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Veröffentlicht am 28.06.2023

Ausflug in die Hallstätter Zeit

Salzberggöttin
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Bereits 600 v. Chr. wurde in Hallstatt Salz abgebaut. Im Hochtal über dem See hat die Bergherrin die spirituelle und weltliche Macht über die Bevölkerung. Sie dient den arbeitenden Menschen und der Berggöttin. ...

Bereits 600 v. Chr. wurde in Hallstatt Salz abgebaut. Im Hochtal über dem See hat die Bergherrin die spirituelle und weltliche Macht über die Bevölkerung. Sie dient den arbeitenden Menschen und der Berggöttin. Das alljährliche Bergfest steht bevor, an dem sich die Menschen aus einem weiten Umkreis zur Zelebrierung der alten Bande treffen. Kurz davor kehrt Tolan, der Sohn der Bergherrin ins Tal zurück. Er war auf einer weiten Reise bis in den Süden, wo er in Arnu einen Freund gefunden hat, der ihn nun in seine Heimat begleitet. Zwischen Arnu und Tolans Schwester entsteht eine zarte Liebe, während Tolan mit seinen radikalen Ideen mehr und mehr den Frieden im Hochtal gefährdet.

Ich habe mir von diesem Roman kein mitreisendes, hochkomplexes oder literarisch aufwendiges Werk erwartet. Ich war aus auf leichte Unterhaltung in historischem Setting, das einen historischen Mehrwert bietet. Und genau das habe ich in diesem Buch gefunden. Zumindest so einigermaßen. Am Schreibstil kann man glaube ich recht gut festmachen, dass es sich bei dem Roman um ein Erstlingswerk handelt. Kurze Sätze, die sich ideal verbinden hätten lassen. Aber auch recht wenig Beschreibungen von Szenerie. Insgesamt ist die Sprache also recht geradlinig und unaufregend, leider auch recht wenig atmosphärisch. Die Figuren verschwinden leider ebenfalls recht schnell zu einem Einheitsbrei. Alle sind irgendwie verschiedene Gesichter ein und der selben Figur. Zwar haben wir mit Tolan klar eine Person, die als Antagonist aufgebaut ist, die positiv konnotierten Protagonistinnen und Protagonisten sind sich alle aber ziemlich ähnlich. Das liegt unter anderem auch daran, dass die Figuren recht blass und eindimensional gezeichnet sind.

Was mir an der Geschichte aber recht gut gefallen hat, ist der Einfluss von historischen Tatsachen. Man lernt ein wenig über die ältere Eisenzeit, eventuelle Bestattungsrieten und vieles mehr. Zwar ist klar, dass vieles aufgrund von fehlenden schriftlichen Quellen der Interpretation der Autorin überlassen. Im Nachwort hat man dafür wieder einen Pool an wissenswerten Informationen rund um die Zeit und die im Roman vorkommenden Völker und Handlungsschauplätze.

Insgesamt nehmen die Beschreibungen von gesellschaftlichem Leben und Spiritualismus recht viel Raum im Buch ein, sodass der einzige Handlungsstrang der Geschichte recht stark verdrängt wird. Dennoch ergibt sich ein interessanter Roman, der auch wenn nicht unbedingt spannend, so doch auf gewisse Weise lesenswert ist.

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Veröffentlicht am 24.06.2023

Milieustudie eines halben Gerippes

Mohawk
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Eine Kleinstadt in Upstate New York. Ende der Sechziger Jahre befindet sich die Industrie und mit ihr die Stadt im unaufhaltsamen Niedergang. Einst hatte die Lederindustrie Wohlstand und ein sorgenloses ...

