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Veröffentlicht am 05.03.2019

spannende Fälle mitreißend dargestellt mit tollem Schreibstil

Mörder
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„Strafverteidigung ist Pokern mit dem Schicksal eines Menschen. Und du bist als Verteidiger permanent »All In«.“ (Veikko Bartel im Vorwort von Mörder)

Worum geht’s?

Wie bereits das Buch „Mörderinnen“ ...

„Strafverteidigung ist Pokern mit dem Schicksal eines Menschen. Und du bist als Verteidiger permanent »All In«.“ (Veikko Bartel im Vorwort von Mörder)

Worum geht’s?

Wie bereits das Buch „Mörderinnen“ handelt auch das Buch „Mörder“ von Fällen aus der beruflichen Laufbahn des Autoren Veikko Bartel als Strafverteidiger. In zahlreichen Tötungsdelikten hat er Leute vertreten, die das schlimmste Verbrechen unseres Gesetzbuches begangen haben: Sie haben getötet. Nachdem bei „Mörderinnen“ Frauen auf der Anklagebank saßen, geht es in diesem Buch um sechs Fälle mit männlichen Angeklagten, um einzigartige Einblicke in die Arbeits- und Gedankenwelt eines Strafverteidigers und die ewig währende Frage: Wieso töten Menschen? Denn der Autor erzählt hier die Geschichten der jeweiligen Tat und ihrer Umstände.

„Mörder“ ist unabhängig vom Vorgänger-Buch „Mörderinnen“.

Schreibstil / Gestaltung

Auch das Cover von Mörder besticht wieder durch ein schlichtes, unaufdringliches – wenngleich auch etwas klischeehaftes - Cover mit einem schemenhaften Gestalt in schwarz mit Kapuze und dem üblichen Hinweis „Fälle aus der Praxis eines Strafverteidigers“. Man erkennt auf jeden Fall die Stimmigkeit im Verhältnis zu Mörderinnen und empfindet auch hier ein nüchterne, sachliche Atmosphäre ohne viel Brimborium. Das Buchcover ist erneut ein Schutzumschlag, unter dem sich dieses Mal ein schönes, mattschwarzes Buch mit dem weißen Schriftzug des Titels und Autors am Buchrücken verbirgt. Insgesamt ist die Gestaltung erneut sehr stimmig.

Das Buch umfasst insgesamt sechs Fälle, die in jeweilige Abschnitte gegliedert sind und dem ein äußerst kurzes Vorwort (im Vergleich zu Mörderinnen) vorgestellt ist. Die jeweiligen Fälle haben keine eigene Untergliederung in Unterabschnitte, werden jedoch teilweise mit einem kurzen Epilog abgeschlossen. Jeder Fall ist in sich geschlossen und kann somit eigenständig gelesen werden. Der Umfang der Fälle variiert von etwa 25 bis 60 Seiten.

Sprachlich überzeugt Mörder wie auch bereits Mörderinnen durch einen angenehmen Schreibstil, eine verständliche Erzählweise und der gut ausgeprägten Fähigkeit des Autors, mit Sprache umgehen zu können. Die Gratwanderung zwischen spannendem und einfühlsamem Bericht gepaart juristischen Erklärungen gelingt hervorragend.

Mein Fazit

Wo fängt man an, wo hört man auf, wenn man über dieses Buch reden möchte. Ich habe unzählige Real Crime Bücher gelesen, ich bewege mich beruflich in genau diesem Bereich und dachte, dass Veikko Bartel „Mörderinnen“ kaum toppen kann. Und doch saß ich hier, mit einem Buch, welches mich weit über die Lesezeit hinaus beschäftigt hat und musste feststellen: Er hat sich selbst übertroffen.

Während mich bei „Mörderinnen“ neben dem tollen Schreibstil vor allem überzeugt hat, dass ein Buch über die vergleichsweise seltene Tätergruppe der Frauen geschrieben wurde, war es bei „Mörder“ wahrscheinlich die Vielzahl an Momenten, die sich in mein Gedächtnis gebrannt haben und mich mit jeder Menge „was würde ich tun“-Fragen zurückgelassen hat. Denn der Autor verlangt dem Leser – vielleicht für den Leser teilweise unbewusst – ab, dass er selbst seine Bewertungen und Meinungen fällt. Im Vordergrund des Buches steht größtenteils die Tat und wie es zu dieser Tat kam, nebensächlich ist meist das Urteil, denn der Leser wird permanent vor die Frage gestellt: Ist das Urteil so in dieser Weise verständlich? Veikko Bartel leitet dabei gern mit dem Urteilsspruch ein, um den Leser im Anschluss daran regelrecht an den Kopf zu werfen, dass er sich nicht vorschnell ein eigenes Urteil bilden soll. Zu keiner Zeit bleibt dabei außer Acht, dass es sich um teils juristische Inhalte handelt, die vielen Lesern nicht alltäglich sind, weshalb viele Sachen erklärt werden. In „Mörderinnen“ hatte ich teilweise das Gefühl, dass hier einige Erklärungen auf der Strecke blieben, während hier mit Fußnoten und auch im jeweiligen Epilog zahlreiche Fragen beantwortet werden. Man merkt dem Autor dabei auch an, welche „Standardfragen“ er immer wieder im Rahmen seiner beruflichen Laufbahn beantworten musste und sicher wird sich der ein oder andere Leser ertappt fühlen, wenn Herr Bartel ansetzt zu „jetzt könnte man meinen, dass..“. Die lehrreichen Erklärungen wirken dabei aber nie belehrend.
Mörder ist ein interessanter Einblick in eine sehr vorurteilsbehaftete Welt der Strafverteidigung, welche der Autor durch seinen Berufs- und Büroalltag erklären möchte. Es gibt einige Anekdoten, die das Buch ein wenig auflockern (etwa, als der Autor an der Supermarktkasse stehend in einem Telefonat eine Leiche beschrieb und die gesamten Anwesenden mithören konnten oder wie er seinem Bodyguard in Indien entkam, um an Straßenständen zu essen). Aber nie verliert Veikko Bartel sein eigentliches Ziel – den Fall – aus den Augen, wenngleich es hin und wieder aber auch längere Umwege gibt, etwa im Kapitel „Der Scharfschütze der Fremdenlegion“, wo der Autor nach Indien fliegt und sehr eindrucksvoll von seinen Erlebnissen dort berichtet. Er stellt fast immer den Mandanten in den Vordergrund und verfällt auch bei guten Verteidigungszügen nicht in eine ausufernde Selbstbeweihräucherung, wie man es von anderen Autoren des Genres kennt.

