Ein guter Take auf die Artussage
Cursed - Die AuserwählteVielen lieben Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar!
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.
Aufmachung:
Das Cover ist durch das Rot definitiv ein Eyecatcher, ...
Vielen lieben Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar!
Die Rezension spiegelt selbstverständlich trotzdem meine ehrliche Meinung wider.
Aufmachung:
Das Cover ist durch das Rot definitiv ein Eyecatcher, gleichzeitig ist es recht schlicht gehalten und zeigt nur das, was wirklich relevant ist: Das Schwert der Macht.
Das gefällt mir sehr gut, da man so sofort weiß, worum es geht, auch wenn der Titel für sich genommen erst einmal eher nichtssagend ist.
Trotzdem passt natürlich auch der Titel sehr gut und das gleich in mehrfacher Hinsicht, wie man beim Lesen bemerkt.
Alles in Allem eine gelungene Aufmachung!
Meine Meinung:
Vorweg: Ich weiß nicht besonders viel über die Artussage; lediglich das, was wohl jeder weiß: Ein magisches Schwert, das dem wahren König von England, i. e. Arthur, gehört und vom Zauberer Merlin geschmiedet wurde. Trotzdem hat mich der Klappentext sofort angesprochen, weil ich solche Adaptionen bekannter Geschichten immer sehr spannend finde.
Selbst mir als bekennender Artussage-Laie ist dann aber doch sofort aufgefallen, dass Cursed anders ist als alle anderen bisherigen Interpretationen der Geschichte, da sie nicht aus der Perspektive Arthurs geschildert wird, sondern hier ein 16-jähriges Mädchen, Nimue, im Mittelpunkt steht.
Man lernt die Protagonistin als junges, unerfahrenes Ding kennen, das nicht darauf hören will, was andere ihr sagen; durch ihr Verhalten wirkte sie teilweise eher wie 12 oder 13. Das fand ich anfangs wirklich nervig und ich konnte mich nicht so richtig in sie hineinversetzen.
Das ändert sich jedoch mit fortlaufender Handlung. Sie erlebt viel Schreckliches mit, aber zerbricht daran nicht, sondern wächst an ihren Aufgaben. Man beobachtet, wie sie quasi gezwungen wird, erwachsen zu werden, woran das Schwert einen wesentlichen Anteil hat. Obwohl dieses ihr viel Macht verleiht und man nicht unbedingt immer um ihre Sicherheit fürchten muss, wenn sie es bei sich trägt, wirkt Nimue dennoch nicht „übermächtig“ und wird hin und wieder von ihren Gegnern oder (viel öfter noch) von eigenen Fehlentscheidungen besiegt. Dazu lässt sie sich immer noch leicht von anderen beeinflussen, was trotz allem Erwachsenwerdens immer noch verdeutlicht, dass sie eben erst 16 ist.
Dadurch wirkt Nimue sehr menschlich auf den Leser; sie gewinnt immer mehr an Sympathie.
Dennoch denke ich, dass ihr Charakter mit diesem Band nicht abgeschlossen ist. Selbst zum Ende hin ist deutlich, dass sie sich immer noch weiterentwickelt, was mir sehr gut gefallen hat. Sie ist eben nicht perfekt. Ich bin gespannt, wie sie sich im Folgeband macht.
Was ich von Merlin halten soll, weiß ich allerdings noch gar nicht. Er ist das genaue Gegenteil von dem, was man sich eigentlich unter dem großen Zauberer Merlin vorstellt: Ein Trunkenbold, der vor allen Königen katzbuckelt, um seinen eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, stets auf den eigenen Vorteil bedacht. Trotzdem würde ich nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass er all das auch tatsächlich ist. Es gibt nämlich immer wieder Stellen, an denen einem der Gedanke kommt, dass er all das nur spielt, um die Situation zu seinem Vorteil zu nutzen.
Das ist das einzige, was bei ihm wirklich sicher scheint: Er denkt nicht bloß um die nächste Ecke, sondern hat stets das große Ganze im Auge. Selbst wenn er also wirklich so dauerbetrunken ist, wie er sich gibt, würde ich ihm dennoch einen großen Intellekt zuschreiben.
Seine Figur hat also durchaus viel Potenzial, bleibt aber in Die Auserwählte eher noch im Hintergrund. Zum Ende hin wird einiges angedeutet, was hoffen lässt, dass ihm im Folgeband eine größere Rolle zukommt.
Ähnliches gilt für die anderen Charaktere: Sie haben alle durchaus Potenzial, bleiben aber eher blass. Alle Figuren – seien es Uther, die Fey oder auch Arthur – handeln so, wie man es von ihnen erwartet. Selten überrascht eine Figur den Leser, was natürlich dafür sorgt, dass die Handlung sehr vorhersehbar bleibt.