Eine Kleinstadt in Upstate New York. Ende der Sechziger Jahre befindet sich die Industrie und mit ihr die Stadt im unaufhaltsamen Niedergang. Einst hatte die Lederindustrie Wohlstand und ein sorgenloses Leben gebracht, doch nun ist nichts mehr davon zu spüren. Man ist darauf bedacht, für das eigene Auskommen und das seiner Familie zu sorgen. Und so geht es auch Anne Grouse. Durch die Mutter und die Pflege ihres kranken Vaters ist sie an die Kleinstadt gebunden. Neben ihren Eltern bereitet auch ihr Sohn und ihr Exmann ihr Sorgen. Hinzu kommt noch, dass sie Gefühle für den Mann ihrer Cousine hegt, ein Traum, der nicht in Erfüllung gehen kann.

Ich habe mich sehr auf das Buch gefreut, da ich gerne Milieustudien aus den USA des 20. Jahrhunderts lese, und der Klappentext sich sehr nach einer emotionalen Geschichte angehört hat, die meinen Geschmack treffen könnte. Der Einstieg in das Buch fiel mir auch nicht schwer. Der sprachliche Stil des Autors ist einfach wunderbar. Auf atmosphärische Art und Weise wird man beim Lesen in das Setting getaucht und kann sich sowohl räumliche Umgebung, als auch die darin vorkommenden Figuren wunderbar vorstellen. Auch wenn negative Emotionen nicht permanent ausgedrückt werden, so ergibt sich dennoch eine düstere Grundstimmung, die den Verfall des Städtchens alle Ehre macht.

Zwar lernt man recht schnell die Protagonist:innen sehr gut kennen und beginnt eine emotionale Verbindung zu diesen aufzubauen. Die Figurengestaltung ist dem Autor dabei außerordentlich gut gelungen. Jede Figur löst bei mir beim lesen ziemlich starke und eindeutige Emotionen aus. So haben wir Annes verwirrten Exmann, der, auch wenn er extrem verpeilt ist und ständig Schaden anrichtet und eigentlich ein wirklich schlechter Vater ist, sofort ins Herz geschlossen wird. Auf der anderen Seite haben wir aber Annes Mutter, die bei mir mit ihrer unterschwellig bigotten Art, ihrer Naivität und ihrem Unwillen auch nur einmal ihr Hirn zu benutzen, wirklich sehr starke Hassemotionen ausgelöst hat. Ansatzweise wichtige Figuren wären dann noch Anne, deren Sohn Russel und ihr Vater, Harry, der Besitzer eines Diners, das zum zentralen Schauplatz und Treffpunkt der Geschichte wird, oder aber auch Wild Bill, die Personifikation der Probleme der untergehenden Stadt. Jedenfalls schlägt man sich beim lesen mit sehr vielen unterschiedlichen Personen herum, fast schon zu viele, wenn man mich fragt. Denn so bekommt jeder und jede nur relativ wenig "Screentime" was, auch wenn die Charaktere sehr vielschichtig und interessant gestaltet sind, zu einem Zerrupfen der Geschichte führt. Man verliert langsam den Faden darüber, wer nun welche Ziele in der Geschichte verfolgt und für was verantwortlich ist.

Das Problem des Zuvielseins und den damit einhergehenden Verwirrungen ergibt sich auch insgesamt in der Geschichte. Die ganzen Handlungsstränge gehen nie von einem Zentralen Punkt aus, noch finden sie sich jemals zu einem zentralen Punkt zusammen. In den ersten beiden Dritteln des Buches geht das problemlos, am Ende habe ich beim Lesen aber mehr und mehr das Bewusstsein bekommen, dass sich das Buch nicht auf ein finales Ende einstellen wird, sondern jede der Figuren mit ihrer eigenen Geschichte, ihrem eigenen Kampf aufhören wird. Und so war das Ende auch. Nicht ein Ende, sondern eine Hand voll.