Die Auswahl der Fälle ist erneut gut gelungen, insbesondere, dass sie nicht alle in die gleiche Kerbe schlagen und nicht alle den gleichen Verlauf nehmen. Etwas unterschiedlich in der Erzählung ist das Kapitel „Der Scharfschütze der Fremdenlegion“ (der Ausflug nach Indien thematisiert mehr das indische Rechtssystem und die damit verbundenen Erlebnisse) und das letzte Kapitel „Der Serienvergewaltiger, der Tod von Frau Meyer und das Gewissen eines Strafverteidigers“. Eines haben aber alle Fälle gemeinsam: Sie zeigen für mich, dass Recht oftmals nicht schwarz oder weiß ist. Denn der Leser wird mitgenommen auf eine Reise, die zwischen Entsetzen, Emotionen und einem gewissen Grad an Verständnis für einige zu der vielleicht erschreckenden Erkenntnis führen wird, dass auch hinter einem Fall, wo ein Mensch das Leben eines anderen nimmt, nicht immer menschliche Abgründe liegen müssen, sondern manchmal auch menschliche Schicksale stecken können. Fast jeder Fall in diesem Buch hallte dabei in mir nach und ich ertappte mich immer wieder, wie ich auch später über einzelne Punkte nachdachte. Herr Bartel hat mir mit einer Frage jedoch tatsächlich tagelange Alpträume beschert: Haben Sie sich jemals gefragt, wie Sie reagieren würden, wenn jemand Sie anruft und fragt, was er nach der Tötung einer Person tun soll?


Das letzte Kapitel des Buches spricht vor allem über das Bild eines Strafverteidigers in der Realität, seine Rolle im Strafverfahren und seine Bedeutung für die rechtsstaatliche Ordnung. Es war ein Kapitel, was für mich fast wie ein therapeutischer Epilog wirkte, denn es geht hierbei um Fragen, denen sich ein Strafverteidiger regelmäßig stellen muss: Hat ein Strafverteidiger ein Gewissen? Der Autor erläutert für mich sehr schön die Diskrepanz zwischen Vorstellung und Wirklichkeit, den Spagat zwischen seiner Rolle im System und seinem eigenen Gewissen anhand eines Falles. Veikko Bartel beherrscht die Kunst, ebendiese Rolle des Strafverteidigers eindrucksvoll zu erläutern, ohne den Strafverteidiger wie ein Monster wirken zu lassen, welches rücksichtslos auf der Seite des vermeintlich Bösen steht. Und er entlässt den Leser mit einer verborgenen Frage, die fast so wirkt, als sei er an ihr zerbrochen.

Und so beende ich dieses Werk, bei dem man die Liebe des Schreibers zu einem Beruf, der ihn sicher öfter zur Verzweiflung und zu Selbstzweifeln gebracht hat, mit der festen Überzeugung, dass ich dem letzten Satz in diesem Buch nicht zustimme und verbleibe mit der Hoffnung, dass dieses Buch nicht das letzte Buch von Veikko Bartel sein wird. Denn er beherrscht die Kunst, den Leser in eine unbekannte Welt zu entführen und ohne sensationslüsterne Schilderungen zu fesseln und zu begeistern, auch wenn ich nicht immer komplett seine Ansichten teile. Von mir aus könnte der Autor auch über Rotlichtverstöße, Hausfriedensbruch oder Ladendiebstahl schreiben – ich bin mir sicher, ich wäre genauso überzeugt. Denn Veikko Bartel zählt für mich – spätestens nach diesem Werk, wenn nicht bereits seit Mörderinnen, welches ich ebenfalls jedem ans Herz legen kann – zu einem der besten True Crime Autoren der Gegenwart.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde. Meine Meinung wurde hierdurch nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 03.03.2019

niedliche Liebesgeschichte, die ultimativ vorhersehbar ist

Park Avenue Princess
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„Wenn ich mir vorstelle, dass ich gerade anfing, an Liebe zu glauben, während du dabei warst, sie zu zerstören…“ (Georgie zu Andrew in Park Avenue Princess)

Worum geht’s?
Georgianna, genannt Georgie, ...

„Wenn ich mir vorstelle, dass ich gerade anfing, an Liebe zu glauben, während du dabei warst, sie zu zerstören…“ (Georgie zu Andrew in Park Avenue Princess)

Worum geht’s?
Georgianna, genannt Georgie, ist ein reiches Partygirl aus Manhattan. Als sie in eine neue Wohnung zieht, trifft sie auf ihn: Andrew, bester Scheidungsanwalt der ganzen Stadt. Doch statt gute Nachbarn werden beide regelrecht Erzfeinde. Er findet sie lächerlich, sie findet ihn steif. Zwischen beiden beginnt ein erbitterter morgendlicher Krieg, wenn Andrew zur Arbeit geht und Geogie von einer Partynacht nach Hause kommt. Doch eines Morgens scheinen die Fronten sich zu verhärten – und es endet in einem Kuss. Blöd nur, dass dieser schon bald überall in der Klatschpresse zu sehen ist. Und nun müssen sich Georgie und Andrew fragen: Welche Bedeutung hat dieser Kuss für sie und ihren Krieg?

Park Avenue Princess ist in sich geschlossen.

Schreibstil / Gestaltung
Das Cover passt gut zum Buch. Man sieht einen Herren im Anzug und eine Frau in einem edlem Kleid – mutmaßlich Georgie und Andrew. Der gold-glitzernde Schriftzug passt perfekt zu der Beschreibung von Georgie in dem Buch. Insgesamt ist das Cover allerdings nichts besonderes und erinnert an zahlreiche Upper Eastside-Bücher.

