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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.05.2023

1943, Venedig, Italien, auch hier bestimmt der Krieg das Leben

Garten der Engel
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Paolo, inzwischen ein alter Mann, liegt in einem Hospital. Etwas Wichtiges muss er noch tun, bevor er diese Welt verlässt. Er übergibt seinem bei ihm wachenden Enkel Nico 'sein Vermächtnis'. Er hat es ...

Paolo, inzwischen ein alter Mann, liegt in einem Hospital. Etwas Wichtiges muss er noch tun, bevor er diese Welt verlässt. Er übergibt seinem bei ihm wachenden Enkel Nico 'sein Vermächtnis'. Er hat es aufgeschrieben, diese entscheidenden, schweren, alles prägenden Jahre, damals 1943, als er selbst, ein junger Mann, versuchte, das Familienerbe, eine Seidenweberei, durch den Krieg zu bringen. Venedig, Italien, der 2. Weltkrieg bestimmt das Leben der gesamten Bevölkerung. Für das Land scheint der Krieg schon jetzt verloren, die geplante Deportation der jüdischen Bevölkerung steht bevor. Und doch lassen sich die Menschen nicht brechen. Sie begehren auf, formieren sich im Widerstand. Eine große Gefahr aus Sicht der deutschen Besatzer. Zwei Partisanen, ein jüdisches Geschwisterpaar, sucht ein Versteck, um sich nach einem Anschlag deren Zugriff zu entziehen. Und Paolo nimmt sie, wenn auch wiederstrebend, auf, was zu einer zumehmenden Gefährdung für ihn und sein Umfeld führt.
Diese Geschichte eröffnet uns einen Einblick in eine Zeit, die auch heute noch, trotz so viel Wissens und Aufarbeitung, eine Fassungslosigkeit erzeugt und die mit so intensiven Gefühlen einhergeht, wie man es für sich selbst kaum für möglich gehalten hätte. Paolos Vermächtnis rüttelt am dem, was sein junger Enkel wohl als sein bisheriges Fundament bezeichnen würde und lässt auch uns Leser berührt und auch ein wenig verzweifelt zurück, darüber, dass man, bis heute, nichts daraus gelernt hat. 'Krieg hat keine Gewinner'.
Ein starkes Stück persönlicher Kriegsgeschichte und ein enorm starker Roman dazu.

Veröffentlicht am 23.05.2023

Akzeptanz kann auch für sich selbst schwierig sein

Der beste Beweis bist du selbst
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TJ ist taff, wunderschön, ein echtes Ass im Fußballteam und im Debattierclub zeigt sie allen, wie eindrucksvoll man mit Worten umgehen kann. Als dann ihre Cousine aufgrund ihrer etwas stärker zum Vorschein ...

TJ ist taff, wunderschön, ein echtes Ass im Fußballteam und im Debattierclub zeigt sie allen, wie eindrucksvoll man mit Worten umgehen kann. Als dann ihre Cousine aufgrund ihrer etwas stärker zum Vorschein tretenden Gesichtsbehaarung öffentlich vorgeführt wird, lässt die selbstbewusste junge Frau in einem Akt, auch der Solidarität, und um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, behaart und schön geht auch zusammen, ihrem eigenen Haarwuchs, der durchaus ausgeprägt und bisher nur künstlich zurückgehalten wurde, freien Lauf. Das kommt, wenig überraschend, in ihrem Umfeld nur bedingt gut an. Selbst für ihre Freunde, die prinzipiell hinter ihrer Haltung stehen, ist ihr neues Äußeres erst einmal gewöhnungsbedürftig, wenn sie ehrlich sind. Aber das ficht TJ wenig an. Was sie selbst überrascht, ist ihr eigenes Fühlen damit. Ihr Selbstbewusstsein schwindet, Verunsicherung tritt an dessen Stelle und das aus ihrem ganz eigenen Empfinden heraus, dass dies so nicht sie ist, dass sie sich so nicht wohl fühlt. Ist das die Terminierung ihres eigenen Bewusstseins durch die Gesellschaft oder ihr ureigenes Empfinden. Schwierig und TJ hat Probleme, braucht Zeit und dann. Wie die Dinge am Ende 'zusammenfinden', spannend und gar nicht so einfach. Verraten wird natürlich nichts, aber ich bin damit zufrieden, genau wie mit der Geschichte selbst. Sie ist facettenreich, hat ein lebendiges anregendes Umfeld und die Protagonistin, einfach stark. Das Ganze ist kein bisschen oberflächlich und für das anvisierte jugendliche Lesepublikum ein echter Treffer. Wobei, auch Erwachsene können sich hier gut aufgehoben fühlen.
Sehr empfehlenswert.

Veröffentlicht am 23.05.2023

Endlich ins gelobte Land, von Polen nach Deutschland und dann?

Polnischer Abgang
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Anfang der 1990er-Jahre, der 14-jährige Jarek und seine Eltern ergreifen die unverhoffte Gelegenheit und reisen, versehen mit einer Einladung der vor Jahren geflüchteten Großmutter, nach Deutschland, ...

