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SofieWalden

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2022

Wenn ein Kind stirbt und dann als Engel nach dem Rechten sehen will

Holly im Himmel
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Hollys Eltern haben sich getrennt und Mama hat jetzt einen neuen Freund, der bei ihnen wohnt. Ihr Bruder hat damit kein Problem, sie aber schon. Sie versucht verzweifelt, ihre Eltern wieder zusammenzubringen, ...

Hollys Eltern haben sich getrennt und Mama hat jetzt einen neuen Freund, der bei ihnen wohnt. Ihr Bruder hat damit kein Problem, sie aber schon. Sie versucht verzweifelt, ihre Eltern wieder zusammenzubringen, doch das endet in einer Katastrophe. Es kommt zu einem Unfall und Holly stirbt dabei. Aber nach dem Dunkel geht es weiter. Sie findet sich im Himmel wieder und hier ist echt was los. Doch Holly möchte vor allem eins, zurück auf die Erde, um nachzusehen, wie ihre Familie klarkommt. Aber dafür müsste sie ein Engel sein, wie ihr ihre neue Freundin Frida erklärt. Und die Zustimmung vom Oberengel bräuchte sie auch und nett ist dieser ganz und gar nicht.
Was sich daraus entwickelt, ist ein richtiges Abenteuer, das einen gut unterhält, trotz der schweren Thematik rund um Tod und Trauer. Die Geschichte hat so ihre ganz eigenen Art, sich damit auseinanderzusetzen und an das kindliche Lesepublikum heranzutreten. Diese beim Lesen durch einen Erwachsenen zu begleiten, ich würde mich dann wohler fühlen, wenn auch die Handhabung der Emotionen, man hätte hier ein wenig mehr Tiefe erwartet, für die jungen Leser vielleicht sogar einen Ansatz bieten, Ängste zu vermeiden und das Thema ohne Scheu zu erleben.

Veröffentlicht am 03.08.2022

Sommerferien, richtig heftig

Welche Farbe hat mein Tag
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Paula hat Sommerferien und das ist natürlich schön. Eigentlich möchte sie jetzt nur Dinge tun, die ihr Spaß machen, aber da ist ja noch die Sache mit Mathe. Paula kommt in der Schule einfach nicht damit ...

Paula hat Sommerferien und das ist natürlich schön. Eigentlich möchte sie jetzt nur Dinge tun, die ihr Spaß machen, aber da ist ja noch die Sache mit Mathe. Paula kommt in der Schule einfach nicht damit zurecht und so meint vor allem ihre Mutter Gabi, dass sie unbedingt Nachhilfe darin bräuchte und die würde ihr netterweise ihre Tante Viola, Papas Schwester, geben. Paula will das eigentlich so gar nicht, aber es hilft nichts. Und dann kommt es ganz dicke. Viola ist kein sehr netter Mensch und sie und Paula geraten aneinander. Als dann die Vorratskammer der Tante brennt, wird Paula verdächtigt, das getan zu haben. Ufo, ein entflogender Wellensittich, der bei Paula ein neues Zuhause gefunden hat, wird beinahe umgebracht und die Nachbarn, die selbst immer recht laut in ihrem Garten werkeln, beschweren sich über den Lärm, den Paula und ihre Familie verursachen würden. Gerade die Verdächtigung mit der Vorratskammer ist natürlich ein Hammer und irgendwie schaukelt sich das alles so auf, das Paula immer mehr angefeindet wird. Erst versucht sie noch, sich dagegen zu wehren, aber dann wird sie immer mutloser und das Gerede der anderen immer schlimmer. Aber keine Angst, Paula hat ja ihre Familie mit ihren ganz tollen Eltern, die natürlich zu ihr halten und dann gibt es da noch ein paar andere nette Menschen, ganz vorneweg ihre Freundin Fanni, die immer sagt, was sie denkt.
Diese Geschichte, sie spricht einen sehr an. Was Paula widerfährt, man fühlt richtig mit und ist empört über die Ungerechtigkeiten, die ihr da geschehen. Aber man freut sich auch, hier diese ganz normale Familie zu erleben, nicht überkandidelt, nicht 'Friede, Freude, Eierkuchen' um jeden Preis, sondern einfach ganz normal, mit viel Herzenswärme und Zusammenhalt.
Ein Lesevergnügen mit Spannung und viel Gefühl. Man muss diese Geschichte einfach mögen.