Die Erzählweise im Buch ist linear. Es wird einerseits aus Georgies Sicht in der Ich-Perspektive berichtet, vereinzelte Kapitel aber auch aus Andrews Sicht, allerdings in dritter Person erzählt. Insgesamt werden aber mehr Kapitel aus Georgies Sicht erzählt. Der Schreibstil ist sehr angenehm, das Buch lässt sich sehr flüssig und leicht lesen. Das Buch ist durch und durch „easy to read“ und ist sehr kurzweilig, dass man weite Strecken oder sogar das ganze Buch in einem Rutsch lesen kann.

Mein Fazit
Partygirl trifft Anwalt – und beide finden zueinander, nachdem sie sich geküsst haben. So in etwa habe ich mir das Buch vorgestellt. Tatsächlich ist die Story ein wenig anders, aber um viel mehr geht es tatsächlich nicht. Müsste ich Park Avenue Princess mit eine Wort beschreiben, wäre es wohl: Niedlich.

Das Buch startet mit einer Einführung in Georgies Leben. Partys, Essensverabredungen, Shoppen – und morgens um 5 nach Hause torkeln mit Donuts für den Portier. Wieso, das erfährt der Leser direkt: Morgens um 5 trifft sie nämlich immer auf ihren Nachbarn Andrew, der als Scheidungsanwalt einen strikten Tagesplan und nichts als Verachtung für Georgies Lebensstil übrig hat. Und so gibt es jeden Morgen eine Art kalten Krieg mit Gemeinheiten und Provokationen zwischen den beiden. Diese Aufeinandertreffen machen einen Großteil der ersten Hälfte des Buches aus und sind wirklich sehr unterhaltsam zu lesen. Drumherum gibt es Einblicke in Georgies Leben und ihre Gefühlswelt, aber auch in ihre Beziehung zu ihren Eltern. Erst gegen Buchmitte kommt es zu dem im Klappentext angesprochenen Kuss und den damit verbundenen Fragen. Und ab da? Nun ja, passiert das, was man seit Seite 1 erwartet und dank Klappentext ja eh schon wusste: Es geht darum, ob Georgie und Andrew zueinanderfinden, obwohl sie so gegensätzlich sind. Kurz vor Ende gibt es dann ausnahmsweise noch ein wenig Drama – aber um ehrlich zu sein: Dieser Plot war so vorhersehbar wie Weihnachtsgeschenke unter dem Weihnachtsbaum. Generell ist alles an diesem Buch von Seite 1 an vorhersehbar, es gibt keinen Spannungsbogen (dank Klappentext weiß man ja, dass sie sich küssen werden, man wartet nur darauf, wann und wieso – nach dem Kuss ist auch klar, worum es gehen wird), es gibt keine Überraschungen, wenig Tiefgang, keine Twists.

Und dennoch: Ich fand das Buch entzückend und fesselnd. Denn Andrew und Georgie sind bezaubernde Charaktere. Während ich anfangs etwas voreingenommen bezüglich Georgie war, wickelte sie mich von Seite zu Seite mehr um den Finger. Mit einer gehörigen Portion Schlagfertigkeit, ein wenig Selbstironie und viel Gutherzigkeit ausgestattet führt sie den Leser primär durchs Buch und zeigt, dass mehr in ihr steckt als man – und Andrew – annimmt. Es sind die witzigen Dialoge und ihre Selbstreflexion, die einen weiterlesen lassen. Andrew ist eine harte Nuss und der Leser wartet einfach sehnsüchtig darauf, dass sie ihn knacken kann.

Es gibt eine gute Portion Schmachtmomente, es gibt viele „wie kannst du nur“-Momente und zahlreiche Schmunzler und das alles, obwohl die Story eigentlich nicht wirklich etwas hergibt. Das soll dabei gar nicht abwertend gemeint sein, denn Park Avenue Princess ist einfach ein Buch, wo es nicht um das „ob“ geht, sondern um das „wie“. Die Story ist seicht, sie ist schlicht, sie entwickelt sich in einem angemessenen Tempo ohne große Dramen oder Fake-Dramen. Man sollte allerdings auch den geringen Umfang des Buches berücksichtigen, der gar nicht viel Raum für große Sprünge gibt, denn tatsächlich sind gut 15% des Buches gar kein Storyinhalt sondern Danksagung, Leseprobe etc.

Das Buch ist einfach angenehm und niedlich, von Anfang bis Ende. Es ist eine Geschichte, wie man sie ein einem guten Disney-Nachmittags-Liebesfilm erwarten würde und wo sie auch gut hinpasst. Das Ende ist ebenfalls absolut klischeehaft, der Epilog setzt dem Ganzen quasi noch das Sahnehäubchen auf und obwohl ich diese 0815-Standard-Kitschenden fast schon verabscheue, hat es mir hier ein befriedigendes Gefühl gegeben, um mit Georgie und Andrew abzuschließen.

Man sollte hier also nicht mit den größten Erwartungen an das Buch herangehen, aber wenn man eine solide, niedliche Liebesgeschichte zweier Gegensätze sucht, die man einfach entspannt ohne große Denkanstrengung konsumieren und genießen kann – dann ist Park Avenue Princess definitiv die richtige Wahl!

