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Veröffentlicht am 02.03.2024

Herrlich schräg und voller britischem Humor

Over My Dead Body
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Miriam Price ist Ärztin, Mitte 40, bei ihren Mitmenschen gefürchtet, und mausetot. Nun hat sie ein Problem, denn da nach außen alles auf einen Unglücksfall hindeutet, erklärt man ihr im Limbus, dass sie ...

Miriam Price ist Ärztin, Mitte 40, bei ihren Mitmenschen gefürchtet, und mausetot. Nun hat sie ein Problem, denn da nach außen alles auf einen Unglücksfall hindeutet, erklärt man ihr im Limbus, dass sie unter diesen Umständen vorerst nicht im die Ewigkeit eingehen kann, da es durch Corona bedingt dort zu Engpässen kommt und priorisiert werden muss. Es sei denn, sie kann bei der gerichtlichen Untersuchung auf der Erde nachweisen, dass sie ermordet wurde. Da sie als Geist auf der Erde nicht mehr interagieren kann, leichter gesagt, als getan...

Maz Evans erzählt herrlich bissig und mit viel rabenschwarzem, britischem Humor aus der Perspektive von Miriam Price. Hierbei hält sie wunderbar die Balance, Charaktere und Handlung sind schräg, driften aber (bis auf die etwas übertriebene Szene mit dem Ferrari) auch nicht ins Klamaukhafte ab. Vielmehr entwickelt die Geschichte insbesondere in der zweiten Hälfte ganz nebenbei eine Tiefe, die einem als Leser die Kostbarkeit des kurzen Lebens vor Augen führt. Auch der Krimianteil ist raffiniert und spannend bis zu Schluß (auch wenn ich schon etwas früher eine bestimmte Ahnung hatte).

Ich habe lange kein Buch mehr gelesen, bei dem ich so viel lachen musste wie bei dieser Geschichte. Wer britischen Humor mag, kommt an diesem Buch nicht vorbei!

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Hatte mir mehr erwartet

Der Lärm des Lebens
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In den letzten Jahren haben viele Schauspieler*innen autobiographische oder autofiktionale Bücher veröffentlicht, und normalerweise interessiere ich mich nicht dafür. Bei Jörg Hartmann war ich allerdings ...

In den letzten Jahren haben viele Schauspieler*innen autobiographische oder autofiktionale Bücher veröffentlicht, und normalerweise interessiere ich mich nicht dafür. Bei Jörg Hartmann war ich allerdings neugierig, da er auf mich sehr sympathisch, bodenständig und humorvoll wirkt, auch wenn er eher auf schwierige, oft negative behaftete Figuren abonniert scheint (Weißensee, Das Ende einer Nacht, Die vermisste Frau, Dortmunder Tatort).

Jörg Hartmann schreibt überraschend persönlich, gibt teilweise tiefe Einblicke in seine Gedanken und Gefühle. Sehr berührend schildert er die letzten Besuche bei seinem dementen Vater und dessen Beerdigung. Eher nachdenkliche Passagen wechseln sich mit humorvollen ab, und an einigen Stellen musste ich laut lachen, etwa wenn er die Proben für ein Vorsprechen beschreibt, bei denen ein Mettbrötchen am Buffet eine Rolle spielt. Jörg Hartmann erzählt nicht chronologisch, sondern springt zwischen Begebenheiten aus der Kindheit und Aktuellem, zwischen seinen taubstummen Großeltern und seinen Schauspielberuf hin und her, dies allerdings sehr elegant, sprachgewandt und natürlich, so dass es stets flüssig zu lesen ist. Besonders gut gefielen mir die Passagen über Hartmanns Schauspielstudium, da diese mit viel trockenem Witz erzählt werden. Weniger anfangen konnte ich mit einigen Anekdoten aus dem Ruhrpott, diese wirkten teilweise sehr banal. In der zweiten Hälfte fällt das Buch leider meiner Meinung nach deutlich ab. Hartmann hadert mit den Problemen unserer Zeit, mit der Vergänglichkeit des Lebens, mit der Sattheit unserer Konsumgesellschaft. Allerdings fehlt mir in seinen Ausführungen der Tiefgang, und da ist nichts, was nicht den meisten von uns auch durch den Kopf geht. Das Buch zieht sich, Hartmann wirkt schwermütig und melancholisch. Etwas befremdet war ich von Hartmanns Art, andere Menschen zu bezeichnen. Eine der Krankenpflegerinnen seines Vaters nennt er immer nur "die Korpulente", einen Mann, dem er in China begegnete, den "Zahnramponierten" bzw. "Zahnlädierten". Über die neureichen Eltern eines Kindes aus der Kita seines Sohnes, bei denen seine Familie zum Kindergeburtstag eingeladen war, zieht er mit boshaftem Spott her. Auch wenn ich seine Antipathie gut verstehen kann, frage ich mich doch, ob hier nicht auch eine gehörige Portion Sozialneid mitspielt, und wie es sich für diese Familie anfühlen muss, wenn sie sich im Buch wiedererkennen sollte.

