starker, mitreißender Auftakt
The Girl in the Love Song„Für dich. Es war für dich. Du bist das Mädchen in jedem Song.“
(Miller zu Violet in The girl in the love song)
Worum geht’s?
Miller wusste von Anfang an, dass Violet die Eine für ihn ist - sie ist ...
„Für dich. Es war für dich. Du bist das Mädchen in jedem Song.“
(Miller zu Violet in The girl in the love song)
Worum geht’s?
Miller wusste von Anfang an, dass Violet die Eine für ihn ist - sie ist das Mädchen in seinen Liedern. Doch Violet ist fest entschlossen, ihre Freundschaft nicht zu ruinieren, sieht sie doch jeden Tag bei ihren Eltern, was passieren kann, wenn die Liebe vorüber ist und die Freundschaft ebenfalls in die Brüche geht. Sie tut alles, um Miller dabei zu unterstützen, mit seiner Musik groß herauszukommen. Aber wie lange kann sie ihm bei seinem Aufstieg zum Ruhm zusehen, ohne sich einzugestehen, dass sie allein das Mädchen in seinen Love Songs ist und auch ihr Herz schon immer nur ihm gehört?
The girl in the love song ist Band 1 der Lost Boys-Trilogie. Das Buch ist in sich geschlossen, die weiteren Lost Boys kommen aber bereits vor.
Schreibstil und inhaltliche Hinweise
Das Buch wird aus Sicht von Miller und Violet in der Ich-Perspektive erzählt. Das Buch ist in vier Teile unterteilt, es verläuft aber chronologisch. Der Schreibstil ist ergreifend und gut lesbar. Das Buch beinhaltet wenig erotischen Content.
Meine Meinung
Emma Scott ist für mich eine absolute Autobuy-Autorin, gleichzeitig habe ich aber auch kaum eine Autorin, bei der so sehr der Grundsatz „Hit or miss“ gilt wie bei ihr. Entweder liebe ich ihr Bücher oder sie können mich nicht überzeugen, ein wirkliches Dazwischen gibt es nicht. Entsprechend gespannt war ich, wo sich dieses Buch einordnen wird.
Die Geschichte um Violet und Miller ist doch etwas anders, als der Klappentext vermuten lässt. Das möchte ich direkt vorwegschieben. Zunächst: Der beachtliche Großteil dieses sehr umfangreichen Buches spielt im Highschool-Alter der Charaktere, ein Teil auch vorher. Nur etwa das letzte Viertel deckt das Erwachsenenleben der Protagonisten ab. Entsprechend hat man es hier auch nicht unbedingt mit einem New Adult Roman zu tun, gleichwohl die inhaltlichen Themen gewichtig und tiefgründig sind. Wer aber mit gelegentlichem Highschool-Drama und den Problemen des Teenagerlebens nichts anfangen kann, könnte von diesem Buch genervt sein. Aber nun mehr zum eigentlichen Buch…
The girl in the love song fällt in die Kategorie der Bücher, wo es keine übermäßig ausufernde Handlung gibt. Das Buch braucht keine Plottwists, kein anstrengendes Drama, denn die Leben von Miller und Violet bringen genug Material mit, dass das Buch auf emotionaler Ebene einschlägt. Die beiden lernen sich an Violets 13. Geburtstag kennen, als diese in ihrem Zimmer liegt und ihrem Tagebuch davon erzählt, wie schrecklich sich ihre Eltern streiten, wie deren Ehe mittlerweile in Scherben liegt. Auf einmal steht ein Junge unten im Garten, Miller, der gerade erst hergezogen ist. Violet lädt ihn auf ein Stück Kuchen ein, da er hungrig und verloren aussieht. Aus einem Stück Kuchen wird eine andauernde Freundschaft mit Hindernissen. Denn während Violet aus einer reichen Familie kommt, hat Miller nichts außer eine Mutter, die immer mehr Richtung Abgrund rutscht, einen schrecklichen Stiefvater und jede Menge Probleme, insbesondere auch eine Diabeteserkrankung. Violet und Miller werden Freunde, halten zusammen, Violet sorgt sich um seine Diabetes, um ihn, er beschützt sie. Es gibt wunderschöne und zuckersüße Szenen zwischen den beiden Freunden, bei denen jeder Leser immer wieder wird schmunzeln müssen, weil jeder genau weiß, dass beide eigentlich mehr als Freunde sind. Im Fortgang der Geschichte geht es nun hauptsächlich um die Alltagsprobleme, mit denen sich beide auseinandersetzen müssen, wobei hier der Fokus auf Miller und seine vielfältigen Herausforderungen liegt. Violet ist so etwas wie sein guter Engel, der stets über ihn wacht. Die Freundschaft der beiden ist wirklich schön beschrieben und erreichte mich von Anfang an. Das brutale Aufeinandertreffen von kindlicher Restnaivität und der Herausforderungen, die beide schnell erwachsen werden lassen, hat mich tief getroffen und ich war für Miller wütend auf die Welt, auf die Leute, auf seine Mutter. Und auch Miller ist auf all das wütend, zurecht. Aber immerhin hat er Violet. Immer, ohne jeden Zweifel.
