman, und auch die Leseprobe klang vielversprechend. Leider wurde ich dennoch mit dem Buch nicht richtig warm.

Murray erzählt ...

Angesichts der Lobeshymnen aus der Presse war ich sehr gespannt auf diesen Roman, und auch die Leseprobe klang vielversprechend. Leider wurde ich dennoch mit dem Buch nicht richtig warm.

Murray erzählt die Geschichte der Familie Barnes abwechselnd aus den Perspektiven von Vater Dickie, Mutter Imelda, Sohn PJ und Tochter Cass. Imeldas Kapitel sind komplett ohne Interpunktion verfasst, was den Lesefluss deutlich hemmt und mich zunehmend nervte. Aufgrund der Perspektivwechsel hatte ich die Hoffnung, mich gut in die einzelnen Charaktere einfühlen zu können, was merkwürdigerweise nicht der Fall war. Alle vier blieben mir fremd, und je weiter der Roman fortschritt, desto mehr spürte ich, dass mich ihre Geschichte nicht mehr berührte. Mit Cass konnte ich überhaupt nichts anfangen, ebenso wie mit Dickies Entwicklung zu einem skurillen Prepper. Ich empfand die 700 Seiten zunehmend als langatmig und spannungsarm, erst gegen Ende nahm die Handlung wieder etwas an Fahrt auf, um mich zum Schluss wieder enttäuscht zurückzulassen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Murrays Schreibstil seine Anhänger findet, ich gehöre jedoch nicht dazu. Die gesamte Grundstimmung ist düster und deprimierend, alles dreht sich um Alkohol, Sex, Gewalt und Einsamkeit, so dass die Geschichte schwer zu ertragend ist. Anders als Frank McCourt, der in Angela´s Ashes dem Elend einer katholischen Kindheit in Irland immer wieder mit trockenem Humor begegnet, oder Douglas Stuart, der in Young Mungo eine unglaublich schmerzhafte Kindheit in Glasgow schildert und dem Grauen sprachliche Eleganz und zarte, berührende Momente entgegensetzt, ist Murrays Stil auch sprachlich hart, stellenweise vulgär und stark sexuell aufgeladen. Dies trifft nicht meinen Geschmack. Interessante gesellschaftliche Themen wie Klimawandel wurden zwar angerissen, blieben jedoch eher oberflächlich. Insgesamt war ich erleichtert, als ich das Buch beendet hatte, da es leider meine Erwartungen nicht erfüllen konnte.

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