Lediglich der Weinende Mönch und Schwester Iris sind interessante Figuren, die sich von den anderen abheben, obwohl man nicht so viel über sie erfährt. Vielleicht sind aber auch gerade diese Brotkrümelinformationen, die man über die Handlung verteilt von ihnen erhält, das, was sie so spannend macht.
Vor allem Arthur bleibt auch sehr im Hintergrund, was angesichts dessen, dass es eigentlich seine Geschichte ist, einerseits verwunderlich ist, aber andererseits auch interessant und passend, weil gerade der Punkt, dass Nimue hier die Protagonistin ist, das ist, was Cursed von anderen Interpretationen der Artussage unterscheidet.
Was mir allerdings gar nicht gefallen hat, ist die Beziehung zwischen ihm und Nimue. Beides sind zwar sympathische, wenn auch ausbaufähige Charaktere, aber ihre Beziehung zueinander kam für mich zu plötzlich und emotionslos. Man kann es nicht wirklich nachfühlen, und ich hätte mir gewünscht, dass man damit vielleicht bis zu einem späteren Zeitpunkt gewartet hätte.
Die Freundschaft zwischen beiden war sehr schön mitanzusehen und man hat bereits gemerkt, dass sich daraus mehr entwickeln könnte, allerdings hätte es vielleicht einen größeren Effekt gehabt, wenn sich die Gefühle der beiden über einen längeren Zeitraum aufgestaut hätten.
So war da plötzlich dieser eine erste Kuss und dann war ihre Beziehung einfach da. Wie auch bei der Charakterisierung der einzelnen Figuren also sehr blass und eher oberflächlich; ungenutztes Potenzial.
Trotz aller Vorhersehbarkeit, Blässe und Oberflächlichkeit ist Cursed dennoch vor allem zum Ende hin durchaus sehr spannend, was mir dann wiederum sehr gut gefallen hat.
Jeder, selbst jemand wie ich, der damit eigentlich nichts am Hut hat, kennt die Artussage. Umso spannender fand ich die Interpretation Wheelers, der dem Schwert zwar die Macht zugestanden hat, die man von ihm erwartet, aber dennoch angedeutet hat, dass das Schwert auf seinen Träger augenscheinlich einen negativen Einfluss hat. Oder?
Zudem hat mir die Darstellung der unterschiedlichen Fey-Völker und ihrer Magie sehr gut gefallen, und vor allem deshalb bin ich schon sehr gespannt auf die Netflix-Serie.
Das Ende überrascht dann doch noch mit einem kleinen Cliffhanger und die offenstehenden Fragen machen neugierig auf Band zwei. Insbesondere, ob Arthur ebenfalls eine Verbindung zum Schwert hat, wie man es ja kennt, interessiert mich, darauf wird hier nämlich nicht eingegangen.
Der Schreibstil Wheelers ist sehr angenehm und flüssig zu lesen, was selbst über den etwas zäheren Anfang hinweghilft.
Die Zeichnungen Frank Millers bereichern das Buch meiner Meinung nach allerdings nicht. Vielleicht ist das Geschmackssache, aber ich finde sie nicht schön anzusehen, teilweise sogar gruselig. Das muss zwar nicht immer unbedingt schlecht sein, weil es ja auch grausame Stellen im Buch gibt, aber selbst „neutralere“ Szenen sind in meinen Augen eher unansehlich dargestellt. Das liegt aber – wie gesagt – im Auge des Betrachters, und andere mögen sich an diesem Stil erfreuen.
Was aber unbestreitbar negativ auffällt, ist die seltsame und überspitzte Darstellung von Mann und Frau. Jeder Herr muss natürlich super männlich mit extremen Muskeln dargestellt werden, unabhängig davon, ob er so auch im Buch beschrieben wird, und die Frauen – und das hat mich sehr gestört – sind alle sehr kurvig und stehen immer irgendwie versteift. Vor allem Nimue – ein 16-jähriges Mädchen! – wird dadurch, wie ich finde, übersexualisiert.
Fazit:
Die Auserwählte ist ein guter Auftakt, der aber an vielen Stellen, insbesondere bei der Charakterisierung, noch zu sehr an der Oberfläche kratzt. Dennoch schafft Wheeler hiermit eine gute Basis für eine spannende, neue Adaption der Artussage mit viel Potenzial, die neugierig auf den Folgeband und auf die Netflixserie machen.
Die Zeichnungen gefallen mir persönlich nicht, und können schon als sexistisch aufgefasst werden. Man kann sie auch gut weglassen.
3/5 Lesehasen.