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Veröffentlicht am 21.08.2021

Emotionale Verwahrlosung auf den Punkt gebracht

Der Zementgarten
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Es handelt sich scheinbar um eine ganz normale Familie aus einem englischen Vorort. Jedes der Familienmitglieder hat seine Eigenarten, doch nichts besonders auffälliges oder gar schlimmes. Als der Vater ...

Es handelt sich scheinbar um eine ganz normale Familie aus einem englischen Vorort. Jedes der Familienmitglieder hat seine Eigenarten, doch nichts besonders auffälliges oder gar schlimmes. Als der Vater plötzlich stirbt beginnen sich die Familienmitglieder langsam zu verändern und driften langsam von einander Weg. Als die Mutter dann noch unerwartet an Krebs stirbt, bleiben Jack, Julie und ihre beiden jüngeren Geschwister alleine in dem Haus zurück. Da ihnen die Abschiebung in ein Kinderheim droht, fassen die Kinder den Entschluss die Mutter im Keller einzuzementieren, um so deren Ableben zu verbergen. Ohne die festen familiären Strukturen beginnt sich jedes der Kinder nun immer schneller zu verändern und driften dabei immer weiter von einander ab.

Nachdem ich von "Saturday" einigermaßen begeistert war, wollte ich noch etwas anderes von Ian McEwan lesen und da kam mir dieses kurze Buch mit seiner doch pikanten Thematik sehr zupass. Der Schreibstil des Autors konnte mich schon bei seinem anderen Buch begeistern, doch bei dieser Geschichte konnte mich der Autor auf sprachlicher Ebene sogar noch ein Stückchen mehr abholen. Man bekommt bunte beschreibende Bilder geliefert, ohne dass die Geschichte dabei zu zäh werden würde, oder der Lesefluss eingeschränkt werden würde. Ian McEwan konnte meiner Meinung nach also die besonderen Lebensumstände, in die sich die 4 Heranwachsenden manövriert hatten, sehr gut darstellen und erzeugte dabei eine besondere und drückende Atmosphäre, die ich ähnlich einem schwülen, drückend heißem Sommertag empfand, an dem die Zeit stillzustehen scheint. Neben dem Schreibstil konnte mich die Geschichte auch mit ihrer kranken und gewöhnungsbedürftigen Handlung abholen. Dadurch, dass man in der Geschichte nur einen einzigen maßgebenden Handlungsstrang hat, der sich immer weiter auflädt und polarisiert fliegt man beim Lesen nur so durch die Geschichte. Das Thema mag nicht für jeden passend sein, doch man kann ihm nicht absprechen, dass er Garant für Spannung ist. Am meisten Begeistern konnte mich Ian McEwan aber mit den Charakterzeichnungen. Zwar kam ich keinem der Protagonisten auf emotionaler Ebene nahe, doch das wäre meiner Meinung nach bei dieser Handlung nicht möglich gewesen. Man blickt viel mehr als unbeteiligter Zuseher auf eine Horde kranker Minderjähriger herab und wünscht sich dabei, niemals in so einem emotional verwahrlostem Zustand wie diese zu Enden. Was Ian McEwan allerdings geschafft hat ist, dass jeder der Protagonisten eine andere Richtung in seiner emotionalen bzw. körperlichen Verwahrlosung einnimmt. Am besten merkt man dies in meinen Augen bei Jack und seinem kleinen Bruder. Jack verwahrloste körperlich und ich muss sagen, dass ich mich während des Lesens vor ihm ziemlich ekelte, wohingegen bei seinem jüngeren Bruder die emotionale und soziale Verwahrlosung erschreckende Ausmaße annimmt. Das Meisterwerk des Autor besteht dabei aber, dass er mir die Charaktere und deren doch recht abartige Entwicklung als authentisch verkaufte. Ich hatte das Gefühl, dass das ganze so gerade sich irgendwo abspielen könnte, und ich nur nichts davon wissen würde. Ein einziges kleines Problem hatte ich allerdings damit, dass ich vor allem gegen Ende der Geschichte nicht mehr mit der Handlung auch nur ansatzweise identifizieren konnte. Ich hatte am Ende einfach das Gefühl, dass es zu viel wurde.

