ein schöner Auftakt
Jetzt sind wir echt (Jetzt-Trilogie, Band 1) „Einige Dinge fallen eben auseinander, damit man sie hinterher noch schöner zusammenkleben kann.“
(Aus einem Youtube-Video in Jetzt sind wir echt)
Worum geht’s?
Berlin. Zwei Jahre zuvor: Bei einem ...
„Einige Dinge fallen eben auseinander, damit man sie hinterher noch schöner zusammenkleben kann.“
(Aus einem Youtube-Video in Jetzt sind wir echt)
Worum geht’s?
Berlin. Zwei Jahre zuvor: Bei einem Schreibworkshop lernt Lucy Gregor kennen, der sich mit jedem seiner Worte in ihr Herz schreibt. Bis sie nach dem Sommer kein einziges Wort mehr von ihm hört. Köln. Jetzt: Plötzlich steht Gregor wieder vor ihr. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass er für seinen Master nach Köln gezogen ist, muss Lucy sich ausgerechnet mit ihm die Moderation des Hochschulpodcasts teilen. Mit ihm und seinen Worten voller Erinnerungen, mit Herzklopfen und Bauchkribbeln. Und dazwischen die eine große Frage: Wieso ist Gregor wirklich zurückgekommen?
Jetzt sind wir echt ist Band 1 der Jetzt-Reihe. Die Geschichte ist in sich geschlossen.
Schreibstil und inhaltliche Hinweise
Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive erzählt und sowohl Gregor als ach Lucy führen durch die Geschichte. Der Schreibstil der Autorin ist wortgewandt und poetisch. Im Buch ist sexueller Content sowie möglicher Trigger enthalten.
Meine Meinung
Es gibt Bücher, auf die wartet man. Sehnsüchtig und sehr doll. Dieses Buch gehörte dazu. Denn ich habe von der Autorin alle Titel, die sie bisher herausgebracht hat, gelesen. Und die meisten auch sehr geliebt. Denn die Autorin hat einen sehr besonderen, sehr außergewöhnlichen Schreibstil. Es ist meistens gar nicht so sehr die Geschichte, auf die ich mich freue, sondern eben der Schreibstil. Und die Art, wie sie ihren Charakteren Leben einhaucht. Das hat sie auch bei Lucy und Gregor getan. Aber irgendwas war dieses Mal anders. Denn so sehr ich das Buch lieben wollte, irgendetwas fehlte.
In die Geschichte habe ich nach einigen Startschwierigkeiten ganz gut reingefunden. Man erfährt am Anfang kurz, wie Gregor und Lucy sich kennengelernt haben, aber es dauert ein wenig, bis man sich einen Reim daraus machen kann, was passiert ist. Der Großteil der Geschichte spielt dann im „Jetzt“ und verläuft hier chronologisch, es gibt aber einige Rückblicke ins Damals. Im Jetzt begleitet der Leser zum Großteil Lucy, erfährt über ihr Leben an der Hochschule und auch außerhalb. Sie hat einen Blog mit ihren Freundinnen, was immer wieder Thema ist. Die Autorin bringt hier sehr viele sozialkritische Themen ein, was mir gut gefallen hat und auch in meinen Augen sehr gepasst hat. So geht es um Hasskommentare im Netz, um das teilweise schamlose Bewerten anderer Leute sowohl online als auch offline, um die weibliche Selbstbestimmung. Lucy betreibt auch eine Kategorie als eine Art Kummerkasten, was gelegentlich vorkommt. Von Anfang an empfand ich Lucy als sehr angenehmen Charakter, der Ecken und Kanten hat, aber gut ausbalanciert ist. Sie hat ihre Vorstellungen, ihre Erwartungen, ist aber auch kritikfähig und offen für andere Meinungen. Das Buch besteht sehr viel aus wortgewaltigen, poetischen und komplexen Gedanken von Lucy. Das ist eine Stärke der Autorin, die viele Leute aber nicht so sehr mögen. Es ist, als würden die Gedanken ungefiltert herauspurzeln, sich wie Efeu durch das Buch schlängeln. Manche Gedankengänge enden abrupt, andere kommen immer wieder. Das hat mir wahnsinnig gut gefallen und ist wahrscheinlich auch einer der Gründe, wieso ich immer wieder zu den Büchern der Autorin zurückkehre. Man kann sehr viel aus dem Buch mitnehmen, in poetischer Hinsicht, für das eigene Mindset aber auch im Hinblick auf gewisse kritische Aspekte.
Im Kern der Geschichte geht es um Lucy und Gregor, die sich nach Jahren wiedersehen. Sie haben sich damals in einem Sommercamp kennengelernt und jetzt ist es ausgerechnet Gregor, der plötzlich in Köln auftaucht und Lucy den Podcast wegschnappt, auf den sie solange hingearbeitet hat und der ihr Karrieresprungbrett sein sollte. Ich muss gestehen, dass diese ganze Geschichte um den Podcast, die Recherchearbeiten und auch das Jubiläum an der Uni mich irgendwie nicht überzeugen konnte. So kommen am Ende auch Enthüllungen, die ich mir schon gedacht habe und die dafür sorgen, dass sich Gregor und Lucy überwerfen. Aber wieso eigentlich? Das wirkte mir zu konstruiert. Während die beiden zusammenarbeiten, entwickelt sich eine Second Chance Romance, die ganz solide gelungen ist, aber jetzt auch nicht mein Jahreshighlight darstellt. Ich mag, dass die Charaktere, die Probleme und die Zweifel und Sorgen so echt und realistisch sind, nothing too crazy, aber irgendwie auch aus dem Leben gegriffen. Aber gleichzeitig wolle die Chemie zwischen Gregor und Lucy als Liebespaar für mich nicht nachvollziehbar sein. Es ist generell so, dass ich ab etwa der Hälfte das Gefühl hatte, dass die Autorin nicht mehr wusste, was sie machen möchte, wie sie diese Beziehung auf- und ausbauen mag, was ich in ihren anderen Büchern bisher nicht so wahrgenommen habe. Das führt dazu, dass mir die zweite Hälfte ehrlich gesagt zu „spicelastig“ war und zu wenig für die Gefühle getan hat. Ich will nicht sagen, dass das Buch mich hier verloren hat, weil das nicht stimmen würde. Aber ich war von der Geschichte bis zum ersten Intim-Werden der beiden deutlich mehr begeistert als danach. Ich habe danach wirklich das Gefühl gehabt, dass der Faden verloren wurde und alles ein wenig rumeiert. Geblieben bin ich dennoch bis zum Ende, wenngleich auch nicht mehr mit der gleichen Begeisterung, die mich durch die erste Hälfte getragen hat.
Mein Fazit
Jetzt sind wir echt kann mit einer besonderen Art zu Schreiben überzeugen, die Charaktere wirken echt und greifbar. Die Liebesgeschichte kann mich nur bedingt überzeugen, das Drumherum ist sozialkritisch geprägt und man kann viel entdecken und erleben. Es ist ein guter Auftakt mit einigen Schwächen und Luft nach oben, aber ein Auftakt, der insgesamt durchaus überzeugen kann.
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]