Im Mittelteil konzentriert sich die Geschichte sehr auf das Highschool-Leben, in allen Facetten. Mobbing, Cliquenbildung, Ausgrenzung, schlechte Streiche – hier ist alles dabei. Violet schafft es vom ausgegrenzten Bücherwurm zur beliebten Persönlichkeit, rangiert in den It-Cliquen, muss aber auch feststellen, wie schnell die Sympathien sich ändern können. Manchmal wollte ich sie schütteln, manchmal habe ich mich für sie gefreut. Ja, der Mittelteil ist wohl eher etwas Guilty Pleasure Highschool Drama, aber auch angesichts der doch sehr drückenden Thematiken in Millers Leben empfand ich diese Passagen regelrecht als Verschnaufpause. Miller ist eher der Außenseiter, zieht sich zurück und hat hiermit auch nicht so große Probleme, außer dass er zeitweise Angst hat, dass sich Violet zu sehr von ihm entfernt. Millers Außenseiterdasein endet allerdings recht schlagartig, als er an einem Abend auf einer Party singt – und die Leute hiermit verzaubert. Denn seit jeher singt und textet Miller, damals bei Violet auf dem Bett, später mit Violets Hilfe auf Youtube. Es ist die Schul-Queen Evelyn, die Miller dann einen Deal vorschlägt und ihm so zum Durchbruch hilft. Aber nicht, ohne eigene Interessen zu verfolgen und hierbei noch so einiges an Aufregung und Zwietracht zu sähen.
Und hier setzt der letzte Teil der Geschichte an: The table has turned. Denn im letzten Teil des Buches stellt Emma Scott alles auf den Kopf. Es geht um Miller, der nun durchstartet, weltbekannt wird, dessen Leben von Nichts auf Highlife umschaltet. Hierbei wird aber nicht das Klischee vom durchdrehenden Rockstar bedient, ganz im Gegenteil. Diese Wahl fand ich wunderbar erfrischend und auch passend zu den Charakteren. Violet hingegen muss sich plötzlich der Thematik um die gescheiterte Ehe der Eltern und den familiären Geheimnissen stellen, die ihr künftiges Leben massiv beeinflussen werden. Doch hier zeigt sich, wie gut Emma Scott funktionierende Geschichte und funktionale Beziehungen aufbaut: Denn mit Miller hat Violet ein Person, die sie auffängt, wenn sie fällt, so wie Violet es immer für Miller gemacht hat.
Für mich hat Emma Scott mit diesem Buch wieder eine wundervolle Geschichte geschrieben. Violet und Miller funktionieren wundervoll als Freunde, haben aber beide Raum für Fehler, für Unsicherheiten und für eigene Entwicklungen, was manchmal auch dazu führt, dass beide sich auseinander entwickeln. Das hat mir sehr gut gefallen. So kommt auch der Aspekt, wieso die Reihe „Lost Boys“ heißt. Denn Miller lernt an der Schule zwei weitere Außenseiter kennen, die so verloren sind wie er, ihre ganz eigenen Päckchen tragen und sichtbare und unsichtbare Wunden mitbringen, die es in den Folgebänden zu beleuchten gilt. Denn ich muss sagen: Die Lost Boys haben mein Herz gestohlen! Emma Scott hat mit so viel Gefühl mitreißende Charaktere voller Schmerz in einer Geschichte voller Hoffnung und Liebe gezaubert. Ich bin jetzt schon so gespannt auf Ronan und Holden, auf ihre eigenen Bücher und die Art und Weise, wie Emma Scott ihnen die Hoffnung zurückgibt.
Mein einziger Kritikpunkt ist eigentlich das Verhältnis der Inhalte zueinander. Das Buch hat einen sehr ausufernden Mittelteil, der lediglich von sehr umfangreichen Schilderungen des Schullebens handelt. Dafür gerät der Part, in dem es um die Entwicklung von Millers Karriere und die Folgen hiervon, doch irgendwie knapp und fast schon gehetzt. Zwischendurch habe ich mich gefragt, ob das Buch vielleicht als Zweiteiler gedacht war, das hätte jedenfalls besser funktioniert. Die Balance stimmt so nicht ganz, vor allem fühlte ich mich hierdurch um die ein oder andere Entwicklung beraubt, die schnell abgehandelt wurde. Dennoch ist das Buch gleichzeitig vielleicht auch gerade hierdurch ein Buch, was sich langsam unter die Haut schleicht, dort wohlig kribbelt, ein wenig schmerzt und dann tief ins Herz kriecht. Auf jeden Fall lebt The girl in the love song nicht von der tatsächlichen Liebesgeschichte (wie auch, es gibt hieran nichts zu zweifeln oder aufwendig zu entwickeln, das geschieht passend unterschwellig ganz von selbst), sondern von den starken Charakteren und dem Support, den sich alle gegenseitig geben – nicht nur Violet und Miller einander, sondern auch die Nebencharaktere einbegriffen.
Mein Fazit
The girl in the love song ist ein wunderbarer und vielversprechender Auftakt der Lost-Boys Reihe. Emma Scott zaubert mit so viel Hingabe Charaktere mit Ecken und Kanten, voller Tiefe und Schmerz, die sich für verloren halten, es aber so sehr verdienen, geliebt zu werden. Der Rockstar-Aspekt der Geschichte spielt eher eine untergeordnete Rolle und das Verhältnis der thematischen Ausrichtung ist nicht ganz im Gleichgewicht, die einbezogenen Themen sind aber emotional und berührend. Für mich ein Buch, was ich nicht aus den Händen legen konnte, weil die Lost Boys mich so fasziniert haben, dass ich mehr wissen wollte.
[Diese Rezension basiert auf einem vom Verlag oder vom Autor überlassenen Rezensionsexemplar. Meine Meinung wurde hiervon nicht beeinflusst.]