Insgesamt kann man das Buch also als eine Zusammenstellung von verschiedenen Geschichten bezeichnen, die alle parallel zu einander ablaufen, einander zeitenweise überlappen und deren Protagonist:innen alle einander kennen. Verwirrend, dennoch emotional, spannend und unterhaltsam. Trotzdem muss ich sagen, dass die Geschichte auch unabhängig von Mohawk stattfinden hätte können. Denn die Stadt dient nur als Szene und Brennglas für die allgemeine Verzweiflung und Abgegrenztheit der Protagonisten

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Veröffentlicht am 06.06.2023

Finaler Abschluss einer Familiensaga

Der rote Himmel
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Im Jahr 1860 ist Walther Fichtner nicht mehr der jüngste. Und auch das Texas, dass er damals vor so vielen Jahren mit aufgebaut hat, ist nicht mehr das, was er gerne hätte. Angeheizt ist die politische ...

Im Jahr 1860 ist Walther Fichtner nicht mehr der jüngste. Und auch das Texas, dass er damals vor so vielen Jahren mit aufgebaut hat, ist nicht mehr das, was er gerne hätte. Angeheizt ist die politische Stimmung als der Ruf nach der Loslösung Texas' von der Union immer lauter wird. Etwas das Walther Fichtner unbedingt verhindern möchte und so wird er immer mehr zur Zielscheibe der politischen Gegner. Der Sezession kann nicht verhindert werden, und damit auch der Krieg gegen die Staaten des Nordens nicht, die die Union erhalten möchten. Doch für den mittlerweile sechzigjährigen Mann heißt es nicht nur bangen um die Zukunft seiner geliebten Heimat, auch die seiner Familie steht auf dem Spiel. Denn die beiden ältesten Söhne der Fichtners stehen sich auf unterschiedlichen Seiten gegenüber. Waldemar setzt sich im Kampf für das Ende der Sklaverei ein, wohingegen sein älterer Bruder Josef seine Heimat verteidigen möchte, auch wenn er der Sklaverei persönlich ablehnend gegenübersteht.

Auf den Abschluss der Reihe war ich ziemlich gespannt, da mir die Reihe an und für sich recht gut gefallen hat, vor allem aber, weil mich das Thema des Sezessionskrieges besonders interessiert, und ich dementsprechend gespannt war, wie die Thematik bei Iny Lorentz verarbeitet wird. Dabei muss ich sagen, dass der Start der Geschichte hier sehr gute Arbeit leistet. Für Leser:innen, die sich nicht so mit dem Thema auskennen, wird anschaulich erklärt, dass nicht die Sklaverei - wie meistens laienhaft vermutet - der Hauptauslöser des blutigen Konflikts sei, sondern verschiedene Auslegungen der Verfassung. Auch Inflation und das Mysterium, dass die breite Bevölkerung, die keine Sklav:innen besaß, dennoch den feudalen Lebensstil mit der Waffe verteidigten, fließen in die Geschichte mit ein. Gerade aber das Nachwort ist noch einmal eine kleine Zusammenfassung der historischen Hintergründe der Geschichte. Der Krieg an sich wird im Buch zwar thematisiert. Wir sind mit Waldemar und Josef auf kurzen Abstechern am Schlachtfeld. Insgesamt verschenkt hier Iny Lorentz aber sehr viel Potential, einerseits für Spannung. Für mich persönlich hätte es der Geschichte nicht geschadet, wenn wir die Protagonist:innen mehr bei ihrem Fronteinsatz begleitet hätten. Aber auch die emotionale Komponente hätte sicher davon profit8iert, wenn geschildert wird, welch blutige Auseinandersetzung der Krieg war und gerade mit welch verheerenden medizinischen Bedingungen das Sanitätspersonal und die Verwundeten zu kämpfen hatten. Allerdings schätze ich die typische Leserschaft des Autorenduos doch so ein, dass das dann ein wenig zu viel des Guten gewesen wäre.