+++ es folgen im Weiteren mögliche Spoiler +++

Leider hat es mich ein wenig gestört, dass das Buch ultimativ vorhersehbar war. Klar, es war zu erwarten, dass beide zusammenfinden. Es war zu erwarten, dass es einige Reibereien geben wird. Mir war klar, dass hier keine Novität auf mich wartet. Allerdings wurde relativ früh die Storyline um den Beziehungszustand der Eltern aufgegriffen und ab da war mir klar, dass hier das Thema Scheidung kommen wird und natürlich der beste Scheidungsanwalt der Stadt ins Spiel kommt. Ich habe also regelrecht nur darauf gewartet, dass die Bombe endlich platzt, damit das zarte Beziehungspflänzchen in Mitleidenschaft gerät, nur um kurz danach natürlich wieder zurechtgerückt zu werden. Irgendwie hätte man sich das Ganze fast schon sparen können, aber nun gut, immerhin hat Georgie dadurch erkannt, dass sie an die Liebe glauben kann und Andrew hat festgestellt, dass er nicht ohne will.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise von Netgalley und dem Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 28.02.2019

viel Erotik, düster und brutal, aber auch einiges Kopfschütteln

Tears of Tess - Buch 1
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„Hat mein Schicksal deswegen beschlossen, dass mein Leben zu perfekt war, und meine kranken Sehnsüchte auf die schlimmstmögliche Weise erfüllt?“ (Tess in Tears of Tess 1)

Worum geht’s?
Von ihrem Freund ...

„Hat mein Schicksal deswegen beschlossen, dass mein Leben zu perfekt war, und meine kranken Sehnsüchte auf die schlimmstmögliche Weise erfüllt?“ (Tess in Tears of Tess 1)

Worum geht’s?
Von ihrem Freund überrascht bricht Tess zu einem Urlaub nach Mexiko auf. Doch was als romantischer Pärchen-Trip gedacht war, endet in einem Alptraum: Tess wird entführt, ihr Freund brutal niedergeschlagen. In den Händen von Menschenhändlern taucht Tess in eine Welt voller Gewalt ein und landet schlussendlich bei einem geheimnisvollen Mann namens Q in Frankreich, der sie emotional und körperlich an dunkle Grenzen und darüber hinaus bringt. Und in einer Welt voller Qualen muss Tess sich fragen: Wird sie fliehen können und wird sie es überhaupt wollen?

Tears of Tess 1 ist Band 1 einer mehrbändigen Reihe. Das Buch kann aber auch eigenständig gelesen werden, da es kein offenes Ende hat.

Schreibstil / Gestaltung
Das Cover passt perfekt zum Buch. Es zeigt die Protagonisten Tess in ihrem Sklavenoutfit. Sogar auf das Detail mit dem Armband wurde geachtet. Das Cover ist schlicht, ruhig und nichtssagend – und steht damit im krassen Kontrast zum Inhalt der Story.

Der Schreibstil des Buches hat mir teils gefallen, teils empfand ich ihn als anstrengend. Phasenweise wirkt die Erzählweise sehr heruntergeleiert, um möglichst viele Teile zu überspringen, während an anderen Stellen sehr detailliert und facettenreich das Geschehen berichtet wird. Es gab immer wieder Phasen im Buch, bei denen ich nicht so motiviert war, weiterzulesen, da ich das Gefühl hatte, das Buch würde nicht vorwärtskommen.

Das Buch wird abgesehen vom Epilog ausschließlich aus Sicht von Tess in der Ich-Perspektive erzählt. Jedes Kapitel trägt als Überschrift einen Vogelnamen, was sich im Laufe der Geschichte noch genauer erklärt. Sprachlich ist das Buch ein wilder Mix und enthält reichlich obszöne Sprache und Kraftausdrücke. Immer wieder fließen französische Sätze mit in das Buch ein, die meist aber grob übersetzt werden. Das Buch ist in jeder Hinsicht auf das volljährige Publikum zugeschnitten. Es enthält detaillierte, umfangreiche Erotikszenen und viele Gewalttätigkeiten.

Mein Fazit
Tears of Tess ist eines der Bücher, an das ich mich lange Zeit nicht herangetraut habe. Das Genre Dark Romance ist mir nicht fremd und ich gehöre sicher nicht zur zimperlichen Sorte von Lesern. Dennoch habe ich im Vorfeld viel über das Buch gehört und habe hierbei vor allem von Gewaltexzessen, Vergewaltigungen und brutalen Erotikszenen gehört. Dennoch wollte ich dem Buch eine Chance geben, da die Grundstory mit der Entführung und den Menschenhändlern spannend klang.

Der Einstieg in das Buch gelang mir schnell und gut. Die Geschichte setzt unmittelbar vor dem Flug von Tess und ihrem Freund Brax nach Mexiko an. Anfangs wird der Leser vor allem in Tess‘ Gedankenwelt eingeführt wird, die sich darum dreht, dass sie ihre sexuelle Fantasie ausleben möchte und von Brax dominiert werden möchte, der dies aber nicht möchte. Man merkt, wie unerfüllt Tess ist. Relativ schnell wird sie dann aber auch schon entführt, ist bei den Menschenhändlern und noch schneller bei dem geheimnisvollen Q. Über 80% des Buches spielen sich in der Welt von Q ab. Das fand ich etwas schade, da gerade der komplette Teil um die Entführung und ihren Erlebnissen hier für mich wichtig waren und hier einfach etwas die Tiefe fehlt. Als Leser hätte ich gern etwas mehr in das Grauen eintauchen wollen und mich mit Tess‘ Schicksal verbinden wollen, was mir aber nicht möglich war, da sie zu schnell bei Q war. Nicht, dass bei Q nicht das Grauen auf sie wartet. Hier passiert auch verdammt viel, aber auf einer anderen Ebene.

Die Zeit bei Q fand ich größtenteils sehr interessant, was vor allem an Q liegt. Steinreich, riesige Villa, komplett undurchsichtig, geheimnisvoll und irgendwie gefährlich kommt er daher. Man weiß nicht, wer er ist, was er will und was er mit Tess vorhat. Tatsächlich schafft die Zeit bei Q mich immer wieder zwischen Abscheu, Entzückung und Hoffnung hin und her zu werfen, nur um mich meist am Boden zu zerschmettern. Es gibt immer wieder Spannungsmomente und bruchstückhaft werden einem Puzzleteile für das Gesamtbild hingeworfen. So viel sei verraten: Selbst am Ende ist das Puzzle noch nicht komplett. Q schafft es regelmäßig, beim Leser für kurze „Aw“-Momente zu sorgen, nur um dann mit einer unglaublichen Heftigkeit das arme Leserherz wieder zu zerschmettern. Das war eine sehr große Stärke des Buches.