Veröffentlicht am 30.07.2022

1936, ein tröstender Kleinkosmos, Olympiade als Multikulti getarnt und das Dahinter

Drei Tage im August
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Berlin, August 1936, für die olymischen Spiele glänzt die Stadt in all ihrer Pracht und die Ziele der Naziherrschaft werden kurzzeitig 'ausgesetzt'. Internationales Flair und multikulturelles Leben werden ...

Berlin, August 1936, für die olymischen Spiele glänzt die Stadt in all ihrer Pracht und die Ziele der Naziherrschaft werden kurzzeitig 'ausgesetzt'. Internationales Flair und multikulturelles Leben werden der Welt präsentiert, doch dahinter steht die perfide Maschinerie mit ihren Vernichtungsbestrebungen nicht still.
'Unter den Linden', der Adresse der Chocolaterie Sawade, hier versucht die fast 40-jährige Elfie, selbst von jeher mit der Schwermut kämpfend, ihren Teil dazu beizutragen, dem Leben der Menschen, trotz der harten Repressalien durch das NS-Regim,e glückliche Momente zu schenken, mit ihren Pralinen. Zu ihrem bunten Mikrokosmos gehören der jüdische Buchhändler Marcus, der Nachtclub-Besitzer El Hamady, Madame Conte, eine alte Dame, die noch die Kaiserzeit um 1880 miterlebt hat, ihr treues Dienstmädchen Mine, das Blumenmädchen, der Drehorgelmann und noch einige mehr. Es sind drei Tage, in denen wir als Leser sie begleiten durch diese unwirtliche Zeit. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, seine Probleme, seine Ängste vor der näher kommenden Gefahr. Und in dieser Zeit geschehen Dinge und werden Entscheidungen getroffen, die für jeden von ihnen Veränderungen bringen.
Es ist gerade bei diesem Thema nicht leicht, das gewählte persönliche Element mit der Schwere des übermächtigen politischen Regims und seinen schon weit vorangeschrittenden Strukturen 'in Balance' zu halten, aber die Autorin hat es geschafft, ihre Geschichte zu einem wirklich schönen Leseerlebnis zu machen, ohne dabei etwas auszublenden.
Die Welt besteht aus Menschen, zu jeder Zeit und ein paar davon haben hier ein wenig Raum bekommen. Ein Buch, etwas anders und sehr gelungen.

Veröffentlicht am 30.07.2022

Wenn etwas Entscheidendes wegbricht, muss man sich neuen Halt suchen

Die Ewigkeit ist ein guter Ort
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Elke, Ende 20, studierte Theologin, ist es schon fast vorbestimmt, Pastorin zu werden, denn genau das erwartet ihr Vater, selbst Pastor einer Gemeinde, von ihr. Sie könnte ja bald seine Nachfolgerin werden. ...