Wie dem auch sei, da das Buch bei weitem nicht mein erster Iny Lorentz war, wusste ich, worauf ich mich einließ. Der Schreibstil ist gewohnt einfach, geradlinig mit Pageturnerpotential. Das Buch lässt sich einfach wirklich sehr schnell weglesen. Aber dann wären da noch die Protagonist:innen, die wieder einmal nach dem üblichen Iny-Lorentz-Prinzip gestrickt sind. Irgendwie alle gleich, wenig tiefe und eine schön gezeichnete Linie, die unsere Held:innen von den Antatgonist:innen abgrenzt. Keine Überraschungen oder unerwartete Charakterentwicklungen. Am meisten stört mich dabei aber immer die Heiratspolitik, die die beiden in ihren Romanen anwenden. Für Leser:innen, die schon Erfahrungen mit dem Autorenduo gesammelt haben, und davon gehe ich bei einem vierten teil einer Reihe stark aus, werden wenig überrascht davon sein, dass jeder Mann und jede Frau, die in diesem Buch auftaucht, früher oder weniger ein Gegenstück findet, in dass sie sich relativ rasch verliebt, und die dann ein kinderreiches Paar bilden, das glücklich bis ans Lebensende leibt und liebt. Für meinen Geschmack einfach zu wenig Authentizität und viel zu viel Kitsch.

Kurzum nichts neues. Vom Aufbau her das altbewährte, das wir von Iny Lorentz kennen, und das scheinbar funktioniert, auch wenn es mich in den letzten Jahren zunehmend weniger anspricht. Dennoch hat mir das Buch relativ angenehme Stunden der Unterhaltung geboten.

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Veröffentlicht am 04.06.2023

Reise in ein vergangenes Algerien mit moralischem Kompass als Führer

Die Frau des Zauberers
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1856: Frankreich sinnt darauf, seine Macht am afrikanischen Kontinent weiter auszubauen. Genauer gesagt steht die endgültige Unterwerfung Algeriens kurz bevor. Doch um einen hohen Verbrauch an eigenem ...

1856: Frankreich sinnt darauf, seine Macht am afrikanischen Kontinent weiter auszubauen. Genauer gesagt steht die endgültige Unterwerfung Algeriens kurz bevor. Doch um einen hohen Verbrauch an eigenem Menschenmaterial zu verhindern gilt es den Mahdi, das spirituelle Oberhaupt der algerischen Saharavölker, auszuschalten oder zumindest zu diskreditieren. Denn dieser ist es, der den heiligen Krieg, den Dschihad ausrufen könnte und somit die französischen Pläne zusätzlich erschweren könnte. Da kommt Henry Lambert ins Spiel. Er ist ein bekannter Trickkünstler und wird von der französischen Regierung nach Algerien entsannt, um mit seinen Zaubertricks der algerischen Bevölkerung zu demonstrieren, dass Frankreich den größeren, mächtigeren, von Allah geküssten Magier auf seiner Seite hätte. Begleitet wird er dabei von seiner jungen Ehefrau, die zunehmend vom Zauber der fremden Kultur und der Arroganz der französischen Besatzer verwirrt wird.

Henry Lamberts Frau Emmeline wird schnell zum Hauptcharakter des Buches. Man begleitet sie bei der Reise durch Algerien und wird unmittelbar mit ihren Erfahrungen, ihrer Wahrnehmung und ihrer Gefühlswelt konfrontiert. Das Buch ist in zwei Teile geteilt. Etwa das erste Drittel beschäftigt sich mit einer noblen Woche, die das Ehepaar Lambert in Mitten des Kaisers und eines elitären Kreises Adeliger verbringt, ein erster Schritt, den Zauberer für die Mission zu begeistern. Hier erscheint Emmeline noch recht naiv, muss sich erst einmal in einer Gesellschaft zurechtfinden, mit der sie zuvor kaum Berührungspunkte hatte, und die ihr mit deren Verhalten und der strengen Etikette nicht gerade sympathisch erscheinen. Zugegebenermaßen hatte ich mit diesem ersten Teil so meine Schwierigkeiten. Wir starten sehr ruhig in die Geschichte, nicht sehr viel passiert in Frankreich, was als spannend aufgefasst werden könnte. Vielmehr liegt der Fokus auf einer Milieustudie der Feierlichkeiten bzw. deren Teilnehmer:innen, die sich insgesamt als nicht so elitär herausstellen, wie sie es gerne wären, und einer Charakterstudie, wie sich die Umgebung auf Emmeline auswirkt.