Fazit: Für eingefleischte Hartmann-Fans ein empfehlenswertes, sehr persönliches und unterhaltsames Buch. Meine Erwartungen hat es leider nicht ganz erfüllt. Auch wenn Jörg Hartmann viel Sprachgefühl beweist und ich mir generell vorstellen könnte, ein weiteres Buch von ihm zu lesen, hat mich der Inhalt nicht überzeugt, da ich viele Passsagen als nichtssagend oder oberflächlich empfand.

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Veröffentlicht am 28.02.2024

Herrlich komisch....Verzeihung, originell!

Willkommen bei den Grauses 1: Wer ist schon normal?
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Ottilie ist ein schüchternes, introvertiertes Mädchen, das es sich lieber mit einem schönen Buch in ihrem Zimmer gemütlich macht, als mit Gleichaltrigen draußen zu spielen. Es fällt ihr schwer, Freundschaften ...

Ottilie ist ein schüchternes, introvertiertes Mädchen, das es sich lieber mit einem schönen Buch in ihrem Zimmer gemütlich macht, als mit Gleichaltrigen draußen zu spielen. Es fällt ihr schwer, Freundschaften zu schließen, und so ist sie eine Aussenseiterin in ihrer Klasse.

Eines Nachts gehen im baufälligen leerstehenden Nachbarhaus seltsame Dinge vor sich, und Ottilie beobachtet, wie dort im Dunkeln eine neue Familie einzieht. Ottilie ist gespannt - vielleicht findet sie ja in den Nachbarskindern endlich Freunde? Schnell stellt sie fest, dass die Neuankömmlinge - drei Kinder, ihre Eltern und ein Opa - so ihre Eigenheiten und Geheimnisse haben und sich irgendwie von "normalen" Menschen unterscheiden, auch wenn sie sich größte Mühe geben, nicht aufzufallen. Doch wer ist schon normal?

Nachdem meinen Sohn und mich bereits das Buch begeistert hat, waren wir gespannt auf das Hörbuch, das von der Autorin Sabine Bohlmann selbst eingelesen wurde. Das Lesetempo ist angenehm, Sabine Bohlmann verleiht jeder Figur eine persönliche Note und liest sehr lebendig und abwechslungsreich, so dass wir prima in die Geschichte abtauchen konnten. Allerdings brauchte ich anfangs ein paar Minuten, bis ich mich an ihre relativ helle Stimme gewöhnt hatte, da ich eher dunkle Stimmlagen bevorzuge.

Auch wenn ich mit über 40 schon der Zielgruppe entwachsen bin, habe ich mich köstlich amüsiert. Susanne Bohlmann schreibt so lebendig, kurzweilig, humorvoll und voller kreativer Ideen, dass wir das Buch gar nicht mehr weglegen wollten. Dabei vermittelt sie ganz nebenbei und ohne erhobenen Zeigefinger die Botschaft, dass es völlig in Ordnung ist, anders zu sein, und jeder und jede auf seine bzw. ihre Art liebenswert ist. Denn: Wer ist schon normal?

Glücklicherweise wird es im Frühjahr 2025 eine Fortsetzung geben, auf die wir uns schon sehr freuen.

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Veröffentlicht am 22.02.2024

Komplex erzählter, eindrücklicher Roman

Lichtungen
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Dieser Roman - mein erster von Iris Wolff - lässt mich zwiegespalten zurück. Einerseits mochte ich den Schreibstil sehr, die Sprachbilder, die einfühlsame und behutsame Erzählweise, die mir einen Eindruck ...