Ein größeres Manko an dem Buch war für mich aber leider Tess. Tess ist stark, widerspenstig und nicht auf den Mund gefallen. Sie hat Power und sie hat dunkle Begierden, zu denen Q perfekt passt. Große Teile des Buches geht es um Tess‘ innere Zerrissenheit und ihre Gefühle, dass ihr Inneres falsch gepolt ist. Es wird sicher Leser geben, die Tess zustimmen würden. Mir fehlte in großen Teilen das Verständnis für Tess und ihre Vorlieben, im Rahmen des Buches passte jedoch alles zusammen. Man hat hier definitiv eine unkonventionelle Beziehung, die sicher in einigen Aspekten krankhaft oder gefährlich ist. Man muss eine gehörige Portion Akzeptanz mitbringen und wird dennoch regelmäßig den Kopf über Tess schütteln müssen und sie manchmal auch ordentlich durchschütteln wollen. Ich bin leider nie wirklich mit ihr warmgeworden und war vor allem am Anfang oft leicht genervt von ihr.

Große Teile der Geschichte sind extrem erotisch aufgeladen. Man muss der Autorin lassen, dass sie jedoch stets niveauvoll und angemessen zu lesen waren und trotz der teils extremen Handlungen nicht unangenehm wirkten. Ob es jedoch so vielen und ausufernden Sexszenen bedarf, um die Message des Buches zu tragen, muss jeder für sich selbst entscheiden. Mir persönlich war es teilweise zu viel. Auch gab es leider einige Stellen, die einfach nicht nachvollziehbar waren.

Das Ende des Buches ist insgesamt eine Runde Sache. Theoretisch könnte man nur Band 1 lesen, da die Story kein offenes Ende hat. Man sucht allerdings noch zahlreiche Antworten, auf die ich in Band 2 hoffe. Das Ende kam überraschend und nicht überraschend zugleich daher. Es war für mich nicht unwahrscheinlich, nicht unverständlich, aber zugleich kurios. Dennoch passt es ziemlich gut zum Buch. Besonders verblüffend fand ich allerdings den Epilog und die Erkenntnisse, die man hier über Q gewinnen kann.

Tears of Tess ist ein Buch, welches mich emotional unentschlossen zurückgelassen hat. Die Story ist spannend und bringt viele Geheimnisse mit, deren Antwort man wissen möchte. Vor allem Q tut es einem schnell an, auch wenn seine Dunkelheit beängstigend ist. Es gibt viele Anhaltspunkte für spannende Hintergrundstorys in diesem Buch, die jedoch teilweise in der ganzen Erotik und Grobheit untergehen. Dennoch hat mich das Buch auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt, ich habe oft mitgefiebert und gehofft und mehr als einmal an meine Verständnisgrenzen gedrängt. Zu diesem Buch sollte man aber definitiv nur greifen, wenn man ein Genrefan ist oder zumindest eine gewisse Härte abkann.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]

Veröffentlicht am 24.02.2019

verwirrend, unglaublich spannend und sicher keine Highschool-Story

Silver Swan - Elite Kings Club
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„Es ist alles ein Spiel, Kätzchen. Und du befindest dich auf einem ziemlich verqueren Spielbrett.“ (Bishop zu Madi in Silver Swan)

Worum geht’s?
Mal wieder muss Madi wegen ihres reichen Vaters umziehen. ...

„Es ist alles ein Spiel, Kätzchen. Und du befindest dich auf einem ziemlich verqueren Spielbrett.“ (Bishop zu Madi in Silver Swan)

Worum geht’s?
Mal wieder muss Madi wegen ihres reichen Vaters umziehen. Diesmal in die Hamptons, wieder an eine neue Schule, wieder voller verdammt reicher Kids. Doch diese Schule ist anders. Denn hier trifft Madi auf eine Gruppe verdammt gutaussehender, aber auch verdammt gefährlicher Jungs, die von alle nur als „Elite Kings Club“ betitelt werden. Die anderen haben Respekt vor ihnen, verehren sie und ihre Rolle geht weit über die Schule hinaus. Alle sagen, sie sollte sich von ihnen fernhalten. Aber Madi wagt das Spiel mit dem Feuer. Und ehe sich Madi versieht, befindet sie sich in einem Strudel aus Geheimnissen, Machtkämpfen und Lügen…

Silver Swan ist der erste Teil der Elite Kings Club Buchreihe vom Amo Jones. Das Buch ist nicht abgeschlossen und wird in Band 2 fortgeführt.

Schreibstil / Gestaltung
Das extrem düstere Cover ist bereits ein extremer Hingucker. Patronenhülsen, Kratzer, Einschusslöcher, eine Art gefiedertes Diadem – die Marschrichtung wird hier bereits vorgegeben: Es wird dunkel. Das Cover hatte bereits in der Programmvorschau meine Aufmerksamkeit erregt.

Das Buch besteht aus 30 Kapiteln, die alle einen eher längeren Umfang haben. Die Geschichte wird ausschließlich aus Sicht von Madi in der Ich-Perspektive erzählt, die Geschichte enthält keine Rückblenden und wird linear erzählt.

Der Schreibstil von Amo Jones ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. Viele kurze Sätze, deutliche Sprache – bereits der Schreibstil baut eine gewisse Atmosphäre auf. Der Schreibstil wirkt trotzig, sprunghaft, unkontrolliert, launisch und zeitweise lustlos – das ist aber alles so gewollt und das ist, was dieses Buch zu einem Erlebnis werden lässt. Ist man anfangs noch irritiert und stolpert vielleicht ein wenig in das Buch, so fängt dieser doch eher ungewöhnliche Schreibstil einen sehr schnell ein und lässt einen nicht mehr los.