Diese Milieustudie geht im zweiten Teil nicht verloren, nur dass der wir uns hier in Algerien wiederfinden. Und schon wird das Buch interessanter, auch wenn es immer noch recht ruhig von statten geht. Dafür ist sicherlich schon einmal das exotische Umfeld verantwortlich. farbenfroh wird die neue, unbekannte Umgebung geschildert, die man zusammen mit Emmeline erlebt. Man bekommt das Algerien des Jahres 1856 sehr facettenreich präsentiert und durch die Gedanken Emmelines wird das dortige Leben, explizit die Religiosität und die Spiritualität in direkten vergleich zu Frankreich gesetzt. fahrt nimmt die Geschichte auch auf, dass man nun mitverfolgt, wie Henry seine Shows gestaltet, sich immer neuen Gegebenheiten adaptieren muss, und wie die Darbietungen vom algerischen Publikum aufgenommen werden. Dennoch verliert das Buch nicht seinen ruhigen Tonus. Sicherlich auch, weil wir Emmeline eine sehr besonnene Charakterin gefunden haben, die als Linse der Betrachtung fungiert. Dinge werden anders wahrgenommen und bewertet, als wenn wir vielleicht einen anderen Charakter als Beobachtungsfokus gehabt hätten.

Durch Emmelines Augen übt Brian Moore auf subtile Art Kritik am Kolonialismus. Immer wieder merkt man, dass Emmeline es für einen Fehler hält, mit ihrem Mann sich in diesen Konflikt eingemischt zu haben, generell, dass Europa sich in das algerische Leben eingemischt hat. Sie sieht Kultur und Spiritualität gefährdet und der Gewinn von Rohstoffen und Land kann nicht mit dem durch die Besatzung entstehenden Leid nicht aufgewogen werden.

Ihr Mann hingegen legt eine Charakterentwicklung in die ganz andere Richtung hin. War er am Anfang des Buches ein zurückgezogener Mann, der sich voll und ganz auf seine technischen Spielerein und die Entwicklung neuer mechanischer Puppen fokussiert hatte. So findet sich am Ende ein Henry Lambert, der getrieben vom Wunsch nach Anerkennung und Ruhm ist. Schein und Sein driften immer weiter auseinander, sodass er mehr und mehr die wichtigen Dinge des Lebens aus den Augen verliert. Kurzum: er lässt sich von der Aussicht als größter Magier der Welt zu gelten, immer weiter von den Franzosen einlullen, die dieses Bestreben gesät haben, und dieses nun früchtebringend ausnützen.

Im Generellen stellte sich für mich die Frage nach dem Zweck der Unternehmung. Immerhin basiert die Idee des französischen Kolonialregiemes darauf, mit der Hilfe Henry Lamberts die algerische Bevölkerung dermaßen einzuschüchtern und von ihren bisherigen religiösen Führen abzubringen, sodass diese sich diese widerstandslos kolonialisieren lassen würden. Einem rassistischen Menschen mag dies einleuchten, immerhin liegt diesem Gedanken die Überlegenheit der europäischen Kultur zugrunde. Für alle anderen käme ein Scheitern dieser Pläne auch wenig überraschend.

Nichtsdestotrotz, dass das Buch keinen großartigen Spannungsbogen aufweist würde ich es dennoch als lesenswert beschreiben. Zwar muss man sich auf das Buch einlassen und es wird nur mit Leser:innen funktionieren, die bereit sind, sich auf eine ruhige und reflektierende reise einzulassen, die den eigenen Horizont erweitert. Doch gerade mit dieser Intelligenz, die das Buch ausstrahlt, konnte es mich berühren.

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Veröffentlicht am 27.05.2023

großangelegter Epos

Der Winterkönig
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Britannien im Dunklen Zeitalter: Die Insel ist hin- und hergerissen zwischen den einzelnen Königreichen, die sich nach dem Tod des Großkönigs Uther in einem Machtkampf befinden. Denn der Thronfolger ist ...