Elke, Ende 20, studierte Theologin, ist es schon fast vorbestimmt, Pastorin zu werden, denn genau das erwartet ihr Vater, selbst Pastor einer Gemeinde, von ihr. Sie könnte ja bald seine Nachfolgerin werden. Im Moment arbeitet sie als Seelsorgerin in einem Altenheim und dort passiert es dann auch, das Vaterunser, sie hat es einfach vergessen und ebenso Zitate aus der Bibel. Alles, was mit Gott und ihrem Glauben zu tun hat, sie kann es nicht mehr aussprechen, sich nicht mehr daran erinnern. Gottesdemenz ist der von ihr kreierte Begriff dafür und sie ist, wie sollte es auch anders sein, schockiert. Elke verordnet sich eine 'Auszeit' und macht sich dann auf die Suche, nach eben dem, was sie bisher als ihr Lebensfundament angesehen hat. Das klappt so nicht und so bleibt nur, sich den eigenen Dämonen zu stellen, Druck und Erwartungen von anderen abzustreifen und sich selbst zu hinterfragen und auch vor dem Tod ihres Bruders vor 15 Jahren und den Umständen, wie dies geschah, nicht mehr davonzulaufen.
Den Weg, den Elke einschlägt, das ist abwechslungsreich und schon manchmal auch irritierend. Da hat man das Gefühl, ihrem Erleben sehr nah zu sein, dann wieder fragt man sich, ob man hier eine Heranwachsende vor sich hat oder eben eine erwachsenen Frau, die in Planung hat, der Rückhalt einer ganzen Kirchengemeinde zu sein. Aufgefangen werden die kleinen Holprigkeiten in der Geschichte aber sehr schön durch den Schreibstil und die feine Mischung aus Einfühlsamkeit, bildhafter Beobachtung und Humor, die die Verfasserin ihrem Debütroman angedeihen lässt.
Jeder muss seinen Weg selbst finden. Die Geschichte dazu, ich fand sie interessant und sehr unterhaltsam. Und ich bin gespannt, was die Autorin als nächstes für ein Thema aufgreifen wird.

Veröffentlicht am 29.07.2022

Eine junge Frau blüht auf und wird zum Segen eines ganzen Klosters

Matrix
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Marie, ein unehelicher Adelssproß im Gefolge von Eleonore von Aquitanien, wird von dieser verabschiedet, weggeschickt in ein weitentferntes heruntergekommenes Kloster, mit dem vorgeschobenen Auftrag, dass ...

Marie, ein unehelicher Adelssproß im Gefolge von Eleonore von Aquitanien, wird von dieser verabschiedet, weggeschickt in ein weitentferntes heruntergekommenes Kloster, mit dem vorgeschobenen Auftrag, dass man sie dort brauche. Am Hofe ist das junge Mädchen mit seiner grobschlächtigen Erscheinung und seinem wenig liebreizenden Wesen nicht mehr erwünscht und so macht sich Marie, bitter im Herzen, auf den Weg zu ihrem neuen Bestimmungsort. Und eigentlich stimmt es ja, das Kloster ist heruntergekommen, die Lebensumstände der Nonnen desolat. Aber natürlich hätte niemand gedacht, dass Marie als neue Priorin es wirklich anpackt, die Dinge verändert, Strukturen aufbricht und neue schafft und sich nicht nur in den inneren Mauern durchsetzt, sondern ihre Kämpfe auch mit der übergeordneten Geistlichkeit austrägt und gewinnt. Sie schafft für ihre Mitschwestern ein Leben, das einer Art feministischer Emanzipation gleichkommt, gerade wenn man sich vor Augen hält, wir sprechen vom England in den Jahren ab 1158.
Das ist die Geschichte, doch was dieses Buch erst richtig zum Leuchten bringt, das ist der Schreibstil der Autorin Lauren Groff. Er ist anders, eigen und doch flüssig und leicht zu lesen und so lebendig und intensiv in seiner in indirekter Rede gehalten Form, dass einen ihr Werk vom ersten Augenblick an packt. Man jagt sozusagen mit Marie im fliegendem Galopp auf ihr neues Leben zu, dasdann tatsächlich auch eines wird, ausgefüllt und kämpferisch, mit einem innerlich loderndem Feuer versehen, für das Recht auf weibliche Selbstbestimmtheit und ein gutes Leben.
Und auch mich hat dieses Buch fast schon ein wenig zum Glühen gebracht, einfach weil es dieses Buch ist und ich bin begeistert.