Mein Fazit
Silver Swan ist für mich ein absoluter Überraschungshit und bereits jetzt eines meiner 2019-Highlights. Wieso ist das so? Ich habe zu dem Buch gegriffen, da der Klappentext interessant klang. Ich habe eine nette, standarisierte Highschool-Geschichte erwartet mit einem Haufen reicher Jungs, die von ihrem zu vielen Geld vielleicht mal kiffen oder durch die Betten springen, aber ansonsten auch mehr Badboy-Schein als Badboy-Sein ausstrahlen. Erwartest du das auch? Dann nimm deine Beine in die Hand und lauf – dieses Buch ist alles, aber keine 0815-verkitschte-Wannabe-Badboy-Geschichte.

Silver Swan ist nicht harmlos. Silver Swan ist nicht lieb und nett. Silver Swan ist durch und durch düster. Wenn ich Silver Swan beschreiben müsste, würden mir als erste Adjektive folgende einfallen: Verwirrend, vereinnahmend, verkorkst und verquer. Aber das alles in einer positiven Art und Weise.

Es fängt bereits bei den Protagonisten an. Im Fokus der Geschichte steht Madi, ihr Stiefbruder Nate und der Anführer des Elite Kings Club, Bishop. Dazu kommen etwa zwei Hände voll weitere Charaktere, von denen einige mehr Vorkommen haben als andere. Madi ist kein typisches Mädchen, sie ist taff und nicht auf den Mund gefallen. Sie testet gerne Grenzen aus und spielt regelmäßig mit dem Feuer. So oft möchte man ihr zurufen, dass sie aufhören soll, dass sie sich verbrennen wird, dass sie das Weite suchen soll. Wird man sauer auf sie, weil sie es nicht tut? Ich nicht. Denn obwohl der gesunde Menschenverstand wohl in vielen Situationen anders reagiert hätte, so passt die Verhaltensweise sowohl zu Madi als auch zur Botschaft des Buches perfekt. Sämtliche männliche Charaktere sind unsympathisch. Das wäre eigentlich ein Grund, ein Buch nicht zu lesen. Aber die Jungs sind auf eine betörende Art und Weise unsympathisch. Sie kennen keine Grenzen, sie kennen keine Gefahr und wahrscheinlich kennen sie auch das Wort „nein“ nicht. Habe ich hier erwartet, dass mal wieder Schnösel mit ein wenig 50 Shades of Grey daherkommen, so hat mir das Buch bereits ziemlich weit am Anfang die Beine weggerissen. Nein, die Jungs hier sind böse. Sie spielen es nicht, sie sind es. Dabei sind die Jungs permanent undurchsichtig und verwirrend, dass man nie weiß, wer Freund, wer Feind ist, dass man nie weiß, ob jetzt gerade Wahrheit oder Lüge dominiert und wieso sie etwas tun. Aber zu keiner Zeit wirkt es, als sei hier übertrieben worden oder als hätte man gestörte, psychisch kranke Charaktere vor sich – die Jungs sind nur kaputt, auf ihre Art.

Der Leser wird hier in eine Welt entführt, auf die er sich einlassen muss. Das ist klar und das muss gesagt werden. Hier gibt es keine Rosen, keine Abschlussbälle, kein romantisches erstes Mal. Hier gibt es jede Menge Rätsel, einige härtere Erotikszenen, viel Grobheit, viel Rücksichtslosigkeit und noch mehr Lügen. Dieses Buch ist kein Liebesroman, wenn überhaupt könnte man das Buch im Genre Dark Romance einsortieren. Vordergründig ist das Buch eine Art mysteriöse Suspense-Geschichte, bei der der Leser nicht ein und nicht aus weiß, sich an jeden Strohhalm klammert und dennoch regelmäßig untergeht. Es ist ein Buch, bei dem die Charaktere absolut sprunghaft sind und man hierfür regelmäßig keine Erklärung erhält, ein Buch, bei dem man das Gefühl hat, eine geheime Botschaft übersehen zu haben – und es macht einem verrückt. Man möchte es verstehen, man möchte es begreifen und man möchte wissen, welche Bedeutung die Enthüllungen, die Lügen und die Machtkämpfe in dem Buch haben, wieso einige Charaktere handeln, wie sie handeln. Aber nur in wenigen Fällen bekommt man diese Erlösung und es ist mehr als klar, dass Band 2 und Band 3 erst wirklich Licht in diese verquere dunkle Welt geben wird.

Eigentlich mag ich Bücher nicht so gern, bei denen ausschließlich aus Sicht einer Person erzählt wird. Oftmals finde ich es schade, dass man hierdurch die Gedanken und Intentionen anderer Charaktere nicht erfährt. Bei Silver Swan ist es allerdings absolut gelungen, dass wir nur aus Madis Sicht die Geschichte erfahren. Denn so hat der Leser zu jeder Zeit das gleiche Wissen und die gleichen Grundlagen wie Madi sie hat, der Leser hat ihr gegenüber kein überlegenes Wissen und kann sich so mehr auf ihre Entscheidungen einlassen.

Falls sich jemand von dem Highschool-Setting abschrecken lässt, so sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Charaktere wesentlich älter wirken und einem hier nur minimal das Thema Highschool präsentiert wird. Hier gibt es kein Highschooldrama, dafür haben die Jungs keine Zeit. Ihre dunkle Welt ist schon dramatisch genug.

Silver Swan ist von Anfang an ein Pageturner. Die Geschichte saugt einen auf und wirbelt einen durch die Gegend. Von Anfang an gibt es ein Haufen Geheimnisse, viele Lügen, unbeantwortete Fragen und jede Menge Rätsel. Man hofft inständig, Antworten zu finden. Stückchenweise werden einem Puzzleteile vor die Füße geworfen und am Ende spuckt das Buch einem mit vielen Fragen und keinen Antworten wieder aus. Das einzige, was bleibt, ist die Frage:
„Woher kommt der Eindruck, dass mir nach wie vor ein wichtiges Teil des Puzzles fehlt?“ (Madi in Silver Swan)

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]


Veröffentlicht am 23.02.2019

wunderschöne Geschichte mit wunderschönen Worten

Writers in New York
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„Mein Herz pochte, als mir plötzlich ein Stein vom Herzen fiel. Ich tippte Worte, von denen ich selbst nicht einmal gewusst hatte. Denn sie kamen direkt von meinem Herzen und wir alle wissen, dass mein ...