Dieser Roman - mein erster von Iris Wolff - lässt mich zwiegespalten zurück. Einerseits mochte ich den Schreibstil sehr, die Sprachbilder, die einfühlsame und behutsame Erzählweise, die mir einen Eindruck von Levs Gefühlswelt und der Stimmung in Rumänien zur Zeit Ceausescus und auch nach dem Zusammenbruch des Regimes gibt. Auch das Hin- und Hergerissensein bzw. die Identitätssuche als Deutsch-Rumäne in Siebenbürgen ist sehr eindrücklich beschrieben. Auf der anderen Seite hatte ich meine Schwierigkeiten mit der besonderen Erzählweise, welche die Geschichte zeitlich rückwärts entwickelt, mit dem Wiedersehen von Lev und Kato nach Jahren beginnt und schrittweise in die Kindheit zurückgeht, wobei selbst innerhalb einzelner Kapitel zusätzliche Zeitsprünge in Rückblenden oder Erinnerungen eingebaut sind. Dies beeinträchtigt den Lesefluss, da ständig Personen vorkommen, deren Verhältnis zu Lev man erst im Laufe der Geschichte einordnen kann und die zunächst "in der Luft hängen". Auch den emotionalen Zugang zu den Figuren erschwerte es mir erheblich und führte dazu, dass ich ständig zurückblättern und Passagen nochmal lesen musste, um mir ein vollständiges Bild machen zu können.

Ich lese sehr gerne komplexe Romane (etwa von Jonathan Lee) und bin gerne bereit, mich auf neue Erzählweisen einzulassen. Insofern empfand ich "Lichtungen" durchaus als bereichernd. Dennoch blieb das Lesevergnügen etwas auf der Strecke. "Lichtungen" ist für mich ein Roman, den man am besten zweimal lesen sollte, da man dann nach dem ersten Durchgang bereits die Figurenkonstellation und den Handlungsrahmen kennt und beim zweiten Mal sicher einen besseren Blick für die Details haben wird.

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Veröffentlicht am 22.02.2024

Herrlich schräg!

Willkommen bei den Grauses 1: Wer ist schon normal?
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Ottilie ist ein schüchternes, introvertiertes Mädchen, das es sich lieber mit einem schönen Buch in ihrem Zimmer gemütlich macht, als mit Gleichaltrigen draußen zu spielen. Es fällt ihr schwer, Freundschaften ...

Ottilie ist ein schüchternes, introvertiertes Mädchen, das es sich lieber mit einem schönen Buch in ihrem Zimmer gemütlich macht, als mit Gleichaltrigen draußen zu spielen. Es fällt ihr schwer, Freundschaften zu schließen, und so ist sie eine Aussenseiterin in ihrer Klasse.

Eines Nachts gehen im baufälligen leerstehenden Nachbarhaus seltsame Dinge vor sich, und Ottilie beobachtet, wie dort im Dunkeln eine neue Familie einzieht. Ottilie ist gespannt - vielleicht findet sie ja in den Nachbarskindern endlich Freunde? Schnell stellt sie fest, dass die Neuankömmlinge - drei Kinder, ihre Eltern und ein Opa - so ihre Eigenheiten und Geheimnisse haben und sich irgendwie von "normalen" Menschen unterscheiden, auch wenn sie sich größte Mühe geben, nicht aufzufallen. Doch wer ist schon normal?

Das toll gestaltete Cover hat mich sofort neugierig gemacht, und die darauf abgebildeten Figuren darauf passen hervorragend zu den liebenswert-skurrilen Charakteren in der Geschichte. Auch wenn ich mit über 40 schon der Zielgruppe entwachsen bin, habe ich mich köstlich amüsiert, als ich das Buch gemeinsam mit meinem 10jährigen Sohn gelesen habe. Susanne Bohlmann schreibt so lebendig, kurzweilig, humorvoll und voller kreativer Ideen, dass wir das Buch gar nicht mehr weglegen wollten. Dabei vermittelt sie ganz nebenbei und ohne erhobenen Zeigefinger die Botschaft, dass es völlig in Ordnung ist, anders zu sein, und jeder und jede auf seine bzw. ihre Art liebenswert ist. Ein Buch, das Mut macht, zu sich selbst zu stehen und auch seinen Mitmenschen offen zu begegnen und Vorurteile abzubauen. Denn: Wer ist schon normal?

Glücklicherweise wird es im Frühjahr 2025 eine Fortsetzung geben, auf die wir uns schon sehr freuen. Unbedingt lesen!

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