Britannien im Dunklen Zeitalter: Die Insel ist hin- und hergerissen zwischen den einzelnen Königreichen, die sich nach dem Tod des Großkönigs Uther in einem Machtkampf befinden. Denn der Thronfolger ist erst wenige Monate alt und ein leichtes Opfer für Intrigen. Und so hat Arthur, der Protektor des Großkönigreichs alle Hände voll zu tun, die Lage im eigenen Reich zu beruhigen. Energie, die im fehlt, die von Osten immer zahlreicher heranströmenden Sachsen in Schach zu halten.

Man startet in die Geschichte, indem man erst einmal den Erzähler und wichtigsten Protagonisten Derfel Cadarn kennenlernt. Ein alter und weiser Mönch, der die Geschichte des großartigen Arthus niederschreibt. Und so ist das Buch eine einzige große Nacherzählung des Lebens Derfels, unterbrochen von einzelnen Seuqnzen, in denen man Derfel als alter Mönch erlebt.

Die Haupthandlung beginnt also mit Derfel in jungen Jahren, der in den blutigen Konflikt zwischen den einzelnen Königreichen Britanniens gezogen wird. Man begleitet ihn auf seinem Weg, erlebt wie er zu einem Krieger heranwächst und mehr und mehr über die Mysterien des britannischen Glaubens erfährt. Dabei ist sein Schicksal eng verbunden mit Arthur und Merlin, den wohl bekanntesten Gestalten der britischen Mystik.

Das Buch ist nicht der erste Roman, den ich von Bernard Cornwell lese, neben der Uthred-Saga aber wohl dessen bekannteste Reihe. Dennoch war ich nicht von Anfang an von der Geschichte gefesselt. Mir fiel der Einstieg schwer, gar nicht einmal wegen des Schreibstils, der im Übrigen locker und frisch ist, sich also wunderbar rasch lesen lässt, sondern viel mehr, weil ich anfangs mit der den Zeitsprüngen zwischen dem alten und dem jungen Derfel ein wenig überfordert war. Des Weiteren hatte ich so meine Schwierigkeiten, mich mit den vielen verschiedenen Protagonist:innen auseinanderzusetzen, herauszufinden, wer nun letztendlich von tragender Relevanz für den Fortgang des Buches ist und wer nicht. Ein Dschungel, der sich jedoch recht bald gelichtet hat. Rasch ging es aber voran mit der Handlung. Denn Cornwell fokussiert sich schon rasch darauf, was er besonders gut kann. Und das ist das beschreiben von blutigen Auseinandersetzungen, detailreich ausgeschmückt, ohne dabei die Leserschaft zu ermüden. Rasant fliegen die Seiten dahin und man kommt beim Lesen auf seine kosten. Machtkämpfe innerhalb des Arthurschen Hofstaates stehen an der Tagesordnung und verdrängen eventuelle Handlungsstränge, die sich mit den romantischen Gefühlen der Figuren auseinandersetzen. Denn wer nach romantischer, teils verquerer Zerstreuung in historischem Setting sucht, ist bei Cornwell generell falsch.

Auch kann man besonders anhand von Derfel eine recht interessante Charakterentwicklung erleben, die zu verfolgen beim Lesen sehr viel Spaß gemacht hat. Die Protagonist:innen sind im generellen ein - zumindest für mich - recht interessanter Zeitvertreib. Denn keineswegs wirken sie so, als wären sie als unangefochtene Sympathieträger gestaltet. Vor allem bei Merlin und Arthur habe ich mir recht oft gedacht, dass die beiden recht egoistisch und manchmal dumm handeln, obwohl sie doch eigentlich die britischen Helden sind.

Jedenfalls vermag es Bernard Cornwell mich zu überzeugen, und der erste Roman schreit gerade dazu, den zweiten Teil der Reihe im Anschluss hinten drauf zu lesen. Daher eine Empfehlung für all diejenigen, die gerne in finstere Zeiten und blutige Konflikte abtauchen möchten.

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