„Mein Herz pochte, als mir plötzlich ein Stein vom Herzen fiel. Ich tippte Worte, von denen ich selbst nicht einmal gewusst hatte. Denn sie kamen direkt von meinem Herzen und wir alle wissen, dass mein Herz und ich bisher nicht besonders viel miteinander kommuniziert haben.“ (Alec in Writers in New York – Jedes Wort ist für dich)

Worum geht’s?

Freiheit. Das ist, wonach India sucht, als sie kurzerhand von Alabama nach New York kommt, um Kreatives Schreiben zu studieren. Nur ein paar Monate Auszeit von ihrem Elternhaus, was ihre Liebe zum Schreiben nicht verstehen und nicht tolerieren will, ein paar Monate machen, was sie möchte – das ist alles, was India will. Aber New York hält so viel mehr für sie bereit, besonders als sie auf ihren Nachbarn Alec trifft. Alec, begnadeter Frauenaufreißer und noch begnadeter darin, keine Gefühle zu haben, möchte auch schreiben. Doch schon bald kann er nicht mehr schreiben, denn seine Gedanken werden nur noch von India beherrscht…

Writers in New York ist in sich geschlossen.

Schreibstil / Gestaltung

Writers in New York hat eines der schönsten Cover, was ich jemals gesehen habe. Eine weiche, feminine Farbgebung gepaart mit einem Blick aus dem Fenster auf die Skyline New Yorks und das Notizbuch passen durch ihre träumerische Ausstrahlung perfekt zum Buch. Es ist einfach ein absoluter Hingucker.

Die Geschichte wird wechselnd aus Sicht von India und Alec in der Ich-Perspektive erzählt. Der jeweilige Erzähler wird durch eine entsprechende Überschrift auch genannt, allerdings merkt man auch inhaltlich sofort, ob Alec oder India erzählt, da beide in ihrer sprachlichen Gestaltung unterschiedlich sind. Die Geschichte ist größtenteils linear erzählt. Zu Beginn eines jeden Kapitels gibt es ein passendes Zitat oder einen Auszug aus einem Liedtext.

Das Buch lässt sich leicht und flüssig lesen, die sprachliche Darstellung ist stets verständlich und von durchschnittlicher Art. An einigen Stellen wird Umgangssprache oder vereinzelt leicht vulgäre Begriffe aus dem Erotikbereich verwendet, die jedoch in einem passenden und angemessenen Kontext integriert werden.

Mein Fazit

Angezogen wie eine Motte vom Licht wollte ich wissen, was sich hinter diesem wunderschönen Cover verbirgt. Erwartet habe ich eine schwere Geschichte über zwei junge Menschen, deren Lebenstraum es ist, zu schreiben und deren Weg in einer fast schon philosophischen Art geschildert wird und gar nicht wirklich in das New Adult Genre passt. Doch was habe ich bekommen?

Die Geschichte beginnt unmittelbar mit Indias Umzug nach New York und dem Aufeinandertreffen mit Alec. Spätestens ab hier war klar, welchen Verlauf die Geschichte nehmen wird. Die beiden jungen Erwachsenen, die nebeneinander wohnen und sich gewissermaßen anfreunden und die ewig währende Frage „ist es nur Freundschaft“ ist aus anderen Genrekollegen hinlänglich bekannt. Aber bereits der Einstieg in das Buch hat mir verraten, dass mich hier doch kein gewöhnliches Buch erwartet. Es ist nicht, dass die Story besonders innovativ daherkommt und mit großen Überraschungen aufwartet. Tatsächlich empfand ich den Spannungsbogen der Geschichte als sehr niedrig bis kaum vorhanden, Großteile der Story waren zumindest erwartbar und bis auf einige Ausreißer passiert ziemlich wenig. Dafür bedient sich die Autorin aber auch keinerlei Fake-Drama und unnötiger Klischee-Drama-Punkte, um die Geschichte unnötig zu belasten. Für gelegentlichen Herzschmerz und feuchte Augen war dies auch gar nicht nötig.

Aber – und jetzt kommt das große Aber: Die Kunst dieses Buches ist nicht, zwei Menschen eventuell zueinanderfinden zu lassen, nein, die Kunst dieses Buches ist die Art und Weise, wie die Story beschrieben wird. Noch nie ist mir ein Buch untergekommen, was mich sprachlich so begeistert hat. Die Autorin hat eine unglaubliche Begabung, mit Sprache und Worten umzugehen. Sie zaubert in fast schon magischer Weise ein Buch, welches mich fast ausschließlich durch die Eigenart der Erzählung gefesselt hat. Bereits nach einigen Seiten habe ich verstanden, dass dieses Buch nicht nur eine Liebesgeschichte sein soll, sondern für die Autorin zugleich eine Liebeserklärung ist: Eine Liebeserklärung an das Schreiben und die Worte, durch die sie wunderschöne Geschichten erzählen kann. Denn bei Writers in New York geht es nicht nur um Alec und India. Es geht um die Kunst des Schreibens, um die Magie des Lesens und die Macht der Worte.

Das Buch gewährt für mich noch nie dagewesene Einblicke in das Leben einer Person, die durch ihre Worte die Welt begeistern möchte. Während ich schon immer Bücher gelesen habe, war mir nie wirklich bewusst, was eigentlich alles hinter den Seiten steht, die ich in der Hand halte. Selbstzweifel, der Schaffensprozess, aber auch Gedanken der Autorin finden sich hier teilwiese wieder. Und immer wieder habe ich mich gefragt, wie viel biografischer Inhalt in diesem Buch wohl verarbeitet und versteckt ist. Es gibt grandiose Passagen über den Einfluss von Büchern auf ihre Leser, auf den Einfluss von Lesern auf Autoren und ich habe mich sicher ein dutzend Male regelrecht ertappt gefühlt, dass ich dachte „oh ja, so sehe ich das auch“ oder „ja genau, das sind mein Gründe“.

