„Hat mein Schicksal deswegen beschlossen, dass mein Leben zu perfekt war, und meine kranken Sehnsüchte auf die schlimmstmögliche Weise erfüllt?“ (Tess in Tears of Tess 1)
Worum geht’s?
Von ihrem Freund überrascht bricht Tess zu einem Urlaub nach Mexiko auf. Doch was als romantischer Pärchen-Trip gedacht war, endet in einem Alptraum: Tess wird entführt, ihr Freund brutal niedergeschlagen. In den Händen von Menschenhändlern taucht Tess in eine Welt voller Gewalt ein und landet schlussendlich bei einem geheimnisvollen Mann namens Q in Frankreich, der sie emotional und körperlich an dunkle Grenzen und darüber hinaus bringt. Und in einer Welt voller Qualen muss Tess sich fragen: Wird sie fliehen können und wird sie es überhaupt wollen?
Tears of Tess 1 ist Band 1 einer mehrbändigen Reihe. Das Buch kann aber auch eigenständig gelesen werden, da es kein offenes Ende hat.
Schreibstil / Gestaltung
Das Cover passt perfekt zum Buch. Es zeigt die Protagonisten Tess in ihrem Sklavenoutfit. Sogar auf das Detail mit dem Armband wurde geachtet. Das Cover ist schlicht, ruhig und nichtssagend – und steht damit im krassen Kontrast zum Inhalt der Story.
Der Schreibstil des Buches hat mir teils gefallen, teils empfand ich ihn als anstrengend. Phasenweise wirkt die Erzählweise sehr heruntergeleiert, um möglichst viele Teile zu überspringen, während an anderen Stellen sehr detailliert und facettenreich das Geschehen berichtet wird. Es gab immer wieder Phasen im Buch, bei denen ich nicht so motiviert war, weiterzulesen, da ich das Gefühl hatte, das Buch würde nicht vorwärtskommen.
Das Buch wird abgesehen vom Epilog ausschließlich aus Sicht von Tess in der Ich-Perspektive erzählt. Jedes Kapitel trägt als Überschrift einen Vogelnamen, was sich im Laufe der Geschichte noch genauer erklärt. Sprachlich ist das Buch ein wilder Mix und enthält reichlich obszöne Sprache und Kraftausdrücke. Immer wieder fließen französische Sätze mit in das Buch ein, die meist aber grob übersetzt werden. Das Buch ist in jeder Hinsicht auf das volljährige Publikum zugeschnitten. Es enthält detaillierte, umfangreiche Erotikszenen und viele Gewalttätigkeiten.
Mein Fazit
Tears of Tess ist eines der Bücher, an das ich mich lange Zeit nicht herangetraut habe. Das Genre Dark Romance ist mir nicht fremd und ich gehöre sicher nicht zur zimperlichen Sorte von Lesern. Dennoch habe ich im Vorfeld viel über das Buch gehört und habe hierbei vor allem von Gewaltexzessen, Vergewaltigungen und brutalen Erotikszenen gehört. Dennoch wollte ich dem Buch eine Chance geben, da die Grundstory mit der Entführung und den Menschenhändlern spannend klang.
Der Einstieg in das Buch gelang mir schnell und gut. Die Geschichte setzt unmittelbar vor dem Flug von Tess und ihrem Freund Brax nach Mexiko an. Anfangs wird der Leser vor allem in Tess‘ Gedankenwelt eingeführt wird, die sich darum dreht, dass sie ihre sexuelle Fantasie ausleben möchte und von Brax dominiert werden möchte, der dies aber nicht möchte. Man merkt, wie unerfüllt Tess ist. Relativ schnell wird sie dann aber auch schon entführt, ist bei den Menschenhändlern und noch schneller bei dem geheimnisvollen Q. Über 80% des Buches spielen sich in der Welt von Q ab. Das fand ich etwas schade, da gerade der komplette Teil um die Entführung und ihren Erlebnissen hier für mich wichtig waren und hier einfach etwas die Tiefe fehlt. Als Leser hätte ich gern etwas mehr in das Grauen eintauchen wollen und mich mit Tess‘ Schicksal verbinden wollen, was mir aber nicht möglich war, da sie zu schnell bei Q war. Nicht, dass bei Q nicht das Grauen auf sie wartet. Hier passiert auch verdammt viel, aber auf einer anderen Ebene.