Anfang der 1990er-Jahre, der 14-jährige Jarek und seine Eltern ergreifen die unverhoffte Gelegenheit und reisen, versehen mit einer Einladung der vor Jahren geflüchteten Großmutter, nach Deutschland, um zu bleiben. Die Erwartungen sind hoch, was sie dort erst einmal antreffen ernüchternd. Die Flüchtlingsunterkunft im Ruhrgebiet, die behördlichen Abläufe, die Ressentiments, Vorurteile, das Unwillkommensein auch unter dem Status als Aussiedler, das ist harter Tobak, nicht nur für die Familie selbst. Auch uns, die wir als Leser sozusagen vor der Scheibe sitzen und das Geschehen beobachten, rüttelt dies das ein oder andere Mal auf und lässt uns den Kopf schütteln, über das, was auch irgendwie 'wir' da tun. Aber zum Glück gibt es ja auch den Humor und davon findet sich hier eine Menge, der immer wieder zum Schmunzeln einlädt und dadurch alles ein wenig lockerer macht. Gerade Jarek selbst nimmt die Dinge mit einer so positiven Haltung hin, alle Achtung.
Eine sehr angenehm zu lesende unterhaltsame Geschichte mit ordentlich Ernst zwischen den Zeilen und einer humorigen Note, die das Ganze zu einer runden Sache macht.

Veröffentlicht am 22.05.2023

Die Geschichte geht weiter, Dystopie par excellence

After Dawn – Die wandernde Stadt
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Hier nimmt eine Geschichte, ein geradezu dystopisches Universum, seinen Lauf. Nach einem ersten Band, der die Leser mit seinem ganz eigenen kreativ gestaltetem Geschehen ziemlich baff und begeistert, versehen ...

Hier nimmt eine Geschichte, ein geradezu dystopisches Universum, seinen Lauf. Nach einem ersten Band, der die Leser mit seinem ganz eigenen kreativ gestaltetem Geschehen ziemlich baff und begeistert, versehen mit einem ordentlichen Cliffhanger, zurückgelassen hat, nun also Teil 2. Ja, wenn die Erwartungen so hoch sind, ohne die geringste Ahnung, wohin die Reise geht, dann wird’s schwer. Aber, no problem für den Autor, schon nach wenigen Seiten wusste man, dass hier wird was, was Großes und mit ganz viel Neuem im Gepäck.
Die Hilfe der Naturgewalten ermöglicht Ember und Devan die Flucht an die Oberfläche und damit die Möglichkeit, die wandernde Stadt zu finden und ihre dort gegen ihren Willen festgehaltende Familie zu retten. Das mit dem Finden ist kein Problem, denn die Spur der Verwüstung, die der Koloss hinterlässt, in unübersehbar. Das Hineinkommen in sein Inneres dagegen wird zu einem eigentlich unüberwindbaren Problem. Aber für beide gibt es nur diesen Weg, aufgeben ist keine Option. Und tatsächlich schaffen sie es, hinein in eine Welt, die sprachlos macht, erst einmal. Und dann schwimmt man mit, im Flow, über alle Maße spannend, mit immer neuen Wendungen. Da muss man schon mal sagen, atmen nicht vergessen! Der Autor gibt hier wirklich alles, schenkt sich selbst nichts und seinen dankbaren Lesern damit alles. Mich hat dieses Buch total begeistert und, zudem als Skeptiker bzgl. des Genres Dystopie, 'so was von abgeholt'. Klasse setzt sich eben durch.
Ein absolut empfehlenswertes Buch. Und dass es Teil 3 schafft, sozusagen unter dem Radar, an mir vorbei zu ziehen, never, keine Chance. Ich bin dann auf jeden Fall wieder dabei.

Veröffentlicht am 22.05.2023

Anders sein und genau wie alle

Nenn mich Löwe
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Leo hat eine tolle Familie, mit zwei älteren Geschwistern, die total in Ordnung sind und ganz natürlich damit umgehen, dass ihr Bruder nun mal anders ist. Selektiver Mutismus nennt man das und heißt, dass ...

Leo hat eine tolle Familie, mit zwei älteren Geschwistern, die total in Ordnung sind und ganz natürlich damit umgehen, dass ihr Bruder nun mal anders ist. Selektiver Mutismus nennt man das und heißt, dass Leo nur mit Menschen sprechen kann, die ihm sehr nahe sind wie seine Familie. Mit Kindern aus seiner Klasse funktioniert das z. B. nicht, das mit dem Sprechen, so sehr er es auch will. Und dies ist dann auch der Grund, warum er keine Freunde hat. Und das wünscht er sich doch so sehr. Aber es gibt ja Pirat, seinen Hund, und der ist sowieso der Allerbeste. Dann, eines Tages sieht er beim Trambolinspringen, dass im Nebenhaus jemand Neues wohnt. Und irgendwie hüpfen dann plötzlich zwei Kinder, jeder auf seiner eigenen Seite, höher und höher und lachen miteinander. Richa heißt das Mädchen von nebenan und ehe Leo es sich versieht, steht sie bei ihm vor der Tür. Und tatsächlich werden sie auch ohne Sprechen sehr bald Freunde. Doch dann wird es ziemlich kompliziert, denn auch Richa ist anders und kann etwas nicht, was alle anderen Kinder in ihrem Alter längst tun, lesen. Und manchmal macht man auch ungewollt Fehler und eine Freundschaft geht fast kaputt, aber eben nur fast.
Was für eine tolle Geschichte, eigentlich ziemlich aus dem fast normalen Leben, einfach und sehr natürlich erzählt, mit Problemen und Fehlern , weil das nun mal vorkommt und viel anderem Wichtigem, ganz vorne weg der Freundschaft. Und dann ist da noch die Erkenntnis, dass man manchmal kämpfen muss und mutig sein, damit die Dinge wieder ins Lot kommen.
Hier wird man als junge Zielgruppe absolut auf Augenhöhe abgeholt und auch Erwachsene bleiben nicht außen vor.
Sehr zu empfehlen.