Mit Alec und India werden einem zwei grundverschiedene, aber irgendwie auch gleiche Charaktere vorgesetzt. Vereint durch die Liebe zum Schreiben, aber geteilt in ihrer Art ist Alec mürrisch, glaubt nicht an Gefühle und für ihn ist sein ganzes Leben nur Recherche und Inspiration für seine Werke, während India hingegen schreiben möchte, doch es ist, als müsse sie erst lernen, wie man schreibt und wie man Inspiration erlangt, denn sie wird von Selbstzweifeln und der Frage geplagt, ob ihre Flucht nach New York richtig war. Und während Alec ihr die Lektionen erteilt, die sie benötigt, um sich zu verbessern und an sich selbst zu glauben, hofft der Leser stets, dass er anfängt zu verstehen, dass er eingeigelt in seine kreative Welt die Schönheit der Realität verpasst. Mehr als einmal möchte man Alec schütteln und ihm zeigen, dass er sich immer wieder selbst sabotiert. India war von Anfang an ein durchweg sympathischer Charakter, während Alec nicht immer Begeisterung in einem auslösen konnte. Beide haben ihre Päckchen der Vergangenheit zu tragen, doch ich empfand es so, dass hierbei vielmehr die Entwicklung von Alec und seine Hintergrundgeschichte im Vordergrund stand. Ein wenig mehr zur Thematik um India und ihre Eltern wäre schön gewesen. Lobend möchte ich an dieser Stelle aber zugleich erwähnen, dass die Autorin es geschafft hat, Alec und India in jeweiligen Kapiteln so eigenständig zu gestalten, dass beide ihre eigene Persönlichkeit haben und widerspiegeln können.

Generell ist es so, dass die Geschichte unaufhaltsam auf ihren dramaturgischen Höhepunkt zusteuert, dann aber mit einigen Twists kurz hintereinander daherkommt. Die größte Enthüllung war für mich persönlich dabei vorhersehbar und ich hatte diese Wendung – wenn auch erst deutlich später – fast so erwartet. Die Umsetzung der Wendung fand ich dabei aber durch den mehrfachen Twists etwas kompliziert und für manche Leser sicher nicht ad hoc verständlich. Lediglich ein Aspekt der Wendung hatte ich so nicht erwartet und gerade dieser Aspekt führte leider dazu, dass ich kurzzeitig Probleme hatte, wieder in das Buch zu finden, da ich mich regelrecht manipuliert und ein Stück weit auch emotional betrogen gefühlt hatte. Doch nach zahlreichen Seiten hatte diese wunderschöne Geschichte sich dann auch wieder in mein Herz zurückgeschlichen und konnte mich mit einem zwar klischeehaften, aber wunderbar passendem Ende begeistern.

Einzig ein kleiner Faktor hat mich persönlich ein wenig gestört: Im Buch werden neben vielen Buchthemen auch zahlreiche Fandoms aus Serien und Büchern angesprochen. Ich finde so etwas immer etwas schwierig, weil viele Leser sicher nicht alle angesprochenen Themen gesehen oder gelesen haben und sich ausgeschlossen fühlen könnten, wenn sie nicht verstehen, was die Autorin verdeutlichen möchte, wenn sie zB von der Beziehung von Chuck Bass und Blair Waldorf redet oder Erkenntnisse aus Modern Family verwerten möchte.

Alles in allem ist Writers in New York eine runde, sehr angenehme und sehr liebevolle Geschichte. Und am Ende habe ich mich dieses eine Mal ausnahmsweise nicht hauptsächlich in die Geschichte zweier Liebender, nicht in die Charaktere selbst oder ihre Erlebnisse verliebt, sondern in die unvergleichliche Schönheit der Worte, mit denen die Autorin diese Geschichte so einfühlsam, behutsam und wunderschön für immer und ewig niederschreibt.

+++ es folgen im Weiteren mögliche Spoiler +++

An dieser Stelle möchte ich noch etwas zu dem bereits angesprochenen, etwas komplexeren Twist sagen. Bereits kurz vorm eigentlichen Twist habe ich das Gefühl gehabt, kurzzeitig den Faden verloren zu haben, weil aus dem Nichts plötzlich eine zweite India als Geist-India in die Story kommt und zudem diverse Buch- und Seriencharaktere real werden. Ich war an der Stelle tatsächlich verwirrt und war an der Stelle der Auslösung, dass alles nur ein Traum gewesen sein soll, kurzzeitig am überlegen, das Buch abzubrechen, da diese abstruse Wandlung für mich keinen Sinn ergab. Als wenige Seiten später dann die Erkenntnis eintrat, dass hier ein Buch im Buch präsentiert wurde, war ich erleichtert. Ich hatte bereits bis zu diesem Punkt diesen Twist erwartet, dass am Ende alles die von Alec und India niedergeschriebene Liebesgeschichte der beiden war, insbesondere da die Charaktere selbst immer wieder damit kokettierten, wie gut sie als Protagonisten in einem Liebesroman wären und teilweise zum Leser sprachen.

Wieder einige Seiten später erfuhr man dann, dass Alec dieses Ende für das Buch vorgesehen hat, weil das reale Ende – Indias Rückkehr und Alecs Weggang – ihm nicht gefiel. Und an dieser Stelle fing es dann ungewollt an, dass ich mich gefragt habe, wie viel von dem, was ich gelesen habe, deren tatsächlicher Liebesgeschichte entsprach. Und dieser Gedanke ließ mich leider dann etwas länger nicht los. Mein Problem damit war wahrscheinlich, dass ich mich durch Alecs Manipulation an ihrem Ende betrogen gefühlt habe und die mehreren Twists hintereinander einfach zu oft die Gefühle umgeworfen haben und ich mich nicht wieder auf das Buch einlassen wollte, weil jederzeit wieder die Enthüllung hätte kommen können, dass es nur ein weiterer Twist in der Liebesgeschichte zweier Autoren ist. Ein Glück konnte mich die Geschichte aber kurz danach dann doch wieder einfangen.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise von Netgalley und dem Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]