Letztendlich ist das Buch aber extrem lesenswert - wie alle Bücher des Autors - , alleine durch diese doch recht unkonventionelle und krasse Thematik. Die Umsetzung ist auch insofern gelungen, dass mich das Buch trotz seiner Knappheit schockieren konnte.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Ein guter Thriller

The Chain - Durchbrichst du die Kette, stirbt dein Kind
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Der Tag beginnt für Rachel wie jeder andere. Am Morgen fährt ihre dreizehnjährige Tochter zur Schule, wo sie allerdings nie ankommt. Die einzige Spur ist das Handy von Rachels Tochter, das an der Bushaltestelle ...

Der Tag beginnt für Rachel wie jeder andere. Am Morgen fährt ihre dreizehnjährige Tochter zur Schule, wo sie allerdings nie ankommt. Die einzige Spur ist das Handy von Rachels Tochter, das an der Bushaltestelle gefunden wird. Kurz darauf erhält Rachel einen Anruf von einer komplett aufgelösten Mutter, deren Kind ebenfalls entführt wurde. Doch das ist noch nicht alles, sie gibt sich als die Entführerin von Rachels Tochter zu erkennen und sagt, dass sie Teil des Netzwerkes "The Chain" ist. Wenn Rachel ihre Tochter jemals lebendig wiedersehen möchte, muss sie ebenfalls ein Kind entführen, und deren Eltern erpressen. Zusätzlich muss sie noch ein enormes Lösegeld aufbringen. Anfangs glaubt Rachel noch, dass die Liebe zu ihrer Tochter sie dazu bringen wird, die Entführung schnell hinter sich zu bringen, doch schnell muss sie erkennen, dass sie nur schwer den emotionalen Belastungen standhalten kann.

Der Schreibstil ist angenehm kurzweilig und flüssig, also perfekt für einen Thriller. Gepaart damit, dass die Spannung der Geschichte kontinuierlich hoch ist, flog ich nur so durch die Geschichte. Die Idee hinter dem Buch fand ich wirklich super spannend und eigentlich gut umgesetzt. Vor allem hat sie mich aber zum, Nachdenken gebracht. An sich wäre es ja möglich, dass hinter unserem Rücken sich genau solche Szenarien abspielen, weil wir ja nichts davon mitbekommen würden. was man aber sagen muss, ist, dass die Geschichte nicht besonders viele Plottwists aufweist, und so diese eigentlich immer in die gleiche Richtung steuert. Zu den Protagonisten kann man sagen, dass diese an und für sich recht einfach gestrickt sind, aber trotzdem nicht schlecht sind. Und auch die Auflösung der Geschichte hielt keinerlei große Überraschungen bereit, war aber durchaus schlüssig. So kann man sagen, dass sowohl Protagonisten und Ende der Handlung recht einfach sind, aber dem Buch angemessen.

Final kann ich sagen, dass es sich bei diesem Buch um einen rasanten Thriller handelt, der auch ohne große Überraschungen auskommt und durchaus gelungen ist.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Eine Liebe, aufgebaut auf einer Lüge

Lila, Lila
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David ist keine herausstechende Persönlichkeit. Insofern tut er sich schwer, als er Gefühle für Marie entwickelt, dass diese ihn wahrnimmt. Da findet er ein Manuskript in seinem Second-Hand-Nachtkästchen, ...

David ist keine herausstechende Persönlichkeit. Insofern tut er sich schwer, als er Gefühle für Marie entwickelt, dass diese ihn wahrnimmt. Da findet er ein Manuskript in seinem Second-Hand-Nachtkästchen, dass die Geschichte der reinsten Liebesgeschichte der Welt erzählt. Durch einen unglücklichen Zufall schlüpft David ungewollt in die Identität des Autors dieser Geschichte und droht sich in dieser selbst zu verlieren.