Die Zeit bei Q fand ich größtenteils sehr interessant, was vor allem an Q liegt. Steinreich, riesige Villa, komplett undurchsichtig, geheimnisvoll und irgendwie gefährlich kommt er daher. Man weiß nicht, wer er ist, was er will und was er mit Tess vorhat. Tatsächlich schafft die Zeit bei Q mich immer wieder zwischen Abscheu, Entzückung und Hoffnung hin und her zu werfen, nur um mich meist am Boden zu zerschmettern. Es gibt immer wieder Spannungsmomente und bruchstückhaft werden einem Puzzleteile für das Gesamtbild hingeworfen. So viel sei verraten: Selbst am Ende ist das Puzzle noch nicht komplett. Q schafft es regelmäßig, beim Leser für kurze „Aw“-Momente zu sorgen, nur um dann mit einer unglaublichen Heftigkeit das arme Leserherz wieder zu zerschmettern. Das war eine sehr große Stärke des Buches.
Ein größeres Manko an dem Buch war für mich aber leider Tess. Tess ist stark, widerspenstig und nicht auf den Mund gefallen. Sie hat Power und sie hat dunkle Begierden, zu denen Q perfekt passt. Große Teile des Buches geht es um Tess‘ innere Zerrissenheit und ihre Gefühle, dass ihr Inneres falsch gepolt ist. Es wird sicher Leser geben, die Tess zustimmen würden. Mir fehlte in großen Teilen das Verständnis für Tess und ihre Vorlieben, im Rahmen des Buches passte jedoch alles zusammen. Man hat hier definitiv eine unkonventionelle Beziehung, die sicher in einigen Aspekten krankhaft oder gefährlich ist. Man muss eine gehörige Portion Akzeptanz mitbringen und wird dennoch regelmäßig den Kopf über Tess schütteln müssen und sie manchmal auch ordentlich durchschütteln wollen. Ich bin leider nie wirklich mit ihr warmgeworden und war vor allem am Anfang oft leicht genervt von ihr.
Große Teile der Geschichte sind extrem erotisch aufgeladen. Man muss der Autorin lassen, dass sie jedoch stets niveauvoll und angemessen zu lesen waren und trotz der teils extremen Handlungen nicht unangenehm wirkten. Ob es jedoch so vielen und ausufernden Sexszenen bedarf, um die Message des Buches zu tragen, muss jeder für sich selbst entscheiden. Mir persönlich war es teilweise zu viel. Auch gab es leider einige Stellen, die einfach nicht nachvollziehbar waren.
Das Ende des Buches ist insgesamt eine Runde Sache. Theoretisch könnte man nur Band 1 lesen, da die Story kein offenes Ende hat. Man sucht allerdings noch zahlreiche Antworten, auf die ich in Band 2 hoffe. Das Ende kam überraschend und nicht überraschend zugleich daher. Es war für mich nicht unwahrscheinlich, nicht unverständlich, aber zugleich kurios. Dennoch passt es ziemlich gut zum Buch. Besonders verblüffend fand ich allerdings den Epilog und die Erkenntnisse, die man hier über Q gewinnen kann.
Tears of Tess ist ein Buch, welches mich emotional unentschlossen zurückgelassen hat. Die Story ist spannend und bringt viele Geheimnisse mit, deren Antwort man wissen möchte. Vor allem Q tut es einem schnell an, auch wenn seine Dunkelheit beängstigend ist. Es gibt viele Anhaltspunkte für spannende Hintergrundstorys in diesem Buch, die jedoch teilweise in der ganzen Erotik und Grobheit untergehen. Dennoch hat mich das Buch auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt, ich habe oft mitgefiebert und gehofft und mehr als einmal an meine Verständnisgrenzen gedrängt. Zu diesem Buch sollte man aber definitiv nur greifen, wenn man ein Genrefan ist oder zumindest eine gewisse Härte abkann.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]