Der Schreibstil Martin Suters wirkt vielversprechend auf mich. Angenehme Sprache, bunt und umschreibend, ohne zu ausschweifend zu werden. Und sie geleitet einen schnell durch die Geschichte. Was mich aber massiv störte, war, dass die Geschichte sehr langweilig ist. Das Potential, dass dieses Lügenkonstrukt rund um David geboten hätte, wurde nicht umfassend ausgeschöpft. Zwar merkt man sehr schön, wie sich die Geschichte aufbaut, allerdings kommt es nie zu einem großen Knall, mit der sich die Spannung entlädt. Am Ende versickert diese ganz langsam wieder im Sand. Auch mit den Protagonisten wurde ich nicht ganz warm. Zwar konnte David mit seinem naiven und unreflektiertem Verhalten einige Emotionen bei mir auslösen, allerdings waren mir Jacky, David und Marie als Hauptcharaktere viel zu blass gezeichnet. An manchen Stellen konnte ich Gedankengänge und Entscheidungen der Protagonisten nicht ganz nachvollziehen und sie blieben mir auf weiten Teilen der Geschichte fremd. Was mich aber begeistern konnte, waren die Hintergründe und Einblicke, die Martin Suter uns mit diesem Buch in das Verlagswesen gibt. Hier können Leserinnen und Leser einige interessante Fakten mitnehmen.

Letztendlich muss ich leider sagen, dass mich dieser Roman ziemlich kalt gelassen hat, auch wenn der Schreibstil sehr toll war, und es einige interessanten Fakten rund um die Verlegung eines Buches bereithielt.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Definitiv ein Jahreshighlight

Leb wohl, meine Königin!
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Wien im Jahr 1811: Hier lebt Agathe-Sidonie Laborde, die ehemalige Vorleserin ihr tristes Dasein. Zwar liegt die französische Revolution bereits 20 Jahre zurück, doch trotzdem trauert Sidonie noch immer ...

Wien im Jahr 1811: Hier lebt Agathe-Sidonie Laborde, die ehemalige Vorleserin ihr tristes Dasein. Zwar liegt die französische Revolution bereits 20 Jahre zurück, doch trotzdem trauert Sidonie noch immer den guten alten Zeiten am pompösen Hof von Ludwig XVI. nach: der höfischen Etikette, der Pracht und dem Glanz, aber auch der unumgänglichen Unterwürfigkeit des Volkes und der Dienerschaft den Mitgliedern des Hofstaates gegenüber. Vor allem trauert Sidonie aber Marie-Antoinette hinterher, die Sidonie in ihrem Leben immer einen festen Halt gegeben hat, ohne sich dessen zu bewusst zu sein. Und so schweifen ihre Gedanken wieder in die Zeit ab, in der sich ihr Leben so vollkommen verändert hat: die letzten Tage von Versailles und dem ancienne Regieme.

Thematisch ist das Buch sicherlich ganz etwas besonderes. Die Thematik des Untergangs dieser dekadenten Gesellschaft wird so auch stilistisch unterstreicht. Fast das komplette Buch besteht nur aus Nacherzählungen und Gedanken Sidonies, die dem Buch seinen Charakter und seine Authentizität verleihen. Gepaart mit dem himmlischen Schreibstil der Autorin - bunt, süffig und umschreibend - bedarf es keiner Spannung in der Geschichte mehr. Man fliegt auch so durch die Seiten und ergötzt sich daran, was Sidonie ihren Leserinnen und Lesern über die Kuriositäten des Hofes zu berichten weis. Man bekommt so den Tagesablauf eines niederen Höflings sehr genau geschildert und kann sich sehr gut vorstellen, wie das Leben in Versailles ausgesehen haben muss. Und trotzdem kommt dann im letzten Drittel noch einiges an Spannung auf, als sich der Hof bereits in Heillosem Chaos versinkt und Sidonie sich gezwungen sieht, gegen ihren Willen den Hof und damit ihre Königin zu verlassen. Ein weiterer Grund, der dieses Buch für mich zum Highlight macht, ist sicherlich auch unsere Hauptprotagonistin Sidonie Laborde. Sie fesselt die Leserschaft gleich mit ihrer sympathischen und einvernehmlichen Art an das Buch. Alleine mit ihren Gefühlen für die Königin konnte sie bei mir hoch punkten. Man bekommt auf eine deutliche Weise zu spüren, dass Sidonie mehr als nur Treue für Marie-Antoinette empfindet, und so verliert sie langsam ihre Fähigkeit, diese Person zu hinterfragen und zu reflektieren. Mit dieser manipulierten und Weltfremden - was doch gerade den Adel der damaligen Zeit widerspiegelt - hat Chantal Thomas sicherlich eine der einzigstartigen Protagonisten gezeichnet, über die ich je gelesen habe, und sicherlich auch, über die ich je lesen werde.

Das Buch bietet so viel Unterhaltung und Anregungen zum nachdenken und ich bin so begeistert, dass es mir schwer fällt, meine Gedanken in Worte zu fassen. Fest steht auf alle Fälle, dass einem die Geschichte ein Tor in eine längst vergangene Welt öffnet.

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Veröffentlicht am 20.08.2021

Eine Familie halt...

Unter Freunden
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Flora und Julian sind scheinbar das perfekte Paar. Sie sind nun schon seit 20 Jahren verheiratet, haben eine fast erwachsene Tochter, im Job läuft es auch gut und sie werden von allen bewundert. Doch da ...

Flora und Julian sind scheinbar das perfekte Paar. Sie sind nun schon seit 20 Jahren verheiratet, haben eine fast erwachsene Tochter, im Job läuft es auch gut und sie werden von allen bewundert. Doch da findet Flora plötzlich den Ehering ihres Mannes, der angeblich seit Jahren verschwunden ist. So schön auch ein Zufall oder eine simple Erklärung wäre, Flora glaubt nicht daran. Irgendetwas muss dahinter stecken, dass sie plötzlich Julians vermissten Ring in Händen hält.


Der sprachliche Stil und auch der Aufbau der Geschichte konnten mich recht schnell überzeugen. So ist der Schreibstil atmosphärisch, flott und bietet sehr viel Raum zur Entfaltung der eigenen Vorstellungen. Kurz gesagt kann man sich in die unterschiedlichen Handlungsorte sehr gut hineinversetzen, ohne dass dabei die Geschichte langatmig oder zäh werden würde. Hierbei muss ich auch gleich sagen, dass mich die Erzählungen der Autorin über New York und die dortige Schauspielerszene - in ständig auftretenden Rückblenden erfährt man von der gemeinsamen Vergangenheit der Protagonisten - wirklich begeistern konnten. Man bekommt wirklich ein schönes Bild vom Leben an den New Yorker Theatern, der ständigen Jagd von einem Casting zum anderen und den damit verknüpften finanziellen Sorgen. Mit den Charakteren hatte ich einige kleine Schwierigkeiten. Von den drei weiblichen Figuren, Flora, deren Freundin Margot und Floras Tochter Ruby zeichnete sich im Laufe der Geschichte ein recht klares Bild. Durch die verschiedenen Perspektivwechsel wird jede der handelnden Figuren aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und man erhält als Leser:in ein recht differenziertes Bild. Und hierbei muss ich sagen, dass ich Margot und Ruby nicht gerade als Sympathieträger der Geschichte bezeichnen würden, und mir beim Lesen teilweise die Emotionen hochgekocht sind. Von der männlichen Besetzung des Buches erfährt man recht wenig. So haben diese auf mich recht einfach gestrickt und langweilig bzw. belanglos gewirkt. Ich konnte diese leider einfach nicht so packen. Der Punkt an der Geschichte, über den ich am unglücklichsten bin, ist die Handlung. An und für sich habe ich mit dem Thema keinerlei Probleme und ich fand vor allem die Schilderungen in den bereits erwähnten Rückblicken über das leben als Schauspieler in New York,. aber auch dann später in Los Angeles und vor allem der krasse Bruch zwischen diesen beiden Welten richtig spannend. Der Hauptstrang der Geschichte, das Verschwinden des Rings und die Ehe- und Familienprobleme empfand ich als nicht so überzeugend und mitreißend, wie ich mir erhofft hatte. Ich konnte diesen Teil der Handlung einfach nicht so gut greifen. Was mich aber immer wieder zum schmunzeln gebracht hat, sind die in der Geschichte eingebauten Erwähnungen von Theaterstücken, deren Verfassern und kurze Anekdoten aus, oder über diese Stücke. Damit hat die Autorin es meiner Meinung nach geschafft, die Geschichte noch ein wenig aufzulockern.


Insgesamt ist das Buch aber ein solider, sprachlich toller Roman über die Probleme, die eine lange Ehe so mit sich zieht, das mich leider nicht so packen und abholen konnte.

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